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Veröffentlicht am 13.07.2024

Ein berührender Roman

Mitternachtsschwimmer
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Die Szenerie spielt an der steilen, irischen Küste in dörflichem Ambiente mit kauzigen, aber liebenswürdigen Charakteren. Das Alltagsleben in Cottages, mit einem Pub und einem Laden mit Postannahme wird ...

Die Szenerie spielt an der steilen, irischen Küste in dörflichem Ambiente mit kauzigen, aber liebenswürdigen Charakteren. Das Alltagsleben in Cottages, mit einem Pub und einem Laden mit Postannahme wird belebt durch Touristen wie Evan aus Belfast, der zu Pandemiezeiten durch seine Vermieterin Grace nach großer Trauer durch den Verlust der kleinen Tochter wieder sein seelisches Gleichgewicht findet. Die zentrale Figur ist Grace mit all ihrer harten Ruppigkeit, aber auch ihrer subtilen Herzenswärme besonders gegenüber Evan, seinem tauben Sohn Luca und ihrer Nichte. In drei Teilen kommt besondere Dynamik ins Spiel durch die bildhafte Beschreibung von Grace in ihrem häuslichen Umfeld und ihrem scharfzüngigen, kargen Umgang mit den Dorfbewohnern. Auch die Trauer und der Verlust von Evan in seiner kriselnden Ehe werden empfindsam beschrieben. In all seiner Verzweiflung kündigt er sogar seine Partnerschaft mit seinem Geschäftspartner in der Hoffnung auf weniger Belastung, auf der Suche nach mehr Freiheit und besserer Heilung. Die Freundschaft und das besondere Vertrauen zwischen Grace und Evan wird sukzessiv geschickt aufgebaut durch verschiedene Twists und Turns rund um die stürmische See. Die psychosomatische Erkrankung wie das Münchhausen-Stellvertreter-(by-proxy-)Syndrom spielt hier eine wichtige Rolle. Sie ist klinisch dadurch gekennzeichnet, dass die betreuende Person, hier die Mutter von Luca, Krankheitssymptome bei ihm provoziert, die einen Kontakt zum Arzt rechtfertigen. Das Münchhausen-by-proxy-Syndrom ist eine Form der Kindesmisshandlung. Wie SIDS, Sudden Infant Death Syndrome, also plötzlicher Kindstod wie bei dem hier unerwartet verstorbenen Baby, eine bisher harmonische Familie ruinieren kann, wird eindrucksvoll beschrieben mit Schuldgefühlen aller Familienmitglieder. Abgerundet wird dieser aufrührende Roman durch angenehme Gefühle wie Hoffnung auf einen Neuanfang, auf eine eigenwillige Liebe und eine starke Dorfgemeinschaft mit rührigem Charme. Ein tief berührender Roman.

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Veröffentlicht am 13.07.2024

Ein zu rasantes Drama

Das falsche Blut (Ishikli-Caner-Serie 2)
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Der Roman um Ishikli Caner spielt in Paris, in weiteren französischen Städten und in einer Festung bei Barcelona. Ein gefährliches Tauziehen um ein Mädchen und um Testreihen mit tödlichen Viren wird in ...

Der Roman um Ishikli Caner spielt in Paris, in weiteren französischen Städten und in einer Festung bei Barcelona. Ein gefährliches Tauziehen um ein Mädchen und um Testreihen mit tödlichen Viren wird in mehreren Handlungssträngen geboten. Wie in der Inhaltsangabe aufgeführt vollführen mächtige beteiligte Organisationen eine rasante Jagd mit skrupellosen Aktionen in jeweils kurzen Kapiteln. Trotz mehrfacher Verletzungen durch Schusswaffen und Messer etc. agieren die vielen Charaktere rasant weiter, was sehr unrealistisch wirkt. Die Hauptfiguren wirken überzogen, kommen nicht menschlich näher. Auch die Hauptfigur Ishikli weiß sich unter Ausschöpfung ihrer weltweiten Kontakte in jeder kniffligen Situation klar kalkuliert durchzusetzen. Die kreativen Ideen um illegal arbeitende türkische Frauen in einer Pariser Näherei, um einen skrupellosen Pharmakonzern, um ein autistisches Mädchen mit Überraschungspotential etc. sind einfach zu viel des Guten. Vermisst werden mehr Tiefe in solchen polizeilichen Ermittlungen, weniger Verflechtungen zwischen Polizei, kriminellen Organisationen und Politik.

