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Veröffentlicht am 12.02.2021

Ein feinfühliges Psychodrama über ein ungesühntes Verbrechen

Wenn das Herz im Kopf schlägt
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In einem kleinen Ort nahe der deutsch-holländischen Grenze werden innerhalb nur einiger Tage gleich zwei alte Männer brutal ermordet. Die Taten erinnern an eine Hinrichtung und stellen Peter Böhm und sein ...

In einem kleinen Ort nahe der deutsch-holländischen Grenze werden innerhalb nur einiger Tage gleich zwei alte Männer brutal ermordet. Die Taten erinnern an eine Hinrichtung und stellen Peter Böhm und sein Team von der Kriminalpolizei Kleve vor ein Rätsel. Bei ihren Ermittlungen im Dorf stoßen sie auf eine Mauer des Schweigens. Erst nach und nach kommen alte Geschichten ans Licht und damit ein besonders tragischer Fall, der damals offenbar zu schnell abgeschlossen wurde...

Seit ich vor einigen Jahren „Trümmerkind“ gelesen habe gehört Mechtild Borrmann zu meinen Lieblingsautorinnen. Ich mag sehr ihren etwas kargen und doch stellenweise fast poetisch anmutenden Schreibstil. Ganz besonders bewundere ich ihr großes Talent, als aufmerksame Beobachterin die innersten Gefühle ihrer Protagonisten einfühlsam und berührend zu beschreiben. Dieses Talent beweist sie bereits hier, in ihrem ersten Kriminalroman. „Wenn das Herz im Kopfschlägt“ ist kein typischer Krimi und wird einen auf Adrenalin und harte Aktion hoffenden Leser wohl kaum zufriedenstellen. Wer sich aber Gedanken macht über den Ursprung eines Verbrechens und Mechanismen, die dabei eine Rolle spielen und diese nachvollziehen möchte, ist hier goldrichtig. Im Mittelpunkt des Romans steht eine Tragödie, ein schreckliches Verbrechen, das nicht bestraft wurde und noch nach vielen Jahren das Leben mehrerer Menschen zerstört. Den Leser erwarten ein spannender Plot, eine recht düstere Atmosphäre und toll gezeichnete, lebendige Charaktere.

Fazit: Mehr Psychodrama als Krimi, meisterhaft erzählt, geht unter die Haut!

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Veröffentlicht am 11.02.2021

Packend und zutiefst erschütternd

Das Tabu
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Dem 21-jährigen Journalismus-Studenten Dominik Novak passiert Entsetzliches: Er wird eines Abends auf dem Nachhauseweg überfallen, an einen unbekannten Ort verschleppt und dort von einem Mann gefoltert ...

Dem 21-jährigen Journalismus-Studenten Dominik Novak passiert Entsetzliches: Er wird eines Abends auf dem Nachhauseweg überfallen, an einen unbekannten Ort verschleppt und dort von einem Mann gefoltert und wiederholt brutal vergewaltigt. Nach stundenlangen Qualen lässt ihn der Peiniger frei, ohne dass Dominik erfährt, wer ihn missbraucht oder wo sich das schreckliche Geschehen abgespielt hat. Für den jungen Mann bricht die Welt zusammen. Fast verrückt vor Schmerz, Trauer und Scham zieht er sich zuerst zurück, schweigt und versucht den Alptraum zu vergessen. Das funktioniert aber nicht. Und dann erfährt er, dass der Täter erneut zugeschlagen hat und ausgerechnet er, Dominik, über den Fall für die Zeitung berichten soll...

Die Story, die Nicole Schumacher in ihrem Debütroman erzählt ist hochdramatisch und behandelt wahrhaftig ein Tabuthema. Mir ist es beim Lesen klar geworden, dass ich zahlreiche Krimis und Psychothriller kenne, in denen Frauen geschlagen, getötet und vergewaltigt werden (es ist ein so häufiges Motiv, dass man als Leser bedauerlicherweise abzustumpfen droht) aber keinen einzigen, in dem wie hier ein männlicher Protagonist zum Opfer wird!
Die Geschichte geht unter die Haut und entwickelt eine Sogwirkung, der ich mich kaum entziehen konnte. Der Autorin gelingt es, sehr einfühlsam und glaubhaft die Gefühle der Hauptfigur zum Ausdruck zu bringen, ihre innere Zerrissenheit, Ohnmacht und Verzweiflung. Sie zeigt in aller Deutlichkeit, wie verheerend die Folgen einer solchen Tat für ein Opfer sind. Wie weh es tut, wenn man seiner Würde beraubt und einfach nur benutzt wird. Und wie schlimm es ist, wenn man hinterher keine Hilfe bekommt und manchmal sogar von der Öffentlichkeit als mitschuldig angesehen und angeprangert wird!
So drastisch das Buch auch ist, ich würde mir wünschen, dass es von möglichst vielen Menschen gelesen wird. Es könnte dazu beitragen, dass wir mehr Sensibilität entwickeln und falls es nötig sein sollte Zivilcourage zeigen.

