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Veröffentlicht am 23.09.2023

Fehlendes Eigentum als Lebenslast

Eigentum
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Mit „EIGENTUM von WOLF HAAS“ beschriftet halten wir ein mit Packpapier umwickeltes Päckchen in den Händen. Eine interessante Aufmachung für ein Cover. Nimmt man den Schutzumschlag ab, ist ein altbekanntes ...

Mit „EIGENTUM von WOLF HAAS“ beschriftet halten wir ein mit Packpapier umwickeltes Päckchen in den Händen. Eine interessante Aufmachung für ein Cover. Nimmt man den Schutzumschlag ab, ist ein altbekanntes Handy mit unendlicher Akkureichweite abgebildet und man fragt sich, was das Ganze zu bedeuten hat. Die Auflösung des Rätsels, sowie die Ausführungen zum Telefonieren an sich sind ein wahres Vergnügen.

Schon von Kindheitsbeinen an musste sich der Ich-Erzähler aus Wolf Haas‘ Eigentum anhören, worauf es im Leben ankommt, auf Arbeiten und Sparen. Grund hierfür ist der Erwerb von Eigentum als Lebensziel, am Besten in Form eines Häuschens im Grünen. Die Mutter des Erzählers ist diesem Traum ihr Leben lang hinterher gelaufen, ohne es je zu erreichen. Jetzt liegt sie im Sterben, ihr Sohn ist bei ihr und blickt auf das Leben der Mutter zurück. Er stellt noch ein paar letzte Fragen.

Die Stimmung im Zimmer der sterbenden Mutter ist dabei gar nicht so betrübt, wie man aufgrund des nahenden Verlusts meinen mag. Die Fünfundneunzigjährige ist bereit, sie freut sich auf ein Wiedersehen mit den längst Verschiedenen. Der Erzähler fokussiert die finanziellen Herausforderungen im Leben der Mutter und hängt der ewigen, früher nervenden Litanei vom Sparen nach.

Aus den kreisenden Gedanken des Erzählers lese ich Selbstironie und ganz viel Liebe für die Mutter heraus. Manche Position löste ein Schmunzeln beim Lesen aus, obwohl oder gerade weil ich ähnliche Gedanken auch gegenüber meinen Eltern hege. Gerade die im Alter schrullig wirkenden Züge machen sie einzigartig und besonders liebenswürdig. Dieser Tenor zieht sich durch den gesamten Roman.

Insgesamt ein kurzweiliges Lesevergnügen.

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Veröffentlicht am 17.09.2023

Eine alkoholgetränkte Reise

Die Reise nach Petuschki
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Wenedikt Jerofejew ist sowohl Autor als auch Hauptfigur der Reise von Moskau nach Petuschki. In Petuschki will Wenedikt seine Geliebte besuchen. Für sie hat er Pralinen dabei, für die Fahrt jede Menge ...

Wenedikt Jerofejew ist sowohl Autor als auch Hauptfigur der Reise von Moskau nach Petuschki. In Petuschki will Wenedikt seine Geliebte besuchen. Für sie hat er Pralinen dabei, für die Fahrt jede Menge Alkohol. Alles ist ordentlich verpackt in Wenedikts Köfferchen. Im Zug ergibt sich schon bei Abfahrt am Kursker Bahnhof eine illustre Runde aus Mitreisenden und Zugpersonal. Die Reise zieht sich unendlich hin, bestimmt auch wegen der für 120 Kilometer übertrieben vielen Stopps.
Während der Fahrt wird gesoffen und es werden Geschichten erzählt. So wird ganz nebenbei Bewunderung für Künstler und Literaten geäußert, aber auch so manche Kritik, unter anderem auch am System. Gleichzeitig ist die wilde Sause ein verwirrendes Gemetzel. Wenedikts Vorhaben, seine Freundin zu besuchen, wird Stück für Stück ad absurdum geführt, es wirkt, als würde sich Wenedikt selbst zugrunde richten. Am Ende wusste ich gar nicht mehr, was wirklich das Ziel der Reise war.
Obwohl das Poem dermaßen irritierend war und ich zwischendurch das Gefühl hatte, kaum noch zu verstehen, was da vor sich geht, so war der Sog des Buches doch sehr stark. Ich wollte unbedingt, dass sich der Kreis schließt. Am Ende wurde ich um eine verrückte Leseerfahrung bereichert.
Empfehlung für alle, die gern mal ab vom Mainstream lesen.

