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Veröffentlicht am 22.12.2018

Wenn die Vergangenheit wieder auflebt

Tödliches Pilsum. Ostfrieslandkrimi
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Mit „Tödliches Pilsum“ als viertem Ostfrieslandkrimi ist der beliebten Autorin Elke Nansen ein außergewöhnlicher Coup gelungen. Erschienen ist das Buch im Klarant-Verlag.

Vor fünf Jahren verschwand der ...

Mit „Tödliches Pilsum“ als viertem Ostfrieslandkrimi ist der beliebten Autorin Elke Nansen ein außergewöhnlicher Coup gelungen. Erschienen ist das Buch im Klarant-Verlag.

Vor fünf Jahren verschwand der erfolgreiche Biochemiker Robert Gerber spurlos. Als sein Auto jetzt im Ems-Jade-Kanal plötzlich auftaucht, müssen sich Kommissare Richard Faber und Rike Waatstedt von der Kripo Emden/Leer um den Fall kümmern. Dieses sympathische Ermittlerduo stellt bald fest, dass wichtige Spuren damals nicht ordentlich ausgewertet wurden und nimmt eigene Ermittlungen auf. Bald führen Hinweise in die Welt der Medizin und sie stoßen auf ganz andere rätselhafte Vorkommnisse.

Schnell entwickelt der Fall eine Eigendynamik, die den Leser immer wieder staunen lässt und ihn mit völlig neuen Fakten und Fragen konfrontiert. Die Spannung, die die Autorin aufbaut, fesselt sofort. Ernste Fragen und medizinische Sachverhalte werden geschickt in die Handlung integriert.

Aufgelockert wird der spannende Fall oder sind es tatsächlich mehrere Fälle durch reichhaltige Informationen zum Privatleben der Ermittler und der Opfer. Ein buntes Kaleidoskop von gut geschilderten und authentischen Charakteren lernt der Leser kennen. Besonders hat mir der Pathologe .Dr. Schorlau gefallen, dessen Fachkompetenz und akribische Untersuchungen dem Fall immer neue Wendungen vermitteln. Seiner Vorliebe für exquisites Essen und Rike verdankt der Krimi viel Humor.

Der Schreibstil von Elke Nansen ist flüssig und sehr gut lesbar. Die facettenreichen Ermittlungen und Spuren werden gekonnt zu einem dramatischen und völlig unerwarteten Finale geführt. Es passt alles. Die Zusammenhänge der in sich schlüssig gelösten Fälle sind gegeben und der Prolog ist nun selbsterklärend.

Fazit:
Dieses Buch kann ich allen Krimi-Fans unbedingt empfehlen. Hier stimmt die Mischung – ein außergewöhnlicher und spannender Kriminalfall sowie das Privatleben der Ermittler. Die drei ersten Bände stehen bereits auf meiner Wunschliste. „Tödliches Pilsum“ hat 5 Sterne verdient.

Mein Dank gehrt an den Klarant-Verlag, der mir kostenlos ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat. Meine ehrliche Lesermeinung wurde dadurch nicht beeinflusst.


Veröffentlicht am 10.12.2018

Stimmungsvoller und bezaubernder Weihnachtsroman

Weihnachtszauber in Hopewell
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„Weihnachtszauber in Hopewell“ von Nancy Naigle, erschienen 2018 bei beHEARTBEAT by Bastei Entertainment, ist eine zauberhafte Erzählung über Rückkehr und Ankunft einer jungen Frau und ihrer Tochter im ...

„Weihnachtszauber in Hopewell“ von Nancy Naigle, erschienen 2018 bei beHEARTBEAT by Bastei Entertainment, ist eine zauberhafte Erzählung über Rückkehr und Ankunft einer jungen Frau und ihrer Tochter im beschaulichen Ort Hopewell.

