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Veröffentlicht am 29.07.2019

Geld, Macht und Gewalt beherrschen dieses Buch

Ich schenke dir die Angst
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"Die Manipulationsmöglichkeiten haben sich natürlich im Zeitalter des Massenmedien erheblich erhöht." (Arthur Miller)
Kriminalhauptkommissar Richard Störmer und die Krimiautorin Magdalena scheinen nun ...

"Die Manipulationsmöglichkeiten haben sich natürlich im Zeitalter des Massenmedien erheblich erhöht." (Arthur Miller)
Kriminalhauptkommissar Richard Störmer und die Krimiautorin Magdalena scheinen nun endlich zueinander gefunden zu haben. Damit sich Magdalena und Richards Tochter Verena besser kennenlernen, besuchen sie gemeinsam die Buchmesse in Frankfurt. Dort erleben die beiden nach dem Vortrag der jungen Staranalystin Mary Tomm, wie diese und ihre Begleiterin gekidnappt werden. Als Magdalena und Verena zu Hilfe eilen, werden sie selbst verschleppt. Zur selben Zeit versuchen eine Gilde von betrügerischen Investmentbankern Kurse zu manipulieren, die den Euro beeinflussen. Und als wäre das noch nicht alles versuchen sie außerdem noch den Goldschatz der ehemaligen DDR Seilschaften zu finden, den sie in einem ehemaligen Bergwerksschacht im Mansfelder Land vermuten. Doch für Störmer selbst geht es um viel mehr nämlich um die beiden Menschen, die er am liebsten hat.

Meine Meinung:
Das Cover mit den vielen Diagrammen die man von Börsen und Investmentgeschäften her kennt, passt hervorragend zu dem Inhalt dieses Krimis. Der Schreibstil gut, war nur leider für mich diesmal etwas mühsam und so bin ich hin- und hergerissen, wie ich dieses Buch beurteilen soll. Der Ökonom und Banker Ralf Gebhardt geht diesmal in seinem Metier sichtlich auf. Den der größte Raum des Buchs nahmen vor allem die Machenschaften der Täter ein. Hier spürt man das sich der Autor sehr viel Gedanken und Wissen angeeignet hat um mit einer wirklich brutalen, heftigen Geschichte aufzuwarten. Leider kamen dadurch wieder einmal die Ermittlungen etwas zu knapp. Außerdem mangelte es für mich an Emotionen, ob es bei Störmer ist oder Magdalena. Entweder waren die Emotionen zu extrem dargestellt oder sie waren gar nicht vorhanden. Dabei empfand ich besonders eine Szene Störmers total unrealistisch, weil er sich da emotional wie ein trotziges Kleinkind benimmt. Wie ein kleiner Kindergartenjunge, der trotzig in der Ecke steht und sich wehrt, dass er das nicht möchte. Der Plot selbst jedoch lebt hauptsächlich von Brutalität, Bankgeschäften, die teilweise für mich einfach zu komplex waren und ich dadurch die Lust am Lesen verlor. So habe ich deshalb gegen Ende einige dieser Szenen nur noch überflogen. Größtenteils fehlten mir Situationen, bei denen nur die Opfer zu Wort kommen. Mit all ihren Ängsten und Emotionen, die sie während ihrer Gefangenschaft haben, doch leider fehlten diese Szenen völlig. Die Charaktere waren oft sehr undurchschaubar besonders was die Täter anbelangte. Am Ende wurde es für mich sogar so verwirrend, sodass ich gar nicht mehr wusste, wer nun tot und wer lebendig war. Dadurch das die Charaktere nur recht oberflächlich gehalten wurden, konnte mich keiner von ihnen berühren. Für mich waren die Täter nur brutal und ich war oft fassungslos wie sich Akademiker bzw. diese Gilde benahmen. Selbst Störmer, Magdalena und sogar Staatsanwalt Nagel waren diesmal so blass, sodass sie für mich nicht greifbar warnen. Zwar zeigte Störmer in dieser Folge endlich mal ein bisschen Emotionen, doch diese waren mir wie oben beschrieben zu unrealistisch dargestellt. Magdalena hingegen empfand ich eher als emotionslos, mitunter sogar als recht kühl und abweisend, genau das Gegenteil wie sie sonst immer war. Und von Verena hörte man im Grunde gar nichts, sie lief nur so am Rande mit. Meiner Ansicht nach ist dieser Krimi eher etwas für Leser die sich gerne mit Banken, Investments, Börsen beschäftigen oder sich darin auskennen. Für meinen Mann wäre dieser Krimi sicher das richtige gewesen, doch mich konnte dieses Buch sogar nicht fesseln. Im Gegenteil am Ende war ich froh, dass ich es beendet hatte. Von daher kann ich diesem Buch nur 2 1/2 von 5 Sterne geben und hoffe, dass der nächste Band wieder eher, was für mich ist.

