Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung
Ex-WifeDer Roman ist einerseits schon über 100 Jahre alt, aber auf der anderen Seite sind die Themen auch heute noch von Bedeutung. Ich hatte zu Beginn leichte Schwierigkeiten mit dem Schreibstil klarzukommen. ...
Der Roman ist einerseits schon über 100 Jahre alt, aber auf der anderen Seite sind die Themen auch heute noch von Bedeutung. Ich hatte zu Beginn leichte Schwierigkeiten mit dem Schreibstil klarzukommen. Dieser ist neutral, beschreibend und wirkt zwischenzeitlich unnahbar und emotionslos. Patricia als Charakterin konnte mich ebenfalls nicht fesseln. Sie steht kurz vor der Scheidung, macht dramatische Erlebnisse durch, wie den Tod ihres ersten Kindes kurz nach der Geburt oder eine Abtreibung und berichtet davon nebensächlich und trocken, als ob es alltägliche Belanglosigkeiten wären. Sie schafft es nicht, mich als Leserin näher an sich heranzulassen, Patricia bleibt für mich bis zum Schluss unnahbar und distanziert. Patricia ist eine junge, hübsche Frau, die ihr eigenes Geld verdient, während ihrer Trennungszeit mit ihrer Freundin Lucia zusammenlebt und das Nachtleben aktiv auslebt, aber dennoch trauert sie ihrem Mann nach. Die Ausgehszenen mit unterschiedlichen Personen wiederholen sich für meinen Geschmack zu häufig und nehmen viel Raum ein, sodass es zwischenzeitlich monoton wird. Patricia schwankt zwischen Hoffnung und Hingabe und kehrt immer wieder an den gleichen Punkt zurück. Sie könnte sich selbst und ihre Fähigkeiten viel mehr schätzen und respektieren, dann würde sie auch von anderen anders wahrgenommen werden, nicht nur als die ewige „Ex von“. Das Selbstbild bestimmt auch die Fremdwahrnehmung. Die Auseinandersetzung mit sich selbst und die Gedankenwelt von Patricia haben mir gut gefallen.