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Veröffentlicht am 25.02.2021

Zwischen den Fronten

Die Experten
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Die 1960er Jahre: Die siebzehnjährige Rita muss mit ihrer Familie nach Kairo umziehen, da ihr Vater, ein Ingenieur, dort einen Job als Flugzeugbauer annimmt. Wie viele andere Deutschen, die allgemein "Experten" ...

Die 1960er Jahre: Die siebzehnjährige Rita muss mit ihrer Familie nach Kairo umziehen, da ihr Vater, ein Ingenieur, dort einen Job als Flugzeugbauer annimmt. Wie viele andere Deutschen, die allgemein "Experten" genannt werden, soll er Ägypten und Präsident Nasser helfen, sich gegen Israel aufzurüsten. Was zunächst mit harmlosen Flugzeugbau beginnt, endet im Bau von Raketen, Anschlägen, Konflikten... Zwischen den Fronten steht Rita, die sich entscheiden muss, auf welcher Seite sie steht.
Merle Kröger beschreibt auf sehr einfühlsame Weise den Konflikt aus Ritas Sicht. Man kann die Verzweiflung, Angst und Unsicherheit der Protagonistin förmlich spüren. Des Weiteren merkt man außerdem, dass die Autorin wirklich sehr viel Mühe in das Buch hineingesteckt hat und genaue Nachforschungen betrieben hat. Das Buch ist vollgepackt mit vielen Informationen über die damalige Zeit und Situation. Durch echte Zeitungsartikel und Ausschnitten aus Akten fühlt man sich in die damalige Zeit zurückversetzt und erfährt zusätzlich einige sehr spannende Informationen, welche zumindest ich noch nicht kannte. Man kann also definitiv sagen, dass das Buch wie eine kleine Geschichtsstunde für mich war.
Allerdings sind diese vielen Informationen auch ein Kritikpunkt. Für mich ist das Buch dadurch nämlich kein Thriller, sondern vielmehr ein politisch/historischer Familienroman, da einfach die Spannung zu einem Thriller fehlt. Auch zieht sich das Buch dadurch an einigen Stellen.
Mit den Protagonisten konnte ich ebenfalls nicht ganz warm werden. Alle hatten so ihre Eigenarten und vor allem Ingrid, Ritas Mutter, hat mich einfach nur aufgeregt. Außerdem haben die Sichtweisen teilweise sogar auf einer Seite mehrfach gewechselt bzw. es gab unangekündigte Zeit-und Ortssprünge. Das hat das Lesen zusätzlich erschwert.
Insgesamt kann ich aber sagen, dass mir "Die Experten" trotz aller Kritik gut gefallen hat. Es werden einem spannende Einblicke in die damalige Zeit und die politische Lage gewährt. Alles ist außerdem super gründlich recherchiert und man merkt, dass die Autorin Merle Kröger viel Arbeit, Zeit und Liebe in das Buch gesteckt hat. Trotzdem ist es leider kein Thriller, wie zunächst angenommen. Wer also einen spannenden und packenden Thriller erwartet, der ist bei diesem Buch an der falschen Adresse!!! Es ist eine politisch brisante Familiengeschichte, die ihre Längen und Macken hat, die ich aber trotz alle dem jedem ans Herz legen möchte, der sich für die Konflikte der 60er Jahre interessiert.

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Veröffentlicht am 23.02.2021

Sehr gelungen, wenn auch nicht wirklich ein Thriller

Trauma – Kein Entkommen
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Wer ein fesselndes Buch erwartet, ist hier genau richtig.
Das Buch ist über die gesamten 350 Seiten hinweg spannend und (mit Ausnahme der persönlichen Eskapaden der Katja Sand) in der Handlung nicht unbedingt ...

