Profilbild von clematis

clematis

Lesejury Star
offline

clematis ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit clematis über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.09.2024

Paranoia

Aus dem Haus
0

Eine Immobilien-Paranoia begleitet die Mutter der nicht näher benannten Ich-Erzählerin. Das selbst gebaute Haus sei Ursache allen Pechs und Unglücks, welches über sie hereinstürzt. Miriam Böttger zeigt ...

Eine Immobilien-Paranoia begleitet die Mutter der nicht näher benannten Ich-Erzählerin. Das selbst gebaute Haus sei Ursache allen Pechs und Unglücks, welches über sie hereinstürzt. Miriam Böttger zeigt uns Betrachtungen einer sonderbaren Familienkonstellation.

Das Buch beginnt mit dem Ende, was ich sehr spannend finde, sodass ich freudig und neugierig weiterlese. Aber schon bald kommt auch eine gewisse Ernüchterung, denn der angekündigte tragikomische Roman entpuppt sich als Aneinanderreihung verschiedener Episoden und Szenen, welche aus meiner Sicht keine stimmige Handlung im herkömmlichen Sinne aufkommen lassen. Da geht es beispielsweise um Großeltern und Tanten, sonderbare Familienkonstellationen, einen Kirchenchor oder einen Besuch, bei dem man nicht weiß, welches Essen man auf den Tisch bringen soll. Während ich auf witzige Ereignisse und humorvolle, selbstironische Darstellungen warte, die in einem Eigenheim passieren können, lese ich eher nichtssagende Kapitel, die sich eins ans andere reihen. Obwohl Mutter und Vater von „Ich“ – hat sie überhaupt einen Namen? – sehr detailliert und gut vorstellbar beschrieben werden, stellt sich keine Nähe zu diesen Personen ein, kann ich nicht mitfühlen und verstehen, wie es ihnen tatsächlich geht.

Leider kann mich dieses Buch nicht überzeugen, vielleicht bin ich einfach von falschen Erwartungen ausgegangen.

Veröffentlicht am 02.09.2024

Jäger

Lupus
0

An einem Hochstand wird ein Jäger tot aufgefunden, ein anderer ist verschwunden, zudem werden in den Wäldern Norddeutschlands Wölfe gesichtet. Haben die Tiere Menschen angefallen oder geht es um Mord? ...

An einem Hochstand wird ein Jäger tot aufgefunden, ein anderer ist verschwunden, zudem werden in den Wäldern Norddeutschlands Wölfe gesichtet. Haben die Tiere Menschen angefallen oder geht es um Mord? Die Staatsanwaltschaft geht mit Tierärztin Jenny Rausch auf Pirsch und verstrickt sich immer weiter in DDR-Machenschaften, Nazi-Geheimnisse und ein längst zurückliegendes Familiendrama.

Spannend geht es von Anfang an zu im neuen Thriller „Lupus“ von Tibor Rode. Ein verschollener Vater, ein Toter am Hochstand, ein moderner Zaun, der mittels Künstlicher Intelligenz Wölfe von der Bevölkerung abhalten soll, ja sogar einen Werwolf im System meldet. Eine fesselnde Schreibweise zieht den Leser schnell in den Bann, außergewöhnliche, fast unglaubliche Fakten fließen nach genauer Recherche in eine fiktive Handlung ein und rufen immer wieder Erstaunen hervor. Während der Leser Jenny begleitet, erfährt er zwischendurch immer wieder mittels Rückblenden, Protokollen und Gesprächen in kursiver Schrift, was sich teils Jahrzehnte zuvor zugetragen hat. Auf diese Art und Weise setzen sich langsam, aber doch, Puzzlesteine zusammen und ergeben schlussendlich ein klares Bild rund um das Wolfsdrama.

Dieser Thriller besticht durch stete Kurzweil trotz der knapp 500 Seiten, bringt Informatives zur Sprache und veranlasst den Leser zum Nachdenken, wie man mit Künstlicher Intelligenz oder dem Lebensraum von Mensch und Tier umgehen soll. Keineswegs erfolgt dies aber mit erhobenem Zeigefinger, ganz im Gegenteil, verquickt Rode die vielfältigen Themen mit faszinierender Fiktion, die einen in Atem hält.

