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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.02.2017

Von Schirach kann es einfach

Schuld
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INHALT:
Ein Ehemann quält jahrelang seine junge Frau. Ein Internatsschüler wird fast zu Tode gefoltert. Ein Ehepaar verliert die Kontrolle über ihre sexuellen Spiele. Ein Mann wird wegen Kindesmissbrauchs ...

INHALT:
Ein Ehemann quält jahrelang seine junge Frau. Ein Internatsschüler wird fast zu Tode gefoltert. Ein Ehepaar verliert die Kontrolle über ihre sexuellen Spiele. Ein Mann wird wegen Kindesmissbrauchs angeklagt. Leise, aber bestimmt stellt Ferdinand von Schirach die Frage nach der Schuld des Menschen.

MEINUNG:
Ferdinand von Schirach, Strafverteidiger mit renommierter Kanzlei in Berlin, schildert in seinem zweiten Erzählband "Schuld" erneut reale Fälle aus dem anwaltlichen Alltag, erzählt Geschichten aus der juristischen Praxis, die sich zumindest in ihren Grundzügen auch in der Realität so abgespielt haben.
Die Frage nach Schuld und Unschuld, der Blick in die Abgründe menschlichen Seins, das Nachdenken über die Justiz faszinieren immer. In diesem kurzen Buch trägt er in knapper Sprache, zuweilen fast skizzenhaft, Fälle vor, bei denen man sich immer wieder fragt, ob hier Wirklichkeiten beschrieben werden oder ob der Verfasser Fälle konstruiert hat, um auf bestimmte Probleme aufmerksam zu machen.

Ferdinand von Schirachs Sprache fesselnd mich jedes Mal aufs Neue und das trotz der Kürze seine Werke. Genau diese Reduzierung der Wort ohne ausschweifend zu werden, schafft die Intensität in von Schirachs Werken. Seine geschilderten Fälle sind alle sehr unterschiedlich. Nicht immer kann die Schuldfrage eindeutig beantwortet werden und häufig erwischte ich mich auch dabei, dass manche Tat rechtlich gesehen zwar strafbar ist, aber moralisch gesehen irgendwie dennoch richtig ist, z.B. wenn sich eine Ehefrau endlich gegenüber ihrem gewalttätigen Ehemann wehrt. Zwischen Recht und Moral ist häufig ein schmaler Grat. Diesen Aspekt hat von Schirach auch bereits in seinem neusten Werk Terror verdeutlicht.

Die Fälle sind alle sehr unterschiedlich und rufen im Leser eine bunte Palette an Gefühlen hervor, die von schmunzelnd bis völlig schockiert alles bereithalten. Einig Fälle werden sich nicht in meinem Gedächtnis festsetzen, aber andere wiederum schon. Mir hat besonders gut gefallen, dass von Schirach hier ganze verschiedene Stories ausgewählt hat, deren Ausgang auch immer unterschiedlich war und keiner glich dem anderen. Alle gemeinsam ist dennoch, dass sie so manchen Blick in den Abgrund menschlicher Seelen und Psyche wirft. Von Schirach ist nicht immer zu beneiden bei seiner Tätigkeit als Anwalt, vor allem dann wenn er den Täter verteidigen muss.

FAZIT:
Mal wieder hat mich von Schirach mit seiner klaren und schnörkellosen Sprachen eingefangen, ja schon hypnotisiert. Trotz der Kürze des Werkes bleibt es einem im Kopf und klingt noch lange nach. Viele der Fälle regen auch zum Nachdenken kann. Es ist definitiv ein Büchlein, zu dem ich definitiv nicht zum letzten Mal gegriffen haben werde.
Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 21.02.2017

Gutes Debüt

Be my Girl
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INHALT:
Ellie und Rob sind das perfekte Paar. Gut aussehend, erfolgreich, bis über beide Ohren verliebt. Aber nur Augenblicke nach dem Jawort scheint alles in Scherben zu liegen. Rob verbirgt eine entsetzliche ...

