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Veröffentlicht am 22.06.2019

Aufrüttelnde Dystopie

Dry
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INHALT
Als Alyssa an einem heißen Junitag den Wasserhahn aufdreht, passiert gar nichts. Kein einziger Tropfen kommt aus der Leitung. Und nicht nur ihr Haus und ihre Straße sind betroffen, halb Kalifornien ...

INHALT
Als Alyssa an einem heißen Junitag den Wasserhahn aufdreht, passiert gar nichts. Kein einziger Tropfen kommt aus der Leitung. Und nicht nur ihr Haus und ihre Straße sind betroffen, halb Kalifornien sitzt auf dem Trockenen. Die Bevölkerung wird gebeten, Ruhe zu bewahren, die Situation sei bald wieder unter Kontrolle. Doch das stimmt nicht. Und aus einem ungewöhnlich heißen, trockenen Sommer wird plötzlich der Sommer, in dem Alyssa um ihr Leben kämpfen muss.
(Quelle: Fischer Sauerländer)

MEINE MEINUNG
Mit dem Jugendroman „Dry“ ist dem bekannten US-amerikanischen Autoren Neal Shusterman und seinem Sohn Jarrod eine sehr eindringlich und packend erzählte Dystopie gelungen, die man einfach nicht mehr aus der Hand legen kann. Im Mittelpunkt ihrer fiktiven, aber sehr realistisch anmutenden Geschichte beschreiben die beiden Autoren sehr anschaulich und aufrüttelnd, wie erschreckend schnell unsere zivilisierte Gesellschaft durch eine Wasserknappheit in eine existentielle Krise gerät und ein gnadenloser Kampf ums Überleben beginnt.
Der lebendige, jugendliche und mitreißende Schreibstil der beiden Autoren sorgt dafür, dass man sich schnell in das schockierende, authentisch wirkende Katastrophenszenario und in die verzweifelte Lage der Menschen hineinversetzen kann, sogar ständig ihren Durst verspürt. Dass der Roman aus der Feder von zwei verschiedenen Autoren stammt, merkt man diesem äußerst beeindruckenden Buch nicht an.
Erzählt wird die Geschichte aus wechselnden Perspektiven jeweils in der ersten Person, wobei wir die sich bald überschlagenden Geschehnisse aber hauptsächlich aus Alyssas Sicht miterleben. Kurze, eingeschobene Textpassagen geben uns Lesern darüber hinaus einen nachdrücklichen und umfassenderen Einblick in die bedrohliche Lage im gesamten Bundesstaat Florida.
Die Autoren haben ihre Dystopie äußerst realistisch, abwechslungsreich und packend gestaltet. Dabei schrecken sie auch nicht vor einigen sehr grausamen Passagen zurück, um die Verrohung der Menschen im Überlebenskampf zu verdeutlichen.
Am Beispiel von Alyssa und ihrer Familie erleben wir hautnah die Auswirkungen der Wasserkrise mit. Sehr glaubwürdig sind ihre persönliche Entwicklung und charakterlicher Wandel angesichts der Ereignisse zu verfolgen - vom ganz gewöhnlichen, sorgenfreien Teenager von nebenan, den dieser Notstand völlig unvorbereitet trifft bis hin zu einem taffen, kämpferischen Mädchen, das über sich hinauswachsen muss und schließlich überlebensnotwendige, manchmal auch fragwürdige Entscheidungen treffen muss. Ein weiterer zentraler Charakter ist Kelton, der etwas seltsame Nachbarsjunge von Alyssa, der sich mit seiner Familie als "Prepper" auf einen Ernstfall jeglicher Art bereits akribisch vorbereitet hat und nun auf ausgearbeitete Strategien für den eingetretenen Notfall zurückgreifen kann.
Im Verlauf der Geschichte treten noch zahlreiche weitere Charaktere wie beispielsweise Alyssas kleiner Bruder Garrett, die Aussteigerin Jacqui oder der undurchsichtige Henry auf, die je nach ihrer Rolle von den Autoren sehr authentisch und vielschichtig ausgearbeitet sind und für so manche Überraschung und herbe Enttäuschung gut sind. Insgesamt erleben wir im Laufe der Handlung eine ganze Bandbreite an möglichen Verhaltensweisen, die eine derartige Katastrophe in jedem von uns heraufbeschwören kann. Von Solidarität und rührender Aufopferungsbereitschaft blicken wir auch in die Abgründe der Menschen wie Verrat, Egoismus, Gewaltbereitschaft und Skrupellosigkeit. Sehr glaubhaft zeigen sie die sich verschiebenden Grenzen zwischen Gut und Böse und den zunehmenden Verlust des Moralinstinkts bei den Betroffenen auf.
Mit einigen überraschenden Wendungen zieht der Spannungsbogen immer weiter an. Geschickt lassen die Autoren die Ausnahmesituation für die verschiedenen Figuren immer mehr eskalieren und die sich überschlagende Handlung auf ein sehr mitreißendes, dramatisches Finale zulaufen. Der insgesamt sehr nachdenklich stimmende Roman klingt mit einem für meinen Geschmack leider etwas unrealistischen, überraschenden Ende aus, das aber recht stimmig und für ein Jugendbuch durchaus passend gewählt ist.
FAZIT
Eine lesenswerte, aufrüttelnde Dystopie – fesselnd und sehr realitätsnah geschrieben.

