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Veröffentlicht am 25.09.2024

Herzensbund <3

Golden Seoul Days
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Der Einstieg ins Buch war gewissermaßen leicht und schwer zugleich. Es fiel mir leicht, weil Kara Atkins wundervoller Schreibstil derselbe war und ich Jades Kopf mittlerweile gut kannte, und es fiel mir ...

Der Einstieg ins Buch war gewissermaßen leicht und schwer zugleich. Es fiel mir leicht, weil Kara Atkins wundervoller Schreibstil derselbe war und ich Jades Kopf mittlerweile gut kannte, und es fiel mir schwer, weil doch eine große Zeitspanne zwischen den beiden Teilen verstrichen ist und ich das in meinem Kopf erstmal sortieren musste. Danach war ich aber ruckzuck im Buch drin und die Seiten sind dahin geflogen.

Wo BSN zart und verträumt war, ist GSD kantiger und wütender, wie zwei Hälften eines Ganzen, die unterschiedlich viele Schatten in sich tragen. Die Figuren, die man noch Tage, Monate zuvor so gut zu kennen glaubte, treten in diesem Band völlig anders auf. Am stärksten ist das natürlich an Hyun-John zu spüren, an dem die Zeit seit der Trennung auch nicht spurlos vorbeigegangen ist, womit Jade erstmal klar kommen muss. Ich muss allerdings sagen, dass es mir furchtbar viel Spaß gemacht hat diese leibgewonnenen Figuren noch neu kennenzulernen und mitzuerleben, wie sehr die vergangene Zeit sie geprägt hat.

Das erste Aufeinandertreffen zwischen Hyun-Joon und Jade war ganz anders als erwartet, aber doch sehr passen, denn mir war irgendwo klar, dass dieses Wiedersehen explosiv und rau werden würde, dass da zu viel umaufgearbeitete Gefühle zwischen ihnen stehen, als dass sie einfach mit ihrem Alltag weitermachen könnten. Es bricht einem fast das Herz zu sehen, wie unterschiedlich die beiden mit ihrer Trennung und allem was daran hing, umgegangen sind und gleichzeitig fand ich es wahnsinnig faszinierend, weil sich selten die Zeit genommen wird diese Reise bei Figuren darzustellen.

GSD fühlt sich in vielen Aspekten erwachsener an, düsterer und schmerzhafter, aber ich habe das unglaublich doll genossen. Der bittersüße Schmerz, der diesem Buch anhaftet passt wunderbar zu der Kulisse Seouls und Kara Atkins Schreibstil und ist auf eine Weise emotional nachdrücklich, wie ich es gerne lese. Auch hier konnte ich mir Lieblingsszenen wieder wundervoll bildlich vorstellen, manche Blickwinkel und Gesten sehr geprägt von den K-Dramen, die ich so geschaut habe, was für mich die Leseerfahrung aber nur umso schöner gemacht hat.

Natürlich werden in diesem Band auch viele Fragen aus Blue S(e)oul Nights noch beantwortet, auf die ich schon sehr neugierig war. Zu erfahren was Nebenfiguren in der Zeit zwischen den Bänden so gemacht und erlebt haben fühlte sich wie ein kleines Klassentreffen an. Manche Dinge zu lernen war schmerzhaft und hart, andere haben wieder sehr glücklich gemacht und ich freue mich einfach, dass uns diese Zeit mit den Figuren gegeben wurde.

FAZIT
Ein emotional aufwühlendes und vielschichtiges Ende der Dilogie, dass mit all den Stärken aus Band eins erneut besticht und neue Nuancen aufzeigt. Genau wie Jade & Hyun-Joon ist Golden S(e)oul Days eine Hälfte eines Ganzen.

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Veröffentlicht am 25.09.2024

Ein Herzensbund <3

Like words on our skin
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BAD BOY X GOOD GIRL

Von außen betrachtet scheint die Geschichte um Sadia und Ibrahim stereotyp zu sein. Sie, das brave Mädchen mit dem Jurastudium; Er, der Typ mit dem Haifischlächeln und einem Drang ...

BAD BOY X GOOD GIRL

Von außen betrachtet scheint die Geschichte um Sadia und Ibrahim stereotyp zu sein. Sie, das brave Mädchen mit dem Jurastudium; Er, der Typ mit dem Haifischlächeln und einem Drang nach Provokation. Ibrahim ist eine wandelnde Herausforderung an die ganze Welt; Sadia ist die warme Umarmung in einer kalten Regennacht. Ibrahim treibt etwas ziellos durch seine Existenz, weiß nicht wohin mit sich, will nicht enttäuschen. Sadia ist pflichtbewusst, aber am liebsten in der Küche kreativ, wo sie beängstigend große Messer schwingt und im Kochen ihre Gefühle verarbeitet. Sie kommen aus zwei so unterschiedlichen Ecken des junge-Erwachsenen-Spektrums und finden doch so vieles, was sie verbindet.

