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Veröffentlicht am 06.12.2023

Die schmerzhafte Geschichte einer Emanzipation: Berührend, klug und unglaublich stark!

Eine Blume ohne Wurzeln
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Die Österreicherin Nada wächst als zweitjüngstes von fünf Kindern in einem Wiener Gemeindebau auf. Ihre Eltern kommen aus Palästina und Ägypten und bauen sich in Österreich ein neues Leben auf. Doch obwohl ...

Die Österreicherin Nada wächst als zweitjüngstes von fünf Kindern in einem Wiener Gemeindebau auf. Ihre Eltern kommen aus Palästina und Ägypten und bauen sich in Österreich ein neues Leben auf. Doch obwohl Nada in Österreich geboren ist, wirkt die Community der Herkunftsgesellschaft ihrer Eltern auch in Österreich auf sie ein, engt sie ein und bringt Nada immer wieder in ein Gefühl zwischen zwei Welten.

Nada Chekh lenkt unseren Blick weg von antirassistischen Debatten hin zu den Feinheiten, die innerhalb wie außerhalb von Communities Lebenschancen einschränken, zu intra- und interkulturelle Konflikten führen und arbeitet anhand ihrer eigenen Biografie Schicht für Schicht die intersektional wirkenden Mechanismen von Benachteiligung in unserer Gesellschaft heraus. Neben einer kulturellen Dimension stellt die Autorin so auch heraus, dass ihre Erfahrungen und Status in der Gesellschaft oft in der finanziell benachteiligten Situation ihrer Familie begründet lagen.

Ein großer Fokus liegt auf der Rolle als Frau in der arabischen Community und was es bedeutet gegen diese aufzubegehren, wie Nada Chekh es getan hat. Gerade diese Passagen sind oft unglaublich bedrückend und nichts für zarte Gemüter. Doch was die Autorin schreibt ist Realität für viele Frauen, auch im 21. Jahrhundert und es ist wichtig, dass darüber gesprochen wird um für kommende Generationen etwas zum Positiven ändern. Zu diesem bedrückenden Gefühl bei mir, trug allerdings auch die unglaubliche Leistung der Autorin bei, die verschiedenen, zum Teil unsichtbaren, Prozesse und Strukturen zu beschreiben, die ihre Lebenswelt determinieren. Es braucht eben manchmal keinen offensichtlichen Zwang, damit dieser trotzdem wirksam wird und individuell fast in dergleichen Intensität erlebbar wird. Dies fand ich wirklich grandios herausgearbeitet.

Nada Chekh habe ich im Buch als unglaublich starke, kluge, talentierte und reflektierte Persönlichkeit kennengelernt, für die mir nur Bewunderung und Dank bleibt, ihre Geschichte zu teilen. Eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 05.12.2023

Wenn ein Unfall zum Glücksfall wird…

Die Eisfischerin vom Helgasjön
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Oft zeigt sich erst in Notsituationen auf wen man sich verlassen kann. So auch bei Rieke, Mitte 30, aus Hamburg, nach ihrem schmerzhaften Zusammenstoß mit einem Elektroroller. Denn Freund Marco präsentiert ...

Oft zeigt sich erst in Notsituationen auf wen man sich verlassen kann. So auch bei Rieke, Mitte 30, aus Hamburg, nach ihrem schmerzhaften Zusammenstoß mit einem Elektroroller. Denn Freund Marco präsentiert sich nicht als der unterstützende Partner, den man sich nach einem Unfall inkl. Kreuzbandriss wünschen würde.

Und so beginnt man bereits nach den ersten Seiten zu ahnen, dass der Unfall mit all seinen Folgen vielleicht gerade zur rechten Zeit kam, um Riekes Leben eine Wendung zu geben, dies nicht nur im privaten sondern auch im beruflichen Bereich. Während der langen Genesungsphase verschlägt es Rieke nach Schweden und mit der Reise nach Lappland geht ein Kindheitstraum von der Suche nach den Polarlichtern in Erfüllung. In der wunderschön beschriebenen Winterlandschaft Schwedens erhält Riekes Leben jedoch noch weitere Wendungen bereit. Da ist nicht nur Theo, ihr alter Studienfreund, dem sie begegnet, auch Brigitta, die Herbergsmutter der Unterkunft des Familienurlaubs aus Riekes Kindheit in Schweden umgibt ein Geheimnis, das mit Rieke verbunden ist.