Nach einer schmerzhaften Scheidung zieht Sydney mit ihrer Tochter RayAnne in den Ort ihrer Kindheit, Hopewell, weil sie dort ein altes Farmhaus besitzt. Es gehörte früher ihren Großeltern und Sydney hatte damals eine schöne Kindheit an diesen kleinen Ort. Sie kehrt der Großstadt Atlanta den Rücken, um frei und unbelastet von ihrer Ehe und falschen Freunden einen Neuanfang zu wagen.

Der Erzählstil ist locker und leicht. Das Lesevergnügen ist von Beginn an gegeben. Die Beschreibung der Personen und der Kleinstadt ist wunderbar gelungen. Ich habe mich sofort in Hopewell verliebt. Sydney ist eine sehr liebenswerte und aufgeschlossene junge Frau, die man sofort mag. So geht es auch der Inhaberin des örtlichen Buchladens Bea, die Sydney noch als Kind kennen gelernt hat. Auch das Geschäft hat den Zauber der Vergangenheit bewahrt und fesselt Sydney aufs Neue. Hier hat sie viele glückliche Stunden verbracht und ihre Liebe zu Büchern entdeckt. Beide Frauen ergänzen sich perfekt, als Sydney übergangsweise und befristet in der Buchhandlung arbeitet. Sie ahnt noch nicht welche Weichen des Schicksal hier gestellt hat.

Die Herzlichkeit mit der Sydney in Hopewell aufgenommen wird ist beispiellos. Hier ticken die Uhren noch etwas langsamer und man hilft sich gegenseitig. Doch auch Sydney bringt sich von Beginn an ein und geht auf die Einwohner zu. Es ist ein Verhältnis, das auf Gegenseitigkeit basiert. Die Geschichte, die sie Autorin erzählt, hat viele verschiedene Facetten. Auch für RayAnne, die immer noch sehr an ihrem Vater, der die Familie im Stich gelassen hat, hängt, ist der Neubeginn nicht einfach. Einfühlsam wird beschrieben, wie Sydney und Anne neue Bekannte kennen lernen, die zu echten Freunden werden.

Der allein erziehende Vater und Lehrer Mac ist, neben den starken Frauen Bea und Sydney, ein äußerst liebenswerter Protagonist. Sein Verhältnis zu seinem Sohn Seth ist nicht unkompliziert, denn beide wurden ausgerechnet zu Weihnachten von Genna verlassen.
Die Weihnachtsatmosphäre ist im ganzen Roman immer spürbar und ein wichtiger Bestandteil der Handlung. Die Tradition des Weihnachtssingens, die in Hopewell gepflegt wird, verleiht der Geschichte eine besondere Note.

Es passiert noch viel in der Weihnachtszeit – Aufregendes, Unerwartetes, Schreckliches und Schönes. Mehr möchte ich hier aber nicht verraten. Alles spielt sich vor der bezaubernden Kulisse der vorweihnachtlichen und beschaulichen Städtchens Hopewell ab, wo man noch für einander da ist. Jeder geht einer Arbeit nach und so lernen die Kinder auch den Wert von Geld schätzen.

Nancy Naigle beschreibt Einwohner und Ort sehr anschaulich. Sie kann spannende und tragische Situationen mitreißend schildern. Ihr Schreibstil ist flüssig und fesselnd.

Sydney entwickelt sich zu einer unabhängigen und selbständigen Frau, die sich die Achtung ihrer Mitmenschen verdient. Großen Anteil daran hat der 80jährige Bea, die ihr vertraut und sie bestärkt ihren eigenen Weg zu gehen. Verschmitzt begleitet sie die zaghafte Annäherung von Mac und Sydney, die das Potential zu einerzweiten großen Liebe für beide hat.

Fazit:
Dieser zauberhafte Roman ist genau die richtige Lektüre für die Weihnachtszeit, wo kleine und große Wunder geschehen können. Romantik, Spannung, Humor und der Wert der Liebe spielen ebenfalls eine große Rolle. Diese einfühlsam beschriebene Geschichte zieht den Leser in ihren Bann und lässt ihn teilhaben an dem traditionellen und modernen Leben im bezaubernden Hopewell, wo Weihnachten jedes Jahr noch ein ganz besonderes Ereignis ist und die Menschen für wunderbare und zauberhafte Erlebnisse offen sind.