Like words on our skin ist der offiziell zweite Band in der Like-this-Reihe von Mehwish Sohail. Band 1, Like water in your hands, folgte den Figuren Arwa und Tariq, die auch in diesem Buch wieder auftauchen. Wenn ihr also Band 1 noch nicht kennt, könntet ihr ein bisschen gespoilert werden.

Man kann keine Rezension zu Like words schreiben, ohne nicht auch über die Gesellschaftskritik darin und besonders den Rassismus zu sprechen, den die Figuren erfahren. Mehwish Sohail geht sehr offen ins Gericht mit dem Alltagsrassismus Österreichs, der ganz ähnlich auch auf Deutschland übertragen werden kann. Von der rassistischen Lehrerin, die keinen Sinn darin sieht Migrakinder zu fördern, bis zu den kleinen Sticheleien im Café/ der Bar/ dem Club über Diversitäts-Quoten, die weißen Menschen die Jobmöglichkeiten verbauen. Dieses Buch ist so stark und so laut, wenn es darum geht Rassismen aufzuzeigen und stolz auf die eigene Kultur zu sein, die in den Augen „weißer Zivilisation“ nur etwas wert ist, wenn man sie ausbeuten kann.

Ibrahim antwortet zu Beginn des Buches auf diese Aussagen sehr direkt – mit einer Prügelei, einer Provokation. Er hat über die Jahre gelernt, dass nichts was er sagt, egal wie „korrekt“ er sich verhält, die rassistische Wahrnehmung seiner selbst ändern kann. Der Schmerz dieser jahrelangen Behandlung und Herabwürdigung geht nicht spurlos an ihm vorbei, zusätzlich zu seinen Lernschwierigkeiten und dem verpatzten Schulabschluss. Ibrahim schleppt eine Menge Schmerz mit sich herum, der ihn schon seit Jahren erdrückt, den er allerdings nur wegignoriert, anstatt sich ihm zu stellen. Ibrahim könnte man als klassischen Bad Boy beschreiben, aber er ist so viel mehr als das, wofür dieser Begriff steht. Ibrahim ist jemand, der lieber Menschen wegstößt, anstatt ihnen eine Bürde zu sein, der seinen Schmerz lieber in sich selbst reinfrisst, als ihn mit jemandem zu teilen, der darunter zerbrechen könnte.
Ibrahims Geschichte ist die Große, Wuchtige. Die aufmerksamkeitsfordernde, bedrohliche Erinnerung daran was passieren kann, wenn wir nicht genug aufeinander acht geben.

Aber Sadias Geschichte ist die Stillere, die, von der wir alle so viel lernen können, weil wir alle irgendwo eine Sadia sind. Sie hat immer genau das getan, was von ihr erwartet wurde, hat nie Probleme gemacht, sich ganz darauf konzentriert alles richtig zu machen und landet an einem Punk in ihrem Leben, wo sie nicht weiß, was sie ausmacht. Eine Art späte Rebellion setzt bei Sadia ein, als Ibrahim erneut in ihr Leben tritt. Sie schließt einen Pakt mit ihrer Mutter über ihre Lebensplanung (ergo: Ehemann), entschließt sich ihren geradlinigen Werdegang ein bisschen aufzuwühlen. Sadias Entwicklung ist eine langsame, unauffällige, sie schleicht sich an Sadia und die Leserinnen heran, bis plötzlich am Ende des Buches eine andere Sadia erzählt, als noch zu Beginn. Die eigenen Zähne zu finden, wenn man sein ganzes Leben lang nur nett gelächelt hat, ist mindestens genauso schwer, wie das Herz zu öffnen, wenn zuvor nur auf ihm herumgetrampelt wurde.

Als diese zwei einander erneut begegnen ist da eine Menge zwischen ihnen: Anziehung, Schmerz, Wut. So viel steht zwischen ihnen und doch können sie einander nicht fernbleiben und für einige Zeit geben sie es auf gegen die Vernunft anzukämpfen. Sich mit ihnen zusammen zu verlieben war so einfach, so mühelos. Das Herzflattern war sofort wieder da, dass ich bereits aus Like water kannte und liebte. Mehwish Sohail beschreibt auf unglaublich nahbare Art, wie es ist sich zu verlieben, wie der Taumel, der Übermut, die Intimität sich miteinander verschränken.

