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Veröffentlicht am 04.11.2022

So bleibt der Grill auch im Winter heiß

Weber's Wintergrillbibel
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Die Wintergrillbibel ist ein großformatiges, sehr schön bebildertes „Kochbuch“ für alle Grillfans, die auch im Winter nicht auf ihr Hobby verzichten wollen. Nachdem einige Basics betrachtet sind, werden ...

Die Wintergrillbibel ist ein großformatiges, sehr schön bebildertes „Kochbuch“ für alle Grillfans, die auch im Winter nicht auf ihr Hobby verzichten wollen. Nachdem einige Basics betrachtet sind, werden Würzmischungen, Soßen, Chutneys und Dips thematisiert. Danach kommen die eigentlichen Rezepte, die in passende Kapitel einsortiert sind.

Die Vielfalt, die hier vom Grill geboten wird, ist einfach erstaunlich. Natürlich gibt es zu jeder Fleischsorte Gerichte, auch Fisch und Meeresfrüchte sind mit von der Partie. Besonders sind für mich die Kapitel zu Salaten, Suppen und Backwaren vom Grill. Toll, was alles möglich ist.

Die Rezepte selbst folgen jeweils einer einheitlichen Struktur. Der Rezepttitel wird jeweils von ein paar einleitenden Sätzen, die schon gleich Appetit machen, begleitet. Auch das zugehörige Ergebnisbild sieht lecker aus. Bevor man dann einsteigt in die verständliche Schritt-für-Schritt-Anleitung, kann man sich hinsichtlich Zutaten, Vorbereitungs-, Grill- und Ruhezeit sowie Grillmethoden orientieren. Ergänzt werden die zahlreichen Rezepte mit Geschmacks-Upgrades und weiteren Rezepten für übrig gebliebene Mengen. So gibt es zum Beispiel im Anschluss an die gut zum Weihnachtsfest passende Lammkeule, ein Lamm-Tortilla oder sogenannte Winter Rolls, die das restliche Lammfleisch aufbrauchen. Diesen leckeren Ansatz zur Vermeidung von Verschwendung begrüße ich sehr.

Ich bin schwer begeistert. Mit ein bisschen Muße und Disziplin kann mit diesem Buch wirklich jeder wie ein Profi grillen. Die Rezepte sind nicht nur lecker, sondern sehen auch richtig gut aus. Zudem hat man eine dermaßen große Auswahl an Rezepten, so dass man auch in allen Preiskategorien ansprechende Gerichte findet. Dabei können alte Bekannte unter den Zutaten verwendet werden oder aber neue Sachen wie das Trendgemüse Knollenziest. Einziger Wermutstropfen ist die baldige Erweiterung des eigenen Grillequipments für das perfekte Ergebnis.

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Veröffentlicht am 01.11.2022

Die Wogen eines Menschenlebens

Lektionen
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Roland Baines ist der Sohn eines Militäroffiziers in Libyen, der mit elf Jahren nach England ins Internat geschickt wird. Getrennt von den Eltern erhält er dort neben der schulischen Ausbildung Klavierunterricht, ...

Roland Baines ist der Sohn eines Militäroffiziers in Libyen, der mit elf Jahren nach England ins Internat geschickt wird. Getrennt von den Eltern erhält er dort neben der schulischen Ausbildung Klavierunterricht, stellt sich als überdurchschnittliches Talent heraus. Doch einschneidende Ereignisse in der Folge entfremden Roland von seinem Talent und lassen ihn eine Weile ruhelos durch sein Leben irren. Glücklos endet leider auch seine erste Ehe, die sogar mit einem Kind, seinem Sohn Lawrence, gesegnet war.

Wir begleiten Roland sein gesamtes Leben bis ins hohe Alter. Er bewältigt die Hürden des Lebens, jeweils ein bisschen neben der Spur oder ein ein wenig zu spät. Auf mich wirkt Roland zu unentschlossen und wenig motiviert, eigene Wünsche zu formulieren, sich durchzusetzen. Dabei besitzt er mehrere Talente, die Roland aus meiner Sicht hätte weiterverfolgen können. Leider lässt er sich von den Enttäuschungen seines anfänglich jungen Lebens so weit herunterziehen, dass er sein gesamtes Leben unterhalb der sich bietenden Möglichkeiten verbringt.

Trotz seiner allgemeinen Erfolglosigkeit mochte ich Roland irgendwie. Er ist alles andere als ein Strahlemann, aber fürsorglich und ein Familienmensch. Dafür, dass er so jung von der Familie fortgeschickt worden ist, hat Roland sich als Vater und noch mehr als Großvater gut gemacht. Ich mochte zudem seine Gedanken zu seinen eigenen Lebenslagen und zu den jeweiligen Gesellschaftsumständen im Laufe der Zeit.

