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Veröffentlicht am 01.11.2019

Eine schleppende Verfolgungsjagd

Trust in Love
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Liebe Daffy,
habe ich dir schon einmal die Reihe von Sarah Alderson mit und über Lila empfohlen? Wenn nicht, sollte ich das nachholen. Da ich diese Bücher so gern gelesen habe, wollte ich nochmal etwas ...

Liebe Daffy,
habe ich dir schon einmal die Reihe von Sarah Alderson mit und über Lila empfohlen? Wenn nicht, sollte ich das nachholen. Da ich diese Bücher so gern gelesen habe, wollte ich nochmal etwas anderes von der Autorin in die Hände nehmen und ich bin über Trust in Love gestolpert, das 2018 bei Ravensburger erschienen ist. Das Original kam schon 2014 unter dem Titel Out of Control auf den Markt.

Inhalt
Oivia findet sich nach einer unheimlichen Nacht auf einem Polizeirevier in New York wieder. Zeitgleich wird der Autodieb Jay vernommen. Als das Revier angegriffen wird und ein Täter ein Blutbad veranstaltet, müssen die beiden Fremden zu Verbündeten werden und fliehen. Es beginnt eine Verfolgungsjagd quer durch die Metropole.

Ein Thriller mit Herzklopfen?
Die Geschichte beginnt ziemlich spannend, indem wir gleich auf dem Polizeirevier einsteigen und mitten im Geschehen sind. Wir kennen weder Olivia, noch Jaime alias Jay, noch wissen wir, was passiert ist, sondern stecken mitten in den Vernehmungen. Dann passiert dieser Amoklauf und wir sind gemeinsam mit den beiden Hauptpersonen auf der Flucht. Olivia wirkt wie eine typische Barbie und Jamie lernen wir nur durch die Augen von Olivia kennen, die ziemlich viele Vorurteile ihm gegenüber hat. Die Ausgangslage scheint klar. Doch da hat man sich glatt geschnitten. Die Figuren sind nicht eindimensional und das, was sie nach Außen hin zu sein scheinen. Das hat mir großen Spaß beim Lesen bereitet.
Wir sind, wie bereits gesagt, von Anfang an mitten in der Handlung. Leider nimmt dieser Spannungsbogen ab und es passiert lange nichts Spektakuläres. Auf dem Klappentext wird uns ein „atemloser und prickelnder Thriller“ versprochen, doch Zeit zum Durchatmen haben wir zur Genüge. Es gibt sogar Zeiten auf der Flucht, bei denen die beiden mitten in der Öffentlichkeit auf Parkbänken für fünf Stunden gemütlich schlafen können.
Natürlich gibt es auch eine Liebesgeschichte, die sich auf eben dieser Flucht entwickelt. Ich kann nicht sagen, dass es sich hier um eine großartige Überraschung handelt, schließlich wurde es uns ebenfalls im Klappentext vorhergesagt. Ich muss leider sagen, dass ich es nicht gerade glaubwürdig fand. Olivias ständige Beteuerungen, sie hätte diese Gefühle nur, weil ihr Adrenalinspiegel so hoch wäre, weil sie in Gefahr schwebten, war zuerst noch eine gute Erklärung, irgendwann hat es jedoch genervt. Die Geschichte hätte mir richtig gut ohne diese Entwicklung gefallen und wären die beiden einfach nur Freunde geworden. Solche Bücher vermisse ich gerade ein wenig auf dem Markt.
Was mir dagegen richtig gut gefallen hat, war das Thema, das Sarah Alderson gewählt hat. Ich würde unheimlich gern mehr darüber sprechen, doch es wird nicht verraten und erst im Nachwort schreibt die Autorin ein eigenes Statement mit Empfehlungen anderer Bücher zu dieser Thematik. Daher verrate ich hier lieber nicht zu viel, doch ich muss es trotzdem lobend erwähnen, dass es absolut richtig und wichtig ist, auf Notstände in dieser Welt aufmerksam zu machen. Ein Jugendbuch ist dafür ein gutes Medium, um sacht an Themen heranzuführen und zum Nachdenken und eventueller weiterer Recherche anzuregen.
Aus diesem Grund würde ich das Buch durchaus für Jugendliche ab circa 13 Jahren empfehlen, die gern Liebesgeschichten lesen, die ein wichtiges Thema ansprechen und durchaus actiongeladene Handlungsstränge beinhalten.
Hier hätte ich mir gewünscht, dass der Verlag ein bisschen mehr auf Rechtschreibfehler achtet, damit die Zielgruppe nicht mit so vielen Fehlern konfrontiert wird und diese eventuell noch für die korrekte deutsche Sprache hält. Das ist ein allgemeines Problem, das ich momentan bei den Büchern feststelle, die ich lese: Grammatik und Rechtschreibung werden nicht allzu viel Bedeutung beigemessen und gerade bei Literatur finde ich das doch ausgesprochen wichtig.

Nun fragst du dich sicher, wie ich zu meiner Bewertung gekommen bin. Die zwei Sterne gehen eindeutig an die gute Themenwahl. Leider war der Inhalt oftmals nicht glaubwürdig oder sogar langweilig; du erinnerst dich daran, dass ich erwähnt habe, dass nicht immer etwas passierte, obwohl sich die Hauptfiguren auf einer gefährlichen Flucht befanden. Die Liebesgeschichte war für mich nicht glaubhaft und die vielen Rechtschreibfehler haben mich sehr gestört.
Nun habe ich schon drei Bücher von Sarah Alderson gelesen und bin gespannt, was ich noch von ihr finden kann. Wenn ich an dieser Stelle eine Empfehlung aussprechen darf, würde ich dir vor allem den ersten Band über Lila ans Herz legen.

Deine Daisy

Veröffentlicht am 01.11.2019

Prinzessinnengeschichte mit Briefgeheimnis

Royal Hearts. Wie ich mich in den Prinzen von England verliebte
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Liebe Daffy,

erinnerst du dich noch daran, wie wir in der Buchhandlung standen und das Buch Royal Hearts gesehen haben? Das klang mit dem Untertitel Wie ich mich in den Prinzen von England verliebte so ...