Like words ist nicht nur eine Liebesgeschichte, es ist ein Ausschnitt aus dem Leben zweier migrantischer Familien in Wien, ein Blick auf junge und alte (Familien-)Beziehungen und wie diese sich verwachsen und entwickeln; ein roher, nahbarer Einschnitt in die mentale Gesundheit eines jungen Mannes. Diese Elemente fordernd auch eine andere Struktur als man es von sonstigen New Adult Romance Büchern gewohnt ist.
Das Buch hat keinen third-act-Breakup, weil Sadia und Ibrahim bevor sie zusammenkommen realisieren, dass sie etwas an sich ändern müssen und sich erstmal auf ihre eigene Heilung konzentrieren, anstatt einen anderen Menschen mit sich in den Abgrund zu reißen. Als Trope würde ich das mit right person, wrong time beschreiben, aber mit der Aussicht auf right person, right time, weil Heilung eine Option ist und beide Protagonisten dafür kämpfen. Nach einer solchen Trennung wieder zueinander zufinden ist besonders bittersüß, weil so viel zuvor Ungesagtes angesprochen werden muss, wenn die Beziehung eine Zukunft haben soll. Das ist der vielleicht verletzlichste Teil des Buches, als Sadia und Ibrahim einander ihre tiefsten Wunden offenbaren müssen, eine seelische Entblößung hinlegen, um für ihr Miteinander zu kämpfen.

FAMILIENBANDE

Like words on our skin ist, wie auch schon Like water in your hands, nicht einfach eine Liebesgeschichte mit einem klaren Anfang und Ende, Like words lässt sich nicht in steife Genrevorgabe quetschen. Man merkt den Büchern von Mehwish Sohail an, wer die Autorin inspiriert: Große Familien-Erzählungen wie die von Nino Haratischwili kommen in den Sinn, wenn man über die Sadeems liest, diese liebevolle, komplizierte Familie, die sich über die ganze Like-This-Reihe erstreckt. Das Zusammenleben der Familie, dem so viel Wert in dem Buch beigemessen wird, zeigt auf detaillierte, aber subtile Art wie die Beziehung zwischen und zu unseren Eltern unser Leben beeinflussen. Es wird komplizierten Geschwisterbeziehungen Raum gegeben, die irgendwo zwischen Verantwortung und Fürsorge hängen, zwischen aufeinander aufpassen und füreinander da sein. Jedes Mal, wenn alle Geschwister (Tariq, Nuh, Maya, Ibrahim und Uzair) zusammenkamen, schwirrte der Raum von den verschiedenen Beziehungssträngen, die sie miteinander verbinden und es ist eine pure Freude diese als Leser
in aufzudröseln.

Allgemein ist das Buch in drei Abschnitte geteilt: Die Liebesgeschichte, Vergebung und Heimkehr. Vergebung ist mein vielleicht liebster Teil, weil er sich sehr intensiv mit Therapie beschäftigt und die Darstellung mich sehr stark an meine eigene erinnert hat und was für ein aufreibender, anstrengender, aber doch befreiender Prozess das sein kann. Ich habe noch nie eine so realitätsnahe und eindringliche Darstellung mentaler Gesundheit (und Gesundung) gelesen, allein das ist ein Grund, warum ich dieses Buch jedem ans Herz lege.

FAZIT

Die Geschichte von Sadia und Ibrahim beginnt und endet nicht mit diesem Buch, es gab Momente vor dem Einsetzen des offiziellen Erzähltextes und es wird Momente nach dem letzten Kapitel geben, die ihre Beziehung weiter vorantreiben werden. Es warten noch Heilung und Hürden auf Sadia und Ibrahim, wir durften sie nur einen einschneidenden Teil davon begleiten. Ein realistisches, aber dennoch hoffnungsvolles Ende für dieses Buch.

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Veröffentlicht am 25.09.2024

Ein neues Lieblingsbuch!

Worlds Collide
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STOLZ & VORURTEIL
Fiona ist eine Influencerin, der ich gerne folgen würde. Sie ist wahnsinnig stark und sympathisch und hat sich geweigert sich von der Presse und Social Media als etwas darstellen zu lassen, ...

