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Veröffentlicht am 30.12.2024

„Wir alle sind zweitklassig“ – Sehr bewegendes und wichtiges Buch

Second-Class Citizen
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In „Second-Class Citizen“ verarbeitet die nigerianische Autorin Buchi Emecheta ihre eigene Lebensgeschichte in Romanform:
Adah wird in einfachen Verhältnissen in Nigeria geboren. Von klein auf hat sie ...

In „Second-Class Citizen“ verarbeitet die nigerianische Autorin Buchi Emecheta ihre eigene Lebensgeschichte in Romanform:
Adah wird in einfachen Verhältnissen in Nigeria geboren. Von klein auf hat sie den unbändigen Wunsch nach Bildung und einem selbstbestimmten Leben sowie den großen Traum, eines Tages Schriftstellerin zu werden.
Es ist ein steiniger Lebensweg voller Hass und Abwertung, Demütigungen und Entbehrungen, der hier beschrieben wird.
Ich fand ihre Geschichte unfassbar bewegend und beeindruckend. Jede Seite war lesenswert, sowohl der Schreibstil als auch der Aufbau des Buchs haben mir sehr gut gefallen.

„Aber an dem Tag, an dem du in England landest, bist du Second-Class Citizen. Du kannsdt also nicht deine eigenen Leute diskriminieren. Wir alle sind zweitklassig.“

„In ihrer Freude darüber vergaß sie, dass Francis aus einer anderen Kultur stammte. Er war kein Mann, der sich leicht an neue Bedingungen anpasste, der sein Frauenbild änderte. Für ihn war eine Frau ein Mensch zweiter Klasse. Man konnte mit ihr zu jeder Zeit schlafen, selbst am Tag. Wenn sie sich weigerte, konnte man sie durch Schläge zur Vernunft bringen, bis sie nachgab. Man konnte sie aus dem Bett werfen, wenn man mit ihr fertig war, damit sie seine Sachen wusch und sein Essen rechtzeitig fertig war. Es gab keinen Grund, intelligente Gespräche mit seiner Frau zu führen, denn dann könnte sie auf falsche Gedanken kommen. Adah wusste, dass sie ein Stachel in seinem Fleisch war. Sie verstand, was er durchmachte, denn er litt so sehr darunter. Doch obwohl er leidtat und sie Verständnis für ihn aufbrachte, würde sie nicht diese Art von Ehefrau sein. Francis konnte sie totschlagen, aber sie würde sich nicht auf dieses Niveau herablassen.“

„Second-Class Citizen“ von Buchi Emecheta ist ein Buch, das man so schnell nicht vergessen wird. Ich hoffe sehr, dass von dieser Autorin noch mehr ihrer Werke auf Deutsch veröffentlicht werden, denn das hätte sie mehr als verdient, auch nach ihrem Tod noch – sie sollte nicht vergessen werden!

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Veröffentlicht am 30.12.2024

Sehr wertvolles und einfühlsames Jugendbuch

Fred und ich
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Das Buch "Fred und ich" von Lena Hach hat zwar nicht viele Seiten, aber sehr viel klugen und wichtigen Inhalt. Es erzählt die Geschichte von Anni, die es gerade nicht leicht hat im Leben und mit einem ...

Das Buch "Fred und ich" von Lena Hach hat zwar nicht viele Seiten, aber sehr viel klugen und wichtigen Inhalt. Es erzählt die Geschichte von Anni, die es gerade nicht leicht hat im Leben und mit einem traurigen Verlust kämpft. Da lernt sie Fred kennen und sie freunden sich an. Daran ändert sich auch nichts, als Anni bemerkt, dass Fred trans ist. Die Geschichte dieser außergewöhnlichen Freundschaft und sich anbahnenden jungen Liebe ist wunderbar einfühlsam und klug erzählt. Das Thema Transidentität ist hier auf wunderbar kindgerecht und ohne falsche Scham umgesetzt. Mir hat die Geschichte und der Schreibstil wirklich gut gefallen. Das Buch ist zum Weinen schön, klug und unbedingt empfehlenswert!

"Manchmal war ich unsicher, welche Wörter die richtigen sind. Die kleinsten können den größten Unterschied machen."