Veröffentlicht am 22.06.2019

Bewegender Roman mit beklemmendem geschichtlichen Hintergrund

Hannah und ihre Brüder
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INHALT
~Einst liebten sie einander wie Geschwister. Nun stehen sie sich als Todfeinde gegenüber.~

Bei einer Gala wird ein angesehener jüdischer Bürger Chicagos vom hochbetagten Ben Solomon bedroht und ...

INHALT
~Einst liebten sie einander wie Geschwister. Nun stehen sie sich als Todfeinde gegenüber.~

Bei einer Gala wird ein angesehener jüdischer Bürger Chicagos vom hochbetagten Ben Solomon bedroht und beschuldigt, ein SS-Offizier zu sein. Obwohl alles auf eine Verwechslung hinweist, engagiert Ben die Anwältin Catherine Lockhart und ihren Ermittler Liam Taggart – er ist sich sicher, seinen Ziehbruder zu erkennen, der einst Bens Familie und seine Geliebte Hannah verriet. Bei ihrer Recherche stoßen Catherine und Liam auf das Schicksal dreier Kinder im kriegszerrütteten Polen, die wie Geschwister aufwachsen und einander als Feinde wiederbegegnen. Aber beschuldigt Ben den Richtigen?
(Quelle: Aufbau Verlag)
MEINE MEINUNG
In seinem fesselnden Roman hat sich der US-amerikanische Autor und Rechtsanwalt Ronald H. Balson eines schwierigen historischen Themas und finsteren Kapitels deutscher Geschichte angenommen – der Judenverfolgung und dem Holocaust unter den Nationalsozialisten im Dritten Reich. Im Mittelpunkt der äußerst ergreifenden, fiktiven Geschichte steht der über 80-jährige polnische Jude und Ausschwitz-Überlebende Ben Solomon und das Schicksal seiner Familie zu Zeiten des 2. Weltkrieges in Polen während des Naziregimes.
Auf einer Spendengala bedroht der hochbetagte Ben den hochangesehenen, reichen Mäzen von Chicago Elliot Rosenzweig mit einer Waffe und beschuldigt diesen, der ehemalige SS-Offizier Otto Piontek und ein als „Schlächter von Zamość“ gesuchter Naziverbrecher zu sein. Mit diesem Ausgangsszenario ist dem Autor ein sehr packender Einstieg in seinen bewegenden Roman geglückt, denn gebannt möchte man mehr über die Hintergründe von Bens ungeheuerlichen Anschuldigungen erfahren.
Äußerst fesselnd ist es daher mit zu verfolgen, ob es dem von Ben engagierten Team, bestehend aus der Anwältin Catherine Lockhart und ihrem Freund, Privatdetektiv Liam Taggert, gelingen wird, die Wahrheit ans Licht zu bringen und aussagekräftige Beweise zu finden, um den ehemals besten Freund von Ben und mutmaßlichen Naziverbrecher zu enttarnen. Immer wieder kommen Zweifel auf, ob sich der alte Mann nicht doch geirrt hat und es sich nicht doch um eine Verwechslung handelt. In eingeschobenen Rückblenden erzählt Ben seine aufrüttelnde Geschichte, die im besetzten Polen der 1940er-Jahre seinen Anfang nimmt und eng mit seinem Freund Otto aus Kindertagen und seiner großen Liebe und späteren Frau Hannah verbunden ist. Aufwühlend und sehr eindringlich erzählt der Autor von Bens furchtbaren Erinnerungen an die Vergangenheit und die unglaubliche Wandlung, die Otto, sein Freund und Ziehbruder, im Laufe der Naziherrschaft genommen hat. Sehr berühren schildert der Autor, wie Ben und seine Familie in dieser so extrem menschenverachtenden Zeit ums nackte Überleben kämpfen mussten, dennoch immer wieder Stärke, Mut und Hoffnung fanden und neben all der bedrückenden Trostlosigkeit versucht haben, füreinander da zu sein und anderen zu helfen. Ronald H. Balson versteht es, die schockierenden Grausamkeiten, das Leid der Juden und die unmenschlichen Zustände in den Ghettos sehr anschaulich und glaubwürdig darzulegen. Allerdings hat er bei einigen Episoden zum zusätzlichen Spannungsaufbau mit etwas unglaubwürdigen, hochdramatischen Verwicklungen ein wenig übertrieben. Geschickt unterbricht der Autor Bens sehr bewegende und detaillierte Rückblicke in die Vergangenheit und lässt uns die sich zuspitzenden Geschehnisse in der Gegenwart rund um Bens Anwältin Catherine und Detektiv Liam verfolgen. Diese müssen sich mit juristischen Details auseinandersetzen und ihre verzweifelte Suche nach einem stichhaltigen Beweis für Bens Anschuldigungen wird schrittweise zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Äußerst nervenaufreibend ist auch dieser Handlungsstrang gestaltet, denn es gibt zahlreiche Versuche Ben mundtot zu machen, um die unliebsamen Ermittlungen zur Vorbereitung eines Prozesses einzustellen, und einige unerwartete Wendungen, bis die Geschichte schließlich in einem mitreißenden Finale endet.
Die gut ausgearbeiteten Charaktere und Balsons angenehmer, eindringlicher Schreibstil lassen diesen Roman trotz seiner bedrückenden Thematik zu Judenverfolgung und Holocaust zu einem wahren Page Turner werden.
Ich bin schon sehr gespannt auf eine Fortsetzung dieser Reihe und den nächsten Fall für das Ermittler-Team Catherine Lockhardt und Liam Taggart.
FAZIT
Ein eindringlich geschriebener, bewegender Roman, der mit dem Wissen um die geschichtlichen Hintergründe unter die Haut geht, und eine packende Geschichte, die man nicht so schnell vergisst. Sehr lesenswert!

