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Veröffentlicht am 26.06.2023

Acht Pfoten für zwei Herzen

Sylter Pfoten
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Sehnt ihr euch nach einer erfrischenden Meeresbrise? Dann kommt mit nach Sylt! Mit ihrem Wohlfühl-Roman "Sylter Pfoten. Ein Nordsee-Inselroman " lädt Elke Schleich ihre Leserinnen zum zweiten Mal auf die ...

Sehnt ihr euch nach einer erfrischenden Meeresbrise? Dann kommt mit nach Sylt! Mit ihrem Wohlfühl-Roman "Sylter Pfoten. Ein Nordsee-Inselroman " lädt Elke Schleich ihre Leserinnen zum zweiten Mal auf die Trauminsel ein. Ihr neues Buch spielt in einer kleinen Tierarztpraxis, wo es zu romantischen Liebesverwicklungen und einer entzückenden Freundschaft zwischen einem Hund und einer Katze kommt:

Jana hat ihren Michael mit einer anderen erwischt. Schlimm genug. Noch schlimmer: Die andere ist ihre beste Freundin. Nie wieder wird Jana mit beiden ein Wort wechseln. Sie zieht sofort aus Michaels tollem Haus aus und findet samt Kater Herbert Unterschlupf bei ihrer Schwester. Darüber reden? Auf keinen Fall. Wer einmal ihr Vertrauen missbraucht hat, bekommt keine zweite Chance. Da kommt ihr die Bitte ihres alten Onkels gerade Recht. Der liegt im Krankenhaus und braucht Hilfe in seiner Tierarztpraxis. Jana reist nach Sylt, um als Tierarzthelferin einzuspringen. Dumm nur, dass Jana eine Hunde-Phobie hat und der (mürrische, gutaussehende) Vertretungstierarzt Timo Jensen anscheinend keinerlei Rücksicht darauf nehmen will. Bald fliegen nicht nur Fellhaare, sondern auch gehörig die Funken.

Das in warmen Farben gehaltene Cover verbreitet heiteres Urlaubsfeeling. Ein Hund und eine Katze sitzen einträchtig nebeneinander vor einem rotverklinkerten Reetdachhaus, um alle Gäste gemeinsam willkommen zu heißen. Im Hintergrund kann man den weißen Sand und das blaue Meer erahnen. Wer möchte nicht seine Tasche packen und es sich in einem Strandkorb gemütlich machen, um in diesem Wohlfühl-Roman für alle Tierfreund
innen zu schmökern? Auch der knuffige Titel hat mein Herz gleich höher schlagen lassen. Hier gibt es alles, was mein Leser-Herz begehrt!

Das Setting dieses Wohlfühl-Romans ist mir aus meinem letzten Urlaub auf Sylt bestens vertraut. Das ehemalige Kapitänsdorf Keitum hat sich seinen rustikalen Charme bewahrt. Eine kleine Tierarztpraxis in einem traditionellen Reetdachhaus kann ich mir in diesem ruhigen Ort sehr gut vorstellen. Im Mittelpunkt stehen Jana und Timo, eine medizinisch technische Assistentin und ein approbierter Tierarzt, die sich während der Vertretung des erkrankten betagten Tierarztes in ihrem Einsätz für vier Pfoten notgedrungen zusammenraufen müssen. Aufgrund ihrer konträren Lebenseinstellung verläuft ihr Kennenlernen nicht allzu glatt; im wahrsten Sinne des Wortes müssen sie sich vorsichtig beschnuppern Gern habe ich Jana und Timo auf ihren dienstlichen Einsätzen zum Wohl der Tiere und ihren privaten Erkundungstouren rund um meine persönliche Trauminsel begleitet. Auf der ganzen Insel gibt es so viel Schönes zu entdecken!

