Zeitenwende? Höllenritt ? Jedenfalls mit Unterhaltungswert für die Nachgeborenen: Lotte Lenya verkauft das letzte Schmuckstück, das sie sich erschlafen hat; Bertolt Brecht fällt dreimal durch und wird berühmt; Kurt Tucholsky wird Banklehrling; in Thüringen und Sachsen ist Revolution;
Adolf Hitler probt die Machtergreifung; Pianist George Antheil kauft sich für Konzerte eine Pistole; Franz Kafka spaziert in Steglitz. Und das Geld ? Ach, das Geld … Peter Süß erzählt in Rückblenden – unglaublich, so wie das ganze unvorstellbare Jahr.
»1923 (…) dieses ›tolle Jahr‹ ist heute halb vergessen, aber es war das erregendste von vielen aufregenden Jahren, die Deutschland (…) durchlebt hat.«
Sebastian Haffner
»Ein Buch wie ein Film. Was passierte noch alles, und nicht nur im Kintopp, als Hitler im Bürgerbräukeller putschte? Deutschlands Schicksalsjahr in rasant erzählten Geschichten, mit Witz und Augenzwinkern. Und großartig geschrieben.«
Dieter Kosslick
Ich lese gerne Bücher die während der legendären Goldenen Zwanziger Jahre spielen. Dabei spielt es keine Rolle, welches Genre sie vertreten, Krimis, Romane, Familiengeschichten oder anderes.
Es ist die ...
Ich lese gerne Bücher die während der legendären Goldenen Zwanziger Jahre spielen. Dabei spielt es keine Rolle, welches Genre sie vertreten, Krimis, Romane, Familiengeschichten oder anderes.
Es ist die Zeit, die mich fasziniert, der Ausflug in die Vergangenheit.
1923 von Peter Süß ist ein Stück Zeitgeschichte. Hier kommen viele bekannte Persönlichkeiten drin vor wie Käthe Kollwitz, Berthold Brecht, Franz Kafka, Anita Berber und andere.
Er lässt uns eintauchen in eine faszinierende Zeit, gibt Einblicke in Politik, Gesellschaft und Kulturleben. Wer genau hinhört, erkennt die Zeichen der Zeit, die Vorboten, die Jahre später zum Zweiten Weltkrieg führten.
Monatlich führt er seine Leser durch das Jahr und hält wichtige Ereignisse genauso fest wie ganz alltägliches. Glück und Glanz, Armut und Arbeitslosigkeit, alles liegt nah beieinander. Anekdoten, Berichte, Nachrichten, sind interessant und informativ.
Ganz besonders haben mir die Fotografien gefallen. So wird die Zeit noch lebendiger und authentischer.
MEINE MEINUNG
Etliche Bücher widmen sich inzwischen dem legendären Weimarer Krisenjahr 1923, das zugleich für viele Deutsche ein Schicksalsjahr war, und in dem viele Weichen für die Zukunft gestellt wurden. ...
MEINE MEINUNG
Etliche Bücher widmen sich inzwischen dem legendären Weimarer Krisenjahr 1923, das zugleich für viele Deutsche ein Schicksalsjahr war, und in dem viele Weichen für die Zukunft gestellt wurden. Augenfällig und erschreckend sind viele Parallelen zur heutigen Zeit, so dass es sich lohnt, sich mit den damaligen Vorboten und unheilvollen Entwicklungen eingehender auseinander zu setzen.
In seinem unterhaltsamen und lehrreichen Sachbuch „1923. Endstation. Alles einsteigen!“ nimmt uns der deutsche Drehbuchautor, Historiker und Schriftsteller Peter Süß mit auf eine faszinierende Zeitreise tief hinein in das geschichtsträchtige Wendejahr 1923 und wirft interessante Schlaglichter auf die damaligen Ereignisse in Politik, Ökonomie, Gesellschaft und Kultur.
