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Veröffentlicht am 12.12.2021

Kontrolle nervt!

Mach dich locker
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Mach dich locker ein Roman von Ellen Berg (Aufbau Verlag)

„Wer dauernd Vollgas fährt, kann sich leicht ein Burn-out einfangen“, sagte Holger Christiansen etwas leiser. „Da tut es ganz gut, sich an seine ...

Mach dich locker ein Roman von Ellen Berg (Aufbau Verlag)

„Wer dauernd Vollgas fährt, kann sich leicht ein Burn-out einfangen“, sagte Holger Christiansen etwas leiser. „Da tut es ganz gut, sich an seine Träume von einst zu erinnern, damit das Herz lebendig bleibt. Wovon träumen Sie, Marie?“ S.25

Marie ist Perfektionistin durch und durch. Damit beruflich und privat alles am Laufen bleibt, lebt sie diese Seite exzessiv aus, ohne Rücksicht auf Verluste und ohne jegliche Selbstreflektion. Sie managt ihre Familie und ihr Leben, lebt nach Listen und prüft jede Eventualität bis ins kleinste Detail. Nichts darf dem Zufall überlassen werden. Doch was passiert, wenn ihr das Leben gehörig zwischen die Beine grätscht? Was ist, wenn ihr Mann, das alles nicht mehr lustig findet, Marie selbst zu einer Vollbremsung gezwungen wird und eine genau gegenteilige Person ihr Leben kreuzt?...

Ellen Berg erzählt die Geschichte einer Frau, die zwischen alltäglichen Anforderungen, Beruf, Familie, Zeit- und Erwartungsdruck, vergessenen Bedürfnissen und Kompromissen jonglieren muss. Stellvertretend steht Marie, vermutlich überspitzt, für so viele berufstätige Mütter und Ehefrauen, die tagein tagaus versuchen, alle Aufgaben unter einen Hut zu bekommen. Daher fehlt es der Lektüre keinesfalls an Lebensweisheiten, meist eingebaut in einen verbalen Schlagabtausch und rasante Dialoge. Situationskomik vom Feinsten! Überhaupt legt die Autorin ein flottes Tempo vor, sodass beim Lesen keine Langeweile aufkommen kann.
Die Geschichte lebt von der bunten Mischung der Figuren. Die Entwicklung und zuallerletzt die Selbsterkenntnis der Protagonisten war für mich wunderbar zu lesen. Lustig verpackt, erscheint das Thema gar nicht mehr so schwer. Ich habe des Öfteren herzhaft lachen können und das liebe ich an den Romanen der Autorin.

Fazit: Mach dich locker und überhaupt alle Ellen Berg Romane sind Komödien, die das Leben schreibt. Manchmal wird der Bogen etwas überspannt, doch diese spezielle Art, macht ihre Geschichten so einzigartig. Und mal ehrlich, man sollte sich eine gesunde Portion Humor bewahren, damit man halbwegs optimistisch durchs Leben gehen kann.

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Veröffentlicht am 07.12.2021

Eine Hommage an ein ewiges Bauwerk - gelungen!

Die Brücke der Ewigkeit
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Die Brücke der Ewigkeit ein historischer Roman von Wolf Hector aus dem Ullstein Verlag

Zärtlich wie sonst nur über Drudas Haut fuhr er mit den Fingerbeeren über das Pergament und zeichnete die mit Rötelstift ...

Die Brücke der Ewigkeit ein historischer Roman von Wolf Hector aus dem Ullstein Verlag

Zärtlich wie sonst nur über Drudas Haut fuhr er mit den Fingerbeeren über das Pergament und zeichnete die mit Rötelstift gezogenen Linien nach – die fünfzehn Brückenbögen, die Eisbrecher davor, die drei Türme darüber, das steinerne Geländer. Er richtete sich auf, trat zwei Schritte vom Schreibpult zurück und betrachtete die Zeichnung auf dem alten Pergament aus fünf Fuß Entfernung – ein guter Bauplan, wahrhaftig! S.184

Aus einem Gelübde der Angst und Hoffnung erwächst in einer Gewitternacht 1342 ein Versprechen. Otlin gelobt, Prag eine neue Brücke zu bauen, wenn Gott seine Mutter aus den Fluten der Moldau rettet, nachdem die alte Judithbrücke hinfort gerissen wurde. Jahre später kann er dieses Versprechen einlösen.

Der Autor versteht es meisterhaft, diese wahrhaft interessante Entstehungsgeschichte der Karlsbrücke in Prag spannend und authentisch zu erzählen. Sein Schreibstil ist einzigartig und es macht einfach Freude diese historisch fundierte Geschichte zu lesen. Alltägliche Situationen, Begebenheiten, das Umfeld und die Dialoge sind auf die Zeit der Handlung abgestimmt. Die Kenntnisse und sehr gute Recherche zeigen ein eindrucksvolles Bild des damaligen Pag. Gerade die detaillierten Beschreibungen dieser wunderschönen Stadt haben mir sehr gut gefallen. Die flüssige Erzählweise konnte mich von der ersten Seite des Buches bis zum letzten Umblättern begeistern.
Ich mochte den Roman gar nicht mehr zur Seite legen, denn trotz der 600 Seiten, liest sich die Geschichte flott weg.

