Der Boden unter den Füßen
Wahrheit gegen WahrheitVivian und Matt Miller. Zehn Jahre verheiratet, vier Kinder. Sie Analystin bei der CIA, er IT-Spezialist. Eigentlich eine echte Bilderbuchfamilie. Vielleicht ein wenig zu perfekt. Als Vivian einen Algorithmus ...
Vivian und Matt Miller. Zehn Jahre verheiratet, vier Kinder. Sie Analystin bei der CIA, er IT-Spezialist. Eigentlich eine echte Bilderbuchfamilie. Vielleicht ein wenig zu perfekt. Als Vivian einen Algorithmus entwickelt, der ihr Zugriff auf die Daten eines russischen Agentenbetreuers gewährt, bricht alles zusammen. Zwischen all den Informationen befindet sich auch ein Bild von ihrem Mann.
Es ist das Szenario einer typisch amerikanischen Krimiserie: Russische Schläferagenten. So ganz ist der alte Ost-West-Konflikt nie aus den Köpfen und der Politik verschwunden. Mit dem Unterschied, dass es im Krimi meistens nur die amerikanischen Agenten gegen die russischen Schläfer sind. Vivian hat den Konflikt direkt in ihrer Familie. Liefert sie ihren Mann an die CIA aus, nimmt sie gleichzeitig ihren Kindern den Vater und zerstört ihre Familie. Wenn sie schweigt, macht sie sich strafbar.
Karen Clevelands Motivation einen Roman über Spionageabwehr der CIA zu schreiben, kommt nicht von ungefähr. Die Autorin war selbst als Analystin tätig. Dennoch ergeben sich ein paar Ungereimtheiten. Wie kann es sein, dass jemand, der gegen russische Schläferagenten ermittelt, keine russischen Sprachkenntnisse nachweisen muss? Oder, dass sich jemand, der sich so um seine Familie sorgt, keine Hilfe sucht, obwohl die Bedrohung offensichtlich ist?
Nichtsdestotrotz ist Karen Cleveland ein spannender und fesselnder Roman gelungen. Dadurch, dass der Leser die Ereignisse aus Vivians Sicht erlebt, entsteht stellenweise eine erschreckend reale Beklemmung, die es nahezu unmöglich macht, nicht weiterzulesen. Und dann ist da noch die stete, im Subtext gestellte, Frage an den Leser, wie er wohl handeln würde, wäre er selbst in der Situation. Vivians Verhalten mag zwar mitunter nicht völlig nachvollziehbar sein, regt aber zum Nachdenken an. Sieht man von den mehr oder weniger kleineren Schwächen der Handlung ab, dann ist der Autorin ein durchaus spannender Roman gelungen, der sich, dank des Schreibstils, flüssig weglesen lässt.