Aus meiner Sicht ist das Buch eine klare Leseempfehlung und hat 5 Sterne verdient.


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Handlung
  • Charaktere
  • Gefühl
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 04.12.2018

Die blutige Spur des Coltan

Finsternis im Herzen
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„Finsternis im Herzen“ erschienen 2018 im PIPER Verlag, gehört zu den interessantesten Büchern, die ich in diesem Jahr gelesen habe.

Es ist der erste Thriller von Julia Neumann. Ein wahrhaft gelungenes ...

„Finsternis im Herzen“ erschienen 2018 im PIPER Verlag, gehört zu den interessantesten Büchern, die ich in diesem Jahr gelesen habe.

Es ist der erste Thriller von Julia Neumann. Ein wahrhaft gelungenes Debut. Die Autorin nutzt gekonnt das Thriller-Genre, um verschiedene Botschaften zu kommunizieren. So greift sie unter anderem Themen wie Bürgerkrieg im Kongo, Korruption, Profitgier oder Betrug auf.

Zum Inhalt möchte ich nicht viel verraten und deshalb aus dem Verlagstext zum Buch zitieren: „Der afrikanische Adoptivsohn eines Düsseldorfer Industriellenpärchens wird ermordet. Die einzige Zeugin, seine Schwester Rahima, schweigt. Die beiden Kinder wohnen erst seit wenigen Tagen in Düsseldorf und befanden sich bis vor drei Tagen in der Gefangenschaft kongolesischer Rebellen.“
Erst seit kurzem arbeitet die 36jährige Eva Langenberg bei der Mordkommission und der Leser begleitet sie bei ihrem ersten Fall. Schon die Suche nach einem Mordmotiv erweist sich genauso schwierig, wie die Suche nach dem Täter.

Es muss einen Zusammenhang mit dem Herkunftsland der Kinder, dem Kongo, geben. Der Adoptivvater ist Manager in einem Technologiekonzern, der im Kongo investieren wollte. Seine Frau arbeitet häufig als Ärztin in einem kongolesischen Flüchtlingscamp, das ihre Eltern über eine Stiftung finanzieren. Immer tiefer dringen Eva und ihre Kollegen in die Materie ein und verfolgen jede sich bietende Spur. Doch einige führen nirgendwo hin. Deshalb versucht Eva über den attraktiven Entwicklungshelfer Tomke, der an der Adoption maßgeblich mitgewirkt hat, mehr zu erfahren. Doch dabei überschreitet sie Grenzen, die ihr beruflich und privat zum Verhängnis werden.

Der Kongo ist das zweitgrößte Land Afrikas und verfügt im Osten, woher die beiden Adoptivkinder stammen, über riesige Coltan-Vorkommen. Die Bodenschätze sind ein Fluch: Gold, Diamanten, Kobalt, Coltan und andere Erze ziehen Milizen an. Die Banden beuten die Menschen aus. Mit ihren Einnahmen kaufen sie Waffen, um weitere Gebiete zu erobern. Auch Rahima und ihr Bruder haben in einer Mine der Rebellen gearbeitet. Haben sie etwas gesehen, was sie in Gefahr bringt?

Plötzlich ist der unmenschliche Bürgerkrieg im Kongo gar nicht mehr so fern. Wirtschaftliches Engagement in dieser Krisenregion ist in Deutschland gegenwärtig. Bundesbehörden begleiten die Aktivitäten. Mobiltelefone nutzt nahezu jeder. Die Geräte sollen handlich klein sein und trotzdem möglichst viel leisten. Dafür brauchen die Hersteller Stoffe wie Kobalt und Coltan. Die Mineralien sind das Doping der Mobiltelefone.

