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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.06.2017

Von Rache getrieben ....

Nichts bleibt
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Wow, ich tue mich sehr schwer mit der Bewertung und auch mit dieser Rezension. Willi Achten hat hier ein Werk geschaffen, das seinesgleichen sucht. Das seinesgleichen sucht in Bezug auf Gewalt, aber auch ...

Wow, ich tue mich sehr schwer mit der Bewertung und auch mit dieser Rezension. Willi Achten hat hier ein Werk geschaffen, das seinesgleichen sucht. Das seinesgleichen sucht in Bezug auf Gewalt, aber auch auf Traurigkeit und vor allem Rache.
Der Protagonist Franz scheint an der Oberfläche ein normaler Mensch zu sein. In einer eher ungewöhnlichen Konstellation lebt er mit seinem Sohn – dem Jungen – und seinem Vater irgendwo in einem Haus zusammen. Die Mutter des Jungen hat die „Idylle“ recht früh verlassen, weshalb sich der Junge noch enger an den Großvater bindet. Sie haben in ihrer Brieftaubenzucht ein gemeinsames Hobby gefunden. Bald jedoch beginnt genau diese scheinbare Idylle zu bröckeln. Die Tauben tun dem Jungen gesundheitlich nicht gut. Als dann schließlich der Großvater grundlos zusammen geschlagen wird, gibt es für Franz kein Halten mehr. Viel zu viel hat sich über die Jahre in ihm aufgestaut, viel zu viel versuchte er seit Jahren zu Vergessen. Die Jahre als Kriegsreporter haben ihn zum Getriebenen gemacht, der nur noch auf Rache sinnt.
Der Autor versteht es auf eine ganz besondere Art dem Leser verschiedene Menschentypen näher zu bringen. Viel näher eigentlich als man manche kennenlernen möchte. Ich war erschüttert zu lesen wieviel Gewalt in manchen Menschen steckt. Wie viel Abgebrühtheit gegenüber Mensch und Tier möglich ist. Natürlich verlangt Franz Vergeltung doch begibt er sich damit nicht genau auf das Niveau der Täter? Wer ist denn hier eigentlich Täter und wer ist Opfer? Ist Franz ein Opfer, da er jahrelang Reportagen in den grausamsten Kriegsgebieten der Welt aufzeichnete und dadurch von Gewalt geprägt ist? Oder ist er der Täter, da er das Verbrechen an seinem Vater sühnen möchte?
Die Geschichte ist so intensiv, dass man zwischendurch eine Pause einlegen muss um sich vom Kopfkino freizumachen, das sich beim Lesen breit macht. Andererseits kann man das Buch kaum zur Seite legen, denn man fühlt sich fast selbst ein bisschen getrieben und fiebert auf den Ausgang. Ich möchte für Willi Achtens Buch eine klare Leseempfehlung aussprechen aber eher Zartbesaitete sollten hier die Finger von lassen!

Veröffentlicht am 01.06.2017

Ein tragisches Highlight ...

So, und jetzt kommst du
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Selten ist es mir, basierend auf dem Wissen, dass es sich hier um eine wahre Geschichte handelt, schwerer gefallen, eine Rezension zu schreiben. Der autobiografische Roman des Autors lässt mich wütend, ...

