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blauer_Regen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.12.2017

Unglaubliche Recherchearbeit

Der Serienkiller, der keiner war
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"Der Serienkiller, der keiner war und die Psychotherapeuten, die ihn schufen" ist ein Buch von Dan Josefsson und erschien 2017 im btb - Verlag. Es zählt zu den Sachbüchern. Inhalt ist die Aufarbeitung ...

"Der Serienkiller, der keiner war und die Psychotherapeuten, die ihn schufen" ist ein Buch von Dan Josefsson und erschien 2017 im btb - Verlag. Es zählt zu den Sachbüchern. Inhalt ist die Aufarbeitung eines der größten Justizskandale Schwedens. Hier wurde der Drogenabhängige Sture Bergwall des mehrfachen Mordes für schuldig gesprochen, nachdem er diese und weitere Morde gestanden hatte. Wie sich viel zu spät herausstellte, hatte er keinen dieser Morde begangen. Das Buch macht sich zur Aufgabe herauszustellen, wie es durch den Einfluss von Psychotherapeuten passieren konnte, das Erinnerungsvermögen von Sture so zu manipulieren und wie Nachlässigkeit der Justiz zu Verurteilungen führte.
In den unterschiedlichen Kapiteln beleuchtet der Autor ausführlich das Leben und Wirken der beteiligten Personen, wobei sein Fokus ganz klar auf Sture, der Supervisorin Margit Norell und deren Wechselwirkung liegt. Ganz nebenbei erhält der Leser einen umfangreichen Abriss der Weiterentwicklung der Freudschen Psychoanalyse in Schweden.
Das Buch ist unglaublich gut und ausführlich recherchiert. Es gibt zahlreiche Querverweise auf weiterführende Literatur, fallrelevante Dokumente und Bildmaterial. Dazu kommen viele Zitate aus Zeugeninterviews, die Josefsson selber durchgeführt hat. Natürlich ist das Buch nicht spannend im Sinne einer klassischen Tätersuche, aber sehr aufschlussreich in der Ursachenforschung zu solch einem Justizirrtum.
Josefssons Buch ist geprägt durch einen sehr lockeren Erzählstil und trotzdem wurde es mir auf die Dauer doch etwas langatmig ob der vielen Details. Das Lesen des Buches setzt keine besonderen Kenntnisse therapeutischer Behandlungsansätze voraus. Ohne diese wird es aber hier und da noch zähflüssiger.
Das Cover ist ansprechend gestaltet. Das schwarz-weiß Negativ ist eine gekonnte Überleitung zum Beginn des Buches. Die erhabenen Buchstaben der Überschrift sorgen für eine gute Haptik.
Für war dieses Buch eine wirkliche Herausforderung und trotzdem glaube ich, dass Fans echter Kriminalarbeit hier ihre wahre Freude beim Lesen haben werden.

Veröffentlicht am 17.11.2017

Spionage und Gegenspionage

Das Vermächtnis der Spione
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Der Roman "Das Vermächtnis der Spione" stammt aus der Feder des bekannten Autoren John le Carré und erschien im Herbst 2017 im Ullstein-Verlag. Er ist der dritte Band einer Reihe von Spionageromanen und ...