Liebe Daffy,

erinnerst du dich noch daran, wie wir in der Buchhandlung standen und das Buch Royal Hearts gesehen haben? Das klang mit dem Untertitel Wie ich mich in den Prinzen von England verliebte so schön nach Prinzessinnenbuch in Großbritannien, dass es gar nicht anders konnte, als von uns gesehen zu werden. Im amerikanischen Original wurde das Buch mit dem Titel The Heir and the Spare 2016 veröffentlicht. Man kann dabei an Zufälle glauben, Royal Hearts sei zufällig im April 2018, kurz vor der Hochzeit von Prince Harry und Meghan auf den deutschen Markt (Übersetzung: Anja Hansen-Schmidt und Wolfram Ströle) gekommen.

Aber ist dieses Buch nun wirklich eine Art Fanfiction über besagten Prinzen? Die amerikanische Autorin Emily Albright verrät auf ihrer Homepage (Quelle: https://www.authoremilyalbright.com/qa), sie sei auf die Idee zum Buch durch die Hochzeit von Prince William und Kate Middleton gekommen und habe daraufhin überlegt, wie es Prince Harry in ähnlicher Situation ergehen könnte.
Entstanden ist eine Geschichte rund um die amerikanische Kunstgeschichtsstudentin Evangeline 'Evie' Gray, die einen Platz in Oxford bekommen hat. Warum Oxford? Ihre Eltern hatten sich damals in England kennen und lieben gelernt, bevor die gebürtige Britin ihrem Mann in die USA folgte. Nun wandelt Evie also auf den Spuren ihrer Mutter, die schon seit einigen Jahren verstorben ist. Wie in dem Buch P.S. Ich liebe dich hat die Mutter Briefe vor ihrem Tod verfasst, die Evie nach und nach zugestellt werden. Diese beinhalten eine kleine Abenteuerreise, um ein Familienrätsel zu lösen. Soweit die Rahmengeschichte um die Protagonistin Evie. Wahrscheinlich fragst du dich, wann ich endlich zu dem Punkt mit dem Prinzen komme? Jetzt.

Evie lernt ein Mädchen kennen, das sie zu einem Treffen mit in ihrer Freundesgruppe einlädt. Zu dieser Freundesgruppe gehört auch Edmund – wie du dir denken kannst, ja, das ist der Prinz. Allerdings weiß Evie das noch nicht. Offensichtlich hat sie eine britische Mutter und lebt im technisierten 21. Jahrhundert, hat sich aber nicht mit der Königsfamilie des Landes befasst, in welches sie gerade gezogen ist. Evie ist auf Seite 18 jedenfalls vom Fleck weg verliebt und entwickelt prompt Eifersüchteleien, als ein anderes Mädchen mit Edmund spricht, den sie nun schon eine Buchseite lang kennt.
Gelungen ist der Autorin, die Freundesgruppe als einen Haufen sympathischer Studenten darzustellen, die alle so ihre Wiedererkennungsmerkmale haben und Evie herzlich aufnehmen. Den Fokus legt Emily Albright jedoch deutlich spürbar auf Evie und Edmund. Der deutsche Titel verrät es einem ja schon, doch auch sonst hat der Leser schnell die Fäden gesponnen und wartet nur darauf, dass sich Evie ihrer Gefühle für Edmund bewusst wird.

Ich kann nicht abstreiten, dass Royal Hearts mich in einem Lesefluss gehalten hat und ich das Buch kaum aus der Hand gelegt habe. Die 349 Seiten fügten sich zu einem jugendlichen Wohlfühlbuch. Es gab einige Momente, die mich haben stutzen lassen. Zum Beispiel, als ich das Gefühl hatte, die Autorin hätte etwas besser recherchieren können. Wie eine Szene am Flughafen Paris-Charles-De-Gaulle, in der eine Situation geschildert wird, die persönlich gänzlich anders wahrgenommen wurde und von diesem Standpunkt aus, als so nicht machbar eingestuft wird. Das sind Kleinigkeiten, die den Lesefluss aber nur beeinträchtigen, wenn das eigene Wissen mit dem der Autorin kollidiert.

Wenn ich dir verraten darf, der Klappentext der deutschen Ausgabe ist irreführend. Es wird mit den Schlagworten „Königlich, knisternd, herzzerreißend romantisch“ geworben und während ich gelesen habe, habe ich dir ja schon einige Vermutungen geschrieben. Es handelt sich aber tatsächlich um ein Jugendbuch nicht New Adult, was ich bei einigen Andeutungen von Evie zuerst vermutet hatte. Es ist aber ein völlig jugendfreies Buch. Dennoch kann ich die Altersempfehlung nicht eindeutig bestimmen. Empfohlen wird es ab 14 Jahren. Ich denke, das ist auch das richtige Alter, wenn es rein um den Schreibstil und die Aufmachung der Szenen geht. Doch kann sich eine 14-jährige Leserin mit einer Studentin und dem Studienalltag, der durchaus beschrieben wird, identifizieren?
Wie steht es überhaupt mit dem Schreibstil wirst du dich langsam fragen. Dazu habe ich bisher nicht allzu viel gesagt. Wie du dir denken kannst, gehe ich von der Übersetzung aus. Aber die Satzlänge wird wohl nicht groß variieren. Emily Albright schreibt kurze Sätze, die sich flüssig zu einem Ganzen in nicht allzu langen Kapiteln fügen. Wirklich störend ist die Art, Evies Gedanken darzustellen. Das Buch ist in der ersten Person geschrieben und somit eindeutig, dass wir alles durch Evies Augen sehen. Es werden jedoch noch extra Gedanken hervorgehoben, plakativ geschrieben und optisch kursiv gesetzt. Man fühlt sich wie mit dem Holzhammer bedroht. Das hätte schöner eingeflochten werden können.
Durch diese teilweise ungeschickt platzierten Gedanken, hat man als Leser, wie bereits geschrieben, sehr schnell raus, wohin die Reise mit Evie und Edmund führen wird. Aber auch das groß im Klappentext angekündigte Familiengeheimnis war mir persönlich im ersten Hinweisbrief der Mutter klar und hat die Spannung dadurch nicht erst entstehen lassen. Ungeübten Lesern mag es damit anders ergehen. Wer sich nicht direkt beim Blick auf das Buch spoilern lassen möchte, sollte sich das englische Cover nicht angucken. Hier wird das Geheimnis sogar verraten.
Nichtsdestotrotz lässt sich mit Royal Hearts ein grauer Nachmittag bei einer Tasse Tee wunderbar verbringen und in diese fiktive britische Adelsschicht eintauchen.