Veröffentlicht am 22.06.2019

Toller City-Guide für Berlin

POLYGLOTT on tour Reiseführer Berlin
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MEINE MEINUNG
Der Reiseführer „POLYGLOTT on tour Berlin – 15 individuelle Touren durch die Hauptstadt“ von den Autoren Manuela Blisse und Uwe Lehmann ist ein nützlicher City-Guide, der es Berlinbesuchern ...

MEINE MEINUNG
Der Reiseführer „POLYGLOTT on tour Berlin – 15 individuelle Touren durch die Hauptstadt“ von den Autoren Manuela Blisse und Uwe Lehmann ist ein nützlicher City-Guide, der es Berlinbesuchern sehr erleichtert, ihren Aufenthalt an der Spree zu organisieren, sich einen Überblick über das unglaublich vielfältige Angebot der Stadt zu verschaffen und sich durch den Großstadtjungle zu manövrieren.
Egal, ob man nun zum ersten Mal die Stadt besucht oder vielleicht als Berlin-Fan vieles schon kennt, dieser handliche City-Guide mit seinem ansprechenden Design ist der ideale Reisebegleiter, um sich in das aufregende Treiben der quirligen Hauptstadt zu stürzen und immer wieder etwas Neues zu entdecken.
Das Tolle bei der interaktiven eBook-Version sind die praktischen Verlinkungen beispielsweise zur Touren- oder Onlinekarte, zu öffentlichen Verkehrslinienplänen oder auch von den Tourenstationen im Text direkt in die Detailkarte, was das Auffinden der Adressen deutlich vereinfacht. Zahlreiche Querverlinkungen auf den Seiten ermöglichen ein schnelles, unkompliziertes Navigieren durch den Reiseführer und Weblinks bei den jeweiligen Tipps können genutzt werden, um an weitere Informationen zu kommen. Für alle, die es lieber konventionell haben, gibt es den Reiseführer natürlich auch in Printform mit der guten alten Faltkarte.
Die „Top 12 HIGHLIGHTS“ zu Beginn geben einen raschen Überblick über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.
Von Kunsterlebnissen auf der Museumsinsel, Shoppingvergnügen am Potsdamer Platz und Kurfürstendamm, musikalischen Events, gastronomischen Genüsse in Kreuzberg und Prenzlauer Berg oder einem kleinen Badeausflug an den Wannsee ... hier dürfte wirklich für jeden Geschmack etwas dabei sein.
Die Autoren haben 15 sehr ausgeklügelte Touren von unterschiedlicher Länge ausgearbeitet, die viel Abwechslung bieten und zu spannenden Locations und außergewöhnlichen Entdeckungen in den unterschiedlichen Stadtvierteln führen. Ob man nun zum Shoppen über den Kudamm oder lieber durch den Tiergarten spazieren möchte, einem mehr der Sinn nach Museen steht oder lieber ins Szeneviertel am Prenzlauer Berg eintaucht, hier findet wohl jeder eine interessante Tour.