Angesichts der nahezu tropischen Temperaturen will ich mich kurz fassen. Ich habe diese sommerlich leichte und gleichzeitig tiefgründige Geschichte geliebt. Sie ist so lebensecht und liebenswert geschrieben, mit authentisch agierenden Protagonistinnen und zwei zuckersüßen tierischen Helden, die ich gleich in mein Herz geschlossen habe. Die anrührende Geschichte einer tierischen Freundschaft zwischen der sanften Hündin Frieda und dem munteren Kater Herbert ist fast noch schöner als die zarten Bande, die sich zwischen Jana, einer Tierarzthelferin wider Willen, und Timo, dem Vertretungstierarzt in der familiären Tierarztpraxis, entwickeln. Ganz nebenbei rührt Elke Schleich dezent die Werbetrommel für ihre Kollegin Manuela Sanne, deren humorvolle Krimis um die ambitionierte Amateur-Detektin Rosa Fink zu meiner liebsten Lektüre gehören. Diese Solidarität unter Autorinnen finde ich einfach klasse. Deshalb gibt es von mir eine ausdrückliche Lese-Empfehlung!

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Veröffentlicht am 26.06.2023

Leave me alone...

Greta Garbo (Ikonen ihrer Zeit 9)
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Nach wie vor zählt die Schwedin Greta Garbo zu den geheimnisumwitterten Legenden der Leinwand, welche mit ihren tragischen Frauenrollen in den 1930er Jahren berühmt geworden ist. Streng genommen, bildet ...

Nach wie vor zählt die Schwedin Greta Garbo zu den geheimnisumwitterten Legenden der Leinwand, welche mit ihren tragischen Frauenrollen in den 1930er Jahren berühmt geworden ist. Streng genommen, bildet sie eine klare Ausnahme unter den weiblichen Künstler*innen von Hollywood. Denn sie hat sich nicht zu einem fremdbestimmten Produkt in der Unterhaltungsindustrie machen lassen, sondern selbst ihren eigenen Mythos als unnahbare Ikone in Hollywood kreiert. In ihrem einfühlsamen Buch "Greta Garbo (Ikonen ihrer Zeit 9): Roman | Die Frau mit der geheimnisvollen Aura: Romanbiografie über eine Hollywood-Legende" zeichnet Kristina Lüding das bewegte Leben der "Göttlichen" nach, die einen weiten Weg von Stockholm in Schweden bis nach Hollywood in den USA zurückgelegt hat:

Greta Garbo ist die Göttliche, die Unfehlbare, die schwedische Sphinx. Greta ist 15, als sie eine heißbegehrte Stelle in einem Stockholmer Kaufhaus ergattert. Ein Glücksgriff, denn das Geld ist knapp in ihrer Familie, und Greta muss arbeiten, anstatt zur Schule zu gehen. Doch was sie nun verdient, will sie in ihre Zukunft investieren: in eine Schauspielausbildung. Tatsächlich besteht sie die Aufnahmeprüfung an der renommierten Schauspielakademie des Königlichen Dramatischen Theaters. Bald wird ein bekannter Regisseur auf die junge Frau aufmerksam. Fasziniert von ihrer Präsenz und Ausstrahlung gibt er ihr eine Hauptrolle: Es ist der Beginn ihrer sagenhaften Filmkarriere. Doch kann die glitzernde Welt Greta wirklich glücklich machen?

Das hübsche Cover zeigt eine hochgewachsene Frau, gekleidet im Stil der späten 1920er Jahre, die über eine mit Palmen geschmückte Promeade flaniert. Im Hintergrund sind die "Hollywood Hills" zu erkennen. Eine gewisse Ähnlichkeit mit Greta Garbo ist nicht zu leugnen; dennoch hätte ich sie nicht unbedingt als die "schwedische Sphinx" identifiziert. Der suggestive Titel betont die (gewollte) Einsamkeit der Diva, die sich nicht an einen anderen Menschen binden konnte und wollte.