Prinzessinnengrüße,
Daisy

Veröffentlicht am 28.10.2019

Unausgereiftes Jugendbuch

Das Medaillon der Erinnerungen
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Liebe Daisy,

wie du weißt, habe ich schon einige Bücher von Impress gelesen und diese gemeinsam mit dir analysiert, doch nun folgt eine Premiere: meine erste niedergeschriebene Rezension zu einem Buch ...

Liebe Daisy,

wie du weißt, habe ich schon einige Bücher von Impress gelesen und diese gemeinsam mit dir analysiert, doch nun folgt eine Premiere: meine erste niedergeschriebene Rezension zu einem Buch dieses Verlages. Es handelt sich um Das Medaillon der Erinnerungen von Teresa Zwirner, das im September 2019 erschienen ist. Ich hatte das Glück, ein Exemplar davon im Rahmen einer Leserunde von Lovelybooks zu gewinnen.


Inhalt

Der Klappentext verspricht ein Buch voller Magie und Intrigen: die Protagonistin Lizz muss von London aufs Land zu ihrem Vater und dessen neuer Frau ziehen. In deren Haus entdeckt sie ein magisches Medaillon, das es ihr ermöglicht, in die Erinnerungen anderer Leute einzutauchen. Doch wie wir bei Once Upon a Time gelernt haben: Jede Magie hat ihren Preis... und sei sie auch noch so unausgereift. Aber dazu gleich mehr, eines nach dem Anderen. Ich möchte an dieser Stelle erst einmal darauf hinweisen, dass die folgende Rezension Spoiler enthält. Ich wollte meine Meinung zu diesem Roman gerne ausreichend erklären und belegen, um konstruktives Feedback geben zu können, deshalb rate ich dir davon ab weiterzulesen, wenn du nicht möchtest, dass ich dir Dinge vorwegnehme. Ansonsten: Dream on!


World Building

Ich möchte zuerst über die Exposition sprechen. Wie schon erwähnt, muss Lizz (gemeinsam mit ihrer Schwester Jules) von London aufs Land ziehen. Es wird nicht näher definiert, wohin, bloß dass sie mit dem Zug fahren. Nachdem ich nicht annehme, dass es sich um den Eurostar handelt, gehe ich davon aus, dass sie weiterhin in England verweilen. Aber warum müssen sie überhaupt zu ihrem Vater und dessen (so findet Jules zumindest) grauenhafter neuen Frau ziehen? In ein heruntergekommenes Haus, das überall staubig und keineswegs für deren Ankunft hergerichtet ist (vgl. S. 21). Die Erklärung wird erst deutlich später (S. 61) nachgereicht: Ihre Mutter fährt für ein Jahr auf „Lesereise“. Sehr merkwürdig, dass sie sich offensichtlich das Sorgerecht erkämpft hat und ihre beiden Töchter dann aus einem so egoistischen Grund abschiebt. Da hätte sich doch etwas Authentischeres finden lassen können.

Wie bereits erwähnt, lässt der Roman darauf schließen, dass sich die Protagonistin noch immer in England befindet. Ich bin jedoch leider immer wieder über Namen von Figuren, die etwa „Herr Gerlinger“ (S. 44) und „Herr Scheuerle“ (S. 59) heißen, gestolpert. Wenn eine Geschichte schon an einem Ort angesiedelt ist (nicht, dass die Örtlichkeit von Relevanz wäre. Es wäre auch ohne gegangen), sollten Dinge wie Figurennamen darauf ausgelegt sein, diese Behauptung zu bestärken und ihr nicht zu widersprechen. Auch Orte, die genannt werden, unterstützen die erzählte Welt nicht unbedingt; so wird etwa vom „Londoner Hauptbahnhof“ (S. 66) gesprochen – seit wann gibt es denn so etwas? Ist das St. Pancras? King’s Cross? Victoria?

Teilweise finden sich zudem Referenzen, um Örtlichkeiten zu etablieren z.B.: „Es sieht hier verdammt ähnlich aus wie in einem der reichen Häuser in Stolz und Vorurteil [...]“ (S. 109). Abgesehen davon, dass es sich dabei um ein Buch handelt und es bestenfalls „wie ich es mir in Stolz und Vorurteil vorstelle“ oder „wie in einer Adaption von Stolz und Vorurteil“ heißen müsste, finde ich es schade, dass die Autorin sich mit solchen Vergleichen helfen musste. Sie hätte besagtes Haus ebenso als viktorianisches Anwesen, etc. beschreiben und somit ohne Verweise auf Werke anderer AutorInnen auskommen können.