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Veröffentlicht am 08.08.2023

Rom - Stadt, die einen verschlingt - ein Moloch

Die Stadt der Lebenden
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In Rom wird im März 2016 ein jener Mann zu Tode gequält. Täter sind Marco Prato und Manuel Foffo, zwei junge Männer, denen man diese Abscheulichkeit eigentlich nicht zutraut. Der Roman rekonstruiert die ...

In Rom wird im März 2016 ein jener Mann zu Tode gequält. Täter sind Marco Prato und Manuel Foffo, zwei junge Männer, denen man diese Abscheulichkeit eigentlich nicht zutraut. Der Roman rekonstruiert die persönliche Entwicklung der Beiden, nimmt insbesondere die Tage vor dem Mord unter die Lupe und wagt einen Erklärungsversuch, wie es dazu kommen konnte.

Die Geschichte um den Mord trägt den Roman, doch gleichzeitig vollzieht Nicola Lagioia eine umfassende Gesellschaftsanalyse der ewigen Stadt. Für eingefleischte Fans von Spannungsliteratur wirkt dieses Konstrukt maximal aufgeblasen, mit Nichtigkeiten überschwemmt. Für mich ist es durch das Kennenlernen unzähliger Bewohner sowie Orte der Stadt ein geschärfter Blick in ein Moloch. Die hinreißende Touristenattraktion Rom ist vollgestopft mit Müll und Schmutz, verlangt ihren Bewohnern viel ab, um überhaupt in ihr Überleben zu können. Gleichzeitig bietet Rom dermaßen viele Verlockungen, dass es schwer ist, ihnen nicht zu erliegen. Schillernd wie in der touristischen Wahrnehmung ist Rom eigentlich nirgends.

Nicola Lagioia skizziert das Zusammenspiel von zufälligen Begegnungen sowie Lebensumständen, die letztendlich in einem grausamen Mord enden. Zugegeben, man versteht trotzdem nicht, wie zwei intelligente Männer dermaßen gewalttätig sein können. Somit ist der Roman ein Zeugnis, dass Mörder sich jederzeit mitten unter uns entwickeln können. Der Autor lässt uns ausführlich an seinen Gedanken über den Fall teilhaben. Dazu bedient er sich interessanter Mittel. Neben der reinen Prosa finden wir WhatsApp-Chats, Zeugenaussagen sowie unzählige Medieninhalte im Roman. Nicola Lagioia fügt eigene Reflexionen über sein Leben, aber auch zu Gesprächen, die er im Zusammenhang mit dem Fall geführt hat, mit ein. Am besten gefallen hat mir sein Konstrukt der Gegenüberstellung der Aussagen von Marco Prato und Manuel Foffo, die sie in getrennten Verhören gemacht haben. So wird die verschobene Wahrnehmung der beiden Täter besonders deutlich.

Die damit erzeugte Komplexität ist eine Herausforderung beim Lesen. Bis ich verstanden hatte, dass es um die Vermittlung eines Gesamteindrucks geht, hatte ich Bedenken überhaupt Alles erfassen zu können. Gleichzeitig wird die eigentliche Handlung ausgebremst. Das kann mitunter anstrengend, vielleicht auch frustrierend sein. Wer einen Thriller erwartet, wird enttäuscht sein. Wer Lust auf eine intensive Auseinandersetzung mit Rom und den Menschen darin hat, wird wie ich ein gewisses Vergnügen beim Lesen empfinden. Durch die auf gesunde Distanz gehaltenen Protagonisten ist es keine klassische Lesefreude, wo man mitfiebert, sondern eher eine analytische, beängstigend interessante Auseinandersetzung.

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Veröffentlicht am 02.08.2023

Überfordert mich

Der Verjüngungs-Plan
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Es war sehr interessant zu lesen, welchen Beitrag die sekundären Pflanzenstoffe für unsere Gesundheit leisten. Es erscheint mir glaubwürdig und nachvollziehbar. Mit dem erfrischenden Sprachgebrauch von ...