Ein schönes Buch für Zwischendurch zum Abtauchen in das winterliche Schweden und eine Beziehungs- und Familiengeschichte mit einigen spannenden Wendungen.

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Veröffentlicht am 23.11.2023

Verlust, Natur, Einsamkeit, Liebe, Verrat: Ein Buch zum Abtauchen in eine andere Welt

Das Hotel am Fuße des Vulkans
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Wie viel kann ein einzelner Mensch ertragen? Und wie findet man wieder zu sich selbst und Vertrauen in das Leben und die Liebe, wenn man alles verloren hat? Irene muss dies mit Ende 20 herausfinden. Auf ...

Wie viel kann ein einzelner Mensch ertragen? Und wie findet man wieder zu sich selbst und Vertrauen in das Leben und die Liebe, wenn man alles verloren hat? Irene muss dies mit Ende 20 herausfinden. Auf ihrer Suche nach dem Leben und sich selbst verschlägt es sie an einen magischen Ort in Mittelamerika.

Das Hotel am Fuße des Vulkans wird zu Irenes neuem Lebensmittelpunkt und mit ihm, die BewohnerInnen des Dorfes, die Gäste und nicht zuletzt Flora und Fauna des magischen Ortes. Die Beschreibungen der Natur und des Ortes sind wunderbar gelungen, sodass vor dem inneren Auge ein kleines Paradies in Mittelamerika auftaucht und man sich fast mittendrin in der Handlung fühlt. An diesem Ort spürt man fast wie Irenes Lebensgeister wieder erweckt werden, doch auch neue Trauer, Enttäuschung und Rückschläge begegnen ihr auf dem neuen Lebensabschnitt. Neben Irenes werden die Geschichten von weiteren BewohnerInnen und auch Gästen erzählt, ebenso wie Herausforderungen, die das Leben in der Abgeschiedenheit bedeutet, insbesondere auch für die autochthone Bevölkerung. Besonders hat mir gefallen, wie sensibel das Aufeinandertreffen von einheimischer Kultur und der Zugereister mit allen Facetten beschrieben wurde.

Der Stil ist unglaublich leichtfüßig und kurzweilig, sodass die fast 500 Seiten wie im Flug vergehen. Etwas getrübt wurde mein Leseerlebnis durch einige kleinere Logikfehler insbesondere im Mittelteil. Gerade weil die Sprache so wunderbar bildlich ist, fällt schnell auf, wenn beispielsweise ein Kleid plötzlich zur Bluse wird.

Insgesamt ein wundervolles Buch zum Abtauchen in eine andere Welt, zum Mitleiden und Mitfreuen, wie eine Frau nach schweren Schicksalsschlägen wieder zu sich selbst findet.

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Veröffentlicht am 23.11.2023

Ein warmherziger, spannender und stimmungsvoller Roman um ein Familiengeheimnis zur Weihnachtszeit

24 Wege nach Hause
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Petra ist Anfang 30 und hat fast alles in ihrem Leben verloren, was ihr einmal wichtig war. Nach dem Tod ihrer geliebten Schwester Alice ist ihr nur noch ihre Nichte Charlie geblieben, für die sie nun ...