Selten ist es mir, basierend auf dem Wissen, dass es sich hier um eine wahre Geschichte handelt, schwerer gefallen, eine Rezension zu schreiben. Der autobiografische Roman des Autors lässt mich wütend, erschüttert und traurig zurück. Umso größer ist meine Bewunderung für Arno Frank, der den Mut und die Kraft gefunden hat, sich diese Geschichte von der Seele zu schreiben, denn so muss es ja wohl gewesen sein.
Die Familie setzt sich zusammen aus Vater, Mutter und drei Kindern, von denen Arno das Älteste ist. So weit, so gut. Gleich zu Anfang merkt man, dass die Familie ein bisschen anders ist als andere. Der Vater versteht sich als sogenannter Lebenskünstler, der vor den Kinder und auch seiner Frau bekannt gibt, dass „jeden Tag ein Dummer aufsteht“ und man „durch arbeiten noch nie reich geworden ist“. Er schlägt sich erst als Autoverkäufer, schließlich dann als Verkäufer verschiendster Dinge, die die Menschheit nicht braucht, durch. Er ist von sich überzeugt und scheint ja auch gut anzukommen, so meint er jedenfalls. Langsam aber kristallisiert sich heraus, dass seine Luftschlösser sich genau in dieser aufzulösen beginnen. Es wird finanziell eng, das Haus wird verpfändet und Mutti springt als Tupperverkäuferin ein um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Es kommt, wie es kommen muss, denn dieses Geld reicht natürlich niemals um eine Familie zu ernähren. Papa verkauft den Kindern die Pleite als Abenteuer, packt sie kurzerhand ins Auto und los geht’s mit unbekanntem Ziel. Schnell entpuppt sich dieses Abenteuer als Albtraum …
Näher möchte ich auf den Inhalt gar nicht eingehen. Es darf jedoch nicht ungesagt bleiben, dass mir bei unterlassener Aufsichtspflicht den Kindern gegenüber die Hutschnur hochgeht. Sie werden von Schule zu Schule geschleppt, oft gehen sie gar nicht zur Schule. Sie müssen Hals über Kopf ihre neugewonnen Freunde verlassen, sind schließlich auf der Flucht vor der Polizei und haben nicht mehr genug zu essen. Für mich ist das die allergrößte Straftat, die der Vater und seine Frau den Kindern gegenüber begehen konnten. War die Mutter denn wirklich so naiv und war der Vater wirklich so abgebrüht?
Es ist die nicht erste Geschichte dieser Art, die ich gelesen habe aber in ihrer Intensität ist sie fast nicht zu überbieten. Hut ab, Arno Frank!

Veröffentlicht am 17.05.2017

Von mir Note Eins mit Sternchen ...

Die Liebe in diesen Zeiten
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Wer hier eine Dreiecksbeziehung zwischen Mary, Tom und Alistair vermutet und erhofft, wird enttäuscht sein. Wer jedoch ein tiefgründiges Buch über die Grauen des zweiten Weltkriegs gepaart mit immer wieder ...

Wer hier eine Dreiecksbeziehung zwischen Mary, Tom und Alistair vermutet und erhofft, wird enttäuscht sein. Wer jedoch ein tiefgründiges Buch über die Grauen des zweiten Weltkriegs gepaart mit immer wieder neuen Hoffnungsschimmern am Horizont erlesen möchte, dem sei dieses ans Herz gelegt. Der Buchmarkt ist in den letzten Jahren mit Büchern, die genau diese Zeit beschreiben, recht überschwemmt worden, dennoch schafft es „Die Liebe in diesen Zeiten“, sich von der breiten Masse abzuheben. Monat für Monat wird der Materie ein Kapitel gewidmet in dem man die Protagonisten kennen , bewundern und manchmal auch verabscheuen lernt. Aus der verwöhnten Mary wird – anders als aus ihrer Mutter – eine mutige junge Frau, die sich den auftauchenden Problemen durchaus zu stellen weiß. Sie kämpft für die Gerechtigkeit und vor allem Gleichberechtigung zweier verschiedener Rassen. Sie setzt sich ein für die Kinder und die Schwachen mit einer Leidenschaft, die ihresgleichen sucht. Während Tom Mary zu lieben versucht, ist er doch längst nicht immer einer Meinung mit ihr. Ob ihre Liebe stark genug sein kann? Und dann haben wir Alistair, der den Krieg auf Malta von einer seiner grausamsten Seiten erlebt.

Dieses Antikriegsbuch bezieht den Leser mit ein. Man fühlt sich mittendrin im zerbombten London, auf Malta, wo die Leute langsam schlichtweg ausgehungert werden aber auch im Club mit den schwarzen Musikern, die nur bei Nacht sichtbar werden dürfen. Schon zwei des Autors Vorgängerbücher – „Lieber Obama“ und „Little Bee“ haben mich beeindruckt. Mit diesem Buch aber konnte mich Chris Cleave schlichtweg begeistern

Veröffentlicht am 05.05.2017

Ein phantastisches Abenteuer ...