Zeitlichkeit

Auch die behaupteten zeitlichen Zusammenhänge sind mir nicht immer klar gewesen. Etwa als Lizzs Vater, ihre Stiefmutter und Schwester für eine Stunde lang unterwegs sind; in dieser Zeit wartet Lizz 55 Minuten (vgl. S. 22) auf eine Pizza, die sie bestellt hat, isst diese, kramt danach in einem Schreibtisch und untersucht dessen Inhalt – alles bevor die drei zurück sind. Wobei ich sagen muss, dass ich den behaupteten Stress des Durchsuchens (vgl. S. 27) generell nicht verstanden habe: Es wurde nie ein Verbot ausgesprochen, in besagtes Arbeitszimmer zu gehen. Ebenso in der anschließenden Szene, in der Lizz sich, sobald die drei zurückkommen, mit dem gefundenen Medaillon in ihrem Zimmer versteckt. „Es dauerte keine fünf Minuten“ (S. 27) bis ihre Schwester hochkommt. Lizz versteckt das Medaillon sobald es klopft – als Leserin frage ich mich doch etwas, warum sie das nicht schon davor gemacht hat, wenn die Dringlichkeit, dass es niemand entdecken darf, so groß ist, wie behauptet wird. Hier wollte die Autorin offensichtlich Spannung aufbauen. Eine analoge Situation findet sich auch später im Buch: Es findet ein geheimes Treffen bzgl. der Medaillons statt, welches Lizz beendet und ein weiteres für den nächsten Tag ansetzt, um weitere Details zu besprechen. In der Zeit zwischen den Treffen versucht sie jedoch in keinster Weise, neue Informationen zu gewinnen – es macht also überhaupt keinen Sinn (außer für den krampfhaften Spannungsaufbau), dass sie ihr Wissen nicht direkt geteilt hat (vgl. S. 102).


Situationen etablieren

Allgemein muss ich sagen, dass ich nicht so begeistert davon war, wie die Autorin Situationen etabliert hat. Ich glaube, das hat auch bewirkt, dass ich die behauptete Spannung oftmals nicht nachvollziehen konnte: Ich hatte das Gefühl, dass die Autorin etwas durch ihre Ideen hetzte. Kaum war eine Situation halbwegs etabliert, wurde diese schon wieder abgewürgt und zur nächsten übergegangen. Die einzelnen Momente hatten leider kaum Zeit sich zu entfalten, wodurch sich (zumindest für mich) weder die Atmosphäre noch die Charaktere wirklich vermittelt haben. Sie blieben mehrheitlich Behauptungen und ich konnte vieles nicht nachvollziehen. Leider. Damit du das etwas besser nachvollziehen kannst, habe ich ein Beispiel rausgesucht: Es gibt eine Stelle, an der die Freundesgruppe den bisherigen Bösewicht besiegt hat; 30 Seiten (in denen kaum erzählte Zeit vergangen ist) danach kommt der Protagonistin folgender Gedanke: „Niemand von uns will sich vorstellen, was es bedeuten würde, wenn Aaron tatsächlich wieder da wäre.“ (S. 284) Ich fand diese Behauptung nicht nachvollziehbar, da der Friede kaum Zeit hatte, sich zu etablieren. Man hatte als LeserIn noch gar nicht die Möglichkeit, sich an die neue Situation ohne Bösewicht zu gewöhnen. Der Gedanke, dass Aaron wieder auftauchen könnte, wirkt nicht halb so schlimm wie behauptet, weil man noch an dessen Anwesenheit gewöhnt ist und annimmt, dass es die Figuren ebenfalls noch sein müssten.


Inkonsequenz innerhalb der Narration

Gleichzeitig gab es auch innerhalb der Dinge, die erzählt werden, solche die keinen Sinn für mich gemacht haben. Etwa, wenn ein Tag beschrieben wird, an dem die gesamte Oberstufe auf Exkursion ist (vgl. S. 140) – dennoch ist in der Cafeteria nur der Platz neben den Toiletten frei; eben jener, der an Lizz’ erstem Tag auch als einziger frei war, als Peter Xaviers Freunde aus der Oberstufe mit ihnen gegessen haben. Was denn nun? Entweder ist die Cafeteria groß genug für Ober- und Unterstufe oder nicht; in jedem Fall zu klein macht nicht unbedingt Sinn. Zumal die Autorin sich nicht ganz sicher zu sein scheint, ob Lizz nun immer in der Schule Mittag isst, oder nicht doch zuhause (vgl. S. 104); zumindest dann, wenn es der Narration nützt.

Ebenso hat mich verwirrt, dass die Freundesgruppe einen Flachmann, den sie „später noch auf[füllen]“ (S. 265) wollen, beim Schulball dabei hat. Ich frage mich etwas, wo die Teenager den Alkohol dort herbekommen wollen – klischeemäßig wird Alkohol ja eher in solche Veranstaltungen hineingeschmuggelt, als vor Ort abgefüllt.

Wo ich gerade von ebendiesem Ball, dem Winterball, um genau zu sein, spreche: mir ist auch nicht klar, wann genau er stattfindet. Erst wird behauptet, er sei direkt vor Heiligabend und deshalb würde Lizz erst so spät zurück nach London fahren (vgl. S. 138), dann wird erwähnt, er sei fünf Tage vor Heiligabend (vgl. S. 283) – wenn dem so ist, warum wollte Lizz denn bis Heiligabend bleiben, zu einer Zeit, zu der sie sich nach nichts mehr gesehnt hat, als nach London? Und warum begrüßt Lizz‘ Mutter Paul, den sie an diesem Abend zum ersten Mal trifft, mit „Ich freue mich dich wiederzusehen.“ (S. 291)?

Davon, wie unlogisch die Romanze für mich war, will ich gar nicht anfangen: Paul behauptet, sich beim Zusammenstoß sofort in Lizz verliebt zu haben (vgl. S. 294) – ein Treffen, auf das er reagiert hat, in dem er weggelaufen ist, während Lizz versucht hat, ihn mit Kampf-Blinzeln zu vertreiben. Ich fand es jedoch auch bedenklich, dass sie mit jemandem rumknutscht, während sie in einer Beziehung mit jemand anderem ist. Oder ist es die wahre Liebe und rechtfertigt deshalb alles? Muss wohl; sie ist nämlich auch innerhalb von zwei Sätzen über Jungen Nr. 1 hinweg, sobald sie Junge Nr. 2 (aka die wahre Liebe) bekommt (vgl. S. 301). Muss Liebe schön sein.