Ausgesuchte Adressen, Hinweise zu Ausstellungen, Konzerten, Veranstaltungen und Empfehlungen für kleine Abstecher bieten die Gelegenheit, Menschen zu treffen und deren Alltag kennenzulernen und somit auch ganz nah ans Lebensgefühl der Berliner heranzukommen
In den ansprechend gestalteten „TYPISCH“ Kapiteln wie beispielsweise „Was steckt dahinter“ erfahren wir kleine Geheimnisse und fesselnde Geschichten mit einem Blick hinter die Kulissen. Im Kapitel "50 DINGE, die Sie… erleben, probieren, bestaunen, mit nach Hause nehmen oder besser bleiben lassen sollten" gibt es jede Menge hilfreiche Tipps zu Besonderem und Typischen in Berlin.
Im Kapitel „REISEPLANUNG & ADRESSEN“ finden sich schließlich ausführliche und sehr hilfreiche Informationen zu den Stadtvierteln im Überblick, aber auch zu Anreise, Stadtverkehr, Unterkünften, nützliche Gastrotipps, Veranstaltungen und vielem mehr.
Die kurzen Kapitel „INFOS VON A BIS Z“, „MINI-DOLMETSCHER BERLINERISCH“ und der „CHECKLISTE BERLIN“ runden den City-Guide Berlin perfekt ab.
FAZIT
Für jeden, der einen entdeckungsreichen Städtetrip nach Berlin plant, ist dieser City-Guide ein unverzichtbarer Reisebegleiter. Mit seiner übersichtlichen Gestaltung und unglaublich vielen, nützlichen Informationen sorgt er dafür, dass einem auf der Erkundungstour durch Berlin nichts entgeht.

Veröffentlicht am 10.06.2019

Ein sehr gelungener, origineller Whodunit

Ein perfider Plan
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INHALT
Keine sechs Stunden, nachdem die wohlhabende alleinstehende Diana Cowper ihre eigene Beerdigung geplant hat, wird sie in ihrem Haus erdrosselt aufgefunden. Ahnte sie etwas? Kannte sie ihren Mörder?
Daniel ...

INHALT
Keine sechs Stunden, nachdem die wohlhabende alleinstehende Diana Cowper ihre eigene Beerdigung geplant hat, wird sie in ihrem Haus erdrosselt aufgefunden. Ahnte sie etwas? Kannte sie ihren Mörder?
Daniel Hawthorne, ehemaliger Polizeioffizier und inzwischen Privatdetektiv im Dienst der Polizei, nimmt die Spur auf. Aber nicht nur den Fall will er lösen, es soll auch ein Buch daraus werden, und dafür wird Bestsellerautor Anthony Horowitz gebraucht. Der wiederum sträubt sich zunächst, ist jedoch schon bald unrettbar in den Fall verstrickt. Fasziniert von der Welt des Verbrechens ebenso wie von dem undurchsichtigen Detektiv und dessen messerscharfem Verstand.
Ganz im Stil von Holmes und Watson begeben sich Hawthorne und Horowitz auf die Suche nach dem Mörder einer scheinbar harmlosen älteren Frau, in deren Vergangenheit allerdings schon bald dunkle Geheimnisse auftauchen. Eine atemberaubende Jagd beginnt …
(Quelle: Insel Verlag)


