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Veröffentlicht am 28.04.2023

Grandiose Zeitreise in das Krisenjahr 1923

1923
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MEINE MEINUNG
Etliche Bücher widmen sich inzwischen dem legendären Weimarer Krisenjahr 1923, das zugleich für viele Deutsche ein Schicksalsjahr war, und in dem viele Weichen für die Zukunft gestellt wurden. ...

MEINE MEINUNG
Etliche Bücher widmen sich inzwischen dem legendären Weimarer Krisenjahr 1923, das zugleich für viele Deutsche ein Schicksalsjahr war, und in dem viele Weichen für die Zukunft gestellt wurden. Augenfällig und erschreckend sind viele Parallelen zur heutigen Zeit, so dass es sich lohnt, sich mit den damaligen Vorboten und unheilvollen Entwicklungen eingehender auseinander zu setzen.
In seinem unterhaltsamen und lehrreichen Sachbuch „1923. Endstation. Alles einsteigen!“ nimmt uns der deutsche Drehbuchautor, Historiker und Schriftsteller Peter Süß mit auf eine faszinierende Zeitreise tief hinein in das geschichtsträchtige Wendejahr 1923 und wirft interessante Schlaglichter auf die damaligen Ereignisse in Politik, Ökonomie, Gesellschaft und Kultur.
Süß versteht es hervorragend, die sorgsam recherchierten historischen Details sehr anschaulich, kurzweilig und humorvoll aufzubereiten und uns einen aufschlussreichen Einblick in dieses denkwürdige Jahr und die historischen Zusammenhänge zu vermitteln. Geschickt szenisch inszeniert können wir mühelos in die damalige verhängnisvolle wie außergewöhnliche Zeit eintauchen und die lebendig gewordenen Geschehnisse vor unserem inneren Auge Revue passieren lassen.
Im monatlichen Verlauf erzählt Peter Süß von turbulenten Ereignissen, Umsturzplänen und erstarkendem Nationalismus -der Ruhrbesetzung, Hyperinflation und dem Hitler-Putsch. An der Seite von exemplarisch ausgewählten, mehr oder weniger prominenten Deutschen (Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky, Käthe Kollwitz, Franz Kafka und viele andere) erleben wir jene Zeit voller Kontraste und haben in aufschlussreichen Episoden Anteil an ihren sehr persönlichen Schicksalen, Sorgen und Nöten. Gekonnt führt uns Süß aus immer wieder neuen Perspektiven vor Augen, welche Folgen die Entwertung des Geldes, Arbeitslosigkeit und Verelendung der Bevölkerung mit sich bringen. Hautnah wir können die vielfältigen ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen miterleben und nachvollziehen, wie dicht damals Glanz und Elend beieinander lagen. Kaleidoskophaft fügen sich schließlich die unterschiedlichen Stimmungen, Begebenheiten jener Zeit und historischen Hintergründe zu einem facettenreichen Bild zusammen. Abgerundet wird diese fesselnde Zeitreise durch zahlreiche eingestreute Fotografien.

FAZIT
Eine lehrreiche und sehr unterhaltsame Geschichtsstunde über das unglaublich ereignisreiche Krisenjahr 1923 – hervorragend recherchiert, anschaulich inszeniert und mitreißend erzählt!
Eine grandiose und empfehlenswerte Zeitreise, für alle die ihr Allgemeinwissen auffrischen möchten!

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.04.2023

Hochinteressanter autobiografischer Roman

Das glückliche Geheimnis
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MEINE MEINUNG
Bei dem neuen Roman „Das glückliche Geheimnis" des mehrfach mit Literaturpreisen ausgezeichneten österreichischen Schriftstellers Arno Geiger handelt es sich um ein autobiografisches Werk, ...