STOLZ & VORURTEIL
Fiona ist eine Influencerin, der ich gerne folgen würde. Sie ist wahnsinnig stark und sympathisch und hat sich geweigert sich von der Presse und Social Media als etwas darstellen zu lassen, dass sie nicht ist. Als der Skandal über sie hereinbricht, verweigert sie sich für etwas zu entschuldigen, dass sie nicht getan hat und gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Fiona zieht ihre Big-Girl-Pants an und sagt dem Rufmord den Krieg an. Sie erhält dafür von vielen Seiten Kritik und auch Belästigung, was sie nicht kaltlässt, aber nur noch mehr anstachelt die Wahrheit herauszufinden und öffentlich zu machen. Für diese innere Stärke bewundere ich sie sehr.

Demian ist überraschenderweise genauso sympathisch, auch wenn er zu Beginn des Buches auf der anderen Seite dieses Konflikts steht. Demian ist es, der den Skandal aufdeckt und Fiona und die anderen Youtuber an den Pranger stellt, weil so das Format seines Kanals funktioniert. Das klingt erstmal nach einer Mischung aus unsympathisch und Aufmerksamkeitsheischend, aber Demian betreibt diesen Kanal eigentlich nur als zweites Standbein – das leider besser funktioniert als sein eigentlicher Kanal über Astronomie. Auf Skandale und Klatsch sprechen die Menschen besser an als auf die Geheimnisse des Weltalls. Damit kämpft Demian selbst auch sehr, weil sein Management ihm zwar Unterstützung für diesen Kanal versprochen hat, aber eher auf De(x)posed ihren Fokus legen. Der Gewissenskonflikt, der ihn dabei immer mal ereilt hat, erreicht in dem Skandal um Fiona einen neuen Höhepunkt, dem Damian sich stellen muss.

Das wunderschöne an Fionas und Demians Beziehung ist, dass sich wirklich Zeit für diese genommen wird. Sie beginnen das Buch auf den gegenüberliegenden Seiten des Schachbretts und bewegen sich dann langsam aufeinander zu. Sobald sie das erste Mal richtig miteinander reden, wird ihnen klar, dass die Social Media Persönlichkeiten eben wirklich nicht alles von ihnen zeigen und da wesentlich mehr hinter der Person steckt, als sie vorher angenommen haben. Mit der Zeit erkennen sie, dass sie ihr gegenüber so eigentlich echt sympathisch finden. Die daraus entstehende Freundschaft und aufblühenden romantischen Gefühle wirken so ausgenommen realistisch und man kann sich mit Fiona und Demian gemeinsam verlieben.

Mit Fiona zu reden war mühelos. Ich musste mir keine Gedanken darüber machen, was ich sagte. Ich sprach einfach aus, was ich dachte, ohne Angst zu haben, dass sie meine Worte merkwürdig finden würde.

S. 307, Worlds Collide
STRESSFREIE SKANDALE?
Der Klappentext selbst klingt erstmal recht dramatisch. Probleme in der Influencer-Bubble tendieren dazu groß aufgeblasen zu werden, etwas das ich eigentlich nicht so gerne lese, weil es mich viel zu sehr stresst. Allerdings – und darauf kann ich bei Anabelles Büchern immer vertrauen – kann man auf verschiedene Arten so etwas darstellen und im Text damit umgehen. Bisher hat Worlds Collide das für mich am besten gelöst und ich konnte meine eigenen überängstlichen Gedanken was-wohl-als-nächstes-dramatisches passieren würde, ausstellen.

Ein wesentlicher Aspekt, warum das Buch für mich einfach nur perfekt war, war der Schreibstil. Anabelle Stehls Art zu schreiben ist für mich garantiert-stressfrei. Das liegt, glaube ich, daran, wie viel Zeit sich die Figuren mit einem Thema nehmen, um darüber nachzudenken und die Art wie sie darüber nachdenken. Fiona und Demian sind beide sehr unterschiedlich in ihrer Herangehensweise zu Beginn des Buches, aber dennoch gehören beide nicht zu den Arten Menschen die Dinge großartig zerdenken. Weder Fiona noch Demian haben sich Gedankenspiralen erlaubt, sich worst-case-Szenarien ausgedacht und sind daran emotional verzweifelt. Wenn sie ihre Probleme nicht sofort lösen konnten, haben sie sich abgelenkt. Und wenn sie sofort etwas unternehmen konnten, haben sie es einfach gemacht. Das wurde dazu auch noch so rational und praktisch-denkend beschrieben, dass mein Kopf keine Zeit hatte sich selbst in ein Gedankenspirale zu stürzen, wie das alles schief gehen könnte. Außerdem waren Demian und Fiona beide in ihrem Selbstbewusstsein nicht so abhängig von ihren Followerzahlen und Social Media Image, wie ich das erwartet hatte. Der Skandal und wie damit umgegangen wurde hat sie zwar beide erschüttert, aber nicht ihr komplettes Selbstvertrauen zerstört und ihren Wert als Person heruntergestuft. Ich denke, dass das eine sehr wichtige Herangehensweise für Social Media und Influencer ist und etwas, von dem ich noch mehr lernen kann. Allgemein wurden die Themen rund um YouTube, Social Media und Influencer mit Fingerspitzengefühl behandelt und nicht nur Schattenseiten oder Sonnenseiten dieser Welt gezeigt.