INHALT:
Ellie und Rob sind das perfekte Paar. Gut aussehend, erfolgreich, bis über beide Ohren verliebt. Aber nur Augenblicke nach dem Jawort scheint alles in Scherben zu liegen. Rob verbirgt eine entsetzliche Vergangenheit. Je mehr Ellie erfährt, desto tiefer wird sie in einen Strudel aus Lügen und Verrat gezogen, der ihr beider Leben bedroht. Wer ist der Mann, den sie geheiratet hat? Und wie weit will sie gehen, um ihre Liebe zu retten? Denn Rob ahnt nicht, dass auch sie nicht ehrlich zu ihm war …
MEINUNG:
Das Buch wird als Pyschothriller betitelt, aber ich fand, dass es viel mehr ein Thriller war. Natürlich gibt es typische psychologische Spannungsmomente, aber das Buch ist keinesfalls unblutig und hat auch die eine oder andere Gewaltszene. In meinem Verständnis bleiben diese bei Psychothrillern meist aus, aber das mag Ansichtssache sein.
Be my Girl legt gleich zu Anfang mit einem rasanten Tempo vor. Die relativ kurzen Kapitel wechseln sich zwischen „Damals“ und „Heute“, wobei die Handlung in der Gegenwart stringent erzählt wird und die Vergangenheit hin und her springt zwischen der Kindheit und Jugend von Ellie und Rob, ihrer beider Kennenlernen und den Szenen, die dann in die Gegenwart münden. Die Kapitel wechseln sich immer ab, aber mir gelang es immer dem Ganzen zu folgen und Stück für Stück setzen sich die Puzzleteile zusammen. Das hat mir gut gefallen. Die Autorin behält auch immer den roten Faden bei und verliert sich nicht in dem scheinbaren Durcheinander der Vergangenheit.
Allerdings ist recht schnell klar, wo Rob drin steckt und das hat mich nicht sonderlich vom Hocker gerissen. Auch wenn Rob immer präsent ist, taucht er erst relativ am Ende in der Gegenwart auf. Ich wusste nicht so recht, was ich von ihm halten sollte. Seine Vergangenheit sorgt dafür, dass auch Ellie in den Strudel der Machenschaften von Rob gerät. Was mich gestört hat, ist das Rob sie da schlussendlich aktiv mitreinzieht und etwas von verlangt, was ich nicht nachvollziehen konnte. Nur um seine eigene Haut zu retten? Ich kann es nicht genau sagen. Es hat ihm auf jeden Fall keine Sympathiepunkte bei mir eingebracht. Er ist eine Marionette von anderen und Ellie dann zu seiner.
Der Klappentext ließ mich vermuten, dass es sich hier um ein psychologisches Spannungsspiel zwischen zwei Eheleuten handeln könnte, aber das ist leider nicht der Fall. Das Buch ist getrieben von Robs falschen Entscheidungen. Ellie hat auch ihre Geheimnisse, aber die sind für die Handlung nicht wirklich relevant und Rob erfährt diese auch nicht. Sie sind insoweit relevant, dass Ellies Persönlichkeit geprägt haben und vielleicht ist das genau die Erklärung, warum Ellie und Rob so ein perfektes Paar sind.
Das Ende hält noch mal eine Wendung bereit. Es ist raffiniert gemacht und lässt Spielraum für einen möglichen zweiten Teil.

FAZIT:
Für einen Debüt-Roman ist der Thriller sehr gut ausgearbeitet und durchgehend spannend. Der Roman ist wie ein guter Action-Thriller à la James Bond, der einen ein paar Stunden gut unterhält, den man aber vermutlich auch recht schnell wieder vergisst.
Ich vergebe 3,5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 30.01.2017

Ein cleverer und außergewöhnlicher Thriller

Die Gerechte
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INHALT:
Eine Flughafenbar in London. Es ist Abend, und Ted Severson wartet auf seinen Rückflug nach Boston, als eine attraktive Frau sich neben ihn setzt. Kurz darauf vertraut er der geheimnisvollen Fremden ...

INHALT:
Eine Flughafenbar in London. Es ist Abend, und Ted Severson wartet auf seinen Rückflug nach Boston, als eine attraktive Frau sich neben ihn setzt. Kurz darauf vertraut er der geheimnisvollen Fremden an, dass seine Frau ihn betrogen hat. Mit ihrer Reaktion jedoch hat er nicht gerechnet: Sie bietet ihm Hilfe an – beim Mord an seiner Ehefrau. Ein Trick? Ein morbider Scherz? Oder ein finsteres Rachespiel, das nur ein böses Ende nehmen kann?