MEINE MEINUNG
Bei dem neuen Roman „Das glückliche Geheimnis" des mehrfach mit Literaturpreisen ausgezeichneten österreichischen Schriftstellers Arno Geiger handelt es sich um ein autobiografisches Werk, in dem er sehr persönliche, bemerkenswert ehrliche und höchst aufschlussreiche Einblicke in sein Leben gibt.
Hierin blickt er auf sein nunmehr 25jähriges, bewegtes Schriftstellerleben zurück und offenbart uns hierin ein Geheimnis, das er jahrzehntelang beinahe schamvoll geheim gehalten hat, obwohl es ihn anfangs als junger Autor quasi über Wasser gehalten, inspiriert, körperlich ertüchtigt und oftmals richtig glücklich gemacht hat. Eindringlich, selbstironisch und mit erfrischender Offenheit berichtet er uns über sein „schmutziges Montagsgewerbe", seine große Leidenschaft und sein erstaunliches Doppelleben. „Hier das Leben als öffentliche Person. Dort das Leben als Lumpensammler in den Straßen Wiens. Meine neue Normalität.“
Seine Touren führten ihn zu den Altpapiercontainern Wiens, um das, was andere für Wertlos hielten und wegwarfen, zu retten und dem Vergessen zu entreißen. Seine Sammlung von Büchern, Briefkonvoluten, Tagebüchern und Postkarten wurde eine Ressource seiner Arbeit und hat sein eigenes Werk nachhaltig beeinflusst. Äußerst spannend ist es zu erfahren, wie aus den weggeworfenen Fundstücken, insbesondere Lebensberichten völlig fremder Menschen, neue Einsichten erlangen, kreative Anregungen für neue Geschichten herausziehen konnte und dieses Material in seine Werke einfließen ließ.
„Meine künstlerische Entwicklung wurde nicht nur von Weltliteratur vorangetrieben, sondern ganz wesentlich auch von Abfall, von Hingeschmiertem und Verworfenem.“
In seinen Rückblicken gewährt uns der Autor sehr persönliche Einblicke in sein Privatleben, seine chaotische Liebesbeziehungen aber auch seinen spannenden schriftstellerischen Werdegang, der keineswegs einfach war. So lässt er uns Anteil nehmen an seinen erfolglosen Anfängen als Schriftsteller, seinen Selbstzweifeln und Existenzängsten, bis hin zu seinen ersten Erfolgen.
Gekonnt lässt er ebenfalls aufschlussreiches Hintergrundwissen über seine früheren Romane in seine Geschichte einfließen, was mich sehr neugierig auf seine früheren Romane gemacht hat.
FAZIT
Ein hochinteressanter autobiografischer Roman, in dem der Autor nicht nur über sein bisher geheimes Leben erzählt, sondern uns auch spannende Einblicke in seine Werke gibt – unterhaltsam, selbstironisch und sehr persönlich!

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Veröffentlicht am 02.04.2023

Farbenprächtiger historischer Roman

Florentia - Im Glanz der Medici
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MEINE MEINUNG
Nach ihrem großartigen Debüt „Raffael - Das Lächeln der Madonna“ hat die deutsche unter dem Pseudonym Noah Martin schreibende Kunsthistorikerin, Verlagslektorin und Autorin mit „Florentia ...