Ian McEwan bettet die Geschichte um seinen Antihelden Roland Baines in die Weltgeschichte ein, verbindet einzelne Charaktere aus Rolands Umfeld mit berühmten Protagonisten der Historie. So erinnern sich geneigte Lesende an die Weiße Rose, den Blauen Reiter, an die Kuba Krise, die DDR mit dem späteren Mauerfall, an Margaret Thatcher und auch Boris Johnson. Ian McEwan verwebt die wichtigsten historischen Ereignisse vom Zweiten Weltkrieg bis hin zur Corona-Krise geschickt mit dem Leben der kleinen Leute, mit Rolands Leben.

Manchmal erschien mir das Leben des Antihelden etwas langatmig, die Kapiteleinteilung war mir insgesamt zu lang, manchmal mühselig. Aber so ist das Leben, manchmal anstrengend, wenig erfolgreich und eben mühselig. Diese realistische Darstellung hatte was erfrischendes, auch wenn das natürlich weniger Action mit sich bringt und den Lesefluss etwas ausbremst.

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Veröffentlicht am 01.11.2022

Für mich zu geradlinig und perfekt, um wahr zu sein

Frau in den Wellen
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„Familie bedeutet nicht, dass du dich ausruhen kannst, es ist genauso ein möglicher Katastrophenplatz wie die Welt da draußen. Du bist involviert auf Lebenszeit.“, so drückt es Megumi, eine Freundin aus ...

„Familie bedeutet nicht, dass du dich ausruhen kannst, es ist genauso ein möglicher Katastrophenplatz wie die Welt da draußen. Du bist involviert auf Lebenszeit.“, so drückt es Megumi, eine Freundin aus dem internationalen Freundeskreis der Protagonistin Joni aus.

Joni ist eine Karrierefrau mit Kindern, allerdings ganz anders als ich es erwartet hatte. Der Roman ist keine Beschreibung, wie man Familie und Beruf unter einen Hut bekommt, es ist vielmehr eine Darstellung des Preises, den man selbst und die Familienmitglieder für eine richtige Karriere bezahlen. Das Leben ist zwar luxuriös, aber auch unendlich durchgetaktet. Ein Termin jagt den nächsten, zwischendurch bleiben oft nur wenige Stunden für Privates. Wenn das Ganze weltumspannend stattfindet, wird nicht unerheblich viel Lebenszeit verwendet, um das jeweils nächste Ziel zu erreichen. Es ist ein extravagantes Nomadenleben. Um nicht ständig allein zu sein, braucht es überall auf der Welt tolerante Freunde, die spontan diese wenigen Stunden ausfüllen. Joni ist in der glücklichen Lage, das Alles perfekt organisiert zu bekommen und überall mit offenen Armen empfangen zu werden.

Doch wo bleibt ihre Familie, wie erleben die Kinder ihre Mutter? Genau das wird hier in einem neutralen Blickwinkel betrachtet. Es beginnt mit Jonis Aufwachsen bei den 68er-Eltern, geht über in eine überstürzte Liebe zum Vater ihrer Kinder. Wir tauchen kurz in die DDR-Diplomatie ein. Warum das Alles berichtet wird, muss man sich selbst zusammenreimen. Hier und da hätte ich mir etwas mehr Erläuterung gewünscht, um die Glaubwürdigkeit der Aussagen zu stärken. Dafür begegnen wir unzähligen Freunden und Bekannten, die Jonis Leben bereichern. Das alles betrachten wir lediglich von Außen als schönes gemeinsames Mahl oder als wunderbaren Ausflug. Wie das Innenleben von Joni und ihrem Umfeld aussieht wird kaum bis gar nicht thematisiert. Vielleicht ist es zu schmerzhaft, sich damit auseinander zu setzen, aber genau das hätte ich noch viel lieber gelesen.

Das Gelesene insgesamt wirkt mir dadurch zu perfekt, zu glatt und damit nicht glaubwürdig. Es liest sich wie eine Illusion, wie man als Karrierefrau sein Leben vielleicht fortschreibt, bevor die Kinder da sind. Denn trotz Trennung vom Vater der Kinder ist alles irgendwie harmonisch, ohne jegliche Zwistigkeiten. Das setzt aus meiner Sicht eine überbordende, ja schon unmenschliche Rationalität bei allen Beteiligten voraus, um dieses beste Leben für Joni und ihre Familie zu gestalten.

Obwohl sich der Roman angenehm hat lesen lassen, konnte mich die Autorin dennoch nicht überzeugen. Das Gelesene ist so weit weg, von dem, was ich in meinem Arbeitsumfeld im Zusammenhang mit Kindern erlebe, dass ich die Schwelle zum Glauben an die Realität der „Frau in den Wellen“ nicht überschreiten kann.

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Veröffentlicht am 01.11.2022

Herrlich multidimensionale Ode an Bücher

Wolkenkuckucksland
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Es ist nicht einfach Wolkenkuckucksland zu beschreiben, ohne Teile des Inhalts zu verraten. Die Geschichte geht von der gleichnamigen Anekdote des antiken Philosophen Diogenes aus, in der ein einfacher ...