Niemalsland
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Eigentlich ist das ja so gar nicht mein Genre aber irgendwie hat es dieses Buch auf meinen Stapel ungelesener Bücher – den Hardcore Lesern unter uns auch als SUB bekannt – geschafft. Nun habe ich mich ...

Eigentlich ist das ja so gar nicht mein Genre aber irgendwie hat es dieses Buch auf meinen Stapel ungelesener Bücher – den Hardcore Lesern unter uns auch als SUB bekannt – geschafft. Nun habe ich mich endlich daran gemacht und bin ja wohl absolut verzaubert. Je mehr ich mich rein gelesen hatte in diese Geschichte, desto mehr Kopfkino vom Feinsten begann sich in meinem Kopf zu bilden. Man fiebert mit den Protagonisten, ob sie die Rätsel lösen, die Abenteuer bestehen und vor allem mit dem Leben davon kommen werden. Man fiebert vor allem mit Door, dem Mädchen, das unseren unschuldigen Richard in die Unterwelt katapultiert hat, ob sie nun endlich den Mord an ihrer Familie aufklären kann.

Der sehr lebendige Schreibstil dieser „Urban Fantasy“ ließ mich durch die Seiten nur so fliegen. Die Charaktere werden gut beschrieben und man kann die Londoner Unterwelt, das Markttreiben etc. förmlich riechen und spüren. Ob der Hauptdarsteller Richard nach all dem Erlebten je wieder in der Oberwelt zurechtkommen wird?

Der Autor hat mich mit diesem Buch neugierig gemacht und ich habe noch ein bisschen recherchiert. Dabei habe ich entdeckt, dass die BBC dieses Buch vor Jahren in einer Miniserie verfilmt hat und … dass der Autor seit 2017 tatsächlich an einem Folgeband arbeitet. Den werde ich natürlich im Auge behalten.Von mir bekommt das Buch, auch für Nicht-Fantasy-Leser eine klare Leseempfehlung.

P.S.: Als ich im Buch mit den Rattensprechern zusammentraf, kam mir gleich ein weiteres zauberhaften Buch in den Sinn: „Firmin – ein Rattenleben“, das mir vor ein paar Jahren auch sehr gut gefallen hatte.

Veröffentlicht am 03.05.2017

Wie weit darf man gehen?

Das Buch der Spiegel
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Bei vielen Büchern verrät der Klappentext weit mehr als notwendig ist, nicht so bei diesem Buch, das schon vor seiner Veröffentlichung geschickt auf die verschiedensten Arten beworben und vermarktet wurde. ...

Bei vielen Büchern verrät der Klappentext weit mehr als notwendig ist, nicht so bei diesem Buch, das schon vor seiner Veröffentlichung geschickt auf die verschiedensten Arten beworben und vermarktet wurde. Die kurze Zusammenfassung entwickelte eine Neugier in mir, ich musste das Buch lesen. Immerhin handelte es sich um ein Manuskript, das für den Literaturagenten Peter Katz und alle weiteren Charaktere eine wahre Geschichte beschreibt. Eine wahre Geschichte ohne Aufklärung. Sozusagen ein Cliffhanger vom Feinsten. Genau wie ich, wird auch Peter Katz neugierig und recherchiert auf eigene Faust. Schnell stößt er jedoch an seine Grenzen und engagiert den einen befreundeten Journalisten John Keller. Dieser gräbt noch ein bisschen tiefer und deckt Geschichten auf, die die Betroffenen lieber begraben gesehen hätten. Unter anderem lernt er den ehemaligen Polizisten Roy Freeman kennen, der damals mit dem Mordfall beauftragt war und in seinen Ermittlungen scheiterte.

In diesem Buch wird jedoch nicht nur Aufklärungsarbeit betrieben. Hier wird sich psychologisch vom Feinsten mit allen Charakteren auseinandergesetzt. Was ist wahr, wo trügt die Erinnerung, welche Gedankengänge wurde gar ganz ausgelöscht?

Unblutig aber spannend von Anfang an fesselt das Buch mit seiner ungewöhnlichen Schreibweise. Ich freue mich, dass dieser für mich bis dahin unbekannte Autor nun so viel Aufmerksamkeit genießt. Die vielen positiven Rezensionen sprechen für sich.