MEINE MEINUNG
Nach ihrem großartigen Debüt „Raffael - Das Lächeln der Madonna“ hat die deutsche unter dem Pseudonym Noah Martin schreibende Kunsthistorikerin, Verlagslektorin und Autorin mit „Florentia – Im Glanz der Medici“ einen neuen fesselnden historischen Roman vorgelegt.
Gekonnt nimmt uns Martin auf eine Reise in die schillernde, bewegte Zeit der Renaissance in Italien, die zugleich durch grausame Eroberungskriege, Intrigen, Korruption und Mordkomplotte gekennzeichnet war. Diese kulturhistorisch faszinierende Epoche, in deren Blütezeit unzählige einzigartige Kunstwerke, grandiose Bauwerke und bedeutende Gemälde geschaffen wurden, war auch eine Epoche des steten Wandels, die nicht nur Adeligen, sondern auch normalen Bürgern wie Bankiers und Künstler gesellschaftlichen Aufstieg und beachtlichen Wohlstand bescherte.
Dank des lebendigen, anschaulichen Schreibstils tauchen wir rasch ein in die glanzvolle Kulisse des opulenten Florenz der Medici ein und erleben eine mitreißend erzählte, wendungsreiche Geschichte um erbitterte Machtkämpfe, ein skrupelloses Komplott und eine beinahe aussichtslose Liebesgeschichte. Zur besseren Orientierung im historischen Florenz findet sich eine hübsche, farbig illustrierte Karte der Stadt mit den wichtigsten Schauplätzen der Geschichte.
In Anlehnung an historische Quellen entwirft Martin ein äußerst prächtiges und glaubhaftes Bild jener Zeit, in der viele Männer aber auch Frauen Großes geleistet haben. Ihr ist es hervorragend gelungen, ein facettenreiches Sittengemälde jener Zeit zu zeichnen. So erhalten wir neben anschaulich vermittelten kunsthistorischen Details und sorgfältig recherchierten historischen Fakten auch aufschlussreiche Einblicke in die komplexen politischen Verwicklungen, das damalige Alltagsleben sowie die alltäglichen Ängste, Sorgen und Nöte der Menschen.
Die Autorin hat die aus verschiedenen Perspektiven erzählte Handlung über eine Zeitspanne von 10 Jahren angelegt, in die zahlreiche spannende Hintergrundgeschichten eingewoben sind. Die verschiedenen Erzählstränge und häufigen Szenenwechsel sorgen für viel Abwechslung und lassen die Spannung zunehmend ansteigen.
Im Mittelpunkt des Romans steht die berühmte Familie de Medici in Florenz, die als erfolgreiche Bankiersfamilie ein faszinierendes, unglaublich erfolgreiches Familienunternehmen leiteten und über lange Zeit ihre unangefochtene Machtstellung in der Stadtrepublik bewahren und stärken konnten. Mit Lorenzo, dem Prächtigen lernen wie das wohl berühmteste Mitglied der Medici besser kennen, der sich mit großem Ehrgeiz, seiner Begabung als genialen Politiker und uneingeschränkter Opferbereitschaft den Bankgeschäften widmete. Hautnah sind wir dabei, wie die Familie immer wieder gegen die vielen Intrigen, politischen Widerstände, drohende Kriege und hinterlistige Verschwörungen anzukämpfen hat, um die Vorherrschaft in der Signoria und ihren politischen Einfluss zu halten. Dabei mussten sich auch die übrigen Familienmitglieder insbesondere