Petra ist Anfang 30 und hat fast alles in ihrem Leben verloren, was ihr einmal wichtig war. Nach dem Tod ihrer geliebten Schwester Alice ist ihr nur noch ihre Nichte Charlie geblieben, für die sie nun allein verantwortlich ist. Job weg, Wohnung weg, die eigene Trauer um die Schwester und eine 12 Jährige, die nicht weiß wohin mit ihren Gefühlen angesichts des unbeschreiblichen Verlusts der Mutter. In einer Nacht und Nebel Aktion entschließt sich Petra Stockholm und ihr altes Leben zu verlassen und mit Charlie im Südschwedischen Schonen, im fiktiven Dorf Nyponviken neu anzufangen. Dort haben ihre Eltern ihr ein mysteriöses Ferienhaus hinterlassen, von deren Existenz Petra erst kürzlich durch Alice, kurz vor ihrem Tod erfahren hat. Das Ferienhaus entpuppt sich als Wohnung auf einer alten Hofstelle mit Gärtnerei, Café und Apfelplantage. Die Eigentümer begegnen den beiden Neuankömmlingen mit gemischten Gefühlen. Der Kontrast des Hoflebens und pittoresken Dorfes im Vergleich zu Stockholm könnte nicht größer sein. Werden Petra und Charlie hier ein Zuhause finden? Ein ganz besonderer Adventskalender ohne Absender findet sich vor Petras Tür und lädt sie ein den Ort und dabei auch sich selbst und ein Familiengeheimnis zu finden.

Ich mochte die Beschreibungen der stimmungsvollen Weihnachtsdekorationen und winterlichen Landschaft sehr. Auch die Stimmungen, Geheimnisse, Vorbehalte, beginnenden Freundschaften auf dem Hof waren unglaublich warmherzig beschrieben. Neben der Beziehung zwischen Petra und Charlie, die sich erst in ihrer neuen kleinen Familie und mit dem großen Verlust von Mutter und Schwester zurechtfinden müssen, sind da die übrigen HofbewohnerInnen und auch noch Petras Exfreund, der plötzlich in Nyponviken auftaucht. Alleine diese Konstellationen und ihre Entwicklungen haben mich in die Geschichte gezogen. Daneben gibt es noch den Spannungsbogen um den Adventskalender und die jung verstorbene Künstlerin Lilly. Bis zum Schluss war für mich nicht absehbar, wie sich die Geschichte auflösen wird.

Für mich war 24 Wege nach Hause eine unglaublich warmherzige Einstimmung auf die Weihnachtszeit mit unerwarteter Spannung um ein Familiengeheimnis und dem Eintauchen in Südschwedens traumhafte Landschaft. Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 18.11.2023

Die Poesie des Alltags

Lieder aller Lebenslagen
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Lieder aller Lebenslagen ist weniger ein Roman, als viel mehr ein poetisches Buch für die Seele. Stine Pilgaard gibt uns darin episodenhafte Einblicke in das Leben und Zusammenleben der BewohnerInnen in ...

Lieder aller Lebenslagen ist weniger ein Roman, als viel mehr ein poetisches Buch für die Seele. Stine Pilgaard gibt uns darin episodenhafte Einblicke in das Leben und Zusammenleben der BewohnerInnen in einem Genossenschaftshaus in Aarhus. Dabei wechseln sich immer wieder Fließxtext, Lieder und kurze Horoskope (da die Ich-Erzählerin als Broterwerb Horoskope schreibt), ab. Eine warmherzige Melancholie durchzieht die Zeilen und nicht nur die Lieder erinnern immer wieder an Poesie, die in und zwischen so vielen Zeilen steckt in diesem Buch.

Über die Lieder und die Recherche zu deren Inhalt, die die Ich-Erzählerin für die HausbewohnerInnen für verschiedene Gelegenheiten schreibt, werden nach und nach Ausschnitte aus dem Leben der NachbarInnen, aber auch immer wieder dem eigenen Leben der Ich-Erzählerin offenbart. Besonders gefallen haben mir die immer wieder sehr emanzipierten Sichtweisen der Ich-Erzählerin, und, dass auch diese auf seltsam poetische Weise in den Text eingeflossen sind.

Das Lesegefühl war für mich ein bisschen wie Kurzgeschichten, die jedoch immer wieder auch lose Bezug aufeinander nehmen.

Lieder aller Lebenslagen ist ein ruhiges Buch, auf die poetische Sprache muss man sich einlassen können und wird dann sicher viel Freude daran haben und auch beim Wiederlesen noch Neues entdecken.

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