Was ich außerdem nicht verstanden habe, war das Motiv des Bösewichtes im Bezug auf Lizz. Sie hat nichts mit seiner Vergangenheit zu tun und trotzdem will er sie „vernichten“ (S. 178). Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er merkt, dass sie potentiell mit der Magie umgehen kann:

>>Glaube mir, ich hoffe sehr, dass es dir gelingt, die Erinnerungen wiederherzustellen. Denn wenn es dir gelingt, besteht kein Zweifel, dass du diejenige sein wirst, die mir helfen wird!<< (S. 180)

Ich konnte nicht nachvollziehen, warum Aaron ihr so abgeneigt war bzw. warum er nicht versucht hat, sie auf seine Seite zu ziehen. Auch Lizz‘ Reaktion auf seine Übergriffigkeit fand ich befremdlich: sie gib sich kampflos geschlagen (vgl. S. 195). Hat sie sich zuvor noch mit ihrem losen Mundwerk gegen alle behauptet und sich ihnen erhaben gefühlt, erfüllt sie hier das Klischee einer unselbstständigen Maid, die sich retten lassen muss.


Sprache

Ich muss leider sagen, dass mich der Roman auch sprachlich nicht vom Hocker gehauen hat. Die Autorin verwendet viele Idiome auf sehr ungewöhnliche Art (oder ist das Absicht?) z.B.: „von unten bis oben“ (S. 23) oder „[...] und während Vater die Reifen aufheulen lässt [...]“ (S. 289). Sie verwendet umgangssprachliche Ausdrücke z.B.: „In dem Moment, wo ich mich...“ (S. 23) und falsche Pronomen z.B.: „Ich lasse den Blick lieber auf dem Karottengemüse verharren, bevor ich sie [wen? Die Karotte? Wurde nicht etabliert] mir in den Mund schiebe.“ (S. 140). Auch Anglizismen finden sich en masse in dem Text z.B.: „Normalerweise ist sie viel zu tough dafür“ (S. 168) – es gibt das wunderbare deutsche Wort „taff“ mit derselben Bedeutung, das man genauso gut verwenden könnte. Von der Kommasetzung will ich gar nicht anfangen.


Lizz und ihre Beziehungen zu anderen Figuren

Bisher habe ich noch gar nichts zu den Figuren gesagt, das möchte ich jetzt nachholen. Erst einmal gibt es natürlich Lizz, die Protagonistin. Ich habe sie als sehr anstrengend empfunden: sie versinkt durchgehend im Selbstmittleid (z.B.: S. 45) und ist wahnsinnig undankbar für ihren Freund Peter Xavier (warum spricht sie den eigentlich immer mit vollem Namen an? Ist doch merkwürdig für den besten Freund?). Sie fühlt sich ihm erhaben, dabei erbarmt er sich ihrer z.B.: „Der Einzige, der sich meiner annimmt, ist Peter Xavier, der vermutlich ein Oberloser hier ist [sic] und froh ist, endlich jemanden zum Reden zu haben.“ (S. 46) Lizz scheint generell jemand zu sein, der andere Leute schnell verurteilt. So auch, als sie nach einem freien Platz in der Cafeteria sucht und sofort weißt, dass sie sich nicht neben die „Kaugummi-Blasen-produzierende-Tussi“ (S. 47) setzen möchte. Sie ist schrecklich unhöflich Leuten gegenüber, obwohl sie diese gar nicht kennt; etwa Peter Xaviers Stiefmutter gegenüber, welche sie als „Möchtegernprinzessin“ (S. 110) abstempelt, als diese sie bei sich zuhause willkommen heißt und ihr eine Tasse Tee anbietet. Dieses Verhalten ist einfach nur rüpelhaft und unangebracht.

Lizz ist zudem extrem launisch (oder inkonsequent geschrieben): Sie vergeht etwa in einer Sekunde vor Selbstmittleid, ist in der nächsten aber schon wieder schnippisch und vorlaut (z.B.: S. 50). Diese emotionalen Sprünge konnte ich (ob Pubertät oder nicht) nicht nachvollziehen.


Lizz‘ Beziehung zu ihrer Familie fand ich leider auch ganz eigen. Zum einen ist da natürlich ihre Schwester. Lizz scheint diese häufiger zu bestechen (vgl. S. 120), damit sie sich zurückzieht und Lizz ihre Ruhe hat. Obwohl Lizz als sehr unerfahren dargestellt wird, scheint es sich hierbei um Männergeschichten zu handeln, denn „unsere Mutter [war] bei Männergeschichten eigentlich schon immer sehr entspannt [...] “ (S. 288). Allgemein scheint die Mutter sehr lasch in ihrer Erziehung gewesen zu sein: Lizz scheint nie Verantwortungsbewusstsein gelernt zu haben. Als sie mit ihrer jüngeren Schwester, welche die Kreditkarte des Vaters bekommen hat, einkaufen geht, denkt sie: „Aber es ist ja nicht mein Problem, wenn Papa ihr die Karte aushändigt und sie diese am Ende verliert“ (S. 34). Sehr fragwürdig.

Ich fand zudem, dass Lizz ihrer Familie gegenüber sehr barsch war. Zwischendurch ist diese in akuter Gefahr (wobei ich auch hier fand, dass Lizz etwas zu gefasst reagiert hat; ich hätte mir in dieser Situation mehr Emotion gewünscht). Als die Gefahr gebannt ist, ist Lizz kurz erleichtert, bevor sie wieder in alte Verhaltensmuster (vgl. S. 274) verfällt – die Figurenentwicklung ist also leider marginal. Am auffälligsten ist Lizz ablehnende Haltung ihrer Stiefmutter gegenüber. Diese nennt sie abwechselnd bei ihrem vollen Namen „Pauline“ oder einfach nur „die Wasserstoffblondine“ (z.B.: S. 263). Schade fand ich, dass die Wahl der jeweiligen Bezeichnung absolut willkürlich war. Ich hätte es interessant gefunden, hätte sie sie je nachdem, wie die beiden gerade zu einander stehen, benannt; leider war dem nicht so.