MEINE MEINUNG
Mit seinem neuesten Buch „Ein perfider Plan“ ist Anthony Horowitz, der zu den renommierten Schriftstellern und Drehbuchautoren Großbritanniens zählt, erneut ein absolut genialer Krimi gelungen, der mich bestens unterhalten und sehr begeistern konnte. Er ist zudem der vielversprechende Auftakt einer neuen Kriminalroman-Reihe dar, die den herrlich altmodischen Untertitel „Hawthorn ermittelt“ trägt.
Sein neuester, äußerst origineller Krimi ist ein klassischer „Whodunit“ à la Sir Conan Doyle in einem sehr zeitgemäßen, modernen Gewand. Horowitz ist eine fesselnde, fantasievolle Variation des berühmten Watson-Holmes-Detektivgespanns gelungen, die er nicht nur wirklich überzeugend und unglaublich unterhaltsam in die heutige Zeit verlegt hat, sondern auch äußerst faszinierende Charaktere kreiert. Als besonderes Highlight hat er sich nämlich selbst als Ich-Erzähler und Protagonist Horowitz mit seinem eigenen biographischen Hintergrund in die Geschichte hineingeschrieben, der als eine Art Watson-Verschnitt in dem Mordfall dem genialen Detektiv Hawthorn zuarbeitet. Als unfreiwilliger Biograph soll er die laufenden Ermittlungen zu dem kuriosen Mordfall begleiten und quasi aus erster Hand einen Roman hierüber verfassen. Hierdurch erhalten wir ganz nebenbei sehr interessante Einblicke in das fesselnde Leben von Horowitz, der zugleich auch die Gelegenheit nutzt seine eigene Figur als Schriftsteller und Drehbuchautor selbstkritisch und –ironisch zu reflektieren. Man spürt beim Lesen sehr deutlich, wie viel Spaß ihm dies bereitet hat.
Auch mit der weiteren Hauptfigur Hawthorn beweist der Autor sein besonderes Talent für eine vielschichtige Charakterzeichnung. Ähnlich wie Doyles Romanfigur erweist sich Hawthorn als ein schwieriger, wenig umgänglicher Charakter, der Horowitz mit seinem wortkargen, gewöhnungsbedürftigem Verhalten, seinem Jähzorn und seinen nicht gerade populären Ansichten immer wieder auf die Probe stellt. Gespannt verfolgt man Hawthorns Ermittlungstaktiken und amüsiert sich köstlich darüber, dass er sich von Horowitz sehr ungern in die Karten schauen lässt. Vor allem seine undurchsichtige Biographie und sein exzentrischer Charakter treiben den neugierigen Horowitz an, mehr über dessen Privatleben herauszufinden und die vielen Leerstellen allmählich zu füllen. Sehr schön hat der Autor auch die allmähliche Annäherung der beiden so unterschiedlichen Protagonisten herausgearbeitet, die schließlich sogar gegenseitigen Respekt und auf britisch unterkühlte Art Sympathien füreinander entwickeln.
Dem Autor gelingt es hervorragend, die Spannung hoch zu halten, denn während der Ich-Erzähler uns seine eigenen Überlegungen zum komplexen Fall und potentiellen Mörder anstellt, ist der clevere Hawthorne mit seiner einzigartigen Beobachtungsgabe und seinem messerscharfen Verstand meist schon mehrere Nasenlängen voraus. Nach und nach zeigt sich, dass auch das auf den ersten Blick so untadelige Mordopfer ein erstaunlich finsteres Geheimnis zu verbergen hatte. In einem unglaublich packenden Finale werden schließlich die unglaublichen Hintergründe zu diesem perfiden Mordfall aufgedeckt.

FAZIT
Ein sehr gelungener Auftakt zu einer interessanten neuen Krimireihe - spannend, einfallsreich und sehr lesenswert!

Veröffentlicht am 02.06.2019

Gemütliche Urlaubslektüre

Ins Watt gebissen
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INHALT
Vor dem Deich liegt eine Leiche!
Tjarkshusen, Friesland: Gleich hinter dem Haus des alten Eigenbrötlers Ino Tjarks hat der Kurdirektor Alois Winterscheid ins Gras (der Salzwiese) gebissen. Und ...