Wer ein fesselndes Buch erwartet, ist hier genau richtig.
Das Buch ist über die gesamten 350 Seiten hinweg spannend und (mit Ausnahme der persönlichen Eskapaden der Katja Sand) in der Handlung nicht unbedingt vorhersehbar.
Es setzt sich aus zwei Erzählsträngen zusammen, die gut ineinander verwoben sind.
Zum einen das „Leben und Leiden“ der Kommissarin Katja Sand mit ganz erheblichen persönlichen Problemen, die sicher keiner der Leser haben möchte. Zum anderen die Arbeit der Kommissarin Sand, hier das Geschehen um mehrere Menschen, die unter recht ungewöhnlichen Umständen gestorben sind.
Ob des Klappentextes eher unerwartet, dauert es etwa 40 Seiten bis der ersten Tote auftaucht…man denkt sich, das das eigentliche Drama die Lebenssituation und das Verhalten der Kommissarin ist, die ausführlich beschrieben sind. Doch dann kommt es anders… Die Toten werden erst im Verlauf zum wichtigen Bestandteil, die Person Katja Sand macht von Anfang an Gänsehaut.
Alle drei Teile des Buches beginnen mit einer Beschreibung extremer häuslicher Gewalt eines dreijährigen Kindes durch seinen Vater und bilden die Klammer der gesamten Handlung. Nur diese Erzählungen sind in der dritten Person verfasst. Diese Seiten sind extrem anschaulich und der Leser ist zwangsläufig ganz nah in diesen furchtbaren Situationen. Man kann sich dem nicht entziehen. Der Beginn dieser Kapitel ist es, der den Leser zwingend emotional in die Thematik zieht und einbindet. Das muss man auch aushalten können.
Erlebnisse der Vergangenheit bestimmen das Handeln der Kommissarin sowohl im privaten Bereich als auch im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen. In beiden Bereichen nicht immer positiv und sie manövriert sich hierdurch nicht nur emotional ins AUS.
Wenig realistisch ermittelt sie dann im letzten Drittel auf eigene Faust, auch hier durch ihre eigene Vergangenheit getriggert. Gut, dass der Kollege sie so gut kennt und Schlimmeres verhindert…😉. An der Stelle aus meiner Sicht etwas schwach.
Daneben ist das Buch aber auch vollgepackt mit brisanten Themen
Die Kommissarin Sand, die ihre Stellung bei der Polizei massiv missbraucht, um ihre Tochter von einem in ihren Augen unwürdigen „Schwiegersohn“ fernzuhalten. Das geht hier bis hin zu einer „Erpressung“ und der Kollege macht das alles selbstverständlich mit. Ein sehr fragwürdiges Bild der polizeilichen Arbeit, dass hier wie selbstverständlich beschrieben wird…..
Gleiches gilt für die Bundeswehr: Hier das Thema Kameradschaft über alles, auch wenn ein Verbrechen gedeckt werden muss.
Insgesamt eine rundum spannende Lektüre mit interessanten Aspekten zum Thema Trauma. Auf jeden Fall lesenswert.
Ich freue mich auf TRAUMA- kein Vergessen -

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Veröffentlicht am 13.02.2021

Eine schonungslose Biographie über eine etwas andere Kindheit

Das achte Kind
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Der Autor des Buches Alem Grabovac wächst als Kind einer jugoslawischen Gastarbeiterin in Deutschland auf. Sie kommt aus sehr armen Verhältnissen und will in Deutschland ihr Glück versucht. Dort lernt ...

Der Autor des Buches Alem Grabovac wächst als Kind einer jugoslawischen Gastarbeiterin in Deutschland auf. Sie kommt aus sehr armen Verhältnissen und will in Deutschland ihr Glück versucht. Dort lernt sie Alems Vater Emir, einen Kleinkriminellen und Nichtsnutz kennen und kurz darauf wird Alem geboren. Da Smilja den ganzen Tag arbeitet und sich Emir auch nicht um Alem kümmern kann, kommt er als achtes Kind in einer deutschen Pflegefamilie auf und besucht seine Eltern nur am Wochenende. Er wächst fortan zwischen zwei ganz verschieden Kulturen auf und ist in seiner Identität zerrissen.
Die Biographie hat mich sehr berührt. Der Autor schreibt einfühlsam über seine Kindheit in Deutschland und Kroatien, die von Angst, Zweifeln. Zerrissenheit, aber auch Glück und Zufriedenheit geprägt ist. Oft konnte ich gar nicht glauben, was ihm alles passiert ist, und wie ein Kind die Zustände teilweise ertragen konnte, ohne daran kaputt zu gehen.
Das Buch hat mir definitiv einen großartigen Einblick in ein Aufwachsen gegeben, das so anders ist, als man es in Deutschland gewohnt ist. Es zeigt auf beeindruckende Weise, wie wichtig es ist, einen Blick hinter die Fassade eines Menschen zu werfen.

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Veröffentlicht am 10.02.2021

Ein melancholischer Coming Of Age Roman in den Weiten Montanas

Big Sky Country
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August wächst als Sohn einer Farmerfamilie auf einem Hof mitten in Michigan auf. Er führt dort ein einfaches, zufriedenes und typisches Landleben, bis sich seine Eltern scheiden lassen. Daraufhin ...

August wächst als Sohn einer Farmerfamilie auf einem Hof mitten in Michigan auf. Er führt dort ein einfaches, zufriedenes und typisches Landleben, bis sich seine Eltern scheiden lassen. Daraufhin zieht er mit seiner Mutter nach Montana, wird in in diesem weiten und unendlichen Land groß und droht sich zu verlieren. Als Leser begleitet man Augusts ganzen Weg zum Erwachsenwerden, vom kleinen Kind bis hin zum jungen Mann. Der Großteil handelt aber von seinem Leben kurz nach der Schule, dass geprägt ist von Ungewissheit, Unbeständigkeit und Einsamkeit. August fällt es schwer sich zu binden, er findet wenn nur falsche Freunde und muss herbe Enttäuschungen einstecken.
Auch wenn er eigentlich so viele Chancen hat und Möglichkeiten hat, aus dem tristen Leben Montanas auszubrechen, nutzt er diese nicht und versteckt sich stattdessen hinter Arbeit.
Der Autor schreibt unglaublich gefühlvoll und detailreich und man kann die Triste des Lebens, welches August führt fast selber spüren. Man bekommt so einen ungeschönten Einblick über den Alltag und das Erwachsenwerden im Nordwesten der USA. Es gibt viele interessante Informationen über das raue Farmerleben und am Ende muss man erkennen, dass dieses Leben für manche Menschen der Lebensweg ist, für den sie sich bewusst entscheiden, auch wenn viele von uns niemals so eine Zukunft freiwillig wählen würden.
Mir hat der Roman die Augen geöffnet und eine ganz andere Perspektive aufs Leben offenbart.
Das Buch ist sehr melancholisch und ich musste es des Öfteren mal zu Seite legen und eine Pause machen. Aber grade deshalb ist es auch ein sehr wichtiger Roman, der mit großer Klarheit und Aufrichtigkeit von der Identitätssuche eines einzelnen Schicksals erzählt und nicht den typischen Coming Of Age Kitsch von vorne abspielt.