Des Weiteren passt das begleitende Cover hervorragend zum Text. Die Karte von Prag um 1400 gibt einen groben Überblick, um sich besser orientieren zu können.
Man begleitet die Protagonisten über mehrere Jahrzehnte. Die Legende zu Anfang ist dabei hilfreich. Diese setzten sich aus historisch belegten und fiktiven Figuren zusammen. Alle Figuren sind lebhaft beschrieben, agieren und wirken echt sowie zeitgemäß. Besonders Jan Otlin und Maria-Magdalenas Schicksale haben mich bewegt. Eine Zeittafel hilft bei der zeitlichen Einordnung der Ereignisse und das Glossar bei ungekannten bzw. schon fast verschwunden geglaubten Wörtern.

Fazit: Jedem, der sich für historische Begebenheiten interessiert, kann ich diesen Roman wärmstens empfehlen. Neben interessanten Fakten, erliest man sich eine emotionale und spannende Geschichte. Ein wirklich fesselnder Roman!

Nur das Pseudonym ärgert mich! Ich mag Pseudonyme einfach nicht. Vermutlich steckt eine Marketingstrategie des Verlages dahinter?! Ich werde und möchte das nicht verstehen! Ärgerlich, wenn man sich mit historischen Romanen in der Literaturszene und beim Leser etablieren konnte und dann über ein Pseudonym degradiert wird, welches nicht einmal ein anderes Genre umfasst. Dennoch musste dieser Roman erzählt werden, weil er einfach richtig gut ist, danke dafür!

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Veröffentlicht am 28.11.2021

Gelungen!

In ewiger Freundschaft (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 10)
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In ewiger Freundschaft Taunus Krimi Band 10 von Nele Neuhaus (Ullstein Verlag)

„Wir feiern zusammen, wir arbeiten zusammen, und wir stehen uns gegenseitig bei, wenn es einem von uns nicht gutgeht“, bekräftigte ...

In ewiger Freundschaft Taunus Krimi Band 10 von Nele Neuhaus (Ullstein Verlag)

„Wir feiern zusammen, wir arbeiten zusammen, und wir stehen uns gegenseitig bei, wenn es einem von uns nicht gutgeht“, bekräftigte Dorothea. „Deshalb sind wir heute auch alle hier.
„Das ist wirklich eine sehr schöne Geste“, sagte Pia... S.237

Eine vermisste Programmleiterin des renommierten Buchverlags Winterscheid in Frankfurt wurde nach über dreißig Jahren gekündigt. Sie scheint sich an einem ihrer Autoren rächen zu wollen, indem sie ihn des Plagiats bezichtigt. Zeitnah werden Leichen gefunden und die Ermittlungen laufen weit bis in die Vergangenheit der Opf­er hinein.
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Nele Neuhaus liefert hier einen richtig spannenden Plot. Der Fall und die Einblicke rund um das Verlagshaus Winterscheid und deren Autorenwelt sind höchst interessant. Die Geheimnisse, Reibereien und internen Spielchen gehen wohl nicht spurlos an allen Mitarbeitern vorbei.

In ihrem neuen Fall legt die Autorin einige Spuren, verschachtelt einzelne Geschichten und strickt die Fäden zu einem komplexen Ganzen zusammen. Vielleicht wirkt das Geschriebene nicht ganz so spektakulär und der Spannungsbogen wird von Zeit zu Zeit etwas überdehnt, doch an Emotionalität fehlt es dem Roman nicht. Die Einblicke in das Privatleben der Ermittler sowie die zahlreichen Nebengeschichten gestalten den Krimi abwechslungsreich. Man fiebert mit den Figuren mit. Gerade Oliver von Bodensteins Geschichte berührt das Herz. Da man die Protagonisten über einen langen Zeitraum begleitet und deren Geschichten verfolgt hat, entsteht eine gewisse Bindung. Man kann sich sehr gut in die Figuren hineinversetzen. Da diese zahlreich auftreten, war ich sehr erfreut über das vorangestellte Personenregister.
Ein weiterer Pluspunkt ist die Authentizität mit der die Autorin ihre Protagonisten agieren lässt. Lebensnah und mit einem vielfältigem Hintergrundwissen werden Situationen und Dialoge präsentiert.

Einflechtungen und Rückblicke auf bereits erzählten Stoff erschienener Bände passen wunderbar zu dieser Jubiläumsausgabe. Das hat Nele Neuhaus gekonnt inszeniert. Eine schöne Idee, in kleinen Spitzen einen Blick zurückzuwerfen.
Das packende und wendungsreiche Finale konnte mich durchweg überzeugen. Ich bin gespannt auf weitere Geschichten rund um das K11 in Hofheim und empfehle „In ewiger Freundschaft“ gern weiter!