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Veröffentlicht am 09.07.2024

Unerwartetes Ende ohne eigentliche Aufklärung des Falls Lena Palmer

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Das Cover zeigt vernebelte, schwache Lichtspielereien auf ansonsten schwarzem Grund – so schwach beleuchtet, wie das viel zu schnelle Ermittlungsende ohne volle Aufklärung im Vermisstenfall Lena Palmer. ...

Das Cover zeigt vernebelte, schwache Lichtspielereien auf ansonsten schwarzem Grund – so schwach beleuchtet, wie das viel zu schnelle Ermittlungsende ohne volle Aufklärung im Vermisstenfall Lena Palmer. Ebenso unklar bleibt, was zum Ende hin mit der BKA-Kommissarin Yasira Saad passiert, schade! Weitere Handlungsstränge wie z.B. um Lenas Freund Justus Schöffler oder die Liste der Erfinder neben Claus Messerschmidt sind nicht abgeschlossen. Erst nach 15 % des Buches, wo es anfangs um die Geschichte und die Räumlichkeiten des Bundeskriminalamtes im Treptower Park geht, erfolgt eine realistische Einführung in den Vermisstenfall. Die Szenerie spielt in Halberstadt, der sechstgrößten Stadt Sachsen-Anhalts. Dass der Rechtsstaat schnell und hart zuschlagen kann und kein Verbrechen ohne Strafe bleibt, scheint bei dem hier auftretenden Phänomen von Deepfakes in Videoqualität in Frage gestellt zu werden. Die Reaktionsvideos des Aktiven Heimatschutzes und ihres Anführers Bär auf das Vergewaltigungsvideo von Lena entfesseln ein glaubhaftes Szenarium mit Demonstrationen, Handgranate etc.. Die Gefahren für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, für unsere Demokratie sind erkannt und regen stark zum Nachdenken an. Wer möchte sich schon von künstlicher Intelligenz (mit anthropomorphem User-Interface eines auf Text-, Sprach- und Bilderkennung sowie Text-, Sprach- und Bildgenerierung spezialisierten neuronalen Netzwerks) in einem kompromittierenden Video auf wechselnden Internetplattformen realitätsnah dargestellt sehen? Woran soll man noch glauben, wenn man seinen eigenen Augen und Ohren nicht mehr trauen kann? Realität ist heute schon, dass solche Videos erstellt und auch im Darknet veröffentlicht werden, die ein Maximum an Aufmerksamkeit generieren, um über viele Views durch vorgeschaltete Werbung Einnahmen zu erzeugen.
Insgesamt ein spannender, gesellschaftskritischer Kriminalfall, nur leider mit offenem Ende.

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Veröffentlicht am 08.07.2024

Eine spannende Gesellschaftsstudie aus Irland

Feuerjagd
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Im dörflichen Milieu von Ardnakelty in Irland spielt die Szenerie voller schlitzohriger Schafsfarmer, gewürzt mit wortgewandten, mehrdeutigen Intrigen, Rachegelüsten, Gerüchten und Geheimnissen. Mit den ...

Im dörflichen Milieu von Ardnakelty in Irland spielt die Szenerie voller schlitzohriger Schafsfarmer, gewürzt mit wortgewandten, mehrdeutigen Intrigen, Rachegelüsten, Gerüchten und Geheimnissen. Mit den Hauptfiguren Cal Hooper, ehemaliger Cop aus Chicago, dann Lena, einheimische Witwe und „Trey“ Reddy, 15-jähriger Teenager wird ein berührender, aber auch spannender Plot vorgestellt, in den auch Treys Vater Johnny, begleitet von Cillian Rushborough, einem Fremden aus London, eine gewichtige, Unheil bringende Rolle spielen. Die Landschaftsbeschreibungen lassen das anfangs idyllische Bild mit Irlands Schafsweiden im zu heißen Sommer langsam erblassen. Die kantigen, kauzigen Charaktere der Einheimischen werden mit spitzer Feder treffend karikiert. Ob im Pub, im Dorfladen oder z.B. am Zaun zum Nachbarn – immer deutet der wortgewandte, teils humorvolle Schreibstil auf kreative, mehrdeutige Dialoge hin, die vielleicht auch die Wesensart von Iren auf dem Land repräsentieren mag. Ihre Einstellungen zu Auswärtigen, Touristen und Außenseitern wie Johnny, Rushborough, Cal und Trey werden sehr realistisch vorgestellt. Äußerst feinfühlig gehen Cal und Lena mit den familiären und persönlichen Problemen von Trey um, der sie ein beschützendes Heim schaffen. Mit einem Mord und einem Detektiv aus Dublin entfaltet sich ein komplexes Konstrukt aus sehr gefährlichen Twists und Turns für alle Beteiligten. Der Buchtitel „Feuerjagd“ gewinnt erst am spannenden Ende an Bedeutung.
Mehr als nur ein Krimi!