Der Roman "Das Vermächtnis der Spione" stammt aus der Feder des bekannten Autoren John le Carré und erschien im Herbst 2017 im Ullstein-Verlag. Er ist der dritte Band einer Reihe von Spionageromanen und bildet damit ihren Abschluss.
Protagonist ist Peter, welcher als junger Mann eine Zeit lang für den britischen Geheimdienst arbeitet, danach jahrzehntelang unbehelligt in der Bretagne lebt und nun vom Geheimdienst zurück nach London beordert wird. Hier soll er Licht in das Dunkel der längst beendeten Geheimoperation "Mayflower" bringen und seine eigenen Verstrickungen darin erklären. Gemeinsam mit Peter lässt uns Carré alte Akten wälzen, aus der Retroperspektive heraus die Operation erneut durchleben und ihre fatalen Auswirkungen auf die Gegenwart erfahren. Der Roman kombiniert geschickt das gegenwärtige Leben des Agenten mit Zeitsprüngen zurück in die Tage des Kalten Krieges. Er gewährt interessante Einblicke in das Leben und Wirken von Spionen und ihren Widersacherm. Er zeigt darüber hinaus aber auch ganz menschliche Seiten der Agenten und deren innere Auseinandersetzung mit ihrer Tätigkeit.
Die Handlung ist schlüssig aufgebaut und hält einige unerwartete Wendungen für uns Leser bereit. Wer allerdings einen nervenaufreibenden Krimi erwartet, sollte lieber zu einem anderen Buch greifen. Dieser klug geschriebene Roman besticht eher durch die Innenansicht der dargestellten Hauptfigur und die leisen Zwischentöne. Der Plot ist zudem auch für Leser verständlich, die die ersten zwei Teile der Reihe noch nicht gelesen haben, da alle handelnden Figuren hinreichend vorgestellt werden.
Schon nach kurzer Zeit wird auch klar, dass eine der wichtigen Nebenfiguren mit Decknamen "Tulip" durch das Buchcover bereits wortwörtlich in den Focus gerückt wurde.
Für mich ein charmat geschriebenes Buch zum Thema Spionage und Gegenspionage und daher eine klare Leseempfehlung. Mein Dank gilt dem Ullstein-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Veröffentlicht am 04.11.2017

Düstere Zukunftsprognose

Leere Herzen
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Der postmoderne Roman "Leere Herzen" von Juli Zeh erschien im Herbst 2017 im Luchterhand Literaturverlag und umfasst 348 Seiten.
Die Autorin beschreibt eine düstere Zukunftsversion von Deutschland, indem ...

Der postmoderne Roman "Leere Herzen" von Juli Zeh erschien im Herbst 2017 im Luchterhand Literaturverlag und umfasst 348 Seiten.
Die Autorin beschreibt eine düstere Zukunftsversion von Deutschland, indem sie den Leser ein paar Wochen am Leben von Britta teilhaben lässt. Diese laut eigenen Aussagen desillusionierte junge Frau unterhält im praktischen Eigenheim lebend eine kleine Familie und betreibt oberflächlich betrachtet mit ihrem Geschäftspartner Babak eine Praxis für Psychotherapie. Genauer betrachtet geht ihre Geschäftsidee jedoch weit über ein normales Beratungssetting hinaus, was die beiden in existenzielle Bedrängnis bringt. Der Konflikt eskaliert und Britta muss gemeinsam mit Babak abtauchen. Nur durch einen fulminanten Schachzug gelingt es ihnen, dem Geschehen noch eine entscheidende Wendung zu geben.
Mir persönlich hat der Roman sehr gut gefallen. Durch die Wahl der auktorialen Erzählperspektive kann der Leser tiefe Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonistin erhalten, bekommt aber auch zu den Ereignissen nur häppchenweise weitere Infos, die wirklich mitfiebern lassen. Zudem waren sie für mich Zugang zu einer unglaublich bedrückenden Zukunftsvision unseres Landes und den darin vorherrschenden Verhältnissen. Daher gehe ich davon aus, dass der Roman als eine Warnung zu verstehen ist. Es ist der Autorin sehr gut gelungen, den handelnden Personenkreis auf ein Minimum zu reduzieren, die Darsteller dafür aber umso detaillierter zu skizzieren. Hierzu nutzt sie einige Rückblenden. Zahlreiche innere Monologe erlauben die Teilnahme an Brittas Gedankengängen, ohne dass die Handlung dadurch an Spannung verlieren würde.
Der Titel wird gleich auf den ersten Seiten des Romans in Beziehung zum Bch gesetzt und zieht sich dann wie ein roter Faden durch das Geschehen. Auch die minimalistische Gestaltung des Covers wird nach wenigen Seiten verständlich und als Thema ganz am Ende noch einmal aufgegriffen.
Empfehlen kann ich diesen Roman all denen, die gerne einen Blick in die Zukunft wagen und bereit sind, sich mit gesellschaftlichen Problemen auseinanderzusetzen. Ein herzlicher Dank geht an den Luchterhand Literaturverlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Veröffentlicht am 19.10.2017

Beeindruckende Stille

Stille
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"Stille - Ein Wegweiser" ist ein wunderschönes Buch von dem Abenteurer Erling Kagge und erschien im Herbst diesen Jahres.
Äußerlich fällt sogleich der schlicht weiße Umschlag auf, der sehr passend zum ...