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Veröffentlicht am 24.11.2021

Enttäuschend!

Sharing – Willst du wirklich alles teilen?
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Sharing Willst du alles teilen von Arno Strobel Fischer Taschenbuch Verlag

So recht weiß ich nicht, was ich von dem Roman halten soll. Ich habe den Text von Arno Strobel zu Ende gelesen, ab der Hälfte ...

Sharing Willst du alles teilen von Arno Strobel Fischer Taschenbuch Verlag

So recht weiß ich nicht, was ich von dem Roman halten soll. Ich habe den Text von Arno Strobel zu Ende gelesen, ab der Hälfte nur noch quer, weil ich mich einfach schlecht unterhalten gefühlt habe!

Die Zurschaustellung der Frauen, die sich, trotz oder gerade wegen der einfachen Schreibweise in den Gedanken des Lesers unumgänglich weiterspinnt, fand ich einfach nur abstoßend. Dazu kommt ein gewisses gefühlsmäßiges Unverständnis sowie Empathielosigkeit der Figuren und eine rätselhafte Vater-Tochter-Beziehung. Der Charme der Protagonisten wirkte reichlich unterkühlt.
Auf mich wirkte das Geschriebene konstruiert und an den Haaren herbeigezogen, oberflächlich und platt. Wiederholungen und einfache Dialoge bestätigten und untermauerten dies noch.

Fazit: Ich hatte eine andere Vorstellung von der Geschichte. Die Idee ist gut, doch in der Umsetzung hatte ich mir niveauvollere Zeilen erhofft. Mein erster Strobel und sicher auch mein Letzter! Schade! Das Cover ist gut und verdient die wenigen Punkte, die ich zu vergeben habe.

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Veröffentlicht am 24.10.2021

Ruhig, seltsam, mysteriös und anders

Der Uhrmacher in der Filigree Street
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Der Uhrmacher in der Filigree Street ein Debüt von Natasha Pulley (Verlag: Hobbit Presse/Klett Cotta)

Als er sich die Uhr ans Ohr hielt, konnte er das Uhrwerk arbeiten hören. Es war so leise, dass er ...

Der Uhrmacher in der Filigree Street ein Debüt von Natasha Pulley (Verlag: Hobbit Presse/Klett Cotta)

Als er sich die Uhr ans Ohr hielt, konnte er das Uhrwerk arbeiten hören. Es war so leise, dass er nicht hätte sagen können, ob es erst gerade angesprungen war oder schon die ganze Zeit gearbeitet hatte und nur von anderen Dingen übertönt worden war. Er hielt sich die Uhr ans Hemd, hob sie dann wieder an und versuchte, das Geräusch mit seiner Erinnerung an die gestrige Version der Stille und ihre Schattenfarben zu vergleichen. Schließlich setzte er sich auf und drückte auf den Verschlussknopf. Der Deckel lies sich noch immer nicht öffnen. S. 23/24

Dieser Roman ist wie sein Schreibstil selbst, zeitweise unheimlich spannend und im nächsten Moment so trocken, dass es staubt. Vielleicht liegt es an den verschiedenen Handlungssträngen und Zeitsprüngen, bei denen es schwerfällt, Zusammenhänge zu sehen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Manche Aktionen der Protagonisten sind abrupt und teilweise nicht schlüssig. Die Stimmung der Figuren konnte das ein oder andere Mal nicht stimmig transportiert werden. Punkten konnte die Erzählung von Natasha Pulley, als sich am Ende alle Zahnrädchen ineinander fügten mit tollen Wendungen und einem überzeugendem Abschluss.

Besonders gut hat mir die Atmosphäre im herbstlichen London um 1883 und im alten Japan gefallen. Die Autorin versteht es, das Setting stimmungsvoll zu gestalten und die passenden Bilder zur Geschichte umzusetzen.
Ebenso haben mich die unaufgeregten Personen berührt, die im Blickpunkt dieser Geschichte stehen. Ihre unterschiedlichen Charaktere und ihre Beziehungen zueinander geben dem Inhalt die nötige Würze. Mori, der Uhrmacher mit einer Vorliebe für Mechanik und ein einziges Rätsel selbst; Thaniel, der Künstler, ruhig, unaufgeregt und etwas traurig; Grace, rebellisch, kämpferisch, die ihren eigenen Weg gehen will.
Die Einflechtungen des historischen Hintergrunds unter politischen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten fand ich passend und informativ. Genauso die Theorien und Experimente mochte ich gern lesen.

Fazit: Ein tolles Lesevergnügen, wenn man sich darauf einlässt!
Alles in allem ein Geschichte, die man so vielleicht nicht erwartet. Es ist von jedem Genre etwas dabei, ein wenig Krimi, Fantasie und Magie, historische Elemente, Wissenschaft und Gefühl.
Eine außergewöhnliches, anderes und überraschendes Gesamtpaket mit kleinen Schwächen, welches ich gern gelesen habe und weiterempfehle.

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