Alles in allem hat mir diese Hommage an eine faszinierende, zurückhaltende Künstlerin aus einer längst vergangenen Epoche sehr gefallen. Kristina Lüding hat gründlich recherchiert und die nüchternen Fakten leicht lesbar aufbereitet. Dennoch ist mir die weltberühmte Schauspielerin etwas fremd geblieben, auch wenn Kristina Lüding viele interessante Einblicke in Leben und Werk von Greta Garbo gewährt. Die "Göttliche" bleibt schwer zu fassen und entzieht sich hartnäckig allen Annäherungsversuchen, wie sie es tatsächlich getan hat. Greta Garbo war keine klassische Schönheit, aber eine attraktive Frau mit einer unvorstellbaren Präsenz auf der Leinwand, gleichgültig ob Stumm- oder Tonfilm, gleichermaßen bewundert und begehrt von Männern und Frauen. Zeitlebens verweigerte sie sich einer klaren Stellungnahme zu ihrer sexuellen Präferenz. Für sie hatte der Schutz ihrer Privatsphäre einen hohen Stellenwert. Zehn Jahre nach ihrem Tod ist sie nach der Veröffentlichung von privaten Briefen posthum zu einer Ikone der Lesbenbewegung erklärt worden. Meiner Ansicht nach ist diese Interpretation mit Vorsicht zu genießen. Für mich selbst ist es irrelevant, ob Greta Garbo heterosexuell, lesbisch oder bisexuell gewesen ist. Sie war eine ausgezeichnete Schauspielerin, die wegen ihres künstlerischen Könnens in Erinnerung geblieben ist - mehr muss man man nicht von ihr wissen. Leave her alone!

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Veröffentlicht am 11.06.2023

Musik und Liebe

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie
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Habt ihr schon einmal eine Städtereise nach Dresden unternommen und die Semperoper besichtigt, welche auf eine lange Tradition als Opernhaus und Spielort der Sächsischen Staatsoper zurückblicken kann? ...

Habt ihr schon einmal eine Städtereise nach Dresden unternommen und die Semperoper besichtigt, welche auf eine lange Tradition als Opernhaus und Spielort der Sächsischen Staatsoper zurückblicken kann? Sie ist der Dreh- und Angelpunkt des historischen Romans "Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie" von Anne Stern, welcher den Auftakt zu einem groß angelegten mehrbändigen Epos bildet:

Dresden 1841: Das feierlich eröffnete königliche Hoftheater wirkt in seiner Pracht wie ein Palast für die Musik. Doch hinter den Kulissen geht es nicht weniger dramatisch zu als auf der Bühne: Die Primaballerina hütet ein tragisches Geheimnis, die Requisiteurin will ihrer Vergangenheit entfliehen, und die Kostümschneiderin hat den Glauben an wahre Leidenschaft verloren. Dennoch ist das Opernhaus für sie alle ein magischer Ort. Auch die junge Elise Spielmann ist bei ihrem ersten Besuch verzaubert. Sie entstammt einer Musikerdynastie und träumt davon, eine gefeierte Violinistin zu werden. Als sie dem talentierten Malergehilfen Christian Hildebrand begegnet, entspinnt sich eine zarte Bindung zwischen ihnen – in größter Heimlichkeit und gegen alle Konventionen. Währenddessen ziehen sich im ganzen Land revolutionäre Kräfte zusammen. Doch vor dem sich verdunkelnden Himmel strahlen die Liebe und die Musik umso heller.

Das interessante Cover zieht alle Blicke auf sich. Denn es zeigt einen bewusst reduzierten Teil eines Portraits, der sich nicht eindeutig einem Mann oder einer Frau zuordnen lässt. Auch der klangvolle Titel nimmt jeden Leser gefangen, weil er durch das bewusste Spiel mit konträreren Assoziationen die ambivalente Welt spiegelt, in der sich die handelnden (fiktiven und historisch verbürgten) Protagonistinnen bewegen.

Der neue historische Roman von Anne Stern ist wie ein Kaleidoskop des Lebens. Im Mittelpunkt steht Elise Spielmann, eine aus einer angesehenen Musiker-Dynastie stammende junge Violinistin, deren weiterer Lebensweg durch eine vorteilhafte eheliche Verbindung mit einem wohlhabenden Mann von ihren Eltern in die richtigen Bahnen gelenkt werden soll. Eine eigene Karriere als Musiker kommt für sie nicht in Betracht; auch ihre persönliche Neigung zu Christian Hildebrand, einem künstlerisch hochbegabten, aber betteilarmen Malergehilfin darf sie nicht leben. Eine freigeistige Rebellin möchte ich sie nicht nennen, auch wenn sie gegen das von ihr erwartete weibliche Rollenbild aufbegehrt.

