Liebe Daisy,
wie du weißt, habe ich schon einige Bücher von Impress gelesen und diese gemeinsam mit dir analysiert, doch nun folgt eine Premiere: meine erste niedergeschriebene Rezension zu einem Buch dieses Verlages. Es handelt sich um Das Medaillon der Erinnerungen von Teresa Zwirner, das im September 2019 erschienen ist. Ich hatte das Glück, ein Exemplar davon im Rahmen einer Leserunde von Lovelybooks zu gewinnen.
Inhalt
Der Klappentext verspricht ein Buch voller Magie und Intrigen: die Protagonistin Lizz muss von London aufs Land zu ihrem Vater und dessen neuer Frau ziehen. In deren Haus entdeckt sie ein magisches Medaillon, das es ihr ermöglicht, in die Erinnerungen anderer Leute einzutauchen. Doch wie wir bei Once Upon a Time gelernt haben: Jede Magie hat ihren Preis... und sei sie auch noch so unausgereift. Aber dazu gleich mehr, eines nach dem Anderen. Ich möchte an dieser Stelle erst einmal darauf hinweisen, dass die folgende Rezension Spoiler enthält. Ich wollte meine Meinung zu diesem Roman gerne ausreichend erklären und belegen, um konstruktives Feedback geben zu können, deshalb rate ich dir davon ab weiterzulesen, wenn du nicht möchtest, dass ich dir Dinge vorwegnehme. Ansonsten: Dream on!
World Building
Ich möchte zuerst über die Exposition sprechen. Wie schon erwähnt, muss Lizz (gemeinsam mit ihrer Schwester Jules) von London aufs Land ziehen. Es wird nicht näher definiert, wohin, bloß dass sie mit dem Zug fahren. Nachdem ich nicht annehme, dass es sich um den Eurostar handelt, gehe ich davon aus, dass sie weiterhin in England verweilen. Aber warum müssen sie überhaupt zu ihrem Vater und dessen (so findet Jules zumindest) grauenhafter neuen Frau ziehen? In ein heruntergekommenes Haus, das überall staubig und keineswegs für deren Ankunft hergerichtet ist (vgl. S. 21). Die Erklärung wird erst deutlich später (S. 61) nachgereicht: Ihre Mutter fährt für ein Jahr auf „Lesereise“. Sehr merkwürdig, dass sie sich offensichtlich das Sorgerecht erkämpft hat und ihre beiden Töchter dann aus einem so egoistischen Grund abschiebt. Da hätte sich doch etwas Authentischeres finden lassen können.
Wie bereits erwähnt, lässt der Roman darauf schließen, dass sich die Protagonistin noch immer in England befindet. Ich bin jedoch leider immer wieder über Namen von Figuren, die etwa „Herr Gerlinger“ (S. 44) und „Herr Scheuerle“ (S. 59) heißen, gestolpert. Wenn eine Geschichte schon an einem Ort angesiedelt ist (nicht, dass die Örtlichkeit von Relevanz wäre. Es wäre auch ohne gegangen), sollten Dinge wie Figurennamen darauf ausgelegt sein, diese Behauptung zu bestärken und ihr nicht zu widersprechen. Auch Orte, die genannt werden, unterstützen die erzählte Welt nicht unbedingt; so wird etwa vom „Londoner Hauptbahnhof“ (S. 66) gesprochen – seit wann gibt es denn so etwas? Ist das St. Pancras? King’s Cross? Victoria?
Teilweise finden sich zudem Referenzen, um Örtlichkeiten zu etablieren z.B.: „Es sieht hier verdammt ähnlich aus wie in einem der reichen Häuser in Stolz und Vorurteil [...]“ (S. 109). Abgesehen davon, dass es sich dabei um ein Buch handelt und es bestenfalls „wie ich es mir in Stolz und Vorurteil vorstelle“ oder „wie in einer Adaption von Stolz und Vorurteil“ heißen müsste, finde ich es schade, dass die Autorin sich mit solchen Vergleichen helfen musste. Sie hätte besagtes Haus ebenso als viktorianisches Anwesen, etc. beschreiben und somit ohne Verweise auf Werke anderer AutorInnen auskommen können.