Fazit: Schwere Kost, aber packend und mit einem Thema, das definitiv nach mehr Aufmerksamkeit verlangt – bitte unbedingt lesen!







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Veröffentlicht am 11.02.2021

Düster, atmosphärisch und fast unerträglich spannend

Hinter diesen Türen
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Die junge Rowan Caine bewirbt sich auf eine Stelle als Kindermädchen in einem abgelegenen Haus in Schottland. Sie soll auf drei Töchter eines wohlhabenden Architekten-Ehepaares aufpassen, das beruflich ...

Die junge Rowan Caine bewirbt sich auf eine Stelle als Kindermädchen in einem abgelegenen Haus in Schottland. Sie soll auf drei Töchter eines wohlhabenden Architekten-Ehepaares aufpassen, das beruflich sehr eingespannt ist. Das Gehalt ist mehr als üppig und das Haus wunderschön und luxuriös eingerichtet. Als Rowan tatsächlich eine Zusage bekommt, ist sie überwältigt. Der vermeintliche Traumjob entpuppt sich aber schon bald als Alptraum. Die überall angebrachten Überwachungskameras lassen sie sich beobachtet fühlen und seltsame Geräusche rauben ihr nachts den Schlaf. Auch mit den Kindern klappt es nicht so gut wie gehofft. Im Gegenteil, sie entziehen sich Rowans Kontrolle und verhalten sich geradezu unheimlich. Und dann kommt es zu einem tragischen Ereignis...

Dieser Roman hat das geschafft, was die wenigsten Bücher bei mir schaffen: Es hat mir eine schlaflose Nacht beschert. Einmal mit dem Lesen angefangen, war ich sofort in der packenden Geschichte drin, erlebte durchgehend einen Kopfkino-Effekt und konnte einfach nicht aufhören, bis ich die Auflösung kannte. Ich genoss die unheimliche Atmosphäre, die Ruth Ware meisterhaft zu erzeugen vermag. Sie erinnert mich an viktorianische Schauerromane, die mir mit ihrem sanften Grusel sehr zusagen. Die Spannung entwickelt sich bereits mit der ersten Seite, der in einigen Anläufen geschriebene Brief sorgt raffiniert dafür, dass die Neugier des Lesers geweckt ist. Er weiß, dass die Geschichte nicht gut ausgehen wird, das drohende Unheil ist auf jeder Seite präsent und kommt immer näher... Der Autorin gelingt es, die Spannung bis zum Ende aufrechtzuerhalten und den Leser mit einem unerwarteten Plottwist zu überraschen. Eine tolle Leistung und eine wunderbare Lektüre für Psychothriller-Fans!

Auch die graphische Gestaltung des Buches ist sehr gelungen – das Cover wirkt geheimnisvoll, vermittelt etwas von der unheimlichen Stimmung, die im Buch herrscht und macht neugierig auf den Inhalt.

Mein Fazit: Ein gut geschriebener und sehr spannender Thriller mit viel Atmosphäre – wenn andere Bücher von Ruth Ware in einem ähnlichen Stil verfasst und auch so packend sind, dann habe ich eine neue Lieblingsautorin gefunden

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Veröffentlicht am 04.02.2021

Die Kinder- und Jugendjahre des großartigen Erzählers

Wie alles kam
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Wer kennt ihn nicht, den frechen Sams mit den lustigen Punkten im Gesicht, der das eintönige Leben vom Herrn Taschenbier von einem Tag auf den anderen bunter und spannender macht? Oder die nervige Frau ...

Wer kennt ihn nicht, den frechen Sams mit den lustigen Punkten im Gesicht, der das eintönige Leben vom Herrn Taschenbier von einem Tag auf den anderen bunter und spannender macht? Oder die nervige Frau Rotkohl, die seinen Mieter einfach nicht in Ruhe lassen kann und sich in alles einmischen muss? Das sind nur einige der unvergesslichen Gestalten, die den Schriftsteller Paul Maar zu einem der beliebtesten deutschen Kinder- und Jugendbuchautoren machten. Ganze Generationen sind mit seinen Büchern groß geworden und seine Werke wurden vielfach ausgezeichnet. Doch wer ist der Mann hinter diesen wunderbar klugen und humorvollen Geschichten? Einen Einblick in das Leben von Paul Maar gewährt uns dieses Buch.