Silber ... oder doch Rubinrot? Die Magie.

"Dann, wenn du dort bist, musst du eine Art Schlüssel, Geheimcode, Rätsel, Wache, womit auch immer du deine Erinnerungen schützen möchtest, heraufbeschwören." (S. 125)

Ich weiß nicht, ob du es vielleicht schon aus der bisherigen Rezension herausgelesen hast, aber für meinen Geschmack haben sich in diesem Buch ein paar zu viele Parallelen zu Kerstin Giers Silber gefunden, als dass ich sie ignorieren könnte.

Angefangen bei den Figurenkonstellationen: eine Protagonistin namens Lizz (bei Silber: Liv), die mit ihrer Schwester zu einem Elternteil mit neuem Beziehungspartner ziehen muss; eine Gruppe aus vier Jungs, von denen einer eine Ex-Freundin hat, die einen an der Waffel hat und weggezogen ist; die Protagonistin, die neu an die Schule kommt (ob sie nun nach London oder von dort weg zieht, macht wirklich kaum einen Unterschied) und ein Bösewicht, der sich in Erinnerungen schleichen kann (die gleich aufgebaut sind wie die Träume in Silber (s. Zitat oben)),…

Wobei es auch Hinweise gibt, dass hier einige Anleihen an die Edelsteintrilogie (ebenfalls von Kerstin Gier) genommen wurden. Nicht zuletzt, dass es die Figurennamen Lucy und Paul gibt. Was jedoch meine Hauptparallele zu den Werken von Kerstin Gier ist, ist die Magie. Wie bereits erwähnt, verhalten sich die Erinnerungen zu Beginn des Romans ähnlich wie die Träume in Silber. Personen mit einem Medaillon können dieses nützen, um in die Erinnerungen anderer Leute einzudringen, diese körperlos zu erkunden und zu manipulieren. Ein bisschen so wie bei Harry Potter – eine Parallele, die an manchen Stellen (z.B.: S. 155/157ff.) sehr offensichtlich wird.

Im Laufe der Geschichte wandelt sich die Art der Magie (aus ungenannten Gründen): plötzlich können die Figuren den tatsächlichen Lauf der Geschichte über Erinnerungen verändern: „Weil ich verhindern möchte, dass ich es jemals finde“ (S. 159). Eine Figur wird im Folgenden in einer Erinnerung gefangen (vgl. S. 196): nach der bis zu dieser Stelle etablierten Logik müsste sie als körperlose Gestalt in dieser anwesend sein; sie befindet sich fortan jedoch physisch in der Vergangenheit und tauscht sich mit anderen Figuren aus. Hier kippt es also plötzlich und ohne Erklärung von Silber zu Rubinrot. Etwas, das für mich absolut keinen Sinn macht: Die Figuren konnten bis dahin zwar Erinnerungen verändern, aber nicht tatsächlich geschehene Erlebnisse; sie sind nicht tatsächlich in der Vergangenheit anwesend, sondern nur in einer Erinnerung daran und vermögen es somit eigentlich nicht, den bereits geschehenen Lauf der Dinge zu verändern.

Und dann wird es wirklich abstrus: „Wenn es möglich ist, in die Erinnerung zurückzugehen, ist es dann auch möglich, in die Erinnerung seines späteren Ichs zu gehen, wenn es eindeutig ist, dass derjenige jetzt in der Vergangenheit ist?“ (S. 217) – ich habe mich wirklich bemüht, aber ich verstehe es einfach nicht; per Definition des Dudens (https://www.duden.de/rechtschreibung/Erinnerung), ist eine Erinnerung etwas, das sich in der Vergangenheit befindet. Kein Mensch kann sich an zukünftige Ereignisse erinnern. Das, wovon sie da reden, ist ein Zeitsprung in die Zukunft, der sich mir (außer wenn man einen Chronografen besitzt) nicht erschließt.

Es wird gegen Ende des Buches zudem behauptet, dass alle Magie, die von einer Person gewirkt worden ist, rückgängig gemacht wird, wenn deren Medaillon zerstört wird (S. 254f.). Wenige Kapitel später wird diese Behauptung bereits negiert und behauptet, dass einer von Aarons Zaubern noch wirksam ist (vgl. S. 282). Ob der sich daraus ergebende Konflikt noch notwendig gewesen wäre oder man es nicht bei der bestehenden Unlogik belassen hätte können?


Du merkst bestimmt, dass mich dieses Buch nicht zufriedengestellt hat. Weder von der Idee, die mich zu sehr an die Welten von Kerstin Gier erinnert hat, noch von der Sprache und den Figuren. Dass die Magie so inkonsequent war und sich mir nicht erschlossen hat, war nur noch das i-Tüpfelchen. Ich weiß, dieser Roman hat viele gute Rezensionen bekommen; denen kann ich mich aber leider nicht anschließen.

Deine Daffy

Veröffentlicht am 28.10.2019

Zauberhafte Geschichte über Freundschaft und Loyalität

Prinzessin undercover – Geheimnisse
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Liebe Daisy,

kennst du das, wenn du wochen- und monatelang um ein Buch herumschleichst, es immer mitnehmen willst, dich aber doch nie dazu durchringst? So ging es mir bei Prinzessin Undercover von Connie ...

Liebe Daisy,

kennst du das, wenn du wochen- und monatelang um ein Buch herumschleichst, es immer mitnehmen willst, dich aber doch nie dazu durchringst? So ging es mir bei Prinzessin Undercover von Connie Glynn. Schon 2018, als KJB es herausgebracht hat, bin ich auf dieses wunderschöne Cover aufmerksam geworden. Irgendwie hat es sich dann aber doch nie ergeben, dass ich es mitgenommen habe – bis jetzt. Und lass mich dir sagen, ich habe es nicht bereut.



