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Veröffentlicht am 16.02.2024

Ein Land mit großer Geschichte: Sizilien

Noto
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Das Cover überzeugt durch die südländische Vegetation in malerischen, warmen Farben eines Sonnenuntergangs – sehr ansprechend. Thematisch geht es zunächst um die sensible Trauerbewältigung von Konrad Grubinger ...

Das Cover überzeugt durch die südländische Vegetation in malerischen, warmen Farben eines Sonnenuntergangs – sehr ansprechend. Thematisch geht es zunächst um die sensible Trauerbewältigung von Konrad Grubinger um seinen Partner Adriano, dessen Restasche mit auf der Reise nach Noto auf Sizilien ist. Dort lebende, befreundete deutsche Expats bilden den Rahmen für einen verklärten Rückblick auf gemeinsame Jahre dieses Paares mit Hausbau, diversen Ausflügen rundum die Insel Sizilien und Aktivitäten mit Freunden. Sowohl die positiven, touristischen Highlights werden belichtet als auch die problematischen Seiten der Gegenwart wie Brandgefahr und massiver Bürokratie und ihrer Vergangenheit wie die Mafia und ihre Bekämpfung werden kurz erwähnt. Informatives über den Sizilianischen Zwergelefanten, über Amphibienflugzeuge der Marke Canadair zur Brandlöschung oder über die Operation Husky der Alliierten 1943 wird eingeflochten. Das Tagebuch von Adriano erzählt von einer Mattanza – Thunfischjagd - auf der Insel Favignana, von einer Prozession in Siracusa. Wildpferde aus den Nebrodi-Bergen und eine Saunahöhle laden zu Ausflügen ein. Vorgestellt wird die Insel in ihrem malerischen Zerfall mit jahrhundertealten, immer noch gepflegten Traditionen, ihren Märkten. Der Schreibstil ist bisweilen etwas langatmig, der rote Faden inhaltlich manchmal wie Tagebucheinträge unterbrochen.
Insgesamt eine berührende Abschiedsreise nach tragischem Verlust des geliebten Partners.

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Veröffentlicht am 15.02.2024

Was für ein unwürdiges Leben als Sklave der Südstaaten Amerikas!

James
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Die Szenerie spielt rund um den Mississippi, um Ortschaften wie z.B. Hannibal, Fourmile Island, Saverton, in der Nähe von New Orleans etc. bis nach Edina, Missouri. In Anlehnung des Romans Huckleberry ...

Die Szenerie spielt rund um den Mississippi, um Ortschaften wie z.B. Hannibal, Fourmile Island, Saverton, in der Nähe von New Orleans etc. bis nach Edina, Missouri. In Anlehnung des Romans Huckleberry Finns Abenteuer von Mark Twain findet sich im Original dieses Autors auch das Südstaatenenglisch des 19. Jahrhunderts unter den Sklaven wieder, was für den Übersetzter sicher eine besondere Herausforderung darstellt und dem Leser zumindest anfangs den Lesefluss beeinträchtigen mag. Dieses Pigeon-English wird hier bewusst als Distinktionsmerkmal gegenüber dem Standardenglisch der weißen Bevölkerung eingesetzt, sind doch Sklaven als Angehörige vermeintlich primitiver Völker retardiert, einfältig und nur mehr Tier oder Arbeitsmaschine. Interessant sind die Reflektionen von Locke, Montesquieu, Voltaire, Diderot, Rousseau über Ungleichheit, Rasse, Sklaverei, Albinismus. Diese Philosophen der Aufklärung kannten wohl genau die Wirklichkeit der Sklaverei in den Kolonien. Die Hauptfigur Jim, ein verheirateter Sklave mit Tochter, des Lesens und Schreibens kundig, spielt jedoch den Dummen aus Selbstschutz. Um seinem Verkauf zu entkommen, flieht er zusammen mit dem Jungen Huckleberry, Huck genannt, und erlebt als gejagter Entflohener viele Abenteuer. In seinen Träumen ist er z.B. mit Montesquieu der Meinung, dass wir, ungeachtet von Hautfarbe, Sprache oder Gepflogenheiten, alle gleich sind. Auch der historische Moment des Kriegs zwischen den Nord- und Südstatten Amerikas ist geschickt eingeflochten mit einem positiven Ausgang für James alias Jim. Die Sklaverei und der Sklavenhandel wurden übrigens letztlich nicht allein (und nicht einmal hauptsächlich) aus moralischen, sondern vor allem aus wirtschaftlichen Gründen abgeschafft.
Interessanter Lesestoff!

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Veröffentlicht am 13.02.2024

Was ist eigentlich aus der Wissenschaft geworden, die einfach nur um ihrer selbst willen betrieben wird?

Das verborgene Genie
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Das interessant gestaltete Cover zeigt eine junge Frau, durch eine geschwungene, mittig verlaufende Schlangenlinie teils als Röntgenbild und teils als Retrofoto dargestellt. Dadurch ergibt sich schon ein ...