Giuliano als Zweitgeborener immer wieder mit einbringen und sich unter Verzicht auf persönliche Belange den familiären Interessen unterordnen, so dass auch heftige Streitigkeiten nicht ausblieben. Anschaulich widmet sich die Autorin dem engen, vertrauensvollen, aber nicht immer harmonischen Verhältnis zwischen Lorenzo und seinem jüngeren Bruder Giuliano. Sehr fesselnd ist es aus einer weiteren Perspektive mitzuerleben, wie die Pazzis als zweitmächtigste Familie von Florenz und erbitterte Widersacher der Medici geschickt Zwietracht säen und ein undurchsichtiges Netz an Intrigen spinnen, mit dem Ziel, die Medici durch einen großen hinterlistigen Komplott endgültig zu stürzen und die Macht an sich zu reißen.
In einem weiteren Handlungsstrang lernen wir als eine weitere historische Persönlichkeit die ehrgeizige junge Fioretta Gorini kennen, die als Tochter des Medici-Leibarztes im Haushalt der Familie aufwächst und sich aufgrund ihrer Talente vorgenommen hat, eine künstlerische Laufbahn einzuschlagen und Malerin zu werden. Ihre heimliche Liebe zum jungen Giuliano Medici steht aufgrund der Standesunterschiede allerdings unter keinem guten Stern. Fioretta, über die in den Geschichtsbüchern leider wenig überliefert ist, steht stellvertretend für viele bedeutende Künstlerinnen der Renaissance, deren außergewöhnliche Leistungen hinter dem Ruhm ihrer männlichen Künstlerkollegen kaum gewürdigt und meist völlig in Vergessenheit gerieten. Des Weiteren spielen in der Geschichte mit Leonardo da Vinci und Sandro Botticelli auch die beiden berühmten Schüler aus der Werkstatt von Andrea Verrocchio eine wichtige Rolle, die damals als junge Künstler noch am Anfang ihrer Karriere standen. Äußerst spannend ist es dem jungen Leonardo und seiner Sicht auf die Welt zu begegnen, der seinen Weg in der Kunst aber auch in der Liebe noch nicht gefunden hat. Besonders gut haben mir die Passagen gefallen, in denen wir die Erstellung von Kunstwerken wie beispielsweise einiger bekannter Gemälde miterleben und sehr anschaulich künstlerische Stilmittel bezüglich Komposition, Lichtwirkung oder Studien zur Perspektive erläutert bekommen.
Im Laufe der vielschichtigen Handlung begegnen wir vielen fiktiven Figuren und bekannten historisch verbürgten Persönlichkeiten. Die zahlreichen Charaktere sind allesamt mit ihren Stärken und Schwächen vielschichtig ausgearbeitet und wirken sehr authentisch. Glücklicherweise ist dem Roman neben einem Stammbaum der Familie Medici mit dem “Dramatis personae“ ein umfangreiches Personenverzeichnis vorangestellt, so dass man stets den Überblick behält. Wie Martin in ihrem interessanten Nachwort erläutert, hat sie sich weitgehend an die übermittelten historischen Fakten gehalten, hat sich aber auch einige künstlerische Freiheiten bei der Ausgestaltung ihrer Geschichte und der Figuren genommen.
Geschickt verknüpft die Autorin die verschiedenen Handlungsfäden zu einer hochspannenden Geschichte, die schließlich in einem dramatischen Finale gipfelt.

