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Veröffentlicht am 08.08.2022

Ein weiterer großartiger Roman aus dem mare-Verlag!

Snowflake
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Die junge Debbie White wuchs auf einer Milchfarm auf dem irischen Lande auf - mit ihrem Onkel Billy, der auf dem Grundstück in einem Wohnwagen haust und dem Alkohol viel mehr zuspricht, als ihm gut täte, ...

Die junge Debbie White wuchs auf einer Milchfarm auf dem irischen Lande auf - mit ihrem Onkel Billy, der auf dem Grundstück in einem Wohnwagen haust und dem Alkohol viel mehr zuspricht, als ihm gut täte, ihrer psychisch kranken Mutter, die sich den ganzen Tag lang im Schlafzimmer einsperrt und Träume niederschreibt, die in ihren Augen Prophezeiungen sind, und deren deutlich jüngerem Liebhaber.
Dann beginnt sie, in Dublin zu studieren. Sie pendelt, und so ist sie täglich in beiden Welten und spürt mit aller Deutlichkeit, wie verschieden und unvereinbar diese beiden Welten sind.
Die Jahre als Außenseiterin haben ihre Wirkung getan, ihr Selbstwert ist gering, sie kennt die Welt eigentlich gar nicht, und so fällt es Debbie sehr schwer, an der Uni Anschluss zu finden. Dies wird dadurch erschwert, dass sich die Verhältnisse zu Hause immer mehr zuspitzen.
Wo gehört Debbie wirklich hin, wo will sie wirklich sein?

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"Snowflake" ist ein Buch der leisen Töne, das zutiefst berührt. Der Roman besticht durch seinen poetischen, zarten, bildhaften Stil, der sich absolut genussvoll lesen lässt, sowie die herrlich verschrobenen Figuren, die man sehr ins Herz schließt.
Louise Nealon hat ihre Figuren wundervoll gezeichnet, sie werden sehr lebendig, man lebt und fühlt mit ihnen. Auch die mal tiefgründigen, mal schlagfertigen und humorvollen Dialoge sind ein Genuss.
Die Figuren sind nicht nur ein wenig seltsam, sondern nahezu alle von ihnen haben mit ernsten Problemen zu kämpfen, die ihr Leben bestimmen. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Fehlende Kenntnis seiner Wurzeln, psychische Krankheiten, Alkoholismus, Suizid(-versuche), Tod von Familienmitgliedern, kaum bzw. kein Kontakt zu den Eltern, Minderwertigkeitskomplexe und ähnliche Dinge sind zentrale Themen des Werkes.
In diesem Ausmaß hätte ich das nicht erwartet - dennoch habe ich "Snowflake" sehr gerne gelesen, denn Louise Nealon versteht es hervorragend, einen guten Ausgleich zu finden. Es ist nie so, dass der Leser das Gefühl hat, diesen Stoff nicht mehr zu ertragen, sondern der Stil, der Humor, die Dialoge, die immer perfekt passen, lockern das Ganze immer wieder auf und sorgen dafür, dass der Leser niemals schwermütig wird, sondern im Gegenteil oft lächeln oder gar lachen muss.
Wir konnten Debbie über ein Jahr lang beim Erwachsenwerden, bei ihrem Spagat zwischen Dorf und Stadt, Landei und Universität begleiten, auch ihre Familie sehr gut kennenlernen.
Das war trotz der ernsten Themen eine große Freude. Trotzdem habe ich das Gefühl, noch nicht alles über Debbie und ihre Familie und enge Freunde wie Xanthe erfahren zu haben, bzw. wäre ich gerne noch länger in Irland geblieben und hätte ich Debbie und die Menschen um sie herum gerne noch länger begleitet.
Fest steht, dass Louise Nealon eine junge Autorin ist, deren Namen man sich unbedingt merken sollte, da sie viel Potenzial hat. Ich möchte unbedingt mehr von ihr lesen und freue mich schon jetzt auf ihren nächsten Roman. Bis dahin sei "Snowflake" allen ans Herz gelegt!

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Veröffentlicht am 05.08.2022

Enttäuschend

Freundin bleibst du immer
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Drei Freundinnen sind nach drei Jahrzehnten anlässlich einer Hochzeit in Lagos wieder vereint. Sie lassen ihr Leben, ihre Freundschaft, geliebte Menschen und Dinge und auch Schicksalsschläge Revue passieren. ...