Veröffentlicht am 29.07.2019

Wenn die Seele ständig verletzt wird

Profiling Murder – Fall 4
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"Vertrauen findest du nur bei Menschen, die mit deiner Seele umgehen, als wäre es ihre eigene." (VISUAL STATEMENTS)
Laurie und Jake habe sich in Phönix inzwischen gut eingelebt. Auch wenn der letzte Fall ...

"Vertrauen findest du nur bei Menschen, die mit deiner Seele umgehen, als wäre es ihre eigene." (VISUAL STATEMENTS)
Laurie und Jake habe sich in Phönix inzwischen gut eingelebt. Auch wenn der letzte Fall ihr noch immer Alpträume beschert, weiß sie nun das Jake ganz nah an ihrer Seite ist. Den endlich hat Jake Laurie seine Liebe gestanden, doch diese wird sofort auf eine harte Probe gestellt. Den das FBI konnte David Lester im Beisein von Samantha überwältigen und festnehmen. Leider laufen die Befragungen gar nicht gut, den die Frau streitet vehement ab Samantha Walsh zu sein, sondern sie behauptet Meghan zu heißen. Nun ist dringen Lauries Anwesenheit gefragt und sofort reist sie mit Jakes Unterstützung nach Minnesota. Sie muss Sam identifizieren und dazu bringen gegen Lester auszusagen, ansonsten muss das FBI sie wieder freilassen. Wird es Laurie gelingen Sam in ihr altes Leben zurückzuholen? Und wen kann Sam dann helfen Lester zu belasten? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt oder wird Laurie Sam wieder verlieren?

Meine Meinung:
In Teil 4 der Dranbleiber Reihe um Laurie Walsh dreht sich diesmal alles um Lauries Schwester Samantha (Sam). Nachdem Laurie schon vor geraumer Zeit ein Lebenszeichen Sams auf einem Video entdeckt hat, wurde die Suche nach ihr erneut fokussiert. Nun endlich scheint es soweit zu sein, das sie Sam wieder in ihre Arme schließen kann. Doch wird Sam die alte sein, wird Laurie sie überhaupt wiedererkennen? Was wenn sie sich in all den Jahren so verändert hat, das Laurie nicht mehr zu ihr durchdringt? Wenn ihre Psyche so vom Täter geschädigt wurde, das sie kein normales Leben mehr führen wird? Alle diese Fragen und Ängste gehen Laurie durch den Kopf, als sie erfährt, dass Sam gefunden wurde. Autorin Dania Dicken nimmt mich hier den Leser wieder in ein abgrundtiefes, traumatisches Schicksal, das ich niemanden wünschen würde. Dass diese Schicksale nicht nur fiktiv sind, sondern ebenso im realen Leben passieren erfahre wir auch in dieser Geschichte. Das Beispiel der junge Colleen Stan die von ihrem Peiniger Cameron Hooker und seiner Frau 7 Jahre in einer Holzkiste eingesperrt, misshandelt, vergewaltigt und missbraucht wurde, macht mich sprachlos. Doch auch Sams Schicksal und das, was sie erleben musste, geht mir unter die Haut. Ich frage mich, wie können Menschen so grausam sein und jemand anderem so etwas antun. Kann man 11 Jahre seines Lebens bei so einem psychopathischen Täter überleben, ohne Schaden davon zu tragen? Mit Blicke in Sams Vergangenheit wird mir klar, das dies nur geht, wenn man eine Schutzmauer für sich aufbaut. Oder man kooperiert mit dem Täter, wie man es vom Stockholm Syndrom kennt. Besonders hier spürt man wieder das ganze Können vom Psychologiestudium, das die Autorin hier zurate, zieht. Wie in bisher allen Folgen dieser Reihe bin ich erstaunt, wie man es in dieser knappen Länge schafft, alles in eine Geschichte zu packen. Geschockt bin ich vor allem durch Sams Erlebnisse und Martyrien die sie über sich ergehen lassen musste. Sam fällt hier besonders durch ihre ruhige, distanzierte, lethargische Art auf, bei der man schnell das Gefühl hatte, das der Täter sie inzwischen gebrochen habe. Zum Glück hatten die Ermittler noch etwas in der Hinterhand, die letzte Hoffnung um Sams Erinnerungen zurückzuholen. Ob es ihnen gelingen wird, verrate ich natürlich hier nicht. Auch wenn dem Band, diesmal die blutige Spannung fehlt, so ist er trotz allem äußerst fesselnd und informativ und hat mich wieder mal in den Bann gezogen. Besonders gespannt bin ich, wie es in Sams Leben weitergeht. Ungeachtet dessen werde ich einen kleinen Punkt abziehen und nur 4 1/2 von 5 Sterne geben.