Zeitlichkeit
Auch die behaupteten zeitlichen Zusammenhänge sind mir nicht immer klar gewesen. Etwa als Lizzs Vater, ihre Stiefmutter und Schwester für eine Stunde lang unterwegs sind; in dieser Zeit wartet Lizz 55 Minuten (vgl. S. 22) auf eine Pizza, die sie bestellt hat, isst diese, kramt danach in einem Schreibtisch und untersucht dessen Inhalt – alles bevor die drei zurück sind. Wobei ich sagen muss, dass ich den behaupteten Stress des Durchsuchens (vgl. S. 27) generell nicht verstanden habe: Es wurde nie ein Verbot ausgesprochen, in besagtes Arbeitszimmer zu gehen. Ebenso in der anschließenden Szene, in der Lizz sich, sobald die drei zurückkommen, mit dem gefundenen Medaillon in ihrem Zimmer versteckt. „Es dauerte keine fünf Minuten“ (S. 27) bis ihre Schwester hochkommt. Lizz versteckt das Medaillon sobald es klopft – als Leserin frage ich mich doch etwas, warum sie das nicht schon davor gemacht hat, wenn die Dringlichkeit, dass es niemand entdecken darf, so groß ist, wie behauptet wird. Hier wollte die Autorin offensichtlich Spannung aufbauen. Eine analoge Situation findet sich auch später im Buch: Es findet ein geheimes Treffen bzgl. der Medaillons statt, welches Lizz beendet und ein weiteres für den nächsten Tag ansetzt, um weitere Details zu besprechen. In der Zeit zwischen den Treffen versucht sie jedoch in keinster Weise, neue Informationen zu gewinnen – es macht also überhaupt keinen Sinn (außer für den krampfhaften Spannungsaufbau), dass sie ihr Wissen nicht direkt geteilt hat (vgl. S. 102).
Situationen etablieren
Allgemein muss ich sagen, dass ich nicht so begeistert davon war, wie die Autorin Situationen etabliert hat. Ich glaube, das hat auch bewirkt, dass ich die behauptete Spannung oftmals nicht nachvollziehen konnte: Ich hatte das Gefühl, dass die Autorin etwas durch ihre Ideen hetzte. Kaum war eine Situation halbwegs etabliert, wurde diese schon wieder abgewürgt und zur nächsten übergegangen. Die einzelnen Momente hatten leider kaum Zeit sich zu entfalten, wodurch sich (zumindest für mich) weder die Atmosphäre noch die Charaktere wirklich vermittelt haben. Sie blieben mehrheitlich Behauptungen und ich konnte vieles nicht nachvollziehen. Leider. Damit du das etwas besser nachvollziehen kannst, habe ich ein Beispiel rausgesucht: Es gibt eine Stelle, an der die Freundesgruppe den bisherigen Bösewicht besiegt hat; 30 Seiten (in denen kaum erzählte Zeit vergangen ist) danach kommt der Protagonistin folgender Gedanke: „Niemand von uns will sich vorstellen, was es bedeuten würde, wenn Aaron tatsächlich wieder da wäre.“ (S. 284) Ich fand diese Behauptung nicht nachvollziehbar, da der Friede kaum Zeit hatte, sich zu etablieren. Man hatte als LeserIn noch gar nicht die Möglichkeit, sich an die neue Situation ohne Bösewicht zu gewöhnen. Der Gedanke, dass Aaron wieder auftauchen könnte, wirkt nicht halb so schlimm wie behauptet, weil man noch an dessen Anwesenheit gewöhnt ist und annimmt, dass es die Figuren ebenfalls noch sein müssten.
Inkonsequenz innerhalb der Narration
Gleichzeitig gab es auch innerhalb der Dinge, die erzählt werden, solche die keinen Sinn für mich gemacht haben. Etwa, wenn ein Tag beschrieben wird, an dem die gesamte Oberstufe auf Exkursion ist (vgl. S. 140) – dennoch ist in der Cafeteria nur der Platz neben den Toiletten frei; eben jener, der an Lizz’ erstem Tag auch als einziger frei war, als Peter Xaviers Freunde aus der Oberstufe mit ihnen gegessen haben. Was denn nun? Entweder ist die Cafeteria groß genug für Ober- und Unterstufe oder nicht; in jedem Fall zu klein macht nicht unbedingt Sinn. Zumal die Autorin sich nicht ganz sicher zu sein scheint, ob Lizz nun immer in der Schule Mittag isst, oder nicht doch zuhause (vgl. S. 104); zumindest dann, wenn es der Narration nützt.