Das Buch erzählt von Lottie, die gemeinsam mit ihrer lieblosen Stiefmutter in Cornwall lebt und hart dafür arbeitet, an dem Internat Rosewood aufgenommen zu werden. Tatsächlich erinnert nicht nur die Exposition, sondern auch ihr Mantra „Sei freundlich, sei mutig und gib niemals auf“ (S. 27) an Aschenputtel und dessen Adaptionen. Doch schnell wird klar, dass es sich hierbei um keinen billigen Abklatsch handelt: im Nu entsteht eine rasante Verwechslungsgeschichte, die zentrale Elemente von Prinz und Bettelknabe von Mark Twain in einen neuen Kontext setzt: Durch ein unwillentlich entstandenes Gerücht, denkt plötzlich die ganze Schule, dass Lottie eine Prinzessin ist; eben die Prinzessin, die undercover an der Schule ist: Lotties Mitbewohnerin Ellie.



Dadurch, dass das Buch im Perfekt und in der dritten Person geschrieben ist, wobei wir immer wieder andere Figuren begleiten dürfen, erinnert nicht nur die Narration, sondern auch die Form an ein Märchen. Ein Märchen, das Connie Glynn wunderbar charmant spinnt. In diesem steht die Freundschaft der beiden Mädchen, die immer wieder hart auf die Probe gestellt wird, im Mittelpunkt. Etwas, das sich in diesem Genre leider viel zu selten findet – Prinzessin Undercover stellt eine wunderbare Abwechslung zu vielen Jugendbüchern, in denen es nur darum geht, die große Liebe zu finden, dar. Einige Stellen fand ich nicht ganz nachvollziehbar oder ausgereift (z.B.: die heftigen Reaktionen auf das Tanztraining (vgl. S. 214ff.)), aber im Großen und Ganzen war es ein fantastisches Buch, durch dessen Seiten ich nur so geflogen bin. Nicht zuletzt wegen des locker flockigen Schreibstils der Autorin – sie hat ein Händchen dafür, Situationen zu etablieren und gerade richtig viel zu schreiben, dass Bilder beim Lesen entstehen können, man aber nicht von zu viel Information überflutet wird. Eine wahre Freude! An dieser Stelle auch ein Lob an die Übersetzung (Maren Illinger) – ich habe in letzter Zeit einige holprige gelesen, diese hier war aber (bis auf einzelne Ausnahmen) ganz große Spitzenklasse: so gut, dass ich stellenweise vergessen hatte, dass ich nicht die Originalausgabe lese.



Du merkst es schon, ich bin voll und ganz begeistert von diesem Buch. Ich kann es gar nicht erwarten, so bald wie möglich in den Buchladen zu gehen und mir den zweiten Band zu holen – ich bin so gespannt, wohin sich Ellie und Lotties Geschichte entwickelt.



Deine Daffy

Veröffentlicht am 14.10.2019

Ein Sequel, das nicht mit der ursprünglichen Reihe mithalten kann

Zimt und verwünscht − Die vertauschten Welten der Victoria King
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Hallo Daisy,

huch, was ist das denn für ein Geruch in der Luft? Es riecht als wäre jemand spät dran mit den Weihnachtsbäckereien – oder nein, noch viel besser, als würde jemand Zimtschnecken backen. Als ...

Hallo Daisy,

huch, was ist das denn für ein Geruch in der Luft? Es riecht als wäre jemand spät dran mit den Weihnachtsbäckereien – oder nein, noch viel besser, als würde jemand Zimtschnecken backen. Als wären wir hier bei Zimt & weg. Aber das kann ja nicht sein, die Trilogie haben wir doch beide schon letztes bzw. sogar schon vorletztes Jahr ratzfatz verschlungen. Dachte ich... Bis ich letzte Woche in den Buchladen ging und da ein neuer Band der Reihe lag; erkennbar am wundbaren Cover - das ist mal eine Buchserie, die richtig schön im Regal aussieht! Da lag es nun jedenfalls: Zimt & verwünscht von Dagmar Bach, gerade mal im Dezember 2018 bei KJB erschienen. Und es bestand kein Zweifel, es musste sofort mit.

Wenn du dich jetzt (wie ich nach meinem anfänglichen Freudentanz) fragst, wie dieses Buch in das Konzept einer Trilogie passt, ich glaub’ ich hab’s verstanden! An sich haben wir Vicky in den ursprünglichen drei Bänden ja auf allerlei Abenteuer begleitet: von Verliebtheiten, zu Familiengeheimnissen, bis hin zu Sprüngen zwischen verschiedenen Parallelwelten, die - wie man sich leicht vorstellen kann - allerlei Probleme mit sich gebracht haben. All diese verworrenen Handlungsstränge hat Dagmar Bach sagenhaft über drei Bücher gestreckt und am Schluss verknüpft. Wo nun aber setzt Zimt & verwünscht an? Es handelt sich (ganz offiziell, hab ich mir nicht ausgedacht) um ein Sequel. Es erinnert mich tatsächlich ein bisschen an die Selection Stories von Kiera Cass, weil es ebenfalls aus so vielen Kleinteilen besteht: das Buch beinhaltet eine 140 Seiten lange Kurzgeschichte mit einem Abenteuer der uns bekannten Heldin (dazu gleich noch mehr), dann einen Brief der Autorin (ebenfalls), anschließend eine Leseprobe einer zukünftigen Jugendbuchreihe von Dagmar Bach (mit neuen Protagonisten und Protagonistinnen) und zum Schluss noch ein Bonuskapitel mit Vicky und co. Du merkst es vielleicht schon beim Lesen: es geht ein bisschen kreuz und quer – ob eine andere Reihenfolge da nicht vielleicht ansprechender gewesen wäre?