Die Nähe von Profit und Verbrechen ist nicht neu und spielt in diesem spannenden Thriller eine herausragende Rolle. Der Erzählstil ist flüssig und packend. Perspektivwechsel bringen Abwechslung und vielfältige Informationen über die Akteure und ihre Ziele. Querbezüge erhalten die Spannung aufrecht und gewähren neue Einblicke in den Gesamtzusammenhang. Dabei wird den Erlebnissen der Geschwister in ihrer Heimat in kursiv gedruckten Abschnitten besondere Bedeutung gegeben.

Für mich ist es ein super spannendes Buch, das auch sehr viel Tiefgang hat, weil es Fragen des menschlichen Zusammenlebens aufgreift und berührende Schicksale von Menschen im Kongo zeigt, die in Europa immer wieder verdrängt werden. So hat auch der Entwicklungshelfer Tomke zu einer Lüge greifen müssen, um Spenden für notleidende Vertriebene auftzutreiben. „An hungernde Afrikaner hatte man sich in Europa schon gewöhnt ….Aber für Tiere waren die Deutschen schließlich bereit, in ihre Taschen zu greifen.“

Mir hat dieser Thriller außerordentlich gut gefallen, weil es Julia Neumann gelingt, eine spannende Geschichte mit Intrigen, Machtspielen sowie politischen und militärischen Konflikten der Krisenregion Kivu im Kongo zu kombinieren, ohne den Leser zu belehren. Es ist Unterhaltung auf hohem Niveau. Die Protagonisten sind authentische differenzierte Persönlichkeiten, deren Handlungen für mich als Leser nachvollziehbar waren.

Das in sich schlüssige und realitätsnahe Finale lässt mich nachdenklich zurück. Wer sich für Afrika, den Kongo und globale Probleme, verpackt in einen spannenden Thriller, interessiert, dem ist dieses Buch zu empfehlen. Gern vergebe ich 5 Sterne und hoffe auf weitere Bücher dieser talentierten Autorin.

Das Rezensionsexemplar wurde mir dankenswerter Weise von NetGalley zur Verfügung gestellt und hat meine Meinung in keiner Weise beeinflusst.

Veröffentlicht am 12.11.2018

Ein modernes Weihnachtsmärchen

Dünenwinter und Lichterglanz
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Die bezaubernde Erzählung „Dünenwinter und Lichterglanz“ von Tanja Janz, die im winterlichen St. Peter- Ording an der Nordsee spielt, erschien 2018 als MIRA-Taschenbuch.

Alida Jacobsen entdeckt ...

Die bezaubernde Erzählung „Dünenwinter und Lichterglanz“ von Tanja Janz, die im winterlichen St. Peter- Ording an der Nordsee spielt, erschien 2018 als MIRA-Taschenbuch.

Alida Jacobsen entdeckt im Nachlass ihrer verstorbenen Oma eine kleine verschlossene Truhe. Obwohl es keinen Schlüssel gibt, gelingt es ihr den Behälter zu öffnen und sie findet einen Stapel alter Briefe. Aber es sind keine Umschläge mit einer Adresse vorhanden, nur den Namen Hans kann sie entziffern. Sie findet noch ein Foto ihrer Oma als junge Frau mit einem unbekannten Mann, aufgenommen vor einem Pfahlbau in St. Peter-Ording.

Mit diesem Foto und dem Brief begibt sie sich nach St. Peter - Ording, um den Empfänger zu suchen. Wird es ihr gelingen die große Liebe ihrer Oma zu finden?