Das interessant gestaltete Cover zeigt eine junge Frau, durch eine geschwungene, mittig verlaufende Schlangenlinie teils als Röntgenbild und teils als Retrofoto dargestellt. Dadurch ergibt sich schon ein deutlicher, sinnvoller Hinweis auf den Buchinhalt. Die Hauptperson als Erzählerin ist Rosalind Elsie Franklin, britische Biochemikerin, Spezialistin für die Röntgenstrukturanalyse kristallisierter Makromoleküle mit Grundlagenforschung über die Molekularstruktur von Ribonukleinsäure, Viren und Graphit. Ihr wichtigstes Forschungsergebnis ist jedoch die mathematische Analyse ihrer Röntgenbeugungsdiagramme der Desoxyribonukleinsäure, die die Voraussetzung ist zur Aufklärung der Doppelhelixstruktur der DNA. Die fiktive Rosalind dieser Autorin stützt sich auf die brillante Biografie Rosalind Franklin and DNA von deren amerikanischen Freundin Anne Sayre, geschrieben 1975. Diese äußerst strebsame Wissenschaftlerin mit all ihrem verborgenen Genie wird als Tochter, Schwester, Freundin, Kollegin, Geliebte und Ikone porträtiert während ihrer unermüdlichen Forschungstätigkeit in Paris und London. Rosalinds enormes, bahnbrechendes Vermächtnis zu DNA und RNA sind international bahnbrechende, unschätzbare Erkenntnisse. Ihre unvergesslichen Verdienste für die Menschheit in historischem Kontext sind in beeindruckendem Schreibstil aufbereitet, auch wenn die wissenschaftliche Materie für Laien schwer zu packen sein mag. Eine starke, kluge Frau inmitten einer hart umkämpften Männerwelt der Forschung nach dem 2. Weltkrieg – ihr gebührt Hochachtung.

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Veröffentlicht am 12.02.2024

Sprunghafte Gedankengänge, komplizierter Schreibstil.

Spur und Abweg
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Das Cover macht neugierig, zeigt es doch Harry Tallert in einem Fenster mit Blick auf ein Krokodil im unteren Ausschnitt. Das autobiografische Werk über die deutsch-jüdische Familie Tallert verfolgt die ...

Das Cover macht neugierig, zeigt es doch Harry Tallert in einem Fenster mit Blick auf ein Krokodil im unteren Ausschnitt. Das autobiografische Werk über die deutsch-jüdische Familie Tallert verfolgt die Spur des halbjüdischen Vaters Harry, die sein Sohn Kurt anhand von diversen Unterlagen wie Notizbüchern, Fotos, Briefen, Recherchen und eigenen Erinnerungen nachzuzeichnen versucht. Besser nachvollziehbar sind die niedergeschriebenen Gedanken, Ängste und Traumata des Vaters als die manchmal sprunghaften gedanklichen Streifzüge des Autors über internationalen Rassismus, Antisemitismus, Diskriminierung. Diese schwer verständlichen Abwege sind zum Teil seinem zu komplizierten Schreibstil geschuldet, der auch den Lesefluss behindert. Bei zu langem, verschachteltem Satzbau vermag man schlecht den beschriebenen Inhalt herausfiltern. Der rote Faden verliert sich manchmal in nicht nachvollziehbaren philosophischen Gedankengängen. Familienbezogene Informationen dieser Familiengeschichte in Bezug auf die Nazizeit sind ebenso interessant und emotional greifbar wie darin eingeflochtene historische Gegebenheiten.

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Veröffentlicht am 11.02.2024

Geschichten über ein Land, das es nicht mehr gibt.

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
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Heinz Labensky, alias Einstein, jetzt 78 Jahre alt, beleuchtet sein Leben ab 8 Jahren als Außenseiter in dem kleinen Ort Briesen in Brandenburg während einer langen Reise im Flixbus von Erfurt über Leipzig ...

Heinz Labensky, alias Einstein, jetzt 78 Jahre alt, beleuchtet sein Leben ab 8 Jahren als Außenseiter in dem kleinen Ort Briesen in Brandenburg während einer langen Reise im Flixbus von Erfurt über Leipzig und Berlin auf nach Rostock-Warnemünde. Unter diesem interessanten Spannungsbogen entfalten sich nicht nur sein abenteuerliches Leben in der DDR und sein besonderer Charakter in originellen Wortwendungen und humorvollem Schreibstil. Auffällig bildlich beschrieben ist sein Charakter wie z.B.so:
Manchmal landete er mit seinen Gedanken ja in Sackgassen, die zu schmal waren, um darin zu wenden.
Er saß eher unbeteiligt da wie ein Schluck Wasser in der Kurve.
Er kam sich lebensphilosophisch vor wie am Katzentisch ohne Besteck.
Auch das Leben seiner besten, hoch intelligenten Freundin Rita aus Kindheitstagen entpuppt sich als Matrjoschka-Puppe, schält sich schließlich überraschend aus mehreren Zwiebelschalen. Ein Brief von Ritas Tochter bildet Anstoß und Endpunkt dieses teils philosophischen Romans mit tiefschürfenden Überlegungen von Heinz z.B. zu Wunschdenken oder was wirklich wichtig im Leben sei. Das Leben in der DDR, besonders in Ostberlin wird informativ klar beschrieben. Auch zeitgeschichtliche, politische Ereignisse die BRD und die DDR betreffend sind geschickt plaziert. Die Parolen, Werbesprüche und Flüsterwitze der DDR tragen zur Aufheiterung der an sich beklemmenden Gesamtsituation bei. Insgesamt ein menschlich berührendes Leseerlebnis.

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