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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.09.2024

Trotzdem

Mein drittes Leben
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Der Roman hat eine düstere, traurige Grundstimmung, die zwischenzeitlich sehr schwer auszuhalten ist. Erzählt wird er aus der Sicht von Linda, die nach dem Unfalltod ihrer 17jährigen Tochter in ein tiefes ...

Der Roman hat eine düstere, traurige Grundstimmung, die zwischenzeitlich sehr schwer auszuhalten ist. Erzählt wird er aus der Sicht von Linda, die nach dem Unfalltod ihrer 17jährigen Tochter in ein tiefes Loch fällt. Ihr Mann geht mit der Trauer anders um und er hat auch noch zwei weitere Kinder, aber Linda fühlt sich von allen im Stich gelassen und gibt sich voll und ganz ihrer Trauer hin. Sie kümmert sich nicht, was ihr Umfeld für angemessen hält oder was von ihr erwartet wird, sondern muss nun mit ihrem neuen Leben und ihrer Situation klarkommen, muss alleine sein und muss überlegen, ob sie einen Neuanfang schaffen will und kann. Mit der Zeit füllt sich ihr Leben wieder mit neuen Menschen und Tieren, sie mietet einen alten, abgelegenen Bauernhof und bricht aus ihrem gewohnten Umfeld und ihrem Rhythmus aus. Zwischenzeitlich wirkt die Stimmungslage sehr trostlos, die Beziehung zu ihrem Ehemann geht in die Brüche, Linda trauert intensiv und erlaubt sich so viel Zeit dafür zu nehmen, wie sie braucht.
Mit der Zeit ist sie wieder offen, sich neuen Menschen anzunähern und ein gewisses Maß an Nähe und Vertrauen zuzulassen. Linda erfährt auch wieder, dass alle Menschen ihre eigenen Probleme zu schultern haben und sie nicht alleine dasteht. Am Ende des Romanes hat man das Gefühl, Linda hat sich wieder gefangen und kann zumindest kleine Momente des Glücks genießen, auch wenn ihr Leben nie wieder glücklich werden wird, so wie es einmal war.
Dieses „Trotzdem“ hat mir als Message sehr gut gefallen, ist eine gelungene Zusammenfassung in einem Wort.

Veröffentlicht am 23.09.2024

Wann ist man angekommen?

Sobald wir angekommen sind
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Ben Oppenheim lebt in seiner eigenen Bubble. Der Roman erzählt aus der Sichtweise von Ben von seinen privaten und beruflichen Problemen, Geldsorgen und der Angst vor Krieg. Dies führt so weit, dass er ...

Ben Oppenheim lebt in seiner eigenen Bubble. Der Roman erzählt aus der Sichtweise von Ben von seinen privaten und beruflichen Problemen, Geldsorgen und der Angst vor Krieg. Dies führt so weit, dass er sich mit seiner Ex-Frau und den Kindern in einer Nacht und Nebel Aktion nach Brasilien begibt und dort neustarten möchte. Der befürchtete Krieg tritt doch nicht ein und die erste Zeit in Brasilien gestaltet sich anders als erwartet, zuerst fühlt es sich wie Urlaub an, aber bald schon spürt man den Drang nach Veränderung. Ben macht eine enorme Entwicklung durch. Einerseits hat er viel Zeit zum Nachdenken und lässt die Leser*innen auch an seinen Gedanken teilhaben, mal pessimistisch, mal zukunftsorientiert, dann wieder utopisch oder planlos, aber immer mit einer gewissen Brise an Humor und Selbstironie. Die Familiendynamik beginnt sich zu verändern, nachdem sie wieder gemeinsam Zeit und Raum teilen und die Affäre auch weit weg und gar nicht mehr so interessant erscheint. Auch wenn gewisse Aktionen von Ben übereilt oder für Außenstehende übertrieben erscheinen, so sind sie dennoch mit seiner Vorgeschichte nachvollziehbar.
Die Frage, die sich aus dem Titel ableitet, wann ist man angekommen - bleibt zur Interpretation offen. Auch das gefällt mir sehr gut.

Veröffentlicht am 22.09.2024

heile Kindheit

Kleine Monster
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Der Roman beginnt mit einer unangenehmen Angelegenheit in der Schule, die Luca, aber vielmehr noch seine Eltern beschäftigt. Sofort ist Misstrauen gesät und vor allem Pia kann ihrem Sohn nicht mehr vertrauen, ...