Dieser sehr gelungene historische Roman hat mich nicht nur neugierig auf die Werke der außergewöhnlich talentierten Künstler aus der Renaissance gemacht, sondern auch auf das beeindruckende Wirken und bewegende Schicksal der mächtigen Medici in Florenz, so dass ich mich gerne hierzu noch weiter belesen möchte.

FAZIT
Ein beeindruckender, fesselnder historischer Roman über die Medici in Florenz zu Zeiten der Renaissance – eine facettenreiche, unterhaltsame und äußerst lehrreiche Geschichte, mitreißend erzählt und hervorragend recherchiert. Sehr lesenswert!

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Veröffentlicht am 29.03.2023

Faszinierende Coming-of-age-Geschichte

Frankie
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MEINE MEINUNG
Der vielfach ausgezeichnete Autor Michael Köhlmeier erzählt in seinem neuen Roman „Frankie“ die faszinierende Coming-of-age Geschichte eines Teenagers, dessen Leben durch die Haftentlassung ...

MEINE MEINUNG
Der vielfach ausgezeichnete Autor Michael Köhlmeier erzählt in seinem neuen Roman „Frankie“ die faszinierende Coming-of-age Geschichte eines Teenagers, dessen Leben durch die Haftentlassung seines zwielichtigen Großvaters zunehmend aus den Fugen gerät und eine rasante, sehr unerwartete Entwicklung nimmt.
Ein tiefgründiger wie unterhaltsamer Roman voller Scharfsinn, skurrilem Charme und überraschender Twists, gewürzt mit einem höchst abenteuerlichen Roadtrip, einem unvergesslichen Enkel-Großvater-Duo und jeder Menge krimineller Energie. Aber auch eine etwas sperrige Geschichte, auf die man sich einlassen muss, insbesondere, da vieles ganz wie im richtigen Leben im Vagen und bis zum Ende Unausgesprochen bleibt.
Köhlmeier hat mit Frank und seinem Großvater zwei ganz wundervolle, sehr lebendige Charaktere mit vielen Ecken und Kanten geschaffen – zwei Antihelden jeder auf seine ganz spezielle Art. Mit prägnanten Sätzen, kurzen, flotten Dialogen und etlichen Wiederholungen sowie einprägsamen filmreifen Szenen entwickelt diese ungewöhnliche Geschichte einen ganz eigenen, unverwechselbaren Sound!
Geschildert wird die Handlung aus der Ich-Perspektive des liebenswerten 14jährigen Teenagers Frank, der trotz seiner scharfen Beobachtungsgabe anfänglich eine bemerkenswert naive Sicht auf die Dinge hat. Gemeinsam mit seiner alleinerziehenden Mutter führt ein ziemlich ereignisloses, höchst angepasstes Leben als Außenseiter. Frank ist schulisch keine große Leuchte, viel allein und sich selbst überlassen. Es fällt nicht schwer sich in die Gedankenwelt des Teenagers hineinzuversetzen, der sich damit arrangiert hat, dass es viele unausgesprochene Geheimnisse und Leerstellen in ihrem Leben gibt, die er besser bei seiner Mutter nicht anspricht.
Köhlmeier ist es hervorragend gelungen, einzufangen, wie sich zwischen den beiden eine bemerkenswerte, höchst volatile Dynamik entwickelt. Während Frank sich seinem distanzierten, herrischen aber zugleich charismatischen Großvater allmählich annähert, zaghaft versucht, mehr über die rätselhaft-finstere Vergangenheit dieser Schwerverbrechers herauszubekommen, erliegt er unausweichlich der fatalen Faszination für das Andersartige, Bedrohliche und Dunkle, das diesen alten Mann umgibt. Gespannt verfolgt man, wie die Emotionen zwischen Neugier, Anziehung, Zuneigung, Respekt, Abscheu und Ekel hin und herpendeln und sich zu kleinen Machtspielchen immer weiter hochschaukeln. Im Umgang mit seinem undurchsichtigen Opa macht Frankie nicht nur positive Erfahrungen, so dass schließlich bei ihm eine unaufhaltsame Entwicklung in Gang gesetzt wird, die ihn so manches hinterfragen, plötzlich rebellieren lässt und in einem heilsamen Befreiungsschlag mündet. Mit höchst skurrilen Wendungen, einer unerwarteten Eskalation der Ereignisse und einem abrupten, ungewissen Ausgang verabschieden wir Frank auf seinem außergewöhnlichen Weg zum Erwachsenwerden.
Erstaunt, überwältigt, nachdenklich und etwas unbefriedigt wegen der vielen offenen Fragen bleiben wir am Ende zurück und dürfen uns den Fortgang von Franks Geschichte und die fehlenden Hintergründe und Antworten selbst ausdenken.

FAZIT
Eine faszinierende, tiefgründige Coming-of-age Geschichte, die zum Nachdenken über familiären Zusammenhalt, ungute Geheimnisse und das Erwachsenwerden anregt.
Nicht nur für Jugendliche lesenswert!

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Veröffentlicht am 29.03.2023

Beeindruckendes Romandebüt

Gleißendes Licht
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MEINE MEINUNG
In seinem eindrucksvollen, sehr bewegenden Roman „Gleißendes Licht“ widmet sich der deutsch-türkisch-armenische Komponist, Gitarrist und Debütautor Marc Sinan den schwierigen Themenkomplexen ...