Drei Freundinnen sind nach drei Jahrzehnten anlässlich einer Hochzeit in Lagos wieder vereint. Sie lassen ihr Leben, ihre Freundschaft, geliebte Menschen und Dinge und auch Schicksalsschläge Revue passieren. Gleichzeitig lernen wir auch ihre Töchter kennen, die ihren Müttern sehr ähnlich sind ...

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Ein Buch, das sich toll und vielversprechend anhörte, mich dann aber leider sehr enttäuscht hat.

Der Stil ist nicht schlecht, auch lernt man ein bisschen was über Land und Leute.

Allerdings werden zu viele Dinge angekratzt, bleiben zu viele Themen nur oberflächlich und zu viele Fragen auch und gerade auch die Protagonistinnen betreffend unbeantwortet.

Die Figuren bleiben für mich fremd und distanziert, die Geschichte weist extreme Längen auf, sodass ich mich teilweise zum Weiterlesen zwingen musste.

Es gibt auch nicht wirklich einen Plot. Insgesamt konnte mich dieses Werk einfach nicht packen. Ich war froh, als ich am Ende angelangt war. Definitiv kein Roman, der lange und positiv in Erinnerung bleiben wird ...

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Veröffentlicht am 05.08.2022

Ziemlich langatmig

Die Liebenden von Bloomsbury – Virginia und die neue Zeit
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London zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Virginia möchte schreiben, ihre Schwester Vanessa möchte malen. Doch die Zeit, in der sie leben, scheint die Verwirklichung ihrer Träume unmöglich zu machen; die ...

London zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Virginia möchte schreiben, ihre Schwester Vanessa möchte malen. Doch die Zeit, in der sie leben, scheint die Verwirklichung ihrer Träume unmöglich zu machen; die einzige Möglichkeit scheint eine Ehe zu sein. Doch Virginia und Vanessa möchten ihre Träume leben, und so suchen sie nach Wegen ...

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Angekündigt wurde ein und erwartet habe ich einen Roman über Virginia Woolf. Erst, als ich das Buch in Händen hielt und innen stöberte, erfuhr ich, dass es sich um eine Trilogie handelt. Im Mittelpunkt des ersten Bandes sollte Virginia stehen, im zweiten und dritten Band dreht sich dann alles um ihre Schwester Vanessa und um Vita Sackville-West.

Nach der Lektüre dieses ersten Bandes muss ich sagen, dass das Konzept nicht wirklich gut umgesetzt wurde, die Bände nicht in sich geschlossen sind. So ist Virginias Geschichte keineswegs abgeschlossen, sondern wird sie auch in den Folgebänden eine tragende Rolle spielen, da man erst dort mehr über ihre schriftstellerische Tätigkeit, ihre Heirat und auch ihre Liebe zu Vita Sackville-West erfährt. Will man also alles über Virginia Woolf und ihr Leben erfahren, so muss man zwingend die gesamte Trilogie lesen. Das steht klar im Widerspruch zu dem Eindruck, den man zunächst gewinnen konnte ...

Viel zu viele Personen außer Virginia nehmen in diesem ersten Band viel zu viel Raum ein. Es wäre besser gewesen, da deutlich zu straffen und Virginias Leben kompakt in einem Band darzustellen. Vielleicht hätte man auch besser statt einer Trilogie einen Einzelband daraus gemacht, auch diesen deutlich gestrafft.

So gibt es leider viele Längen, die mir das Lesen etwas verleidet haben.

Immerhin bleibt Stefanie H. Martin stets so nah wie möglich an den historischen Gegebenheiten dran und liefert zudem für interessierte Leser eine Liste mit weiterführender Literatur.

Dieser Auftaktband vermittelt zumindest einen ziemlich guten Eindruck über den Menschen Virginia Woolf, über ihr Wesen, ihr privates Leben. Um wirklich alles über sie zu erfahren, muss man auch die beiden noch folgenden Bände lesen. Ich zögere noch, da ich befürchte, dass auch die Folgebände Längen aufweisen werden. Schade!

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Veröffentlicht am 02.08.2022

Extrem spannend und fesselnd!