Gleichzeitig erfahren wir von den extremen sozialen Missständen in dieser längst vergangenen Epoche. Reich und Arm sind scharf voneinander getrennt; eine soziale Sicherung für Menschen, die (unverschuldet) in Not geraten, gibt es nicht. Sie müssen sich als Mägde oder Knechte verdingen, wenn sie sich nicht als Bettler
innen durchschlagen - oder ihren Lebensunterhalt durch Prostitution bestreiten wollen. Am Beispiel einer selbstbewussten gefeierten Primaballerina wird die allgegenwärtige Gefahr eines totalen Absturzes deutlich. Wer hoch aufsteigt, kann tief fallen - und womöglich keinen anderen Ausweg mehr sehen, als sein Leben selbst zu beenden.

Für mich war es ein außergewöhnliches Erlebnis, in die wechselvolle Geschichte der Semperoper eintauchen zu dürfen. Wer sich für klassische Musik interessiert und historische Romane bevorzugt, wird von diesem Buch angetan sein. Der neue Roman von Anne Stern atmet Musik, Kunst und Liebe und zeigt das pralle Leben einer längst vergangenen Epoche. Dieser kleine Blick hinter die Kulissen hat mir sehr gefallen, und ich fiebere den weiteren Bänden entgegen.

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Veröffentlicht am 06.06.2023

Frühlingsträume

Die Hofgärtnerin − Frühlingsträume
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-Nach einem strengen Winter freut man sich um so mehr auf den Frühling. Für viele Menschen ist Mai die schönste Jahreszeit. In den öffentlichen Parks lassen sich eindrucksvolle Gehölze bewundern. Auch ...

-Nach einem strengen Winter freut man sich um so mehr auf den Frühling. Für viele Menschen ist Mai die schönste Jahreszeit. In den öffentlichen Parks lassen sich eindrucksvolle Gehölze bewundern. Auch der nostalgisch anmutende Flieder steht in voller Blüte und verzaubert alle Spaziergänger durch seinen süßen Duft. Wer sich für praktische Gartenarbeit interessiert und hinter die Kulissen einer Gärtnerei blicken möchte, die sich auf die Anlage und Pflege von Traumgärten spezialisiert hat, sollte unbedingt den historischen Roman "Die Hofgärtnerin - Frühlingsträume" lesen, der den Auftakt einer neuen dreibändigen Reihe von Rena Rosenthal bildet

Blumen sind ihre Leidenschaft. Liebe ist ihr Schicksal. Wird sie es schaffen, ihren großen Traum zu leben?
Oldenburg, 1891. Als Gärtnerin in der Natur zu arbeiten und die schönsten Blumen dieser Welt zu züchten, davon träumt Marleene schon ihr ganzes Leben. Doch ihr Wunsch scheint unerreichbar, denn eine Gärtnerlehre ist allein Männern vorbehalten. Aber Marleene gibt nicht auf: Kurzerhand schneidet sie sich die Haare ab und verkleidet sich als Junge – und bekommt eine Anstellung in der angesehenen Hofgärtnerei. Marleene ist überglücklich! Doch die anderen Arbeiter machen ihr den Einstieg alles andere als leicht, und es wird zunehmend komplizierter, ihre Tarnung aufrechtzuerhalten. Als sie dann auch noch die beiden charmanten Söhne der Hofgärtnerei kennenlernt, werden ihre Gefühle vollends durcheinandergewirbelt. Marleene muss sich entscheiden – folgt sie ihrem Traum oder ihrem Herzen …

Das hübsche Cover atmet geradezu den süßen Duft des Frühlings. Man sieht ein dunkelhaariges junges Mädchen in einem schlichten dunkelblauen Kleid auf ein weitläufiges Anwesen zuschreiten, das von einer sachkundig angelegten Parkanlage umgeben ist. Ihr dichtes Haar ist ordentlich hochgesteckt, ein modischer Strohhut soll sie vor der Sonne schützen. Für mein Empfinden ist der Titel gut gewählt. Denn der Frühling steht für die Jugend, und hier dreht sich alles um die Träume eines jungen Mädchens, das seinen Neigungen folgen möchte und den Beruf einer Hofgärtnerin als seine wahre Berufung empfindet.