Es war sehr interessant zu lesen, welchen Beitrag die sekundären Pflanzenstoffe für unsere Gesundheit leisten. Es erscheint mir glaubwürdig und nachvollziehbar. Mit dem erfrischenden Sprachgebrauch von Nina Ruge habe ich mir auch gern die ca. 50 Seiten Theorie gegönnt. Gefallen haben mir darüberhinaus die Verjüngungs-Hitlisten.

Dennoch überfordert mich der Gedanke an eine derartige Ernährungsumstellung. Ich bin schon ordentlich dabei, viel mehr Gemüse und echtes Getreide in meine Ernährungsgewohnheiten zu integrieren. Ich kann durchaus auch ganz ohne Wurst sein und mehrere Tage ohne Fleisch. Ganz darauf verzichten möchte ich allerdings nicht.

Die im Verlauf vorgestellten Rezepte sprechen mich auch nur teilweise an. Mit den Salatvarianten tue ich mich am schwersten. Lediglich die Rote Bete mit Kümmel und die Gurken-Granité sprechen mich sofort an. Bei den Suppen fühle ich mich tatsächlich abgeholt, weil mit den neuen Rezepten mehr Vielfalt in meinen Speiseplan gelangt. Die Hauptgerichte wirken teilweise wie Beilagen oder wie etwas aufwendigere Salate. Hier habe ich gedanklich noch Probleme, wie ich damit, auch wenn ich die abgebildeten Mengen sehe, zufrieden sein soll. Die ausgewiesenen Beilagen gefallen mir wieder gut und auch bei den wenigen Desserts bin ich fündig geworden.

Was mir fehlt, ist die beispielhafte Kombination der einzelnen Bestandteile zu einem Menü. Was von den Rezepten kann man gut zusammen essen? Welche Kombination ist besonders gesundheitsfördernd? Lediglich dazuzuschreiben: Passt zu Couscous, zu Salat oder Gegrilltem ist mir zu wenig, denn mit Gegrilltem ist bestimmt keine Rostbratwurst oder ein Steak gemeint. Hier hätte ich mir mehr Hilfestellung erhofft. In der vorliegenden Aufbereitung erscheint mir das Monster der Überwindung riesengroß und Limbi ist geneigt zu übernehmen. Ich werde trotzdem versuchen, mit dem was mir gefällt, einzusteigen.

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Veröffentlicht am 29.07.2023

Hafer ist gesund und lecker

Das große Haferkorn-Kochbuch
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Hafer ist gesund. Das erläutert uns Dr. med. Winfried Keuthage sehr ausführlich im ersten Drittel des Kochbuchs. Umfänglich wird zudem das Kochen von Haferkorn erklärt, obwohl es nicht schwieriger ist ...

Hafer ist gesund. Das erläutert uns Dr. med. Winfried Keuthage sehr ausführlich im ersten Drittel des Kochbuchs. Umfänglich wird zudem das Kochen von Haferkorn erklärt, obwohl es nicht schwieriger ist als Reis zu kochen. Es dauert nur länger. Von den eingenommenen Perspektiven und vom Sprachgebrauch her sind diese informativen Kapitel eher langatmig.

Ich habe mich davon aber nicht abschrecken lassen und es am Ende bis zu den Rezepten geschafft. Diese sind bunt und abwechslungsreich. Auch wenn das meiste vegetarisch gehalten ist, gibt es doch auch ein paar Rezepte mit Fleisch und Fisch. Ansonsten werden sämtliche Mahlzeiten bedient. Es sind sogar Kuchen und Desserts dabei.

Besonders gefallen haben mir das Bircher-Müsli, weil es sich so gut vorbereiten lässt, die Sushi-Varianten, weil sie meine Kreativität ansprechen, und das Haferkorn-Knäcke, weil die einfachen Dinge im Leben meistens am besten sind.

Die einleitenden Kapitel hätte ich eher quer lesen sollen. Ansonsten bin ich ziemlich begeistert von dem Kochbuch. Es bringt mich mit einem Nahrungsmittel zusammen, mit dem ich bisher noch nichts anzufangen wusste.

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