Erst einmal zu der Kurzgeschichte: Vicky, ihre Freunde und Familie machen einen Ausflug aus ihrem Dorf in eine (nicht näher benannte) Großstadt. Neben allerlei alltäglichen Komplikationen kommen dann auch noch die altbekannten Sprünge in eine Parallelwelt hinzu; mit einer Version von Vicky, die diese so gar nicht verstehen kann. Ich übrigens auch nicht. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Bänden, in denen Vicky immer versucht hat, mit ihrem Alter-Ego Kontakt aufzunehmen, um es besser zu verstehen, hatte ich das Gefühl, dass dieser Aspekt hier zu kurz kam. Selbiges gilt leider auch für den Kontakt mit anderen Figuren in der Parallelwelt: Vickys Kommunikationsbereitschaft ist erheblich gesunken. Beziehungsweise ihre Kompetenz. Sie macht allerlei Fässer auf, beginnt zum Beispiel über die Beziehung ihres Alter-Egos zu anderen Figuren nachzudenken, verwirft diese Gedanken aber meist direkt wieder; immer unter dem Vorwand, nicht auffallen zu wollen. Ich hatte jedoch das Gefühl, dass es mehr daran lag, dass Vicky zu beschäftigt damit war, im Selbstmitleid zu versinken. Das hat beim Lesen leider nur bedingt Spaß gemacht. Die Sequenzen, die in der Realität mit dem Ausflug in die Stadt gespielt haben, hatten dafür wieder den Pepp, der die ursprünglichen Bände so fantastisch gemacht hat.

Wobei ich sagen muss, dass ich nicht das Gefühl hatte, dass die Figuren wirklich da waren. Es ist ja schon ein bisschen länger her, dass ich die Bücher gelesen habe, aber ich hatte den Eindruck, dass Vickys Charakter ursprünglich mehrdimensionaler war. Sie hat Momente, in denen das nochmal durchkommt, aber größtenteils vergeht sie (als Alternative zum Selbstmitleid) im Liebesglück und ist zu keinem anderen Gedanken mehr fähig. Man merkt leider, dass die Geschichte der uns bekannten Figuren mit dem Ende von Zimt & ewig eigentlich abgeschlossen war. Gleichzeitig traut die Autorin sich nicht, für die Figuren relevante Konflikte, wie etwa einen in der Beziehung von Vicky, zu schaffen. Verständlich. Den innerhalb von 140 Seiten aufzubauen und zu lösen, wäre eine Herausforderung – und vielleicht auch gar nicht notwendig. Aber so wie sich das Buch in seiner jetzigen Form gelesen hat, hatte ich das Gefühl, dass den Figuren die Motivation zum Handeln fehlte. Es fehlte der Konflikt, oder das Problem, das die Narration in’s Rollen gebracht hätte. Die Vorkommnisse, die die Autorin dafür verwendet, fühlen sich an den Haaren herbei gezogen an: etwa, dass Vicky (ohne ein Handy zu haben) ihre Freunde verliert, weil sie meint, den Bahnsteig der Ubahn entlang laufen zu müssen, bis sie beim richtigen Waggon ist, anstatt einfach einzusteigen (S. 22); selbst als Landei (oder speziell als solches, das es gewöhnt ist, nur einen Zug pro Stunde zu haben), würde man das nicht machen. Wer spät dran ist, sprintet zur Bahn – egal in welchen Waggon man kommt. Hauptsache drinnen.

Tatsächlich war das abschließende Bonuskapitel in dieser Hinsicht stimmiger. Es gab einen klaren Handlungsbogen, der durch einen eindeutigen Anreiz motiviert wurde. In der Kurzgeschichte waren jedoch alle bekannten Figuren schon zu Beginn mit einem Happy End versorgt und die Handlungsstränge der neu etablierten, potentiell interessanten Figuren, wurden nicht zu Ende geführt. Was natürlich Absicht ist.

Und damit kommen wir zu meinem größten Kritikpunkt: der Passage, die nach der Novelle kam. Der Brief der Autorin. Ich hab es mir beim Lesen der Kurzgeschichte schon gedacht, aber sie hat es noch einmal explizit bestätigt: es wird eine neue Trilogie geben, deren Protagonisten als Nebenfiguren in Zimt & verwünscht etabliert wurden. Die nicht geklärten Handlungsstränge der Kurzgeschichte sind Teaser für das neue Buch. An dem Punkt hatte ich da ganz ehrlich nicht wirklich Lust drauf; wobei ich zugeben muss, dass die anschließende Leseprobe der neuen Reihe (scheinbar ohne Vicky & co.) meine Meinung etwas geändert hat: da waren der Pepp und die mehrdimensionalen Figuren wieder! Das wird also definitiv ein Buch, in das ich reinschauen möchte (Glück und los, KJB 2019).

Ich frage mich nur wirklich, ob es dieses Übergangsbuch gebraucht hätte. Die Abenteuer von Vicky und ihren Freunden waren ein großartiges Leseerlebnis, keine Frage. Aber es war eben genau das: ein Abenteuer, das sein Ende gefunden hatte. Das jetzt wirkte eher wie ein nachträglicher Gedanke. Wobei der sich nicht mal ausgereift anfühlte: der (leider wenig etablierte) Konflikt in der Parallelwelt erinnerte mich dafür etwas zu sehr an den aus Zimt & ewig. Und ja, das abschließende Bonuskapitel war ganz herzig, aber ein bisschen wie Gilmore Girls – a Year in the Life: süß, aber man fragt sich, ob es das wirklich gebraucht hätte.

Insgesamt würde ich dir das Buch tatsächlich nur empfehlen, wenn du das große Bedürfnis hast, mehr von Vicky zu lesen. Ansonsten würde ich dir raten, eher auf kommenden Sommer zu warten, wenn Glück und los rauskommt. Ich bin guter Dinge, dass die Geschichte ihr eigenes Ding, mit eigenen Konflikten aufbauen wird und freue mich, die neuen Figuren kennenzulernen. Falls du dich wunderst: die Leseprobe hat gezeigt, dass die neuen Figuren am Anfang der neuen Serie etabliert werden; das Wissen aus diesem Buch ist also nicht notwendig um diese zu beginnen.

Bis ganz bald,
Daffy