MEINE MEINUNG
In seinem eindrucksvollen, sehr bewegenden Roman „Gleißendes Licht“ widmet sich der deutsch-türkisch-armenische Komponist, Gitarrist und Debütautor Marc Sinan den schwierigen Themenkomplexen von Tätern und Opfern, von Verfolgung und dem Völkermord an den Armeniern zu Beginn des 20. Jahrhunderts und Bemühungen zur Aufarbeitung dieses Unrechts.
Hierin erzählt er eine facettenreiche wie tragische Familiengeschichte, die deutlich autobiografische Züge trägt, wie wir dem äußerst kurzen Nachwort entnehmen können.
Sinan beleuchtet in Schlaglichtern die ethnisch-kulturelle Vielfalt der Türkei, die Geschichte des türkischen und armenischen Volks und lässt zudem mythologische Erzählungen einfließen. Zugleich spürt er dem Schicksal und den Traumata seiner persönlichen Familiengeschichte nach, die unbewusst auch das Leben der nachfolgenden Generationen nachhaltig beeinflussten.
Im Mittelpunkt der vielschichtigen Handlung steht der erfolgreiche Berliner Musiker Kaan mit deutsch-türkisch-armenischen Wurzeln, der aufgrund einer Identitätskrise beginnt, die Geschichte seiner türkischen Familie anhand seiner verdrängten Erinnerungen zu rekonstruieren. Ähnlich wie sein musikalisch hochtalentierter Protagonist wuchs der Mitte der 1970er-Jahre geborene Autor in einer bayerischen Kleinstadt auf, gefördert und angetrieben von seiner extrem ehrgeizigen türkischen Mutter avancierte er schließlich zu einem gefragten klassischen Gitarristen und widmet sich vorrangig seiner Karriere als Musiker.
Sinan hat seine Geschichte nicht-chronologisch auf verschiedensten Zeitebenen mit vielen Zeitsprüngen angelegt. Mit seinem kraftvollen, poetischen Schreibstil zieht der Autor uns bald in seinen Bann.
Aus der Perspektive des Protagonisten Kaan erzählt er aufschlussreiche Episoden aus dessen Kindheit, Jugend und lässt uns an seiner bewegten Familiengeschichte teilhaben. In Rückblenden springt er von der Gegenwart zurück in die Vergangenheit zum türkischen Großvater Hüseyin und seiner armenischen Großmutter Vahide und gibt uns zugleich bedrückende Einblicke in die Hintergründe des 100 Jahre zurückliegenden Genozids und der Verfolgung des armenischen Volkes.
Nach und nach fügen sich die vielen Fragmente der tragischen Geschichte seiner Großmutter zusammen und offenbaren die in der Vergangenheit erlittenen Traumata. Bis heute wird das Leben des Protagonisten durch das konsequente Schweigen darüber unbewusst beeinträchtigt und geprägt. Immer wieder verwebt der Autor die Motive von Schmerz und Anklage, von Schuld, Vergeltung und Rachegedanken eindrücklich in seine Handlung. Auch mythologische Geschichten und aufwühlende Traum-Sequenzen setzen brillante Akzente und spiegeln die teilweise unergründlichen gedanklichen Assoziationen des Helden wider, der mir mit seinem recht egomanischen Auftreten leider bis zum Ende hin nicht sonderlich sympathisch war.
Marc Sinan hat seinen beeindruckenden Roman als eine hochkomplexe, bildgewaltige Komposition angelegt, die mit verschiedenen wiederkehrenden Motiven, subtilen Anspielungen und surrealer Sequenzen in ihrer Vielschichtigkeit nicht immer leicht zu erfassen und zu verstehen ist.

FAZIT
Ein bewegendes, sehr vielschichtiges Porträt einer traumatisierten Familie, bei der die Auswirkungen des Völkermordes an den Armeniern bis heute nachwirken!
Zugleich ist der beeindruckend erzählte Roman eine Verneigung vor den Opfern des Völkermords und eine bittere Anklage der bis heute ungesühnten Verbrechen.

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