EMOTIONAL HEALING & HEALTHY DISTANCE
Triggerwarnungen
Fast noch wichtiger als die Beziehung um Fiona und Demian, ist Fionas Beziehung zu ihrer Mutter. Dazu gibt es im Buch auch Triggerwarnungen, die ich euch ans Herz lege. Die Mutter-Tochter-Beziehung ist keine einfache und – wie ich finde – sehr subtil gestaltet. So wie Fiona erst lernt die Manipulation ihrer Mutter richtig wahr zu nehmen, ging es auch mir beim Lesen. Einige Dinge sind mir aufgefallen, andere weniger. Ich kann diese Darstellung nicht so beurteilen, wie jemand Betroffenes, aber ich fand die Balance und Grundaussage sehr gut gewählt. Zu lesen wie Fiona daran wuchs und manchmal damit kämpfte war für mich der emotionale Ankerpunkt des Buches und ich liebe es sehr, dass Fiona hier ihre Hauptentwicklung hat und der Fokus nicht allein auf ihrer Beziehung zu Demian liegt.

Kaycee ist dabei für Fiona eine wesentliche und immerwährende Stütze. Kaycee ist Fionas beste und älteste Freundin, die Protagonistin von Band 2, Worlds Apart, und ein eifriger Champion für Fionas Selbstschutz. Kaycee mit ihren bunten Haaren, Optimismus und Support in allen Dingen Fionas, war eine wundervolle Ergänzung zum Figurencast und eine Freundin, wie man sie sich nur wünschen kann. Ihre Backkreationen würde ich selbst gerne mal kosten und ich finds angenehm, dass man in diesem Band schon etwas über Kaycees Hintergrundgeschichte und Werdegang erfahren kann. Das macht den Einstieg in Worlds Apart sicherlich angenehmer.

Worauf ich auch noch eingehen muss, ist das Setting London. Nach zwei Jahren Pandemie und Lockdowns bin ich sehr ausgehungert, was die Welt und Reisen angeht und von London zu lesen, war genau das was ich wollte. Die bekannten Orte wie das Natural History Museum waren genauso bestechend wie kleine Geheimtipps wie das Travel Café, dass Fiona im Buch besucht. London wurde für mich sehr realistisch beschrieben und ich konnte mich sehr gut an die Plätze träumen, die gerade Handlungsort waren. Meine London-Bucketlist ist durch das Buch definitiv noch etwas gewachsen.

FAZIT
Mein erstes Jahreshighlight in 2022! Worlds Collide hat die perfekte Mischung aus Wohlfühl-Szenen, ernsten Gesprächen über Social Media und dem ganz besonderen London-Flair. Fiona & Demian haben mir in der ersten Sekunde das Herz gestohlen und bis zum Ende des Buches nicht wieder hergegeben.

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Veröffentlicht am 25.09.2024

Ein schöner Einstieg in K-Pop

When We Dream
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K-POP ALS THEMA

Ich spreche gleich mal den Elefanten im Raum an: K-Pop. Wenn ihr wie ich seid, dann hattet ihr vielleicht keine Ahnung von dieser Musikrichtung, habt nur die stetig wachsende Popularität ...

K-POP ALS THEMA

Ich spreche gleich mal den Elefanten im Raum an: K-Pop. Wenn ihr wie ich seid, dann hattet ihr vielleicht keine Ahnung von dieser Musikrichtung, habt nur die stetig wachsende Popularität in den Medien beobachtet und euch auch eingeschüchtert gefühlt von der Sprache, den Fans und dem Auftreten. Dieses Buch hat das für mich geändert. Die Autorin hat ganz wunderbar sanft in das Thema eingeführt. Weder Ella noch Jae-yong thematisieren K-Pop stark, aber es werden die Grundzüge erklärt und durch Ellas Schwester Liv bekommt man auch die Seite eines Fans zu sehen. Einige offensichtliche Dinge wie die ständig wechselnden Haarfarben, die koreanische Musikindustrie im Gegensatz zur amerikanischen oder der Medienrummel werden angesprochen, aber sonst geht es vorrangig um die Beziehungen der Charaktere zueinander. Wenn ihr also mal ein bisschen K-Pop-Luft schnuppern wollt, ohne überrollt zu werden, dann sollte dieses Buch dafür geeignet sein.