Ebenso hat mich verwirrt, dass die Freundesgruppe einen Flachmann, den sie „später noch auf[füllen]“ (S. 265) wollen, beim Schulball dabei hat. Ich frage mich etwas, wo die Teenager den Alkohol dort herbekommen wollen – klischeemäßig wird Alkohol ja eher in solche Veranstaltungen hineingeschmuggelt, als vor Ort abgefüllt.
Wo ich gerade von ebendiesem Ball, dem Winterball, um genau zu sein, spreche: mir ist auch nicht klar, wann genau er stattfindet. Erst wird behauptet, er sei direkt vor Heiligabend und deshalb würde Lizz erst so spät zurück nach London fahren (vgl. S. 138), dann wird erwähnt, er sei fünf Tage vor Heiligabend (vgl. S. 283) – wenn dem so ist, warum wollte Lizz denn bis Heiligabend bleiben, zu einer Zeit, zu der sie sich nach nichts mehr gesehnt hat, als nach London? Und warum begrüßt Lizz‘ Mutter Paul, den sie an diesem Abend zum ersten Mal trifft, mit „Ich freue mich dich wiederzusehen.“ (S. 291)?
Davon, wie unlogisch die Romanze für mich war, will ich gar nicht anfangen: Paul behauptet, sich beim Zusammenstoß sofort in Lizz verliebt zu haben (vgl. S. 294) – ein Treffen, auf das er reagiert hat, in dem er weggelaufen ist, während Lizz versucht hat, ihn mit Kampf-Blinzeln zu vertreiben. Ich fand es jedoch auch bedenklich, dass sie mit jemandem rumknutscht, während sie in einer Beziehung mit jemand anderem ist. Oder ist es die wahre Liebe und rechtfertigt deshalb alles? Muss wohl; sie ist nämlich auch innerhalb von zwei Sätzen über Jungen Nr. 1 hinweg, sobald sie Junge Nr. 2 (aka die wahre Liebe) bekommt (vgl. S. 301). Muss Liebe schön sein.
Was ich außerdem nicht verstanden habe, war das Motiv des Bösewichtes im Bezug auf Lizz. Sie hat nichts mit seiner Vergangenheit zu tun und trotzdem will er sie „vernichten“ (S. 178). Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er merkt, dass sie potentiell mit der Magie umgehen kann:
>>Glaube mir, ich hoffe sehr, dass es dir gelingt, die Erinnerungen wiederherzustellen. Denn wenn es dir gelingt, besteht kein Zweifel, dass du diejenige sein wirst, die mir helfen wird!<< (S. 180)
Ich konnte nicht nachvollziehen, warum Aaron ihr so abgeneigt war bzw. warum er nicht versucht hat, sie auf seine Seite zu ziehen. Auch Lizz‘ Reaktion auf seine Übergriffigkeit fand ich befremdlich: sie gib sich kampflos geschlagen (vgl. S. 195). Hat sie sich zuvor noch mit ihrem losen Mundwerk gegen alle behauptet und sich ihnen erhaben gefühlt, erfüllt sie hier das Klischee einer unselbstständigen Maid, die sich retten lassen muss.
Sprache
Ich muss leider sagen, dass mich der Roman auch sprachlich nicht vom Hocker gehauen hat. Die Autorin verwendet viele Idiome auf sehr ungewöhnliche Art (oder ist das Absicht?) z.B.: „von unten bis oben“ (S. 23) oder „[...] und während Vater die Reifen aufheulen lässt [...]“ (S. 289). Sie verwendet umgangssprachliche Ausdrücke z.B.: „In dem Moment, wo ich mich...“ (S. 23) und falsche Pronomen z.B.: „Ich lasse den Blick lieber auf dem Karottengemüse verharren, bevor ich sie [wen? Die Karotte? Wurde nicht etabliert] mir in den Mund schiebe.“ (S. 140). Auch Anglizismen finden sich en masse in dem Text z.B.: „Normalerweise ist sie viel zu tough dafür“ (S. 168) – es gibt das wunderbare deutsche Wort „taff“ mit derselben Bedeutung, das man genauso gut verwenden könnte. Von der Kommasetzung will ich gar nicht anfangen.
