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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.10.2024

Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung

Ex-Wife
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Der Roman ist einerseits schon über 100 Jahre alt, aber auf der anderen Seite sind die Themen auch heute noch von Bedeutung. Ich hatte zu Beginn leichte Schwierigkeiten mit dem Schreibstil klarzukommen. ...

Der Roman ist einerseits schon über 100 Jahre alt, aber auf der anderen Seite sind die Themen auch heute noch von Bedeutung. Ich hatte zu Beginn leichte Schwierigkeiten mit dem Schreibstil klarzukommen. Dieser ist neutral, beschreibend und wirkt zwischenzeitlich unnahbar und emotionslos. Patricia als Charakterin konnte mich ebenfalls nicht fesseln. Sie steht kurz vor der Scheidung, macht dramatische Erlebnisse durch, wie den Tod ihres ersten Kindes kurz nach der Geburt oder eine Abtreibung und berichtet davon nebensächlich und trocken, als ob es alltägliche Belanglosigkeiten wären. Sie schafft es nicht, mich als Leserin näher an sich heranzulassen, Patricia bleibt für mich bis zum Schluss unnahbar und distanziert. Patricia ist eine junge, hübsche Frau, die ihr eigenes Geld verdient, während ihrer Trennungszeit mit ihrer Freundin Lucia zusammenlebt und das Nachtleben aktiv auslebt, aber dennoch trauert sie ihrem Mann nach. Die Ausgehszenen mit unterschiedlichen Personen wiederholen sich für meinen Geschmack zu häufig und nehmen viel Raum ein, sodass es zwischenzeitlich monoton wird. Patricia schwankt zwischen Hoffnung und Hingabe und kehrt immer wieder an den gleichen Punkt zurück. Sie könnte sich selbst und ihre Fähigkeiten viel mehr schätzen und respektieren, dann würde sie auch von anderen anders wahrgenommen werden, nicht nur als die ewige „Ex von“. Das Selbstbild bestimmt auch die Fremdwahrnehmung. Die Auseinandersetzung mit sich selbst und die Gedankenwelt von Patricia haben mir gut gefallen.

Veröffentlicht am 14.10.2024

unterschätze nicht die Macht der Frauen

Feuerjagd
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Mir gefällt die ruhige, entspannte Erzählweise der Autorin, die sehr gut zum irischen Landleben passt. Was mir weniger gut gefallen hat, sind die ausschweifenden Dorfgeschichten, diese hätten kürzer gehalten ...

Mir gefällt die ruhige, entspannte Erzählweise der Autorin, die sehr gut zum irischen Landleben passt. Was mir weniger gut gefallen hat, sind die ausschweifenden Dorfgeschichten, diese hätten kürzer gehalten werden können. Zudem werden die Dorfbewohner als naiv dargestellt und die Frauen und Mädchen werden gar nicht erst ernst genommen. Diese veraltete Denkweise gefällt mir nicht und die Tratschgeschichten, wer mal was mit wem vor fünfzig Jahren hatte, waren nicht relevant.
Als Johnny mit einem Unbekannten ins Dorf zurückkehrt und alle mit seinen Goldgräbergeschichten lockt, kommt wieder Schwung in die Geschichte und man erkennt, dass es innerhalb der Dorfgemeinschaft zu brodeln beginnt. Man hat das Gefühl, endlich passiert mal etwas Außergewöhnliches in dem abgeschiedenen Dorf, auch wenn die Geschichte rund um das Gold nicht glaubwürdig dargestellt war, sondern eher schleppend in Fahrt kam.
Das traditionelle Pub und das einfache Ortsleben gefallen mir, auch wenn Cal es als Zugezogener nicht einfach hat, Anschluss zu finden.
Trey hat endlich ein wenig Halt gefunden, indem sie sich an den Werten von Cal und Lena orientiert und Verantwortung für ihren Hund übernimmt. Durch die ganze Unruhe durch das Auftauchen ihres Vaters kommt auch Trey wieder komplett aus dem Takt und handelt unüberlegt. Der Tod ihres älteren Bruders beschäftigt sie nach wie vor schwer und sie will endlich jemanden dafür zur Verantwortung ziehen. Doch hier mauert die Dorfgemeinschaft und niemand gibt preis, was er oder sie weiß oder vermutet. Man tut fast so, als wäre Treys Bruder noch am Leben und nur kurz im Ausland, was ich eigenartig finde. Wenn es hart auf hart kommt, halten die Einheimischen zusammen, vor allem Fremden gegenüber.
Was sich am Ende aber als spannende Message herausstellt, man sollte die Intelligenz und die Macht der Frauen nicht überschätzen.

Veröffentlicht am 12.10.2024

gewaltig

Mitternachtsschwimmer
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Der Roman ist gewaltig und das in mehrfacher Hinsicht. Die Sprache ist so klar und deutlich, dass sie mich teilweise beim Lesen mit voller Wucht getroffen hat, auch die Beschreibung der Gezeiten, des Meeres ...