ELLA & JAE-YONG

Was dieses Buch für mich aber so besonders gemacht hat, war wie die Beziehung zwischen Ella und Jae-yong. Den Anfang kannte ich gut aus diversen Fanfiktions, empfand das aber keinesfalls als negativ, weil es viele wunderbare Erinnerungen hervorgeholt hat und Anne Pätzold es meiner Meinung nach auch wesentlich besser als so einige Fanfiktion-Autor:innen damals gemacht hat. Ella und Jae-yong finden eine Gemeinsamkeit über Bücher, was so ziemlich jede:r hier nachvollziehen können sollte und auch fortan ist der Austausch über Bücher ein wichtiger Bestandteil ihrer Gespräche. Über die Wahl der Bücher lässt sich streiten – ganz oft ist Harry Potter ein Teil davon, was etwas unoriginell wirken kann – aber die Begeisterung von beiden Seiten konnte ich gut nachvollziehen und habe im Kopf meinen eigenen Senf zu den Gesprächen dazugegeben. Weil Jae-yong sehr viel reist, findet auch ein Großteil der Beziehung über Chats statt, aber ich sage euch, diese Chats sind großartig. Ella ist ein wunderbar sarkastischer Mensch und ich habe so oft über ihre Kommentare lachen müssen. Diese Dialoge fühlten sich für mich wunderbar frech und echt an, so schreibe ich teilweise aus mit meinen Freund:innen. Durch diesen Kommunikationsweg entwickelt sich die Beziehung zwischen den beiden auch sehr glaubwürdig, zuerst ist es nur eine Bekanntschaft, dann wird es zu Freundschaft und erst als sie sich nach einiger Zeit wieder treffen, merkt man die Funken zwischen ihnen. Ich rechne es dem Buch hoch an, dass es hier wirklich um die Beziehung und die Chemie zwischen den beiden Charakteren geht und es keine Insta-Love ist.

Ich hatte dieses merkwürdige Gefühl, das Gleichgewicht zwischen uns in eine ungesunde Richtung zu kippen, wenn ich alles über ihn durch das Internet erfuhr.

S. 127
Einen weiteren Punkt, den ich an dem Buch liebe, ist, dass Ella sich bewusst aus Jae-yongs Berühmtheit raushält. Zuerst weiß sie natürlich nicht um seinen Status, aber sobald sie es weiß trifft sie ganz bewusst die Entscheidung ihr Bild von ihm nicht durch die Narrative der Fans und Musikindustrie verzerren zu lassen. Sie will ihn als Mensch kennenlernen, nicht als den Herzensbrecher aus Seoul. So ermöglicht Ella es sich selbst und auch Jae-yong miteinander sie selbst zu sein, ihre Freundschaft und spätere romantische Beziehung gehört nur ihnen beiden und wird nicht durch ihre öffentlichen Rollen torpediert.

„Ich bin auch ein Mensch“, brach es aus ihm heraus. „Ich bin nur ein Mensch, Ella.“

S. 138
NO DRAMA, LAMA

Ein weiterer Punkt, der das Buch zu einem absoluten Wohlfühlbuch für mich macht, ist die unaufgeregte Handlung. Ella verbringt ihre Zeit in Chicago, wo sie zwischen Uni, Arbeit und der eigenen Wohnung wechselt und sonst ein sehr normales Stubenhocker-Leben führt. Chicago war durch Ellas Beschreibungen präsent genug, man folgt ihr in Parks, ins Museum, zu Cafès. Ich hatte etwas befürchtet, dass dieses Buch auch all die negativen Punkte einer Beziehung zwischen einer „normalen Person“ und einer Berühmtheit aufgreifen könnte, wie fiese Schlagzeilen, Paparazzihorden, Anfeindungen von Fans etc., aber nein. Es gibt kein großes Drama, kein Fremdschämen, keine Kommunikationsschwierigkeiten. Diese Beziehung gehört zumindest im ersten der drei Bände nur Ella und Jae-yong.