Veröffentlicht am 24.07.2019

Lasst uns einander lieben wie Gott liebt

Die Braut von Ivy Green
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"Es gibt nichts Schöneres, als geliebt zu werden, geliebt um seiner selbst willen oder vielmehr; trotz seiner selbst." (Victor Hugo)
England 1821: In Ivy Hill einem idyllischen kleinen Dorf in England ...

"Es gibt nichts Schöneres, als geliebt zu werden, geliebt um seiner selbst willen oder vielmehr; trotz seiner selbst." (Victor Hugo)
England 1821: In Ivy Hill einem idyllischen kleinen Dorf in England gibt es viele Neuerungen. Mercy Grove muss ihre Schule schließen, da nun ihr Bruder George und seine Frau Helena das Haus für sich benötigen. Nun steht sie vor einer weiteren Entscheidung, ob sie die Gouvernante von Alice werden möchte und damit ihre Zukunft alleine bestreiten wird. Auch Jane Bell kann sich immer noch nicht entscheiden, ob sie Gabriel Locke heiraten möchte. Den das hieße, dass sie in naher Zukunft das Gasthaus Bell an jemanden verpachten muss. Hingegen sind Rachel und Timothy Brockwell nach ihrer Hochzeit und den Flitterwochen sehr glücklich. Doch dann taucht eines Tages eine neue geheimnisvolle Schneiderin in Ivy Hill auf. Ist sie die Person, für die sie sich ausgibt? Eine jede Menge an Geheimnisvollem, Hoffnungen, Liebe und Träume die, die Bewohner von Ivy Hill erwartet.