Sie ahnt nicht wie diese winterliche Reise ihr Leben verändern wird. Tanja Janz erzählt flüssig und sehr einfühlsam. Die Schilderungen der verschneiten Salzwiesen und des Ortes mit seinen schmucken Häusern und Hotels verzaubern den Leser. Ich kenne St. Peter im Frühling, aber meine Sehnsucht, diesen wunderschönen erholsamen Ort im Winter zu erleben, wurde geweckt. Die Beschreibungen friesischer Bräuche und Legenden fügen sich perfekt ein.
Die Zeit vergeht schnell für Alida in St. Peter- Ording und so werden es mehr als drei Wochen, in denen sie auch die Familie von Femke, die neben ihrem Antiquitätenladen auch noch Fremdenzimmer vermietet, näher kennen lernt. Alida ist bescheiden und hilfsbereit geblieben, obwohl viele Menschen sie aus ihrer Fernsehsendung als Wohnexpertin kennen. Sie freundet sich bald nicht nur mit Femke und ihren Zwillingen an, sondern unterstützt die Familie auch bei der Vorbereitung des Adventsfestes im Antiquitätenladen. Bald eröffnen sich ihr ausgerechnet in St. Peter attraktive berufliche Perspektiven. Nur Thomas, Femkes Bruder, macht es ihr nicht leicht.

Die Suche nach dem unbekannten Hans nimmt sie ganz schön in Anspruch. Jedoch Alida lässt sich nicht entmutigen und stößt auf einen überraschenden alten Zeitungsartikel.

Mir hat diese Erzählung mit dem Ausblick in die Zukunft sehr gut gefallen. Die Story bietet viel Abwechslung, Überraschungen und einen ganz besonderen Zauber. Manchmal hat die Handlung etwas Märchenhaftes, was aber sehr gut in die bevor stehende Weihnachtszeit passt. Das Versprechen des wunderschönen Covers wird hier nicht enttäuscht. Es ist eine stimmungsvolle Geschichte, die nicht nur in die Vorweihnachtszeit passt, sondern zu jeder Zeit von allen, die Romantik mögen, gelesen werden kann.

Das Rezensionsexemplar wurde mir dankenswerter Weise von NetGalley zur Verfügung gestellt und hat meine Meinung in keiner Weise beeinflusst.



Veröffentlicht am 08.11.2018

Entbehrungen und erste Hoffnungen auf eine bessere Zukunft

Die Schwestern vom Ku'damm: Jahre des Aufbaus
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„Jahre des Aufbaus“ ist der gelungene Auftakt der großen 50er Jahre -Trilogie „ Die Schwestern vom Ku‘damm“ der promovierten Historikerin Brigitte Riebe. Die Reihe erscheint bei Rowohlt Wunderlich.
Für ...

„Jahre des Aufbaus“ ist der gelungene Auftakt der großen 50er Jahre -Trilogie „ Die Schwestern vom Ku‘damm“ der promovierten Historikerin Brigitte Riebe. Die Reihe erscheint bei Rowohlt Wunderlich.
Für mich war es das erste Buch der Autorin; ich bedanke mich bei der Buchboutique, die mir das Buch zur Verfügung gestellt hat.

Angesiedelt ist die Handlung im Berlin der Nachkriegszeit von 1945 und 1951. Das Buch erzählt von den drei Thalheim-Schwestern Ulrike, genannt Rike, Silvie und Florentine.
In jedem Teil wird eine andere Schwester im Mittelpunkt stehen. Im ersten Teil geht es um Rike, die eine große Rolle für den zukünftigen Weg ihrer Familie spielt.

Mit dem Kriegsende stehen sie vor den Trümmern ihrer Existenz. Das schöne Modekaufhaus Thalheim, dessen Eröffnung 1932 im Prolog geschildert wird, ist von Bomben vernichtet. Nur Ruinen zeugen noch von seiner Existenz. Der Vater, der noch zum Volkssturm eingezogen wurde, wird vermisst. An ihrer Seite ist noch die junge Französin Claire, die zweite Frau des Vaters und Mutter von Florentine.

Alle vier verzweifeln nicht, sonder nehmen den Kampf für ein besseres Leben auf. Arbeit schreckt sie nicht ab und sie packen als Trümmerfrauen mit an. Durch einen Zufall begegnen sie Miriam, der Tochter ihrer jüdischen Direktrice. Ihr ist es gelungen unerkannt im Berliner Untergrund zu überleben.