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Veröffentlicht am 30.12.2024

Sehr persönliches uns bewegendes Tagebuch

Arbeit und Struktur
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"Arbeit und Struktur" ist das als Buch veröffentlichte Blog des 2013 verstorbenen Autos Wolfgang Herrndorf, welchen er ab Beginn seiner Krebsdiagnose bis kurz vor seinem Tod führte.
Solch ein Dokument ...

"Arbeit und Struktur" ist das als Buch veröffentlichte Blog des 2013 verstorbenen Autos Wolfgang Herrndorf, welchen er ab Beginn seiner Krebsdiagnose bis kurz vor seinem Tod führte.
Solch ein Dokument zu bewerten, ist natürlich sehr schwierig, da dies ein wirklich sehr persönliches Tagebuch eines Menschen ist. Es ist andererseits aber auch großartige Literatur. Man sieht hier das Talent des Autors - und man nimmt nachträglich noch an seinem verbleibenden Leben und seinen Gedanken teil. Das war sehr bewegend zu lesen, teils sehr schmerzlich und kaum auszuhalten, aber auf jeden Fall von der ersten bis zur letzten Seite lesenswert. Ein wichtiges Zeitdokument, das ich sicher noch öfter in die Hand nehmen werde.

"Ich fange an, mich vorsichtshalber auf drei Monate runterzurechnen. Könnte man leben, wenn man nur noch drei Monate hat? Nur noch einen Monat?
Ich werde noch ein Buch schreiben, sage ich mir, egal wie lange ich noch habe. Wenn ich noch einen Monat habe, schreibe ich eben jeden Tag ein Kapitel. Wenn ich drei Monate habe, wird es ordentlich durchgearbeitet. Ein ein Jahr ist purer Luxus."

"Und wenn mein Entschluss, was ich machen wollte, nicht schon vorher festgestanden hätte, dann hätte er nach diesem Telefonat festgestanden: Arbeit. Arbeit und Struktur. Sonderbares Gefühl, mit einem gänzlich Fremden zu telefonieren und sich darüber zu unterhalten, wie man heimlich unter der Bettdecke weint. Rufen Sie mich nächstes Jahr wieder an. Ja, mach ich."

"Und immer wieder vergesse ich die Sache mit dem Tod. Man sollte meinen, man vergesse das nicht, aber ich vergesse es, wenn es mir wieder einfällt, muss ich jedes mal lachen, ein Witz, den ich mir alle zehn Minuten neu erzählen kann und dessen Pointe immer wieder überraschend ist. Denn es geht mir ja gut."

"Die Krebskur nach Rudolf Breuss richtig gemacht! Wenn das Lächeln meine Seele streichelt
Was ich mir wünsche ist ein Clown
Ich mal mir ein Tor zum Himmel
Fliege nicht eher als bis dir Federn gewachsen sind
Wie ein Schiff im Sturm
Morgen bin ich wieder da
Und trotzdem mal ich mir ein Lächeln ins Gesicht
Arbeit und Struktur"

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Veröffentlicht am 30.12.2024

Sehr persönliches uns bewegendes Tagebuch

Arbeit und Struktur
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"Arbeit und Struktur" ist das als Buch veröffentlichte Blog des 2013 verstorbenen Autos Wolfgang Herrndorf, welchen er ab Beginn seiner Krebsdiagnose bis kurz vor seinem Tod führte.
Solch ein Dokument ...

"Arbeit und Struktur" ist das als Buch veröffentlichte Blog des 2013 verstorbenen Autos Wolfgang Herrndorf, welchen er ab Beginn seiner Krebsdiagnose bis kurz vor seinem Tod führte.
Solch ein Dokument zu bewerten, ist natürlich sehr schwierig, da dies ein wirklich sehr persönliches Tagebuch eines Menschen ist. Es ist andererseits aber auch großartige Literatur. Man sieht hier das Talent des Autors - und man nimmt nachträglich noch an seinem verbleibenden Leben und seinen Gedanken teil. Das war sehr bewegend zu lesen, teils sehr schmerzlich und kaum auszuhalten, aber auf jeden Fall von der ersten bis zur letzten Seite lesenswert. Ein wichtiges Zeitdokument, das ich sicher noch öfter in die Hand nehmen werde.