Süß versteht es hervorragend, die sorgsam recherchierten historischen Details sehr anschaulich, kurzweilig und humorvoll aufzubereiten und uns einen aufschlussreichen Einblick in dieses denkwürdige Jahr und die historischen Zusammenhänge zu vermitteln. Geschickt szenisch inszeniert können wir mühelos in die damalige verhängnisvolle wie außergewöhnliche Zeit eintauchen und die lebendig gewordenen Geschehnisse vor unserem inneren Auge Revue passieren lassen.
Im monatlichen Verlauf erzählt Peter Süß von turbulenten Ereignissen, Umsturzplänen und erstarkendem Nationalismus -der Ruhrbesetzung, Hyperinflation und dem Hitler-Putsch. An der Seite von exemplarisch ausgewählten, mehr oder weniger prominenten Deutschen (Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky, Käthe Kollwitz, Franz Kafka und viele andere) erleben wir jene Zeit voller Kontraste und haben in aufschlussreichen Episoden Anteil an ihren sehr persönlichen Schicksalen, Sorgen und Nöten. Gekonnt führt uns Süß aus immer wieder neuen Perspektiven vor Augen, welche Folgen die Entwertung des Geldes, Arbeitslosigkeit und Verelendung der Bevölkerung mit sich bringen. Hautnah wir können die vielfältigen ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen miterleben und nachvollziehen, wie dicht damals Glanz und Elend beieinander lagen. Kaleidoskophaft fügen sich schließlich die unterschiedlichen Stimmungen, Begebenheiten jener Zeit und historischen Hintergründe zu einem facettenreichen Bild zusammen. Abgerundet wird diese fesselnde Zeitreise durch zahlreiche eingestreute Fotografien.
FAZIT
Eine lehrreiche und sehr unterhaltsame Geschichtsstunde über das unglaublich ereignisreiche Krisenjahr 1923 – hervorragend recherchiert, anschaulich inszeniert und mitreißend erzählt!
Eine grandiose und empfehlenswerte Zeitreise, für alle die ihr Allgemeinwissen auffrischen möchten!
Das Jahr 1923 ist durch eine Vielzahl von politischen Konflikten, national bzw. bilateral, geprägt. Für viele Menschen ist das Jahr die Endstation ihres bisherigen Lebens.
Es beginnt mit einem Knalleffekt: ...
Das Jahr 1923 ist durch eine Vielzahl von politischen Konflikten, national bzw. bilateral, geprägt. Für viele Menschen ist das Jahr die Endstation ihres bisherigen Lebens.
Es beginnt mit einem Knalleffekt: Französische und belgische Truppen besetzen Anfang Jänner das Ruhrgebiet, da man den Reparationszahlungen an Frankreich nicht nachkommen will und kann. Unterschiedliche politische Gruppen stehen sich unversöhnlich gegenüber. Anstatt den Ernst der Lage zu begreifen und gemeinsam eine Lösung herbeizuführen, wird versucht, durch Gewalt die eine oder andere Gruppe an die Macht zu bringen.
Während der Großteil der Bevölkerung arbeitslos ist und hungert, frönt eine Minderheit dem Luxus. Es wird geprasst, als gäbe es kein Morgen. Man tanzt die Nächte durch, nimmt Drogen wie die Tänzerin Anita Berger. Das Filmgeschäft boomt, damit Menschen wenigstens für ein paar Stunden ihr Elend vergessen können.
Männer kämpfen mit ihren Fäusten, um zu überleben, Frauen setzen ihre ganzen Körper ein.
Neben Berlin ist auch München ein Zentrum dieses Rückblicks, in dem Autor Peter Süß zahlreiche Ereignisse wie in einem Kalendarium nach Monaten geordnet, aufzählt. Neben Berichten über die knallharte Wirklichkeit erzählt das Buch auch Anekdoten und blickt in die Wohnungen (noch nicht) bekannter Künstler. Wir dürfen der Familie Mann, Franz Kafka, Bert Brecht, Lotte Lenya sowie Oskar Kokoschka begegnen. Die einen vermögend, die anderen von der Hand in den Mund lebend.
Den Titel finde ich interessant, denn normalerweise heißt es ja „Endstation, alles Aussteigen“.
Fazit:
Diesem Rück- und Überblick in/auf das Jahr 1923 gebe ich 4 Sterne.