INHALT
Vor dem Deich liegt eine Leiche!
Tjarkshusen, Friesland: Gleich hinter dem Haus des alten Eigenbrötlers Ino Tjarks hat der Kurdirektor Alois Winterscheid ins Gras (der Salzwiese) gebissen. Und weil Ino nie ein Hehl daraus gemacht hat, was er von den Plänen hält, die der Bayer Alois für eine neue Touristenattraktion an der Küste Frieslands hatte, steht er nun unter Mord-Verdacht. Da hilft nur eines: gemeinsam mit seiner patenten Haushälterin Gerda und der Bäckerin Theda den wahren Mörder zu schnappen! Tatsächlich haben die drei bald eine heiße Spur: Alois hatte Streit mit einer Frau (nur welcher? Alois liebte nicht nur eine!). Doch bevor sie der Sache weiter auf den Grund gehen können, überschlagen sich die Ereignisse …
(Quelle: Knaur Verlag)

MEINE MEINUNG
Mit „Ins Watt gebissen“ ist der deutschen Autorin Regine Kölpin ein kurzweiliger und humorvoller Wohlfühlkrimi mit nettem Nordseeküsten-Flair gelungen.
Es ist der vielversprechende Auftakt einer neuen Küsten-Krimi-Reihe um ein eigenwilliges Hobby-Ermittler-Team, bestehend aus dem verschrobenen Alten Ino Tjarks mit seiner kleinen Windmühle hinterm Deich, seiner unternehmungslustigen Haushälterin Gerda und der neugierigen Bäckersfrau Theda.
Angesiedelt ist die Handlung in Friesland im beschaulichen Tjarkshusen und Horumersiel - eigentlich eine friedvolle, dörflich geprägte Gegend an der Nordseeküste … gäbe es da nicht den ehrgeizigen Kurdirektor Alois Winterscheid mit seinem umstrittenen Großprojekt, der eines Tages ausgerechnet hinter Inos Haus ermordet aufgefunden wird. Natürlich fühlt sich Gerda, die sich als eine Art Miss Marple vom Wangerland versteht, gleich dazu berufen, ihre Schnüffelnase überall reinzustecken und auf eigene Faust auf Mördersuche zu gehen – und das mit ihren ganz eigenen Methoden.
Mit ihrem witzigen, lockeren Schreibstil und netten skurrilen Einfällen sorgt die Autorin von Beginn an für gute Unterhaltung, so dass es großen Spaß macht, das liebenswerte, selbsternannte Detektivgespann auf ihren Befragungstouren und Nachforschungen zu begleiten. Schon bald sind sie den recht erfolglos ermittelnden Kommissaren Fürchtenicht, Meiers und Dietrich immer eine Naselänge voraus, denn die Einheimischen geben sich gegenüber den „Bullen“ höchst wortkarg und naturgemäß wenig auskunftsfreudig. Die Handlung schreitet recht unaufgeregt und ruhig voran, und die Ermittlungen laufen anfangs sehr gemächlich in alle möglichen Richtungen. So es gibt zwar immer neue Indizien und Verdächtige, doch eine heiße Spur fehlt lange Zeit. Mehr Dynamik erhält der Fall dann im letzten Drittel, denn nach einigen unerwarteten Wendungen überschlagen sich die Ereignisse regelrecht und zum Ende gibt es dann doch noch das erhoffte, spannende Finale.
Der Krimi lebt von seinen herrlich schrulligen, sympathischen Charakteren, vor allem natürlich dem netten Ermittler-Gespann Gerda, Ino und Theda, die man mit all ihren Eigenheiten, ihrer Verschrobenheit und witzigen Ideen einfach ins Herz schließen muss. Die zahlreichen Einheimischen liefern zudem einen abwechslungsreichen, oft humorvollen Rahmen für den Krimi und stellen das skurrile, aber liebenswerte Personal für den Mordfall dar.
Auch wenn man richtige Spannung bei diesem gemütlichen Friesland-Krimi vergeblich sucht, gibt es doch genug bei dieser amüsanten und unterhaltsamen Geschichte zum vergnüglichen Miträtseln und Spekulieren. Die Auflösung des kuriosen Kriminalfalls wirkte für meinen Geschmack zwar etwas konstruiert, ist aber insgesamt in sich schlüssig.
Schön, dass man sich auf eine Fortsetzung der neuen Küsten-Krimi-Reihe mit den liebgewonnenen Charakteren rund um die geniale Miss Marple vom Wangerland Gerda und manch einer schrulligen Nebenfigur freuen darf!
FAZIT
Ein gemütlicher Wohlfühlkrimi und kurzweiliger Auftakt einer neuen Küsten-Krimi-Reihe - mit einem liebenswert-schrulligen Hobby- Ermittlerteam, viel friesischem Flair und einer „steifen“ Prise Humor.
Empfehlenswert für alle, die eine amüsante, unterhaltsame Urlaubslektüre suchen!