Abgesehen von Jae-yong sind auch Ellas Schwestern und ihre beste Freundin Erin sehr wichtige Figuren in diesem Buch. Die Schwestern Melanie, Ella und Liv haben eine sehr glaubwürdige und liebenswerte Dynamik, Ella hat ihren sicheren Hafen bei ihnen und ich freue mich immer, wenn ich meine eigenen Erfahrungen mit Geschwistern in Büchern sehen. Erin, die beste Freundin, die das Buch über auch nur über Chat oder Videochat verfügbar ist, weilt nämlich gerade in Australien und das sorgt bei Ella für einen weiteren Konflikt: Das Bedürfnis den eigenen Traum zu verfolgen und gleichzeitig ihre große Schwester zu entlasten, die aktuell die Verantwortung für alles trägt. Die Freundschaft zwischen Erin und Ella ist ebenfalls großartig und glaubwürdig, sie stützen sich gegenseitig in schwierigen Situationen, sind manchmal schonungslos ehrlich zueinander, können später aber darüber lachen. Ohne Erin währe Ella in diesem Buch versauert und ich bin gespannt wie der angerissene Handlungsstrang um Ellas Wünsche sich in den nächsten Bänden entwickelt wird.

Gedanken mit Gedanken zu bekämpfen, war in etwa so, wie Feuer mit Feuer löschen zu wollen: Manchmal funktionierte es, aber meistens entstand dadurch nur ein Inferno.

S. 210
LET’S TALK RASCISM

Eine Sache möchte ich noch ansprechen: Es gibt im Buch eine Stelle, die mir etwas negativ aufgestoßen ist, nämlich das erste Gespräch zwischen Ella und Jae-yong. Gerade mit Blick auf die Infos zu Rassismus, die in den letzten Wochen in den sozialen Medien so präsent waren, kann ich dieses erste Treffen nicht guten Gewissens unter den Tisch fallen lassen. Ella begegnet Jae-yong als er gerade auf koreanisch telefoniert und abgesehen von seinen offensichtlichen asiatischen Wurzeln, ist das die Grundlage warum sie sich ihm gegenüber folgendermaßen verhält: Sie spricht sehr langsam und deutlich auf Englisch zu ihm und deutet dabei auch noch ihre Handlungsabsicht – den Raum verlassen zu wollen – mit Gestik an. Sie geht selbstverständlich davon aus, dass er kein Englisch spricht. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich diese Handlung bewerten soll, einerseits hat Ella ja eine Grundlage für ihre Annahme, er sprach eine Fremdsprache für sie, andererseits ist Zweisprachigkeit keine Seltenheit. Es wird für den Leser natürlich klar, dass Ella keine böse Absicht hat, aber diese Situation fand ich schon heikel. Jae-yong spricht das auch gleich sehr direkt an und weist sie auf ihr Verhalten hin, was ich wiederum Großartig fand. Eine Freundin hat auch angemerkt, dass sie Ellas Verhalten als sehr ignorant empfunden hat. Ella hat sich nicht sehr detailliert mit Korea, der Kultur oder der Musikindustrie auseinander gesetzt, sondern nur Infos von Jae-yong selber oder ihrer kleinen Schwester Liv bekommen. Mich hat das persönlich nicht gestört, aber vielleicht spricht da auch mein weißes Privileg aus mir. Allerdings hat das Buch mich selber dazu gebracht mehr über das Land und seine Sitten lernen zu wollen, was ich teilweise auch neben dem Lesen gleich getan habe.

FAZIT

When We Dream hat meine Erwartungen weit übertroffen und besticht vor allem durch seine ehrlichen, lustigen Gespräche zwischen den Figuren und wunderbaren Dynamiken. Das Buch bringt ein neues Thema auf den deutschen Markt und endlich mal kein weißes Love-Interest mehr. Ich freue mich schon sehr auf den zweiten Band.

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Veröffentlicht am 25.09.2024

Ein Jahreshighlight1

A Night of Promises and Blood
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Das Set-Up des Buches ist irgendwie der urbane Stadtleben-Traum meiner Teenagerzeit, die Schwestern Winnie und Sasha teilen sich ein Apartment in Brooklyn; Sasha studiert, Winnie versucht eine App zu programmieren ...

Das Set-Up des Buches ist irgendwie der urbane Stadtleben-Traum meiner Teenagerzeit, die Schwestern Winnie und Sasha teilen sich ein Apartment in Brooklyn; Sasha studiert, Winnie versucht eine App zu programmieren und arbeitet in einem Coffee-Shop. Ihr Leben wirkt ruhig, geordnet, manchmal etwas chaotisch, aber im Großen und Ganzen so wie ich mir immer das Erwachsen-werden in einer Stadt wie New York vorgestellt habe.