Der Roman beginnt mit einer unangenehmen Angelegenheit in der Schule, die Luca, aber vielmehr noch seine Eltern beschäftigt. Sofort ist Misstrauen gesät und vor allem Pia kann ihrem Sohn nicht mehr vertrauen, er steht von da an unter ständiger Beobachtung und Kontrolle. Mit der Zeit erfahren wir auch die Hintergründe, warum Pia so reagiert und was in ihrer Kindheit alles vorgefallen ist. Vom traurigen Unfalltod ihrer kleinen Schwester Linda, dem Kontaktabbruch zu ihrer Adoptivschwester und den strengen, familiären Vorgaben. Gewisse Situationen haben Pia so stark geprägt, dass sie selbst die gleichen Fehler wiederholt und nicht aus dem Schema herauskommt.
Zu Beginn des Romanes stand Luca im Mittelpunkt der Erzählung, aber mit der Zeit dreht sich die Geschichte hauptsächlich um Pia, ihre Ängste, ihr Verhalten. Ob an den Vorwürfen in der Schule etwas dran war oder nicht, bleibt bis zum Schluss unklar, aber Luca ist von da an vorverurteilt und stigmatisiert. Das Verhalten seiner Mutter oder vielmehr das Fehlverhalten ihrerseits prägt die Mutter-Sohn-Beziehung maßgeblich. Wer hier als „Monster“ zu brachten ist, bleibt ebenfalls Interpretationssache. Am Ende bleibt vieles unausgesprochen und offen und auch inhaltlich ist es nicht leicht zu verdauen, der Roman beschäftig im Nachhinein noch.

Veröffentlicht am 18.09.2024

Man erntet, was man säht

Dunkler Abgrund
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Der Thriller ist in anschaulicher, einfacher Sprache geschrieben und dadurch sehr direkt. Die Geschichte wird rasch aufgebaut, man ist als Leser*in sofort mitten im Geschehen, die Charaktere sind schnell ...

Der Thriller ist in anschaulicher, einfacher Sprache geschrieben und dadurch sehr direkt. Die Geschichte wird rasch aufgebaut, man ist als Leser*in sofort mitten im Geschehen, die Charaktere sind schnell eingeführt und bekannt, alles strukturiert und unkompliziert.
Clara hat sich mit ihrem neuen Job einer großen Herausforderung gestellt und es ist verständlich, dass sie dafür gerade in der ersten Einarbeitungszeit zurückstecken muss. Ihre Zwillingssöhne verkraften dies nur schwer, vor allem, da auch noch ihr Vater, der sich die meiste Zeit um sie gekümmert hat, verunglückt ist. Interessant zu lesen war für mich, die unterschiedliche Wahrnehmung dieser Situation, da sei einerseits aus Sicht von Clara beschrieben wird und gleichzeitig von Andreas und Nikolaus komplett anders wahrgenommen wird. Mit der Zeit erfährt man auch die Geheimnisse aus der Vergangenheit, die Clara mit sich herumträgt, auch wenn sie sich ihrem Umfeld gegenüber kaum bis sehr schwer öffnen kann oder möchte. Sie vertraut grundsätzlich niemandem, einzig ihr neuer Fahrer und Personenschützer wird zu ihrem Vertrauten.
Das Ende hat mich überrascht, auch wenn es im Nachhinein betrachtet, schlüssig war, hätte ich es mir so nicht erwartet. Am Schluss klären sich einige Situationen auf, sehr viele Fragen und Probleme bleiben allerdings offen.

Veröffentlicht am 17.09.2024

vielschichtig und themenreich

Die Frauen von Maine
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Der Roman ist inhaltlich sehr breit ausgerichtet. Es geht um das Thema Familie über mehrere Generationen hinweg, die zugleich auch historisch hinterlegt werden und mit dem Schwerpunkt auf das damalige ...

Der Roman ist inhaltlich sehr breit ausgerichtet. Es geht um das Thema Familie über mehrere Generationen hinweg, die zugleich auch historisch hinterlegt werden und mit dem Schwerpunkt auf das damalige Leben der Frauen ausgerichtet werden. Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, dass sich die Autorin hier fast zu viel vorgenommen hat, dies alles in einen Roman zu packen, es war mir zwischenzeitlich auch nicht ganz klar, warum so viele Details über die Sklaverei, Indogene, Geister von Verstorbenen so ausgebreitet werden, aber am Ende hat es die Autorin geschafft, alle Stränge und Ideen wieder zusammenzuführen und zu einem runden Abschluss zu bringen. Auch aktuelle Problematiken wie Alkoholmissbrauch und die Co-Abhängigkeit von Angehörigen werden thematisiert, somit eine gelungene Kombination aus historischen Hintergründen und der aktuellen Zeit.
Die Charaktere sind unterschiedlich gut ausgearbeitet und gelungen, finde ich. So hat mir Genevieve nicht gefallen, nicht nur aufgrund ihrer Taten, sondern auch aufgrund ihrer naiven und überzogenen charakterlichen Darstellung. Sie wirkt wie aus der Zeit gefallen, in ihren Aussagen und Handlungen. Allison hingegen wirkt frisch, lebendig, sozial, als Charakter vielschichtig beschrieben, auch mit Momenten der Schwäche und der Selbstzweifel, aber dadurch umso menschlicher.
Das Thema der historischen Aufarbeitung der Vergangenheit, vor allem in Bezug auf die Sichtweise und Lebensweise von Frauen, finde ich sehr schön und wichtig und auch notwendig, dass ihnen endlich Raum und Platz gegeben wird. Dies war sehr lange Zeit über nicht von großer Bedeutung und umso schwieriger gestalten sich die Recherchen.
Der Roman ist vielschichtig und reich an Themen, sodass ich ihn sehr genossen habe und für Interessierte weiterempfehlen kann!