Die versteckte Apotheke
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London im späten 18. Jahrhundert: Nella führt die Apotheke ihrer verstorbenen Mutter fort. Nach einem traumatischen Erlebnis mit einem Mann brach sie den Apothekerschwur und setzt Arzneien seitdem nicht ...

London im späten 18. Jahrhundert: Nella führt die Apotheke ihrer verstorbenen Mutter fort. Nach einem traumatischen Erlebnis mit einem Mann brach sie den Apothekerschwur und setzt Arzneien seitdem nicht mehr nur zur Heilung ein, sondern auch, um sie ihre tödliche Wirkung entfalten zu lassen und so Frauen zu helfen und sie aus schlimmen Ehen zu befreien. Sie arbeitet im Verborgenen und unter Vorsichtsmaßnahmen, um nicht entdeckt zu werden - doch die Angst davor verschwindet nie, sondern wächst sogar. Und tatsächlich werden Nellas Geheimnis und Tätigkeit und sie selbst zur Gejagten, die sich in Sicherheit bringen muss, um nicht gehängt zu werden ...

In der Gegenwart reist Caroline von den USA nach London, um ihrem Mann und ihrer Ehe zu entfliehen. Beim mudlarking fischt sie eine alte Phiole aus der Themse, die zu Nella und ihrer Apotheke gehörte. Sie will unbedingt wissen, was es mit dieser Phiole und der Apothekerin, die zur Mörderin wurde, auf sich hat - und die Ereignisse, die sie in Gang setzt, werden nicht nur ihr eigenes Leben, sondern das ihrer ganzen Familie für immer verändern ...

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Erzählt wird die Geschichte immer im Wechsel aus zwei Zeitebenen: In der Vergangenheit aus der Sicht von Nella und später auch Eliza, in der Gegenwart aus der Sicht von Caroline. Wie so oft, so konnte mich auch hier der Vergangenheitsstrang einfach stärker fesseln und begeistern als der Gegenwartsstrang. Carolines Mann verleidet dem Leser diesen Strang ziemlich. Andererseits ist dieser Strang schnell ebenfalls spannend und tiefgründig, und gerade auch sein Ende und seine Botschaft sowie Carolines Entwicklung haben mir sehr gut gefallen.

Die Figuren empfand ich weit überwiegend als sehr interessant, komplex und gelungen. Manche verabscheut man, andere, insbesondere Nella, schließt man sehr ins Herz, wieder andere bleiben bis zuletzt mysteriös und beschäftigen den Leser. So war ich bei Eliza bis zuletzt nicht ganz sicher, ob es nun gut oder ein großer Fehler war, sie in all diese Dinge und Geheimnisse einzuweihen; ob man ihr nun vertrauen kann oder ob sie Nella nicht vielleicht doch früher oder später schaden und sie verraten wird. Am Ende hat mich die Figur Eliza sehr positiv überrascht. Auch die Gattin des Lords ist so eine mysteriöse Figur, die für viel Spannung, Gefahr und Stoff zum Nachdenken sorgt. Auch die Figur Nella vermittelt dem Leser am Ende eine sehr schöne und wichtige Botschaft.

Auch Sarah Penners Stil gefiel mir auf Anhieb. Er passt zur Geschichte, lässt sich stets angenehm flüssig lesen - allerdings fand ich auch diesen Stil im Vergangenheitsstrang noch besser und fesselnder als im Gegenwartsstrang.

Die Geschichte entfaltet gerade durch den Vergangenheitsstrang und die dortige Spannung und Gefahr, das Tempo und die mysteriöse und auch magische Grundstimmung schnell eine regelrechte Sogwirkung, der man sich nicht mehr entziehen kann, sodass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann, sondern in einem Rutsch lesen muss.

Das Ende ist relativ offen - es gibt für beide möglichen Ausgänge Anhaltspunkte, doch sie bleiben etwas diffus, sodass es letztlich dem Leser und seiner Phantasie überlassen bleibt, wie er diese Geschichte weiterspinnt und ausgehen lässt. Ich persönlich mag solche relativ offenen Enden nicht allzu gerne, muss aber sagen, dass es hier extrem gut gepasst hat, weil sich die Ereignisse am Schluss ja überschlagen und Magie und Übersinnliches ja gerade für die und mit der Figur Eliza eine wahre Schlüsselrolle einnehmen. Insofern ist es sehr stimmig, dass die Figur Eliza für dieses Ende, das irgendwie im Nebel bleibt, verantwortlich ist, und das auch durch Magie und Übersinnliches. Das Ende passt sehr gut zu den Figuren, Themen und Motiven dieses Werkes!