Der historische Roman "Die Hofgärtnerin - Frühlingsträume" spielt gegen Ende des 19. Jahrhundert. Nach wie vor war eine geschlechtsspezifische Struktur im Bildungswesen vorherrschend. Auch wenn die Elementarbildung von Jungen und Mädchen in Preußen durchgesetzt worden war, blieb wissbegierigen Schülerinnen der Erwerb einer höheren Bildung (Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums) verwehrt. Aus dem öffentlichen Schulleben ausgegrenzt, war sie in die Hände von privaten Initiativen gelegt worden, welche sich in erster Linie auf Töchter aus gutem Hause konzentrierten, die sich ein entsprechendes Schulgeld leisten konnten. Für Träume war in dieser Zeit kein Platz - vor allem wenn es sich um Mädchen handelte, die einen Beruf ergreifen wollten, der für Männer reserviert war, wie Rena Rosenthal am Beispiel der Protagonistin Marleene aufzeigt die - trotz ihrer Begabung - nicht den von ihr angestrebten Lebensweg gehen kann.

Es ist eine berührende Geschichte einer (sich in winzigen Schritten vollziehenden) Emanzipation, die alle Leser
innen betroffen macht. Als junge Frau, die ihren Lebensunterhalt selbst verdienen muss, wird sie von ihren Arbeitgeberinnen schlecht behandelt. Der Verdienst für ihre harte Arbeit ist kaum der Rede wert, er reicht gerade aus, um ihr Überleben zu sichern, mehr nicht. Sexuelle Belästigungen werden nicht geahndet; ihre Arbeitgeberinnen nehmen vielmehr die übergriffigen Gäste in Schutz, während die weiblichen Angestellten mit klaren Schuldzuweisungen konfrontiert werden. Man kann Marleene gut verstehen, wenn sie - nach dem Scheitern ihrer "regulären" Bewerbung als weibliche Auszubildende - ihren einzigen Ausweg in einer "Maskerade" sieht, um ihren großen Traum von einer Ausbildung in der renommierten (aber: finanzschwachen) Hofgärtnerei in Oldenburg leben zu können.

Das enorme Fachwissen von Rena Rosenthal hat mich sehr beeindruckt. Ihr historischer Roman ist breit angelegt und erzählt das Schicksal von Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten, deren Lebenswege sich in der altehrwürdigen Hofgärtnerei kreuzen. Einerseits sind es Menschen aus einfachen Verhältnissen wie Marleene und ihre Cousine Frieda, eine begabte Blumenbinderin, die in einer winzigen Kammer hausen müssen, andererseits sind es Menschen, die aus gutsituierten Familien stammen wie der nach Profit und Status strebende Inhaber der Hofgärtnerei und seine kränkelnde Gemahlin sowie seine drei Söhne, die aktiv in den Betrieb des familieneigene Unternehmen eingebunden sind, während ihre schöne einzige Tochter ihre schauspielerischen Neigungen ausleben darf, bevor sie eine möglichst gute Partie machen soll. Eine besondere Rolle spielen der für exotische Pflanzen brennende Julius, welcher bleibende Eindrücke auf seinen Reisen in ferne Länder gewonnen hat und das Lebenswerk seiner Eltern in die Zukunft führen möchte, und der wortgewandte Konstantin, der sich auf seinen Charme verlässt und als ein gewissenloser Casanova entpuppt. Hinzu gesellen sich viele Randfiguren, die das soziale Gefälle in Oldenburg spiegen. Für meinen persönlichen Geschmack ist das Aufgebot an handelnden Personen etwas zu groß geraten; es ist mitunter gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten und am Ball zu bleiben.

Alles in allem hat mir meine Lektüre sehr gefallen. "Die Hofgärtnerin - Frühlingsträume" ist kein Buch für zwischendurch, es umfasst weit über 700 Seiten und fordert volle Konzentration von seinen Leserinnen. Dennoch ist es angenehm zu lesen, der sprachliche Stil und die Wortwahl der Protagonistinnen sind ihrer Herkunft (und der Epoche!) angemessen. Wie mag es weitergehen? Der erste Band endet mit einem klassischen Cliffhänger, der auf die Fortsetzung dieser komplexen Geschichte neugierig macht.