Meine Meinung:
Das schöne Cover mit einer Braut und der Anglikanischen Kirche im Hintergrund, passt sehr gut zur Historie und besonders zur Trilogie. Der Schreibstil ist flüssig, unterhaltsam und in kurze Kapitel mit verschiedenen Handlungssträngen eingeteilt. In der Hauptsache geht es diesmal um die Freundinnen Mercy Grove und Jane Bell, die noch nicht verheiratet waren. Nachdem Mercy die arrangierte Ehe mit einem Gentleman abgelehnt hat, muss sie nun das elterliche Haus an ihren Bruder abtreten. Keine leichte Sache für sie, damit ist es auch das aus ihrer Schule, die bisher im Ivy Cottage stattfand. Da sie sich bei ihrer Schwägerin Helena nicht gerade wohlfühlt, trifft Mercy dann doch die Entscheidung Ivy Cottage zu verlassen. Schwer hingegen ist, das sie dadurch ihre Tante Matilda alleine lassen muss. Jane Bell ist sich ebenfalls nicht sicher wie es in ihrem Leben weitergehen soll. Erst ein Unglück macht ihr klar, das Gabriel Locke die Liebe ihres Lebens ist und sie einen Schritt wagen muss. Zudem stehen im Hause Brockwell weitere Entscheidungen an, die Justinas Leben verändern wird. Doch wird sie mit diesen glücklich werden? Am geheimnisvollsten ist da noch die neue Schneiderin, die sich als Französin darstellt. Irgendetwas Merkwürdiges umgibt sie, selbst Jane ist sich das sie die junge Frau schon mal gesehen hat. Wieder einmal verzaubert und nimmt mich die Autorin mit nach England in die Anfänge des 19. Jahrhunderts. Man spürt sofort, wie man in der Vergangenheit ankommt. Anhand der Lebensweise der Frauen wird mir wieder einmal klar wie gut wir es heute haben. Wir werden nicht mehr von den Eltern zur Ehe gezwungen, haben keine Probleme, wenn ein Mann eine Frau im Nachtgewand sieht und vieles andere. Das alles stellt Julie Klassen wieder sehr gut dar, so das ich sofort Bilder von irgendwelchen historischen Filmen im Kopf hatte. Doch auch bei den Männern war es nicht einfach, merkt man doch insbesondere die Distanziertheit der Geschlechter, die für diese Zeit typisch war. Die Charaktere kannte ich ja größtenteils vom letzten Teil, sodass ich recht schnell wieder eine Sympathie für sie hatte. Lediglich Helena die Schwägerin von Mercy war mir sofort unsympathisch. Ihre kühle, dominante und hinterhältige Art wie sie Mercy und Matilda von oben herab behandelt, empfand ich nicht schön. Sehr gut hingegen gefiel mir wieder Mercys Art, insbesondere wie sie ihren tiefen Glauben an Gott weitergibt. Gerade ihre Gespräche zwischen James Drake fand ich sehr bereichernd und aufschlussreich und belebte die Geschichte. Natürlich findet besonders die Liebe wieder viel Raum, ob um Vaterliebe, Liebe einer Tochter zum Vater oder Liebe zwischen Mann und Frau ging, alles war vertreten. Für mich war es ein gelungener Abschluss der Trilogie, die man jedoch auch gut einzeln lesen kann. Ich jedenfalls werde die Frauen von Ivy Hill vermissen und gebe 5 von 5 Sterne für dieses Buch.

Veröffentlicht am 20.07.2019

Wenn das Herz die Worte versteht ohne zu sprechen

Mein Herz hört deine Worte
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"Das Ohr ist stumm, der Mund ist taub, aber das Auge vernimmt und spricht. In ihm spiegelt sich von außen die Welt, von innen der Menschen." (Johann Wolfgang von Goethe)
Virginia Sommer 1890: Nachdem plötzlichen, ...

"Das Ohr ist stumm, der Mund ist taub, aber das Auge vernimmt und spricht. In ihm spiegelt sich von außen die Welt, von innen der Menschen." (Johann Wolfgang von Goethe)
Virginia Sommer 1890:
Nachdem plötzlichen, unerwarteten Tod ihres Ehemanns wird dir junge Ava zu ihrer norwegischen Verwandtschaft nach Virginia eingeladen. Benns Tante Dorothee hat sie ermutigt zu ihr und den drei Cousins von Benn zu kommen, um bei ihnen eine neue Heimat zu finden. Doch in Virginia angekommen findet sie nur die drei Brüder Jorgan, Thor und Haakon vor, den Dorothee ist kurz zuvor verstorben. Völlig ohne Geld weiß Ava nun nicht wie es mit ihrer Zukunft weitergeht. Zwar wird sie liebevoll von den drei Brüdern aufgenommen, doch Ava möchte auch sie keine Last für ihre unbekannte Verwandtschaft sein. Zudem fürchtet sie sich vor dem wilden, ungestümen, gehörlosen Thor mit, dem sie sich nicht verständigen kann. Außerdem erinnert er sie zu sehr an ihren Mann Benn, da er ebenfalls dem Alkohol verfallen ist. Doch als sich Thor verändert entdeckt Ava nach und nach Zuneigung für ihn, den Liebe braucht keine Worte.

