Auf wahrer Geschichte beruhender Roman, der vielleicht etwas zu harmonisch ist
Jahre aus SeideJahre aus Seide beschreibt die Geschichte der jüdischen Familie Meyer in Krefeld in der Zeit vor der Reichskristallnacht. Karl und Martha Meyer führen mit ihren beiden Töchtern Ruth und Ilse, ein harmonisches ...
Jahre aus Seide beschreibt die Geschichte der jüdischen Familie Meyer in Krefeld in der Zeit vor der Reichskristallnacht. Karl und Martha Meyer führen mit ihren beiden Töchtern Ruth und Ilse, ein harmonisches und priviligiertes Leben. Die Geschichte beschreibt die Entwicklungen in den 1920er und 1930er Jahren, einschließlich der Machtergreifung Hitlers und wie die Familie darauf reagiert.
Der Roman hat mir insgesamt nur mittelmäßig gut gefallen. Die Handlung ist zu friedlich, um wirklich spannend zu sein. Die Meyers leben bis zur Reichskristallnacht in dem Glauben, dass die Nazis nur ein vorübergehendes Phänomen ist, und dass ihnen nichts geschehen kann. Für einen Roman war mir das persönlich schlicht und einfach zu wenig Handlung. Gut beschrieben sind jedoch die Diskussionen und Reaktionen verschiedener jüdischer Familien auf die politische Lage in Deutschland - und wie sich die Reaktionen im Zeitverlauf verändern.
Die Charaktere sind durchwachsen. Ruth, die im Laufe der Reihe zur Hauptfigur aufgebaut wird, ist zu Beginn einfach zu perfekt. Sie weiß alles, sie kann alles (z.B. Schnittmuster aus Modezeitschriften mit sechs Jahren nachnähen), und man kann sie nicht mal als arrogant oder verwöhnt bezeichnen, denn sie ist zudem noch ein wirklich liebes Kind. Überperfekt - ein Charakter ohne jegliche Ecken und Kanten - und damit etwas anstrengend.
Versöhnt hat mich am Ende jedoch, dass es Familie Meyer wirklich gegeben hat. Sieht man den Roman eher biographisch, so schildert er das Leben der jüdischen Familie in sehr guter Weise - und kontrastiert natürlich enorm mit den Folgebänden. Da es im wahren Leben natürlich auch nicht immer hochspannend zugeht, sondern dass es auch dort einfach friedliche und harmonische Zeiten gibt, konnte ich mich zum Schluss mit der etwas trägen Handlung doch noch anfreunden. Weil die Figuren auf realen Personen beruhen, habe ich dann auch weitergelesen.
Der Roman ist flüssig geschrieben und lässt sich leicht und schnell lesen. Die Handlung ist nicht besonders spannend - man muss den Roman jedoch als Auftakt zu einer vierteiligen Reihe und keineswegs als Einzelstück sehen. Wer das Buch liest, sollte daran denken, dass die nachfolgenden Bände weitaus spannender und interessanter werden - und dass auch die Charaktere eine faszinierende Wandlung durchleben.