Es ist eine Autobiographie, in der der Schriftsteller vor allem von seinen jungen Jahren erzählt. Er erinnert sich an dramatische Ereignisse, wie etwa an den Krieg und die Angst während der Bombenangriffe, erwähnt den frühen Tod seiner Mutter und seine Trauer nach dem Tod der geliebten Oma. Wir lesen aber auch von Abenteuern, die er als kleiner Junge erlebte, von seiner Schulzeit, von Freundschaften, Umzügen und der ersten Liebe. Der Leser erfährt ebenfalls, wie die Anfänge der schriftstellerischen Karriere von Paul Maar waren und dass er beinahe einen ganz anderen beruflichen Weg eingeschlagen hätte. All das erzählt der Autor in einer ruhigen, angenehmen Art, die mir persönlich sehr gut gefällt. Ich genoss die zahlreichen Anekdoten und musste oft schmunzeln. Manche Passagen wiederum gingen mir unter die Haut. Es sind die Textstellen, in denen Paul Maar von sehr privaten und schmerzhaften Erlebnissen spricht und dem Leser seine Verletzlichkeit offenbart. Er thematisiert den langjährigen Konflikt mit dem Vater, der Verlust eines sehr engen Freundes und die Demenzerkrankung seiner geliebten Frau. Diese Schilderungen sind sehr intensiv und berührend. Es ist beeindruckend, dass sich Paul Maar trotz dieser Schicksalsschläge eine Zuversicht und Heiterkeit bewahrt hat, die für seine Werke so typisch ist.

Fazit: Interessant und bewegend, toll erzählt, für Fans von Paul Maar eine wunderbare Lektüre, die ich wärmstens empfehlen kann.

Veröffentlicht am 29.01.2021

Faszination Reisen

Vom Glück zu reisen - Ein Reisehandbuch
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Warum reisen wir und welche Kriterien entscheiden über die Wahl unserer Reiseziele? Wie definiert man den Wert einer Reise? Macht es Sinn, eine Bucket List zu führen? Reisen lieber allein oder in Gesellschaft? ...

Warum reisen wir und welche Kriterien entscheiden über die Wahl unserer Reiseziele? Wie definiert man den Wert einer Reise? Macht es Sinn, eine Bucket List zu führen? Reisen lieber allein oder in Gesellschaft? Wie wirken sich die Social Media auf unser Reiseverhalten aus? Ist Fliegen in Zeiten des Klimawandels noch moralisch vertretbar oder sollten wir lieber darauf verzichten? Mit diesen und vielen anderen spannenden Fragen beschäftigt sich der Journalist und Autor Philipp Lage in seinem Buch. Es ist kein Reiseführer oder Ratgeber im klassischen Sinne. Laage, der selbst viel und oft unterwegs ist und für den die Erkundung der Welt Teil des Berufs geworden ist, beleuchtet aus unterschiedlichen Winkeln verschiedene Aspekte des Reisens. Dabei schöpft er aus seinen zahlreichen Erfahrungen und ergänzt sie mit allerlei wissenschaftlichen Exkursen. Die letzteren sind ohne Zweifel wichtig, aber mir persönlich etwas zu viele. Auf einige davon hätte ich gerne verzichtet zugunsten ein paar weiteren Reise-Anekdoten. Das Ergebnis ist trotzdem eine interessante und aus meiner Sicht äußerst anregende Lektüre. Mich hat sie dazu gebracht, mein Verhältnis zu Reisen zu hinterfragen. Es sind mir auch einige Dinge klar geworden, denen ich früher keine größere Bedeutung beigemessen habe. Manche Sätze fand ich besonders inspirierend und auch spannend, wie etwa „Welche Orte wecken wirklich meine Neugier? […] Was würde ich auf Reisen tun, wenn ich keine Fotos davon machen könnte?“ (S. 93). Ich wette, so manche von uns würden sich die eine oder andere Sehenswürdigkeit im Urlaub sparen, wenn man sich nicht mit ihr ablichten und hinterher auf Instagram präsentieren könnte...

Das Buch von Phlipp Laage hat in mir Lust auf neue Abenteuer geweckt und mich daran erinnert, worauf es beim Reisen wirklich ankommt. Seiner Meinung nach sind es vor allem Mut, Neugier, Anstrengung und Offenheit. Die Bereitschaft, sich „auf das Unbekannte einzulassen und das Beste daraus zu machen“. Dem kann ich mich nur anschließen. Also: Auf in die Welt!

Fazit: Ein tolles Buch für Menschen, die Reisen und Abenteuer lieben und die es nicht abschreckt, sich darüber ein paar Gedanken zu machen. Es lohnt sich!