"Stille - Ein Wegweiser" ist ein wunderschönes Buch von dem Abenteurer Erling Kagge und erschien im Herbst diesen Jahres.
Äußerlich fällt sogleich der schlicht weiße Umschlag auf, der sehr passend zum Buchinhalt gewählt wurde. Für mich überraschend war dann aber der quirlig bunte Festeinband, der einen deutlichen Kontrast zum Umschlag setzt und damit genau das Spannungfeld des Buches optisch verdeutlicht - auf der einen Seite der innere Wunsch nach Ruhe und Stille und auf der anderen Seite der ganz normale Wahnsinn des realen Lebens. Der Autor hat für sich festgestellt, das ihm dieses Chaos die Notwendigkeit aufdiktiert, ab und zu in die Stille zu flüchten. Da er von sich auf andere schließt, nimmt er uns mit auf seine Gedankenreise zur Stille und gibt Hinweise, wie wir sie finden können. Hierbei bedient er sich der Selbsterfahrungen aus seinen Abenteuerreisen, involviert die Betrachtungen von Weggefährten und die Ansätze von poetischen Vordenkern. All dies geschieht auf eine ganz leichte, ganz unaufdringliche Weise.
Das Buch überzeugt durch eine klare, einfache und doch sehr bildhafte Sprache und es hält definitiv, was der Titel verspricht: es ist ein Wegweiser für Suchende. Ich kann es all den Lesern ans Herz legen, die sich gerne auf philosophische Betrachtungen einlassen, die es lieben, zwischen den Zeilen lesen und vielleicht sogar bereit sind, einen kleinen Denkanstoß zur Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensgewohnheiten zulassen.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung und ein herzliches Dankeschön an den Inselverlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.

Veröffentlicht am 09.10.2017

Interessante Betrachtung der Tiger in meiner guten Stube

Der Tiger in der guten Stube
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Das Sachbuch "Der Tiger in der guten Stube" von Abigail Tucker erschien in Deutschland im Herbst 2017. Im Wesentlichen behandelt das Buch die kulturgeschichtliche Entwicklung der heutigen Katzen und spannt ...

Das Sachbuch "Der Tiger in der guten Stube" von Abigail Tucker erschien in Deutschland im Herbst 2017. Im Wesentlichen behandelt das Buch die kulturgeschichtliche Entwicklung der heutigen Katzen und spannt dabei den Bogen von der Prähistorie über die Zeit der Pharaonen bis zur Internetpräsenz der Vierbeiner in der Gegenwart. Obwohl Frau Tucker sich selber als einen bekennenden Katzenfan outet und wohl auch das Cover mit dem Niedlichkeitsfaktor von Katzenbabies spielt, offenbart das Buch eine sehr detailierte und sachliche Betrachtungsweise des Themas. Neben Wissenschaftlern und Züchtern kommen auch Umweltschützer zu Wort. Dank dieser Bandbreite liegt dem Buch eine wissenschaftlich fundierte Sichtweise zu Grunde, die hoch interessante sowie auch kritische Fakten sichtbar macht. Die Autorin untermauert zudem all ihre Behauptungen mit Quellennachweisen, welche durch eingebaute Fußnoten leicht zu finden sind. Katzenanekdoten aus ihrem privaten Umfeld und die wirklich liebevollen Illustrationen runden dieses Buch gekonnt ab.
Für mich ein wirklich gut recherchiertes Buch (auch wenn sich viele enthaltene Statistiken auf die USA beziehen), das ein profundes Wissen liefert. Aufgrund der hohen Informationsdichte nicht immer leicht zu lesen, aber mit etwas Konzentration doch unterhaltsam. Eine klare Leseempfehlung für alle Tierinteressierten!
Dank an den Theiss-Verlag für das Renzensionsexemplar!