Es ist wunderbar zu lesen, wie es Brigitte Riebe gelingt mit wenigen Sätzen Situationen und Personen treffsicher zu beschreiben. Man fühlt mit ihren Protagonistinnen deren Träume, Ziele und Ängste. Als Leser kann man sich dank der anschaulichen Schilderungen das zerstörte Berlin und die Sorgen der Menschen vorstellen. Der Roman fesselt von Beginn an und liest sich leicht.

Die fünf Frauen sind sehr unterschiedlich. Jeder trägt mit ihren Fähigkeiten zum Überleben bei. Rike verliert dabei ihren Traum vom Wiederaufbau des Kaufhauses nie aus den Augen. Sie ist die Vernünftige, die die Familie zusammen hält. Ihr gelingt es mit Hilfe der Beziehungen ihres Onkel Carls, der ein entschiedener Gegner des dritten Reichs war und seine berufliche Karriere als Staatsanwalt unter den Nazis aufgegeben hat, den Vater freizubekommen. Doch Friedrich Thalheim ist nicht mehr der alte. Es fällt ihm schwer sich in der Nachkriegszeit einzuleben.

Die lebensfrohe und etwas leichtlebige hübsch Silvie entwickelt ungeahnte Talente auf dem Schwarzmarkt, um Nützliches für die Familie zu erwerben oder zu tauschen. Später macht sie Karriere beim Rundfunk.
Claire, eine zierliche Frau, wird zu einer zupackenden Trümmerfrau und Miriam, die einen kaputten Rücken hat, träumt nicht nur von Mode, sondern näht aus allem, was man auftreiben kann, Bekleidung für die Frauen.

Mit ihrer Hilfe und alten Geschäftskontakten ihres Vaters gelingt es Rike ein kleines Geschäft zu mieten und erste Stücke anzubieten. Auch ihr durch den Krieg unterbrochenes Studium wird sie noch abschließen. Sie ist zielstrebig und vernünftig. Das Glück der großen Liebe erlebt sie mit dem Italiener Alessandro.
Ein Brief aus der Schweiz, wo der verstorbene Großvater lebte, bringt Rike ihrem Traum vom Kaufhaus näher. Aber auch ein Familiengeheimnis, von dem sie nichts ahnte, wird ihr Schicksal verändern. Doch es bleibt nicht das einzige Geheimnis der Familie Thalheim.

Brigitte Riebe erzählt eine spannende Geschichte mit so vielen unterschiedlichen Facetten, die den Leser nicht mehr los lässt. Dabei schildert sie nicht nur die entbehrungsreiche Nachkriegszeit und die Anfänge des Wiederaufbaus, sondern bezieht auch die politische und wirtschaftliche Entwicklung in Berlin gekonnt in die Handlung ein. Die Währungsreform 1948 wird herbei gesehnt, doch wie sie im westlichen Teil Berlins tatsächlich umgesetzt wird, ist ganz anders als erwartet. Das ist nur ein Beispiel, wie es die Autorin versteht, reale Ereignisse mit historischem Wissen und einer spannenden Geschichte zu kombinieren, ohne den Leser zu belehren. Es ist Unterhaltung auf hohem Niveau.

Ein großartiger, fesselnder und gefühlvoller Roman, der den Leser schon mit dem ersten Band verzaubert und in seinen Bann zieht, ist Brigitte Riebe gelungen.
Man darf gespannt sein, wie das Leben für die drei Schwestern weitergeht.
Die chronologische Zeittafel der Geschichte Berlins in den Jahren 1945 bis 1950 am Schlusse des Buches rundet die Erzählung perfekt ab und hilft dem Leser bei Einordnen der geschilderten Ereignisse.

Mit großer Spannung und Vorfreude warte ich auf die noch folgenden beiden Bände. Die Fortsetzung für den Juli 2019 avisiert.

Aus meiner Sicht ist der erste Band dieser Familiensaga sehr gut gelungen und ich gebe eine klare und eindeutige Leseempfehlung.