Meine Meinung:
Das verträumtes Cover mit der Frau und dem Nebel im Hintergrund und der schöne Klappentext haben mich neugierig auf dieses Buch gemacht. Besonders da ich die Autorin schon von ihrem letzten Buch kannte. Der Schreibstil war locker, unterhaltsam und gut recherchiert was das Thema Gehörlosigkeit anbelangt. Man merkt an der Einfachheit und dem Umgang der Protagonisten das diese Geschichte Ende 19. Jahrhundert spielt. Besonders das Thema Gehörlosigkeit hatte es der Autorin angetan, nachdem sie in einem Sommerlager ein Geschwisterpaar bei der Gebärdensprache beobachtet hatte. Dass daraus dann später Freundschaft entsteht und die Autorin sogar Gebärdensprache lernt, hat mich sehr erstaunt. Zudem entstand so langsam diese Geschichte in ihr, bei der diese Thematik einen großen Raum einnehmen sollte. Anhand der Sprache merkt man sofort das die Autorin Ahnung zu diesem Thema hat und weiß wie man Buchstaben darstellen muss. Erschüttert hat mich dagegen das Gehörlosenlehrer Graham Bell, der Erfinder des Telefons ein starker Verfechter der Gebärdensprache war. Stattdessen hat er teils mit unschönen Methoden, versucht den Kindern den Oralismus an der Schule beizubringen. Ich hingegen kann mich sofort in Thor hineinversetzen in seine Wut, wenn er das nicht aussprechen kann, was ihm auf dem Herzen liegt. Wie furchtbar muss es für gehörlose Menschen sein, wenn man spürt, das man nicht so ist wie alle anderen. Dies muss in dieser Zeit noch schlimmer gewesen sein. Dazu noch bei einem Mann der doch eigentlich der Starke, der Ernährer, Kämpfer sein möchte und dann mit einem Makel eingeschränkt ist. Genauso stellt dies die Autorin hier mit Thor da, einem kräftigen Norweger, dessen Familie in den USA eine neue Heimat gefunden hatte. Mir machte er eigentlich wenig Angst, da ich sofort spürte, das er im Inneren ein liebevoller, herzlicher Mensch ist. Ebenso habe ich Jorgan und Ava sofort in mein Herz geschlossen, während ich dagegen bei Haakon spüre, das er noch ein richtiger Kindskopf ist. Seine oft unüberlegte Art bringt ihn öfters in Schwierigkeiten. Doch auch sonst geht es sehr herzlich und liebevoll auf dieser Farm zu, besonders durch Ida der Haushälterin, die nach dem Tod Dorothees alles zusammenhält. Jedoch ist es nicht nur ein friedvolles Leben, den mit den Sorrels ihren Nachbarn haben die Brüder seit Jahren erbitterte Feinde. Deshalb spielt auch Rassendiskriminierung eine kleinere Rolle in diesem Buch und mir scheint, dass die Geschichte dieser Brüder noch nicht zu Ende ist. Zwischen Dramatik, Gebärdensprache, Alkoholismus und Liebe ist hier eine wunderschöne Geschichte entstanden, der ich gerne 5 von 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 17.07.2019

Unschuldig geboren und zu Sündern geworden

Die Kinder des Borgo Vecchio
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"Der erstrebenswerteste Zustand, meinte der Sündige, wäre der Tod, denn dann könnte man keine Sünden mehr begeh(r)en." (Wolfgang J. Reus)
Enge Gassen, Wäsche die von den Häusern im Wind flattern, der Geruch ...

"Der erstrebenswerteste Zustand, meinte der Sündige, wäre der Tod, denn dann könnte man keine Sünden mehr begeh(r)en." (Wolfgang J. Reus)
Enge Gassen, Wäsche die von den Häusern im Wind flattern, der Geruch nach gebratenem Fleisch oder Brot und Stimmengewirr. Dies ist die Welt von Borgo Vecchio in der Mimmo, Cristofaro und Celeste zu Hause sind. Hier leben eine Vielzahl von Menschen in Armut oder von der Hand in den Mund. So auch Celestes Mutter Carmela, die sich mit Prostitution ihren Unterhalt verdient. Da ihre Wohnung jedoch zu klein ist, muss sie ihre Tochter jedes Mal auf den Balkon schicken, wenn ein Freier kommt. Mimmos Vater ist der Fleischer des Viertels, er betrügt gerne seine Kundschaft, in dem er seine Waage manipuliert. Cristofaros Vater hingegen ist ein Trinker, der regelmäßig jeden Abend seinen Sohn verprügelt. Alle wissen davon, doch keiner tut etwas dagegen. Doch alle drei haben etwas gemeinsam, sie himmeln Totó an einen Ganoven, der so schnell rennt, dass ihn die Polizei nicht schnappen kann. Und er kann besser mit der Pistole umgehen als manch anderer.