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Veröffentlicht am 05.07.2024

Viel Magie und Kreativität

Die unendliche Reise der Aubry Tourvel
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Eine magische, abenteuerliche, rastlose Reise durch die Welt mit vielen unterirdischen, mysteriösen Bibliotheken – so verbringt die Hauptperson Aubry Tourvel, Französin aus Paris, ihr ungewöhnliches Leben. ...

Eine magische, abenteuerliche, rastlose Reise durch die Welt mit vielen unterirdischen, mysteriösen Bibliotheken – so verbringt die Hauptperson Aubry Tourvel, Französin aus Paris, ihr ungewöhnliches Leben. Mit neun Jahren von einer bisher unbekannten Krankheit befallen, muss sie nach 3-4 Tagen zu einem ihr bisher unbekannten Ort weiterziehen, sonst stirbt sie. Diese Informationen gibt Aubry, noch keine 30 Jahre alt, an eine Familie auf einer Fähre in Siam weiter, wo ihre Blutungen abrupt aufhören. Im Rückblick geht es dann um einen dämonischen Wunschbrunnen im Innenhof in Paris im Jahr 1885, um einen magischen Holzball. Das im Schriftzug ältlich gestaltete Cover deutet diese wirre Weltreise über Gebirge, Flüsse, Meere, Moore etc. klar an. In dieser Verbannung voller Einsamkeit, angewiesen auf Nächstenliebe und Almosen, wünscht sie sich in der Rückschau, eine bessere Tochter und Schwester gewesen zu sein. Zusammen mit den vielen Märchenbestandteilen wie Qalima – der Wunsch-Erfüllerin, zahlreichen auftauchenden und verschwindenden Türen im Terra Obscura zu unterirdischen Bibliotheken, Dialoge mit der Krankheit, Holzball und Wunschbrunnen gehört dieser Roman eher in das Genre Fantasy und spricht vielleicht eher Jugendliche an, mit Andeutungen kurzer Liebesbeziehungen und Fragen nach dem Sinn des Lebens. Aubrys Leben, bisher voller Schmerz, immer nur ein Kampf ums Überleben, nur Zurückweisung des sesshaften Lebens. Diese Bibliotheken als Orte der Unlogik jenseits von Zeit und Raum, wo Wissen erst gesammelt und gespeichert wird, um dann ungelesen brachzuliegen, dienen der mittlerweile weißhaarigen Audry als ruhevoller, erholsamer Ort, um ihr eigenes Leben in Buchform festzuhalten, immer noch wütend wegen allem, was sie verloren hat, ihre Kindheit, ihre geliebten Familienmitglieder und Freunde, auch die malariakranke Journalistin Marta trotz all dem Wissen und der Erkenntnisse aus Büchern. Die Metapher des jungen Jägers, dem Ende seiner Blindheit und Rückkehr zu seiner vorherigen Welt mit ganz neuem Verständnis, zeigt Audry endlich, wozu Wissen gut ist. Etwas verwirrt landet sie schließlich am Amazonas im Dorf der verlorenen Kinder mit Vicente Quevedo. Ein paar Fäden werden schlüssig verbunden, wie immer voller Magie. Die Idee einer solch kuriosen Krankheit verbunden mit weltweiter Verbannung gefällt, auch wenn der Spannungsbogen durch zu viele Bibliotheksbesuche nachlässt. Der bildliche Sprachstil wird bereichert durch Lebensweisheiten. Ein kreativer Roman!

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