Es ist nicht einfach Wolkenkuckucksland zu beschreiben, ohne Teile des Inhalts zu verraten. Die Geschichte geht von der gleichnamigen Anekdote des antiken Philosophen Diogenes aus, in der ein einfacher Schafhirte, Aethon, die Gestalt eines Esels, eines Zackenbarsch und schließlich einer Krähe annimmt, obwohl er doch eigentlich verwandelt in eine kluge Eule ins Wolkenkuckucksland, das Land ohne Mangel und Konflikt, fliegen wollte.

Um diese Anekdote ranken sich weit voneinander entfernte Handlungs- und Zeitstränge verschiedener junger Leute, die wechselseitig weiterverfolgt werden und letztlich doch alle irgendwie miteinander verbunden sind. Zunächst begleiten wir den naturliebenden Seymour von klein auf, der nach und nach mit ansehen muss, wie menschliche Besiedelung dafür sorgt, dass Flora und Fauna zurück gedrängt werden. Wir lernen den gealterten Zeno, den Kriegsveteran, kennen und blicken mit ihm gemeinsam auf sein Leben und seine Erlebnisse im Koreakrieg. Anna und Omir leben zur Zeit des niedergehenden oströmischen Reiches. Als letzte im Bunde befindet sich Konstance auf einer interstellaren Reise weit in der Zukunft.

Innerhalb dieses multidimensionalen Erzählraums hebt der Autor die Bedeutung der Literatur und damit verbunden, des Lesens an sich hervor. Mit Hilfe von Büchern aus Papier können Geschichten überdauern und immer wieder neue Liebhaber begeistern. Die Lehren der Literatur können den Lesenden zu Hilfe eilen in misslichen Situationen oder ihnen einfach Wege für das Leben aufzeigen.

Wolkenkuckucksland ist eine überzeugende Liebeserklärung an Bücher und Geschichten. Der Leitgedanke des Romans, „Fremder, wer immer du bist, öffne dies und siehe, was dich erstaunen wird.“, weckt Neugier und hält am Ende, was er verspricht.

Zunächst ist es aber nicht ganz einfach, diesem multidimensionalen Text zu folgen. Ungeduldig fragte ich mich, was das alles werden soll, fand den Ansatz ein wenig verrückt. Doch als sich langsam einiges begann zu fügen, entwickelte sich der Roman ganz wunderbar. Bis zum Ende wurde dieser positive Eindruck auch nicht mehr getrübt. Eine tolle Geschichte, die ich sehr gern weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 28.09.2022

Auf angenehme Art etwas lernen

Wie wir Menschen die Welt eroberten
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Der Bestsellerautor Yuval Noah Harari wendet sich mit seinem neuen Werk an ein junges Publikum und setzt sich mit seinen Leser:innen gemeinsam mit der Frage auseinander, wie der Mensch es schaffen konnte, ...

Der Bestsellerautor Yuval Noah Harari wendet sich mit seinem neuen Werk an ein junges Publikum und setzt sich mit seinen Leser:innen gemeinsam mit der Frage auseinander, wie der Mensch es schaffen konnte, Herrscher auf unserer Erde zu werden.

Er verwendet dafür eine gut verständliche Sprache, ergänzt um ein paar Fachbegriffe, die er bei Einführung gut erklärt. Sogar einzelne lateinische Begriffe finden Verwendung. Das hat mir sehr gut gefallen, weil dadurch die Geschichte der Menschheit auch für die Kinder einen wissenschaftlichen Anstrich bekommt, der gleichzeitig keine Überforderung darstellt. Lediglich die Darstellung des Begriffs „Unternehmen“ war mir für das kindliche Fassungsvermögen etwas zu abstrakt. Besonders gut fand ich die Herleitung der Sapiens-Superkraft.

Neben der Ausrichtung der Sprache auf das Textverständnis mochte ich die direkte Ansprache der Leserschaft. „Kennst Du das auch …?“ oder „Erinnerst Du Dich noch an …?“ sind nur zwei Beispiele. Im späteren Verlauf des Buches wird auch auf Fakten vom Anfang zurückgegriffen, wodurch die Zusammenhänge noch besser herausgearbeitet werden und der Gesamtkontext dauerhaft in Erinnerung bleibt.

Unterstützt wird Hararis Text von ganz wunderbaren Illustrationen. Eine der schönsten hat es aufs Cover geschafft. Hier springen Bär und Löwe flüchtend vor dem Feuer des Menschen regelrecht aus dem Buch. Das hochglänzende Bild auf mattem Schwarzen Grund macht richtig Lust, sofort mit dem Lesen zu starten. Insgesamt schätze ich den Lesestoff für die empfohlene Altersgruppe von 10 Jahren als angemessen ein.

Gern empfehle ich dieses tolle Kinderbuch weiter.

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