Höllenpflanze auf Erden
Der WaldPer Postsendung erhalten tausende Haushalte auf der ganzen Welt kleine Päckchen mit Pflanzensamen. Arglos setzen viele Empfänger diese auch tatsächlich ein im Garten oder im Blumenkisterl, die Überraschung ...
Per Postsendung erhalten tausende Haushalte auf der ganzen Welt kleine Päckchen mit Pflanzensamen. Arglos setzen viele Empfänger diese auch tatsächlich ein im Garten oder im Blumenkisterl, die Überraschung wenige Tage später ist allerorts groß, löst das neuartige Gewächs doch Allergien aus, führt nach Berührung zu Brandblasen und wächst verblüffenderweise über alles andere hinweg. Kein Mittel scheint zu helfen, die Höllenpflanze namens Assassina incognita vereint Eigenschaften unterschiedlicher Gattungen in sich, lässt sich nicht systematisch einordnen und schon gar nicht vom Menschen bekämpfen. Übernimmt das Kraut aus China - denn von dort werden die unbeschrifteten Sackerl verschickt – die Macht? Verliert der Mensch seine Lebensgrundlage? Erobert sich die Natur ihren Raum auf der Erde zurück?
Überaus spannend und kurzweilig mit vielen knappen Kapiteln und rasch wechselnden Szenen präsentiert sich dieser Thriller zum Thema Pflanzen, Menschen, Technik. Auch der flotte Schreibstil verführt zum Gefühl, immer noch ein Stückchen weiterlesen zu wollen, bis schließlich alles aufgeklärt ist. Unterschiedliche Handlungsstränge geben anfangs nicht preis, wohin die Reise führt, der deutsche Botaniker und Pflanzenneurologe Marcus Holland jedenfalls findet sich alsbald in Amerika und Asien ein, um mit seiner Expertise zu helfen und Ursachen nachzuspüren.
Auch wenn man etliche Figuren nur flüchtig kennenlernt, da sie nur Handlanger des Themas selbst sind, bekommt man beim Lesen Gänsehaut. Ist das alles reine Fantasie oder ist tatsächlich „alles Unglaubliche an dieser Geschichte wahr“? Wie sich Menschen unterschiedlicher Standpunkte verhalten, wie eine Pflanze auf äußere Gegebenheiten reagieren kann, ja, wie sogar Johann Wolfgang von Goethe mit dem Ganzen zu tun hat, das erfährt der Leser auf diesen unfassbaren 464 Seiten. Nicht alle beleuchteten Teilaspekte haben mein Interesse getroffen, dennoch führen sämtliche Fäden am Ende logisch zusammen. „Erinnern Sie sich noch, was beim Covid-Lockdown in diesem Land los war, als Mehl und Klopapier knapp wurden und die Geschäfte und Schulen schlossen? Noch einmal werden die Menschen das nicht mit sich machen lassen.“ (kindle, Pos. 1297). Das hoffe ich auch, dass nicht nochmals – aus welchem Grunde auch immer – Macht und Zwang ausgeübt werden kann, Andersdenkende ausgegrenzt und diffamiert werden, nur noch eine einzige Meinung gültig sein darf und Diskurs Schnee der gestrigen wissenschaftlichen Herangehensweise ist.
Unterhaltsam, gruselig, realistisch – das ist „Der Wald“ auf alle Fälle, egal, wie man zu Natur, Technik und Menschheit steht.