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Veröffentlicht am 08.02.2021

Eine Geschichte mit Höhen und Tiefen

Die Pilotin
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Nancy wird im Frühjahr 1942 während des zweiten Weltkriegs als Pilotin für eine Elitetruppe, die aus Pilotinnen besteht, angeworben, um die britische Luftwaffe zu unterstützen. Sie reist dafür von ihrem ...

Nancy wird im Frühjahr 1942 während des zweiten Weltkriegs als Pilotin für eine Elitetruppe, die aus Pilotinnen besteht, angeworben, um die britische Luftwaffe zu unterstützen. Sie reist dafür von ihrem Geburtsort Florida nach England. Dort beginnt das größte Abenteuer ihres Lebens für sie. Sie trifft dort nämlich auf den Kampfpiloten und Ausbilder Mac und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Allerdings ist sie zu diesem Zeitpunkt schon verlobt und so nimmt das Schicksal seinen lauf...
Sommer 2006: Nancy ist mittlerweile eine alte Frau, die Familie aufgrund der vielen Geheimnisse entzweit. Doch Nancy verspürt den Drang vor ihrem Tod nochmal alles richtigzustellen und bittet deshalb ihre Enkelin Sarah ihr einen letzten Wunsch zu erfüllen und nach Mac zu suchen.
Bei dieser Suche kommen viele Geheimnisse ans Licht, alte Wunden werden aufgerissen und das Familiendrama nimmt seinen Lauf...

Die Geschichte spielt abwechselnd in der Gegenwart und in der Vergangenheit. In den Teilen, die in der Vergangenheit spielen geht es hauptsächlich um Nancys Leben als Pilotin im zweiten Weltkrieg und ihrer Beziehung zu Mac. In der Gegenwart werden dann nach und nach die Geheimnisse aufgedeckt.

Mir persönlich haben die Teile, die in der Vergangenheit spielen deutlich besser gefallen. Man bekommt einen interessanten und informationsreichen Einblick in die damalige Zeit und auch die Romantik kommt nicht zu kurz. Insgesamt waren diese Teile sehr spannend, ohne diese wäre das Buch für mich nämlich ein totaler Reinfall gewesen.

Die Abschnitte des Buches, die in der Gegenwart spielten waren für mich aber leider oft der totale Reinfall, besonders gegen Ende hin. Es fehlte der Spannungsbogen und die Autorin hat sich oft in ausschweifende Details verloren. Auch konnte ich viele Entscheidungen der Protagonisten nicht nachvollziehen. Sie waren mir einfach nicht sonderlich sympathisch. Auch gab es meiner Meinung nach auch einfach viel zu viele Charaktere, aus deren Sicht erzählt wurde. einige davon wären für die Handlung nicht notwendig gewesen und haben das Buch nur unnötig in die Länge gezogen.
Auch haben mich die vielen Geheimnisse am Ende einfach nur noch genervt und viele Wendungen waren für mich mehr als unrealistisch, besonders auf den letzten Seiten. Hier wollte die Autorin scheinbar noch einmal alles irgendwie geradestellen und hat mit allen Mittel versucht noch ein Happy End für alle Beteiligten hineinzuquetschen.

Den Schreibstil der Autorin fand ich stellenweise sehr angenehm (Vergangenheit) , dann aber auch wieder s
langatmig (Gegenwart). Besonders gestört hat mich dabei der schnelle Wechseln zwischen den Perspektiven. Dadurch war ich oft verwirrt und musste erst noch einmal genau nachlesen, aus welcher Perspektive den jetzt genau erzählt wird.

Insgesamt hat mir das Buch so mittelmäßig gefallen. Wie oben schon gesagt fand ich die Schilderungen der Vergangenheit toll, die Gegenwart hat mich aber nicht überzeugt. Für mich waren es einfach zu viele Ereignisse, Geheimnisse und unrealistische Protagonisten auf einmal. In meinen Augen hätte man das Buch auch gut auf etwa 400 Seiten kürzen können und die ganzen unnötigen Details weglassen können. Dann wäre es sicher eine grandiose Geschichte geworden, so ist sie aber leider nur mittelmäßig.

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