COVER:
Das Cover und den Titel finde ich sehr treffend ausgewählt, denn beide spielen auf besagte attraktive Frau an, die Ted in der Flughafenbar trifft. Für die meisten Leute wirken rote Haare sehr anziehend und das trifft auch auf dieses Titelbild zu.

MEINUNG:
Der Klappentext verrät nicht besonders viel und aus dem Grund waren auch meine Erwartungen niedrig. Die erste Hälfte des Buches plätschert ein wenig vor sich. Ich war nicht wirklich gelangweilt, aber ich war auch noch nicht richtig gepackt. Ich war in entspannter Erwartungshaltung, wie die beiden nun Teds Ehefrau umbringen wollen. Wir lesen diese erste Hälfte aus den Perspektiven von Ted und der besagten Frau, welche ich aber deutlich spannender fand, denn man wird weit in ihren Vergangenheit geworfen und bekommt einen Einblick, warum sie beschließt Ted zu helfen. Obwohl das Buch in den USA spielt, habe ich es als sehr englisch empfunden, was vermutlich daran liegt, dass die Orte in Neuengland angesiedelt sind. Die englische Atmosphäre ist es was ich sehr gern mag und hier hat es mir gut gefallen.

Auf der zwei Hälfte kommt es zu einer nicht vorhersehbaren, wirklich krassen Wendung, die die ganze Geschichte in eine völlig andere Richtung lenkt und ab da hatte die Geschichte auch meine volle Aufmerksamkeit. Von da an bekommt man ein Gefühl dafür, worum es wirklich geht. Es bleiben immer noch zwei Erzählperspektiven, aber sie sind andere als die im ersten Teil. Auch dieser zweite Teil, zu dem gar nicht mehr verraten möchte, gipfelt in eine weitere Wendungen, die etwas vorsehbarer war, aber bei der ich mich gefragt, wie das ganze enden wird.

Im dritten und letzten Teil werden wieder die Perspektiven gewechselt und man kommt dem Täter langsam auf die Spur. Mit fortschreitendem Lesen habe ich auch innerlich mit mir gehadert, ob ich lieber ein unmoralisch Ende hätte oder ein solches, wo der Täter seine gerechte Strafe bekommt. Der Autor kam mir sehr entgegen, denn er schuf ein Ende, das nur scheinbar ein Ende ist. Die letzten Seiten zeigen allerdings, dass das Ende vermutlich ein anderes sein wird und damit würde ich es schon fast als offen beschreiben. Sehr clever gemacht!

FAZIT:
Der Thriller ist schwer in Worte zu fassen ohne das man zu viel verrät, denn er lebt von seinen ungewöhnlichen Wendungen. Bis auf die fehlende Spannung im ersten Teil, konnte mich dieser Thriller restlos von sich überzeugen, denn er ist einfach mal was anderes und gar nicht bis wenig vorhersehbar. Zum ersten Mal habe ich hier auch erlebt, dass das Ende relativ offen ist und sich nach den letzten Seiten noch seinen Teil denken muss.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 25.01.2017

Beklemmendes Debüt

Saving Grace - Bis dein Tod uns scheidet
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INHALT:
Grace und Jack Angel sind das perfekte Paar. Die dreiunddreißigjährige Grace ist warmherzig, liebevoll, bildhübsch. Jack sieht gut aus, ist charmant und kämpft als renommierter Anwalt für die ...

INHALT:
Grace und Jack Angel sind das perfekte Paar. Die dreiunddreißigjährige Grace ist warmherzig, liebevoll, bildhübsch. Jack sieht gut aus, ist charmant und kämpft als renommierter Anwalt für die Rechte misshandelter Frauen. Aber sollte man Perfektion jemals trauen? Warum zum Beispiel kann Grace auf Dinnerpartys so viel essen und nimmt doch niemals zu? Warum umgibt ein hoher Zaun Jacks und Graces wunderschönes Haus? Doch wenn man Grace danach fragen möchte, stellt man fest, dass sie nie allein ist. Denn Jack ist immer – wirklich immer – an ihrer Seite …

MEINUNG:
Schon auf den ersten 50 Seiten setzt eine leichte Beklemmung ein. Der Klappentext deutet bereits an, dass etwas in der Ehe zwischen Grace und Jack nicht stimmt. Dennoch hat man zunächst keine Vorstellung, wie schlimm es wirklich ist. Nach und nach enthüllt die Autorin welches Martyrium Grace ertragen muss und da haben sich mir wirklich die Nackenhaare aufgestellt, vor allem weil es für scheinbar kein Entkommen gibt.