Fazit: Absolut lesenswert! Ein toller historischer Roman, der um Krimi-, Thriller- und Fantasyelemente angereichert wurde, absolut fesselnd, spannend, temporeich und mysteriös und zugleich auch absolut berührend ist, dem Leser viel Wissen bezüglich Nellas Tätigkeit nahe bringt und überdies viel Stoff zum Nachdenken liefert und ebenso schöne wie wichtige Botschaften vermittelt.

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Veröffentlicht am 15.07.2022

Ein solider Thriller!

Nur du und ich
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Ein Literaturprofessor und seine Studentin sind seit wenigen Monaten ein Paar. Sie wollen ein Wochenende in einem einsamen Haus am Strand von Long Island verbringen. 72 Stunden Zweisamkeit, Abgeschiedenheit ...

Ein Literaturprofessor und seine Studentin sind seit wenigen Monaten ein Paar. Sie wollen ein Wochenende in einem einsamen Haus am Strand von Long Island verbringen. 72 Stunden Zweisamkeit, Abgeschiedenheit durch einen Schneesturm, gutes Essen, Spaziergänge, leidenschaftlicher Sex ... was traumhaft klingt, wird schon bald nach der Ankunft zu einem Alptraum, denn beide haben jeweils ein dunkles Geheimnis. Und nur einer von beiden wird die Enthüllung dieses Geheimnisses und damit dieses Wochenende überleben ...

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Das Cover sah großartig aus, der Klappentext klang richtig spannend - da ich schon lange keinen guten Thriller mehr gelesen hatte, wusste ich, dass ich "Nur du und ich" unbedingt lesen wollte.
Laure van Rensburgs Stil lässt sich durchgehend angenehm und flüssig lesen. Störend fand ich allerdings, dass etwa Ellies Erzählstrang aus ihrer Sicht geschrieben ist, während Stevens Erzählstrang aus Sicht einer dritten Person geschrieben ist. Für den Lesefluss wäre es noch besser gewesen, wenn auch sein Strang aus der ich-Perspektive geschrieben worden wäre.
Die Beziehung und Leidenschaft der beiden wird gut beschrieben; auch während des Aufenthaltes in dem Haus habe ich diese Passagen gerne gelesen. Mir gefielen sie fast noch besser als der Rest.
Ellies Geheimnis bzw. dessen Auflösung ist deutlich genialer als Stevens Geheimnis und dessen Auflösung. Auf mich persönlich wirkte es allzu sehr konstruiert, sodass es mich nicht ganz überzeugen konnte. Allerdings ist das absolute Geschmackssache und wird es sicher auch viele Leser geben, die überzeugt sein werden. Denn man muss ihm lassen, dass es perfekt zu diesem Genre passt und wirklich raffiniert ist! Laure van Rensburg beherrscht ihr Handwerk definitiv.
Wenn die Leidenschaft nachlässt, die Geheimnisse der beiden erwähnt werden, wird es schnell so richtig temporeich, düster, gefährlich, nervenaufreibend.
Ergänzt wird das durch kurze Einschübe einer dritten Person, deren Identität lange nicht preisgegeben wird. Nur Stück für Stück setzt sich das Puzzle zusammen. Die ganze Auflösung gibt es erst ganz zum Schluss. Bis dahin ist nichts vorhersehbar.

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Fazit: Kein überragend guter, überraschend neuer, aber doch ein solider Thriller, der einem kalte Schauer über den Rücken jagt. Was für ein perfider Plan, was für eine perfide Person! Ob zu konstruiert oder nicht - das, was Laure van Rensburg da präsentiert, passt perfekt zu diesem Genre und ist schon raffiniert.
Auch das Haus als Schauplatz hat mir gut gefallen.
Wer auf der Suche nach einem Thriller ist, den er in einem Rutsch durchlesen kann und bei dem man durchaus Angst und Gänsehaut bekommt, der sollte "Nur du und ich" lesen!

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