Dazu kommt allerdings Sashas Krankengeschichte, die viel von Winnies Kindheit bestimmt hat und auch nach ihrer Genesung schwingt immer eine leise Panik in den Figuren mit, wenn Sasha auch nur eine Erkältung hat. Der Rattenschwanz dieser Erkrankung und wie sie die Kindheit der beiden Schwestern prägte, wird in diesem ersten Band angerissen und wie ich finde, auch sehr gut dargestellt, dennoch kann ich mir vorstellen, dass da noch einiges mehr hintersteckt, als bisher gezeigt wurde.

MEIN HERZ HÄLT DIESE FIGUREN NICHT AUS

Das Buch wird zwar als Romance vermarktet, aber Anne Pätzolds typische Slowburn-Beziehungen bestimmen auch dieses Buch und so darf man erst einmal Winnie & Jo dabei begleiten und wie sie sich anfreunden, ehe da mehr ins Spiel kommt. Allerdings ist es keineswegs langweilig bis dahin, dann meiner Meinung nach behandelt dieses Buch sehr viel mehr als „nur“ eine Liebesgeschichte. Dass die Autorin komplizierte, vielschichtige Familienkonstrukte schreiben kann, habe ich in When We Dream schon gemerkt und dieses Buch steht den Schwestern aus Chicago in Nichts nach. Winnie und ihre jüngere Schwester Sasha haben mir das Herz gebrochen, weil ihre Beziehung so echt, verworren und schmerzhaft ist, gleichzeitig würden sie füreinander ihre Hand ins Feuer legen.

Da ist Winnie, die in erster Linie Caretaker anstatt Schwester ist, eine zweite Mum für Sasha, weil man ihr das beigebracht hat. Winnie, die sich selbst immer hintenanstellt für Sasha, beschützerisch und aufopferungsvoll ist und sich sofort als egoistisch wahrnimmt, wenn sie nicht zuerst an Sasha in einer Sache denkt. Dieses erlernte Verhalten tat weh zu lesen, weil es ein so perfekter Abdruck davon ist, wie sehr Winnies Trauma sie geformt hat und wie schwer es ist so etwas zu entlernen.

Dann ist da Sasha, die, als das kränkliche Kücken der Familie, gelernt hat ihr Umfeld mit einer fröhlichen Art zu blenden, das Bedürfnis hat sich weniger erschöpft zu zeigen als sie wirklich ist, weil sie schon so viel von ihrem Umfeld braucht. Sasha, die genauso schnell andere verloren wirkende Menschen adoptiert wie sie sie ins Herz schließt und viel Liebe verteilt, weil es ihren Schmerz ausblendet. Sasha, die versucht so viel Leben und Erleben wie möglich in eine kurz bemessene Zeit zu quetschen, weil sie weiß, wie schnell ihr Alltag wieder aus Krankenhausgängen und Arztgesprächen bestehen könnte.

Und dann ist da noch Jo, die diese beiden Schwestern kennenlernt und als Person von Außen einen gänzlich anderen Blick auf die Beziehung hat, als die andere Protagonistin Winnie. Jo, die zurückhaltend ist und am besten von dem rumstehen-Emoji beschrieben scheint, aber eine ganze Welt an Gefühlen und Gedanken in sich verbirgt.

SCHRITT FÜR SCHRITT

Die Handlung entwickelt sich ähnlich wie die Romance eher langsam, weil sie direkt mit Jo verstrickt ist und nach einem PoV-Wechsel auch einige Dinge mehr Sinn ergeben. Ich fand es wenig überraschend als enthüllt wurde, was genau Jo macht, was mich aber nicht weiter gestört hat, weil die Welt, in der Jo existiert, so spannend ist. Weiter will ich erstmal gar nicht darauf eingehen, weil ich es so schön fand diese Welt ohne Vorwissen zu entdecken und mir eine unbeeinflusste Meinung zu bilden. Aber es ist cool. So cool!

FAZIT

Dieses Buch hat sich wie ein bewölkter Tag angefühlt, irgendwie zwischen Dämmerung und dem Versprechen auf Sonnenschein, ein bisschen melancholisch, ein bisschen nachdenklich, ein bisschen heilsam in seiner Ehrlichkeit. Anne Pätzold schafft es wie kaum jemand anderes den Alltag einer Depression abzubilden, sodass ich mich gleichzeitig entblößt und verstanden gefühlt habe.

Ich bin absolut verliebt in diese Geschichte, mit seinen komplizierten Geschwistern, zarten Gefühlen und langsamem Tempo, die sich wie eine sanfte Umarmung anfühlt.

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