"Ich fange an, mich vorsichtshalber auf drei Monate runterzurechnen. Könnte man leben, wenn man nur noch drei Monate hat? Nur noch einen Monat?
Ich werde noch ein Buch schreiben, sage ich mir, egal wie lange ich noch habe. Wenn ich noch einen Monat habe, schreibe ich eben jeden Tag ein Kapitel. Wenn ich drei Monate habe, wird es ordentlich durchgearbeitet. Ein ein Jahr ist purer Luxus."

"Und wenn mein Entschluss, was ich machen wollte, nicht schon vorher festgestanden hätte, dann hätte er nach diesem Telefonat festgestanden: Arbeit. Arbeit und Struktur. Sonderbares Gefühl, mit einem gänzlich Fremden zu telefonieren und sich darüber zu unterhalten, wie man heimlich unter der Bettdecke weint. Rufen Sie mich nächstes Jahr wieder an. Ja, mach ich."

"Und immer wieder vergesse ich die Sache mit dem Tod. Man sollte meinen, man vergesse das nicht, aber ich vergesse es, wenn es mir wieder einfällt, muss ich jedes mal lachen, ein Witz, den ich mir alle zehn Minuten neu erzählen kann und dessen Pointe immer wieder überraschend ist. Denn es geht mir ja gut."

"Die Krebskur nach Rudolf Breuss richtig gemacht! Wenn das Lächeln meine Seele streichelt
Was ich mir wünsche ist ein Clown
Ich mal mir ein Tor zum Himmel
Fliege nicht eher als bis dir Federn gewachsen sind
Wie ein Schiff im Sturm
Morgen bin ich wieder da
Und trotzdem mal ich mir ein Lächeln ins Gesicht
Arbeit und Struktur"

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Veröffentlicht am 30.12.2024

Sehr bewegende Krankheitsgeschichte, aber ....

Gratulieren müsst ihr mir nicht
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"Das Gute daran, mit 20 einen Herzschrittmacher eingesetzt zu bekommen: Der Herzschrittmacher lässt das Herz auf der passenden Frequenz schlagen und verhindert, dass man einen Herzstillstand erleidet. ...

"Das Gute daran, mit 20 einen Herzschrittmacher eingesetzt zu bekommen: Der Herzschrittmacher lässt das Herz auf der passenden Frequenz schlagen und verhindert, dass man einen Herzstillstand erleidet.
Das Schlechte daran, mit 20 einen Herzschrittmacher eingesetzt zu bekommen: Der Herzschrittmacher lässt das Herz zwar auf der passenden Frequenz schlagen und verhindert, dass man einen Herzstillstand erleidet, aber ein gebrochenes Herz kann er leider nicht heilen."

Der Debütroman "Gratulieren müsst ihr mir " von Lilli Polansky hatte mich vom Titel und Cover her spontan angesprochen. Das Buch ist vermutlich autofiktional, wie man anhand des Nachwort annehmen kann. Erzählt wird die Geschichte der 20-Jährigen Lilli, die einen Herzschrittmacher bekommt. Außerdem hatte sie einen Gehirntumor, eine schwere Farm-OP und Depressionen. Es ist hier unfassbar, was diese junge Frau in ihrem kurzen Leben gesundheitlich und psychisch schon mitmachen musste.
Sicherlich hat es auch therapeutische Gründe, diese sehr persönliche Lebens- und Krankheitsgeschichte als Roman niederzuschreiben. Ich würdige das und bewundere ihren Lebensmut und wünsche ihr von Herzen alles Gute!
Dennoch hat das Buch mich als Roman leider nicht angesprochen. Besonders die (für mein Empfinden) zu ausführlichung Beschreibungen ihrer mit Patient*innen im Krankenhaus und den Arztpraxen empfand ich als unpassend und zu viel des Guten.
Auch den emotionalen Sprung vom letzten Kapitel in den Epilog hinein konnte ich nicht ganz nachvollziehen, hier fehlen mir weiter beschriebene Entwicklungsschritte zu diesen doch sehr plötzlich ganz anderen Gedanken. Mich konnte das Buch insgesamt leider nicht überzeugen.

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