Meine Meinung:
Das blasse braune Cover mit dem Mann und den zwei Jungen, die wie ich vermute, Spaghetti tragen, passt hervorragend zu dieser Geschichte. Bisher hatte ich noch nie etwas von diesem italienischen Autor aus Palermo gelesen. Er erhielt jedoch für dieses Buch den Premio Volponi, den italienischen, nationalen Literaturpreis für bürgerschaftlichen Engagements. Der Schreibstil ist nicht immer einfach gewesen. Wo ich anfänglich recht schnell gefangen von seinen Schilderung war, wurde dies im Laufe der Geschichte immer schwieriger. Giosuè Calaciura hat eine sehr eigenwillige, bildhafte, fantasievolle Schreibweise, bei der die Dramaturgie bis ins Bodenlose fiel und die mich bei einigen Szenen fraglich zurückließ. Im Nachhinein kann ich hier nur meinem Verständnis zu dieser Geschichte hier berichten, also was ich aus diesem Buch herauslesen konnte. Mit der Geschichte um das Dorf Borgo Vecchio, das es in Wirklichkeit nicht gibt, stellt der Autor eine Art Sündhaftigkeit der Menschen, Religiosität und Erlösung dar. Dabei spielt und wirft er teils mit Worten um sich, wo ich danach regelrecht sprachlos war und ich sofort einige Bilder vor Augen hatte. Dagegen gab es dann jedoch Szenen, die ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Zum Beispiel redet Mimmo mit seinem Pferd Naná, das der Vater vor dem Tod der Schlachtbank gerettet hat. Das wäre ja noch gar nicht so grotesk, doch das dieses Pferd auch noch antwortet, bzw. es so dargestellt wird, fand ich dann doch ein wenig skurril. Die Sündhaftigkeit des Dorfes hingegen stellt der Autor hier allerdings sehr gut dar. Dabei ging es um die Todsünden, wie Betrug, Lüge, Ehebruch, Mord, Prostitution, Diebstahl, Ausschweifung (Alkohol), Neid bis hin zum Verrat wie wir es schon von Judas her kennen. Kaum jemand aus diesem Dorf erschien mir, ohne Sünden zu sein. Wie es ja auch schon in der Bibel steht, das niemand ohne Sünde sein werde. Und so erkannte ich in diesem Buch anhand dieser Andeutungen schon einen gewissen roten Faden, den der Autor hier dem Leser mit der Sündhaftigkeit der Menschheit nahebringen wollte. Leider jedoch muss man vieles selbst aus diesem Text heraus interpretieren, da es durch den Autor selbst, lediglich bei Andeutungen und Metaphern blieb. Und so wurde diese anfänglich schöne Geschichte mit der Geburt von Mimmo für mich zu einer wahrlich schweren Geburt. Den dieses Buch liest man nicht ebenso mal nebenher. Nein man muss hierbei schon wirklich ganz bei der Sache sein, damit man auch versteht, was der Autor hier dem Leser mitteilen möchte. Zu guter Letzt blieben wegen der Kürze des Buches auch noch die Charaktere recht oberflächlich. Den bei gerade mal 160 Seiten kann man die Vielzahl der Personen, die diese Geschichte ausmachen, nicht ausführlich darstellen. Das hingegen war natürlich sehr schade, da ich gerade dadurch auch vieles nicht nachvollziehen konnte. Alles in allem sicher eine literarische Besonderheit, die mich jedoch nicht so ergreifen konnte, wie ich gehofft hatte. Deshalb von mir nur 3 von 5 Sterne.