Spannung mit realitätsnahen Inhalten und ein wenig Fantasie – beste Unterhaltung ist garantiert!



Veröffentlicht am 02.09.2024

Aufstieg

Eisfeld - Der Fall Katharina S.
0

Ziemlich unerwartet erfolgt Mara Eisfelds Aufstieg zur Leiterin der 9. Mordkommission im Berliner LKA. Nicht, dass sie dies nicht herbeigesehnt oder nicht die nötige Kompetenz hätte, dennoch ist sie überrascht ...

Ziemlich unerwartet erfolgt Mara Eisfelds Aufstieg zur Leiterin der 9. Mordkommission im Berliner LKA. Nicht, dass sie dies nicht herbeigesehnt oder nicht die nötige Kompetenz hätte, dennoch ist sie überrascht und stolpert noch dazu gleich während der kurzen Willkommensfeier in einen schwierigen Fall, welcher sie recht persönlich berührt, geht es doch plötzlich auch um einen alten Vermisstenfall, bei dem sie selbst ganz kurz mitermittelt hat.

Humorvoll und stark vermischt mit persönlichen Lebenslagen und –krisen beginnt dieser fesselnde Serienauftakt. Lebhafte Charaktere, starke Reibflächen und Maras ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit – das sind die ersten Eindrücke, welche man auf der ersten Seiten dieses Krimis bekommt. Mara hat ganz klare Vorstellungen davon, wie Polizeiarbeit erledigt werden muss und dass sie ihre Ehe retten will. Ob das alle anderen Beteiligten auch so sehen? Das stellt sich erst im Laufe des Geschehens heraus, welches mich als Leserin sofort in den Bann zieht. Was mit einem harmlosen Einbruch beginnt, entwickelt sich rasch zu einem spannenden Ermittlungsfall, in welchem alle Kommissare gefordert sind, nicht zuletzt aufgrund der sehr hartnäckigen Journalistin Karlotta von Busse, die stets viel früher als eigentlich möglich überall dort auftaucht, wo Mara Spuren sucht.

Ein phantastisches Team voller Menschen wie im echten Leben, ein aufregender erster Fall für Mara Eisfeld, verfasst in lebendiger Sprache, welche einen nur mitnehmen kann auf eine turbulente Jagd nach dem Täter. Obwohl Mara nicht immer logisch und mit kühlem Kopf entscheidet, ist sie doch eine Sympathieträgerin und hat mich sofort davon überzeugt, dass ich ihr auch künftig beim Ermitteln über die Schulter sehen will.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.08.2024

Malerin im Widerstand

Marguerites Geheimnis
0

Cote d’Azur, 1944: Die Malerin Marguerite Segal lebt mit einer Freundin auf einem abgeschiedenen Hof in der Nähe von Nizza. Marguerite, welche sich im Widerstand engagiert, soll für den britischen Geheimdienst ...

Cote d’Azur, 1944: Die Malerin Marguerite Segal lebt mit einer Freundin auf einem abgeschiedenen Hof in der Nähe von Nizza. Marguerite, welche sich im Widerstand engagiert, soll für den britischen Geheimdienst Unterlagen besorgen, wofür sie wiederum den Priester Étienne Valade um Hilfe bitten muss. Eine gefährliche Mission, der sich nicht nur die deutschen Soldaten und die französischen Nachbarn, sondern auch aufwallende Gefühle in den Weg stellen. Kann sie dem Pater überhaupt vertrauen?