Lizz und ihre Beziehungen zu anderen Figuren
Bisher habe ich noch gar nichts zu den Figuren gesagt, das möchte ich jetzt nachholen. Erst einmal gibt es natürlich Lizz, die Protagonistin. Ich habe sie als sehr anstrengend empfunden: sie versinkt durchgehend im Selbstmittleid (z.B.: S. 45) und ist wahnsinnig undankbar für ihren Freund Peter Xavier (warum spricht sie den eigentlich immer mit vollem Namen an? Ist doch merkwürdig für den besten Freund?). Sie fühlt sich ihm erhaben, dabei erbarmt er sich ihrer z.B.: „Der Einzige, der sich meiner annimmt, ist Peter Xavier, der vermutlich ein Oberloser hier ist [sic] und froh ist, endlich jemanden zum Reden zu haben.“ (S. 46) Lizz scheint generell jemand zu sein, der andere Leute schnell verurteilt. So auch, als sie nach einem freien Platz in der Cafeteria sucht und sofort weißt, dass sie sich nicht neben die „Kaugummi-Blasen-produzierende-Tussi“ (S. 47) setzen möchte. Sie ist schrecklich unhöflich Leuten gegenüber, obwohl sie diese gar nicht kennt; etwa Peter Xaviers Stiefmutter gegenüber, welche sie als „Möchtegernprinzessin“ (S. 110) abstempelt, als diese sie bei sich zuhause willkommen heißt und ihr eine Tasse Tee anbietet. Dieses Verhalten ist einfach nur rüpelhaft und unangebracht.
Lizz ist zudem extrem launisch (oder inkonsequent geschrieben): Sie vergeht etwa in einer Sekunde vor Selbstmittleid, ist in der nächsten aber schon wieder schnippisch und vorlaut (z.B.: S. 50). Diese emotionalen Sprünge konnte ich (ob Pubertät oder nicht) nicht nachvollziehen.
Lizz‘ Beziehung zu ihrer Familie fand ich leider auch ganz eigen. Zum einen ist da natürlich ihre Schwester. Lizz scheint diese häufiger zu bestechen (vgl. S. 120), damit sie sich zurückzieht und Lizz ihre Ruhe hat. Obwohl Lizz als sehr unerfahren dargestellt wird, scheint es sich hierbei um Männergeschichten zu handeln, denn „unsere Mutter [war] bei Männergeschichten eigentlich schon immer sehr entspannt [...] “ (S. 288). Allgemein scheint die Mutter sehr lasch in ihrer Erziehung gewesen zu sein: Lizz scheint nie Verantwortungsbewusstsein gelernt zu haben. Als sie mit ihrer jüngeren Schwester, welche die Kreditkarte des Vaters bekommen hat, einkaufen geht, denkt sie: „Aber es ist ja nicht mein Problem, wenn Papa ihr die Karte aushändigt und sie diese am Ende verliert“ (S. 34). Sehr fragwürdig.
Ich fand zudem, dass Lizz ihrer Familie gegenüber sehr barsch war. Zwischendurch ist diese in akuter Gefahr (wobei ich auch hier fand, dass Lizz etwas zu gefasst reagiert hat; ich hätte mir in dieser Situation mehr Emotion gewünscht). Als die Gefahr gebannt ist, ist Lizz kurz erleichtert, bevor sie wieder in alte Verhaltensmuster (vgl. S. 274) verfällt – die Figurenentwicklung ist also leider marginal. Am auffälligsten ist Lizz ablehnende Haltung ihrer Stiefmutter gegenüber. Diese nennt sie abwechselnd bei ihrem vollen Namen „Pauline“ oder einfach nur „die Wasserstoffblondine“ (z.B.: S. 263). Schade fand ich, dass die Wahl der jeweiligen Bezeichnung absolut willkürlich war. Ich hätte es interessant gefunden, hätte sie sie je nachdem, wie die beiden gerade zu einander stehen, benannt; leider war dem nicht so.
Silber ... oder doch Rubinrot? Die Magie.
"Dann, wenn du dort bist, musst du eine Art Schlüssel, Geheimcode, Rätsel, Wache, womit auch immer du deine Erinnerungen schützen möchtest, heraufbeschwören." (S. 125)
Ich weiß nicht, ob du es vielleicht schon aus der bisherigen Rezension herausgelesen hast, aber für meinen Geschmack haben sich in diesem Buch ein paar zu viele Parallelen zu Kerstin Giers Silber gefunden, als dass ich sie ignorieren könnte.