Die Autorin verzichtet hier völlig auf blutige Gewaltszenen. Die Gewalt ist psychischer Natur, sehr subtil und immer unterschwellig. Jack hat Grace in der Hand und das spürt man von Anfang an. Auch die Angst, die Grace durchsteht ist immer präsent. Die Geschichte wird abwechselnd zwischen Gegenwart und Vergangenheit aus Grace Sicht erzählt bis sich beide Handlungsstränge dann treffen. Die Vergangenheit gibt Aufschluss darüber, wie Grace und Jack sich kennen gelernt haben und wie sie in ihre derzeitige Lage gekommen ist, weil das kann man sich einfach nicht vorstellen. Doch Jack ist ein absoluter Psychopath und hat alles bis ins kleinste Detail durch dacht. Trotz aller Drohungen versucht Grace immer wieder zu fliehen und ihrer Situation zu entkommen. Nur ist Jack ihr immer einen Schritt voraus.

Es ist mir schwer gelungen, dass Buch aus der Hand zu legen, weil der Wunsch, dass Grace irgendwie schafft zu entkommen immens hoch ist und man immer nur hofft, dass sich eine Gelegenheit bietet zu fliehen. Das Buch ist definitiv nichts für zarte Gemüter, vor allem schon deswegen nicht, weil der Täter hier der eigene Ehemann ist und das oft nur schwer zu ertragen war. Graces pure Verzweiflung ist immer da, aber sie gibt auch nicht auf.

FAZIT:
Bis auf einige kleine Schwächen ist es ein super spannender, gut ausgearbeiteter Psychothriller, den man schwer aus der Hand legen kann und der einem wirklich das Fürchten lernt. Der aber auch die Grenzen des Ertragbaren auszuloten weiß. Ich bin gespannt auf die nächsten Romane der Autorin!
Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 25.01.2017

Einfühlsame Familiengeschichte

Ich fühle was, was du nicht fühlst
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INHALT:
Die 13-jährige India lebt mit ihren Hippie-Eltern und ihrem Bruder Che in der bürgerlichen Umgebung einer süddeutschen Kleinstadt. Intelligent und mit spöttischem Scharfblick betrachtet sie die ...

INHALT:
Die 13-jährige India lebt mit ihren Hippie-Eltern und ihrem Bruder Che in der bürgerlichen Umgebung einer süddeutschen Kleinstadt. Intelligent und mit spöttischem Scharfblick betrachtet sie die Welt der Erwachsenen und durchschaut deren Lebenslügen. Ihr Nachbar, ein Musiklehrer, überredet sie zu Klavierstunden und entdeckt ihre große musikalische Begabung. Während ihre Eltern mit einer Ehekrise beschäftigt sind und Che in die Kriminalität abzudriften droht, entsteht zwischen India und ihrem Lehrer eine einzigartige Verbindung, getragen von der Liebe zur Musik. Doch in einem einzigen Moment zerstört er ihr Vertrauen, und India steht vor einer furchtbaren Entscheidung: Ihr Geheimnis öffentlich zu machen – oder für immer zu schweigen.

COVER:
Das Cover ist mir sofort ins Auge gefallen. Vor allem auch deswegen, weil es von typischen Cover von Amelie Frieds Romanen abweicht. Die bunten Farbspritzer erinnern mich an die diversen Holi Colour Festivals, welches sehr gut zu den 1970ern passt, in denen der Roman spielt. Ich bin großer Freund von diesen matten Broschur-Ausgaben, aber es ist fast unmöglich, dass der Rücken des Buches nach dem ersten Lesen nicht schief ist. Für mich als Buchliebhaber immer ein kleiner Wehmutstropfen.