Der Roman ist gewaltig und das in mehrfacher Hinsicht. Die Sprache ist so klar und deutlich, dass sie mich teilweise beim Lesen mit voller Wucht getroffen hat, auch die Beschreibung der Gezeiten, des Meeres und der rauen Lebensbedingungen sind gewaltig und die Charaktere sowie ihre Probleme ebenfalls. Es ist interessant zu sehen, wie sich Menschen, die eigentlich auf Abstand gehen wollen und ihre Probleme für sich selbst lösen wollen, dann doch irgendwie magisch anziehen und zusammentreffen, ob sie es wollen oder nicht. Gleich wie die Launen des Meeres, stürmisch und rau und dann wieder mal sanft und wunderschön. Die Stimmung ist zum Großteil düster und angespannt, aber am Ende bemerkt man die kleinen schönen Momente und die Hoffnungsschimmer mit der Aussicht auf positive Veränderung, die schon im Gange ist. Der gehörlose Luca ist eine weitere Bereicherung für den Roman. Da sein Umfeld ihn nicht für voll nimmt oder sogar für geistig eingeschränkt, nimmt er für sich selbst viel mehr wahr, als gut für ihn wäre. Er äußert sich oft durch Trotz und Wut, aber erkennt sehr gut, wer es ernst mit ihm meint und wie er seine Grenzen ausloten kann. Abseits der Stadt und umgeben von neuen Menschen, kann er seine eigene Identität herausfinden, genau wie Evan, der sich nach Aufgabe seines Jobs und durch seinen Rückzug nun auch der Trauerarbeit um die verstorbene Tochter widmen kann, ohne sich verstellen zu müssen.

Veröffentlicht am 10.10.2024

kreative Ideen zur Verdunkelung

Signum
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Der zweite Teil der Mittsommer-Trilogie setzt inhaltlich genau da an, wo der erste Teil geendet hat und widerholz zu Beginn bedeutende Szenen, die für den zweiten Teil relevant sind, sodass man sich als ...

Der zweite Teil der Mittsommer-Trilogie setzt inhaltlich genau da an, wo der erste Teil geendet hat und widerholz zu Beginn bedeutende Szenen, die für den zweiten Teil relevant sind, sodass man sich als Leser*in sehr schnell einfindet. Die beiden Charaktere Julia und Kim waren schon im ersten Teil gut bekannt, im zweiten Teil erhält Astrid eine weitere tragende Rolle und man kann sie nun charakterlich besser einschätzen, auch wenn mir nicht alle Seiten von ihr gefallen. Irma mag ich auch sehr gerne, in diesem Teil hat sie aber zu sehr über ihren Tod geredet und vorbereitet, dies hat sich einige Male wiederholt. Mir hat sie im ersten Teil besser gefallen. Auch Julia hat mir im ersten Teil als Charakter tougher und selbstbewusster gewirkt, nun hat sie sich so stark von Kim und seinen Launen abhängig gemacht, dass sie ihr gesamtes Leben nach ihm richtet, kaum bis gar nicht mehr schreibt und sich von ihm in unangenehme Situationen bringen lässt. Ich hoffe, dass sie im nächsten Teil wieder als die starke, unabhängige Frau wahrgenommen wird, die sie eigentlich ist.
Die Recherchen über die Gruppe der „Wahren Schweden“ wurden von Julia und Irma zwischenzeitlich intensiv durchgeführt, sind dann aber komplett in den Hintergrund gerückt und waren für die Aufklärung des Falles plötzlich nicht mehr relevant, das finde ich schade.
Mir hat der zweite Teil gut gefallen, allerdings konnte er nicht mit dem ersten mithalten. Die Handlung war spannend, wenn auch nicht immer ganz realistisch, die Szenen wurden am Ende nicht alle aufgeklärt und Julia kam mir als Charakter etwas zu kurz.
Auf den dritten Teil muss ich mich jetzt leider noch etwas länger gedulden, schade, ich hätte gerne gleich weitergelesen.

Veröffentlicht am 08.10.2024

explosive Charaktere

Refugium
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Der erste Teil der Mittsommer-Trilogie startet temporeich und ereignisreich. Mir gefällt besonders das schwedische Flair des Krimis, das sich einerseits in den örtlichen Gegebenheiten, aber auch in den ...

Der erste Teil der Mittsommer-Trilogie startet temporeich und ereignisreich. Mir gefällt besonders das schwedische Flair des Krimis, das sich einerseits in den örtlichen Gegebenheiten, aber auch in den Charakteren widerspiegelt. Die Hauptcharaktere sind allesamt selbst auch problembehaftet und haben ihre guten und negativen Seiten ausleben können, was sie umso authentischer macht. Wie es beziehungstechnisch mit Kim und Julia weitergehen kann und wird, bin ich gespannt, dies wird sich hoffentlich im zweiten Teil noch in die eine oder andere Richtung entwickeln. Kim ist aufgrund seiner Erfahrungen und Traumatisierungen aus seiner Kindheit keine sozial verträgliche Persönlichkeit, ihm würde eine Therapie sicherlich guttun. Julia handelt häufig impulsiv, hat aber meistens den richtigen Ansatz und macht sich viele Gedanken. Astrid hat als einzige ihrer Familie das Mordattentat überlebt und steht momentan noch unter Schock. Bei ihrem Onkel wird sie nicht ewig wohnen bleiben, habe ich das Gefühl und alleine darf sie mit 14 Jahren auch noch nicht wohnen. Generell schlummern viel Wut und Aggressionspotenzial in ihr, das sich bald ein Ventil suchen wird. Die Millennium-Reihe, auf die häufig Bezug genommen wird, kenne ich nicht, man kann aber auch so gut folgen. Die Ermittlungen laufen beinahe identisch, einerseits auf offiziellem Weg und auf der anderen Seite über inoffizielle Kanäle, gehen aber beide in die gleiche Richtung und am Ende wird ziemlich alles aufgeklärt.