Angefangen bei den Figurenkonstellationen: eine Protagonistin namens Lizz (bei Silber: Liv), die mit ihrer Schwester zu einem Elternteil mit neuem Beziehungspartner ziehen muss; eine Gruppe aus vier Jungs, von denen einer eine Ex-Freundin hat, die einen an der Waffel hat und weggezogen ist; die Protagonistin, die neu an die Schule kommt (ob sie nun nach London oder von dort weg zieht, macht wirklich kaum einen Unterschied) und ein Bösewicht, der sich in Erinnerungen schleichen kann (die gleich aufgebaut sind wie die Träume in Silber (s. Zitat oben)),…
Wobei es auch Hinweise gibt, dass hier einige Anleihen an die Edelsteintrilogie (ebenfalls von Kerstin Gier) genommen wurden. Nicht zuletzt, dass es die Figurennamen Lucy und Paul gibt. Was jedoch meine Hauptparallele zu den Werken von Kerstin Gier ist, ist die Magie. Wie bereits erwähnt, verhalten sich die Erinnerungen zu Beginn des Romans ähnlich wie die Träume in Silber. Personen mit einem Medaillon können dieses nützen, um in die Erinnerungen anderer Leute einzudringen, diese körperlos zu erkunden und zu manipulieren. Ein bisschen so wie bei Harry Potter – eine Parallele, die an manchen Stellen (z.B.: S. 155/157ff.) sehr offensichtlich wird.
Im Laufe der Geschichte wandelt sich die Art der Magie (aus ungenannten Gründen): plötzlich können die Figuren den tatsächlichen Lauf der Geschichte über Erinnerungen verändern: „Weil ich verhindern möchte, dass ich es jemals finde“ (S. 159). Eine Figur wird im Folgenden in einer Erinnerung gefangen (vgl. S. 196): nach der bis zu dieser Stelle etablierten Logik müsste sie als körperlose Gestalt in dieser anwesend sein; sie befindet sich fortan jedoch physisch in der Vergangenheit und tauscht sich mit anderen Figuren aus. Hier kippt es also plötzlich und ohne Erklärung von Silber zu Rubinrot. Etwas, das für mich absolut keinen Sinn macht: Die Figuren konnten bis dahin zwar Erinnerungen verändern, aber nicht tatsächlich geschehene Erlebnisse; sie sind nicht tatsächlich in der Vergangenheit anwesend, sondern nur in einer Erinnerung daran und vermögen es somit eigentlich nicht, den bereits geschehenen Lauf der Dinge zu verändern.
Und dann wird es wirklich abstrus: „Wenn es möglich ist, in die Erinnerung zurückzugehen, ist es dann auch möglich, in die Erinnerung seines späteren Ichs zu gehen, wenn es eindeutig ist, dass derjenige jetzt in der Vergangenheit ist?“ (S. 217) – ich habe mich wirklich bemüht, aber ich verstehe es einfach nicht; per Definition des Dudens (https://www.duden.de/rechtschreibung/Erinnerung), ist eine Erinnerung etwas, das sich in der Vergangenheit befindet. Kein Mensch kann sich an zukünftige Ereignisse erinnern. Das, wovon sie da reden, ist ein Zeitsprung in die Zukunft, der sich mir (außer wenn man einen Chronografen besitzt) nicht erschließt.
Es wird gegen Ende des Buches zudem behauptet, dass alle Magie, die von einer Person gewirkt worden ist, rückgängig gemacht wird, wenn deren Medaillon zerstört wird (S. 254f.). Wenige Kapitel später wird diese Behauptung bereits negiert und behauptet, dass einer von Aarons Zaubern noch wirksam ist (vgl. S. 282). Ob der sich daraus ergebende Konflikt noch notwendig gewesen wäre oder man es nicht bei der bestehenden Unlogik belassen hätte können?
Du merkst bestimmt, dass mich dieses Buch nicht zufriedengestellt hat. Weder von der Idee, die mich zu sehr an die Welten von Kerstin Gier erinnert hat, noch von der Sprache und den Figuren. Dass die Magie so inkonsequent war und sich mir nicht erschlossen hat, war nur noch das i-Tüpfelchen. Ich weiß, dieser Roman hat viele gute Rezensionen bekommen; denen kann ich mich aber leider nicht anschließen.
Deine Daffy