MEINUNG:
Ich habe bisher noch nie einen Roman von Amelie Fried gelesen, auch mir ihr Name schon lange geläufig ist. Die von Amelies Fried bisher geschriebenen Romane werden ja eher dem Bereich der Frauenliteratur (auch wenn ich den Begriff überhaupt nicht mag) zugeordnet und das ist nicht so mein Genre. Umso mehr wurde ich auf dieses Buch aufmerksam, welches ich als Coming-of-Age-Roman bezeichnen und auf Grund des Alters der Protagonistin auch als Jugendbuch einordnen würde.

Weil es aus dem Klappentest nicht hervor geht, war ich überrascht, dass es in den 1970er Jahren spielt. Damit ist es nicht ein Jugendbuch, sondern auch ein gesellschaftlicher Roman, denn er gibt Einblick in die Generation der 68er, zu denen Indias und Ches Eltern zweifelllos gehören. Sie sind eine
Nachkriegsgeneration, die auf der einen Seite immer noch mit nationalsozialistischen Vergangenheit ihrer Eltern zu kämpfen haben und die auf der anderen Seite bei ihren eigenen Kindern völlig mit dem damaligen Erziehungsstil brechen und diese völlig anti-autoritär erziehen. Was für viele Jugendliche der heutigen Generation ein erstrebenswertes Ziel wäre, ist etwas, woran Che und India sehr zu leiden haben.
Bei beiden ist sehr deutlich spürbar, dass sie unter dem Anders sein ihrer Eltern, aber auch mit deren Vernachlässigung, jeder auf seine Art zu kämpfen habe. Beide wünschen sich feste Regeln oder auch mal Bestraffungen für ihr Handeln. Ches und India Eltern ecken auch häufig mit ihrer Lebensweise in der klein-bürgerlichen, christlich geprägten, schwäbischen Kleinstadt an und sorgen damit auch nicht selten bei den beiden für peinliche und unangenehme Momente (India) und Ausrastern (Che). Dennoch gehen beide ganz unterschiedlich mit der familiären Situation um.
Es ist deutlich spürbar, dass bei Che der Leidendruck sehr groß ist und er flüchtet sich während des Verlaufs in zwei völlig konträre Richtungen mit dem deutlich Wunsch irgendwo dazu zu gehören und auch endlich die gewünschten Regeln zu haben, die er bei seinen Eltern so schmerzlich vermisst. Beiden gemeinsam ist, dass nirgendwo wirklich dazu gehören. India ist weitaus klüger und intelligenter als es für ihr Alter üblich ist und wird von ihren Mitschülern nur als Streberin betrachtet. Ich mochte an ihr, dass sie bereits ihr eigenes Verhalten und das der Erwachsenen sehr klug reflektiert. Auch wenn sie lieber normal und durchschnittlich sein würde, hat die Erziehung ihrer Eltern bzw. eher das Fehler auch einen positiven Einfluss auf sie. In meinen Augen ist sie deutlich offener für alternative Lebensweisen. Selbst als die Ehe der Eltern anfängt zu zerbrechen, geht sie damit bewundernswert um. Obwohl ihre Eltern sich eigentlich nur um sich selbst kümmern und nicht mal für das Essen sorgen, spürt man bei India keine Verbitterung gegenüber ihnen (auch wenn ich das gut verstanden hätte).

Der Roman zeigt auch auf, wie Vorwürfe gegenüber einer Person, die einen guten Ruf hat, in einer Kleinstadt gehandhabt werden. Man glaube der anschuldigenden Person einfach nicht und da unterscheiden sich auch Hippies von Nicht-Hippies nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass das in einigen ländlichen Regionen auch noch immer so ist. Es wurde aufgezeigt, dass es dann besser ist zu schweigen bevor sich die Anschuldigungen noch gegen einen richten könnten. Das hat mich wirklich wütend gemacht.

FAZIT:
Mir hat es manchmal etwas an Spannung gefehlt, aber es ist in diesem Genre einer der besten Romane, die ich je gelesen habe. Trotz vieler schwieriger Themen, die Amelie Fried sehr einfühlsam aufgegriffen hat, verliert der Roman niemals an Leichtigkeit und Humor, was vor allem an Ich-Erzählerin India liegt, die ich sehr ins Herz geschlossen habe. Sie trägt diesen Roman als Schlüsselfigur.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.