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Veröffentlicht am 06.06.2023

On the road again...

Morgen mach ich bessere Fehler
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Nach einer langen (krankheitsbedingten) Pause schenkt Petra Hülsmann ihren treuen Leserinnen mit "Morgen mach ich bessere Fehler" ein neues Buch, das sich von ihren bisher erschienenen literarischen Werken ...

Nach einer langen (krankheitsbedingten) Pause schenkt Petra Hülsmann ihren treuen Leserinnen mit "Morgen mach ich bessere Fehler" ein neues Buch, das sich von ihren bisher erschienenen literarischen Werken absetzt. Hier geht es um einen ungewöhnlichen Road-Trip von Plön bei Hamburg bis nach Bayern mit vier absolut konträren Charakteren, eine gewagte Mischung, angefangen von der alleinerziehenden chaotisch-liebenswerten Studienabbrecherin, Umwelt-Aktivistin und Guerilla-Gärtnerin Elli, ihrer lebhaften, phantasievollen sechsjährigen Tochter Paula, dem griesgrämigen, nervtötenden Opa Heinz bis hin zu Cano, einem ehrgeizigen, schnöselig anmutenden Anwalt mit Migrationshintergrund.

Eigentlich ist Elli auf dem Weg zu einer Familienfeier ins Allgäu, zusammen mit ihrer sechsjährigen Tochter Paula und dem chronisch schlecht gelaunten Großonkel Heinz. Aber als ihr der Rechtsanwalt Cano fünfhundert Euro bietet, wenn sie ihn umgehend nach München bringt, greift Elli zu, denn das Geld ist knapp. Die Fahrt quer durch die Republik erweist sich als echte Herausforderung für das ungleiche Quartett. Heinz hat an allem etwas auszusetzen, Cano treibt Elli mit seiner Arroganz zur Weißglut, Murphys Gesetz schlägt erbarmungslos zu, und alles geht schief. Wenn sie jemals in München ankommen wollen, müssen die vier sich zusammenraufen und so manches Vorurteil über Bord werfen. Elli und Cano, die Chaos-Queen und der Paragrafenreiter, kommen sich dabei unerwartet näher, als ihnen lieb ist ...

Das Cover ist in zwei blassen Farbtönen (Rosa und Blau) gehalten und zeigt die Rückenansicht einer Frau, die Dehnübungen macht. Für meinen persönlichen Geschmack ist es viel zu nichtssagend. Kiek di dat an! In einer Buchhandlung wäre ich glatt an diesem tollen Buch vorbeigegangen. Die früheren Cover haben mir weitaus besser gefallen. Dafür ist der Titel gelungen, er ist auf einen kurzen, knackigen Satz reduziert und fügt sich nahtlos in die Reihe der bereits erschienenen Bücher ein.

Vom literarischen Stil, knüpft das neue Buch nahtlos an seine Vorgänger an. Petra Hülsmann beschreibt alle Protagonist
innen lebendig und realistisch, mit Stärken und Schwächen, wie sie alle Menschen auf der Welt besitzen. Ihre literarischen Figuren spiegeln unsere heutige Welt, sie sind nicht überzogen dargestellt, sondern völlig glaubwürdig. Wer schon einige Bücher von Petra Hülsmann kennt, wird sich über das Wiedersehen mit lieb gewonnenen (Neben-) Figuren freuen. Vor allem der nie um einen flotten Spruch verlegene Taxifahrer Knut, der seine Fahrgäste mit seinen gesammelten Lebensweisheiten erfreut, ist fast schon Kult geworden.

Jetzt aber ma Butter bei di Fische! Alles in allem hat mir meine Lektüre sehr gefallen. Petra Hülsmann erzählt mit einem humorvollen Augenzwinkern, ihre Bücher lassen sich locker-flockig lesen und bieten gute Unterhaltung, verbunden mit inhaltlicher Tiefe.

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