Sehr gut charakterisierte Personen lassen das entworfene Szenario realistisch und glaubwürdig erscheinen, die Handlung in Südfrankreich ist zwar fiktiv, aber durchaus geprägt von historischen Begebenheiten, welche Theresa Howes nach entsprechender Recherche klug eingeflochten hat. Die innere Zerrissenheit zwischen Mitmachen, nicht Auffallen und seinem Gewissen zu folgen, ist so spürbar, als wäre man selbst konfrontiert mit all dem Leid und der Ungerechtigkeit, welche sich Bahn brechen in einem Krieg. Souverän und selbstlos werden Marguerite und Étienne geschildert, wie sie sich für die Ärmsten und Schwächsten einsetzen und dabei oft selbst nicht wissen, ob ihr Gegenüber zuverlässig ist und auf derselben Seite agiert. Überraschungen und Geheimnisse stehen an der Tagesordnung, wer heute noch dein Freund ist, kann morgen schon dein Feind sein.

Eine realistische Betrachtung von „ganz normalen“ Menschen, die ihren Weg durch die Kriegsgräuel suchen und auch finden. Vier Sterne mit Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 31.08.2024

Capris Küche

Sommersehnsucht und Limonenblüten
0

Als die Großmutter aus Italien nach jahrzehntelangem Kontaktabbruch um Hilfe bittet, treffen einander PR-Beraterin Tilda und ihre beiden jüngeren Schwestern Lina und Ann gemeinsam mit Mutter Ulla auf Capri. ...

Als die Großmutter aus Italien nach jahrzehntelangem Kontaktabbruch um Hilfe bittet, treffen einander PR-Beraterin Tilda und ihre beiden jüngeren Schwestern Lina und Ann gemeinsam mit Mutter Ulla auf Capri. Schon länger fehlt es auch in Deutschland an Harmonie und Nähe in der Familie, das soll sich mit dieser Woche im Süden wieder ändern. Aber dort warten allerlei Überraschungen auf die vier Damen.

Mit herrlichen Bildern der schönen Insel Capri mit ihren schroffen Felsen und dunklen Meereshöhlen, mit saftigen Limonen und reifen Oliven begrüßt Anja Saskia Beyer nach einem kurzen Aufenthalt in Frankfurt ihre Leser am Ort des Geschehens. Schnell wird man fortgerissen im italienischen Trubel einerseits, wie beispielsweise am frequentierten Hafen oder auf den engen Straßen, durch die Lässigkeit und Ruhe andererseits, welche man sich unbedingt zum Essen nehmen sollte. Und da kommt schon das Motto „Liebe entsteht in der Küche.“ (kindle, Pos 3367) zum Tragen, denn die herzliche Nonna ist überzeugt davon, dass Tilda kochen lernen muss, am besten beim versierten Koch Raffaele in ihrem Restaurant.

Beschwingt und in ihrer gewohnt flüssigen Schreibart erzählt die Autorin von Familientradition und Dingen, die „sich so gehören“ auf Capri, aber auch von mutigen Frauen, welche zuweilen ihren eigenen Kopf haben und damit aus der erwarteten Rolle fallen. Neben den verlockenden Gerichten, welche Raffaele wie im Handumdrehen auf den Tisch zaubert, fehlt es allerdings den steten Erwähnungen der gesunden mediterranen Diät mitunter an Leichtigkeit, fühlt es sich doch bei den matraartigen Wiederholungen eher wie der erhobene Zeigefinger an. Der Duft von einfachen Zutaten, die in kürzester Zeit zu harmonischen Mahlzeiten zusammengestellt werden, reicht völlig aus, um Neugierde zu wecken und selbst einmal das eine oder andere Rezept (z.B. aus dem Anhang) nachzukochen. Und auch die liebevolle Nonna, die man nach mehr als 30 Jahren praktisch gar nicht kennt, wirkt zu gewollt, obwohl sie natürlich, ganz Italienerin, die Familie über alles stellt und eine höchst sympathische Frau sein dürfte.

Nichtsdestotrotz bietet dieser Roman lesenswerte Stunden zum Abschweifen und ähnelt einem Urlaub im Kopf, auch wenn man nur daheim ein gemütliches Plätzchen einnimmt und sich wegträumt nach Capri. Für den nächsten Band muss ich mir unbedingt eine Torta Caprese bereitstellen, möglichst selbst gebacken. ☺