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Veröffentlicht am 20.11.2021

Abenddämmerung der Spione

Silverview
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Ach wie gut, dass John LeCarré bei seinem angesichts des hohen Lebensalters nicht völlig überraschenden, aber gleichwohl bedauerlichem Tod keinen blanken Schreibtisch hinterließ. sondern auch ein Manuskript. ...

Ach wie gut, dass John LeCarré bei seinem angesichts des hohen Lebensalters nicht völlig überraschenden, aber gleichwohl bedauerlichem Tod keinen blanken Schreibtisch hinterließ. sondern auch ein Manuskript. Zum 90. Geburtstag des großen alten Gentleman anspruchsvoller Spionageliteratur ist nun "Silverview" erschienen, und auch wenn es nicht ganz mit der Karla-Triologie mithalten kann, hält auch dieses (Hör-)buch, was der Autorenname verspricht.

Wieder einmal zeigt LeCarré, wie die Ränke- und Doppelspiele von Agenten und Verrätern den Alltag seines Protagonisten verändern und immer neue Fragen aufwerfen. Ein wenig scheint "Silverview" aus der Zeit gefallen, die Technologie des 21. Jahrhunderts hat zurückzustehen hinter persönlichen Begegnungen und Übergaben von Nachrichten, toten Briefkästen und abhörsicher arrangierten Treffen, man ist als Spion schließlich immer misstrauisch und rechnet mit unerwünschten Beobachtern. Oder ist spätestens seit dem NSA-Skandal bei den "Geheimen" die Kommunikation per Smartphone und Rechner eher suspekt?

Julian, ehemaliger City-Banker und seit neuestem eifriger, wenn auch nicht sonderlich literarisch beschlagener Buchhändler im ländlichen East Anglia, hat eines Abends einen Besucher in seinem Laden, einen etwas exzentrischen älteren Herrn, der zwar nichts kauft, aber ein Internatsfreund von Julians Vater war, so berichtet der Fremde. Der weißhaarige Edward überredet Julian, im Keller der Buchhandlung eine "literarische Republik" einzurichten und einen Rechner für Buchbestellungen zu installieren, zu dem Edward Zugang hat.

Was Julian nicht weiß: Der freundliche ältere Mann hat eine Vergangenheit als Spion und ist mit einer einsigen Top-Analystin des Geheimdienstes verheiratet. Während des Bosnien-Kriegs erlebte er Traumatisches. Der stellvertretende Chef des Inlandsgeheimdienstes folgt unterdessen dem Verdacht eines Verrats in den eigenen Reihen. Treibt Edward ein doppeltes Spiel? "Proctor the Doctor" besucht Edwards einstige Führungsoffiziere, mit Erläuterungen, die keiner glaubt unter den zwischen Staatsgeheimnissen ergrauten Ex-Spionen. Und auch Julian wird in das Ränkespiel einbezogen und muss die ihm zugedachte Rolle spielen.

Technisch-bombastisch a la James Bond waren die Romane LeCarré noch nie, und auch Silverview bildet hier keine Ausnahme. Es sind die subtilen Andeutungen, die intelligenten Dialoge, die komplexen, oft desillusionierten Protagonisten, die auch den letzten LeCarré prägen.

Dabei führt der Autor seine Leser einmal mehr in die britische Oberschicht, wo die Vertrautheit mit der Welt der Geheimdienste teils Familiensache ist von Generation zu Generation. Man hat eine elitäre Ausbildung genossen und scheut den Begriff Establishment, pflegt Understatement und eine ironische Handlung zu sich selbst. Die Helden von einst sind müde geworden. So seufzt der unter den Folgen eines Schlaganfalls leidende Ex-Geheimdienstler, eigentlich habe man doch gar nichts bewirkt - als Leiter eines Jugendclubs hätte er mehr für das Land tun können.

In der Hörbuchversion findet Achim Buch als Sprecher den richtigen Tonfall zwischen ironischer Selbstdistanz und Understatement, um Hörer in eine fast schon untergegangene Welt eintauchen zu lassen, in denen sich ältere Männer noch als "alter Knabe" titulieren und die Kunst der distinguierten Unterhaltung mit der möglicherweise untreuen Ehefrau noch angesagt ist. Bloß keine offene Konfrontation in diesen Kreisen, die Kunst der subtilen Doppelsprache mit ihren Zwischentönen wird gepflegt.

Auch wenn "Silverview" nicht der beste leCarré ist, macht das Buch klar, warum ein Autor wie der geistige Vater von George Smiley vermisst wird.

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Veröffentlicht am 18.11.2021

Hartnäckige Ermittlerin trotzt FSB

Tod in Weißen Nächten
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Es gibt Länder, da kann es für ehrliche Polizisten eine Herausforderung sein, integer zu bleiben. Natalia Iwanowna, Ermittlerin bei der Polizei in Sankt Petersburg, weiß das nur zu gut. So ganz ohne Trickserei ...

Es gibt Länder, da kann es für ehrliche Polizisten eine Herausforderung sein, integer zu bleiben. Natalia Iwanowna, Ermittlerin bei der Polizei in Sankt Petersburg, weiß das nur zu gut. So ganz ohne Trickserei kommt auch die Beamtin nicht durchs Leben - um den 18-jährigen Stiefsohn vor der Einziehung zum Militär und möglicherweise einem Einsatz in der Ostukraine zu bewahren, braucht er einen Studienplatz - und dabei zählen Schulnoten weniger als das Bestechungsgeld für den Verantwortlichen an der Hochschule. Ehemann Mischa, ebenfalls Polizist, nimmt die Regeln womöglich etwas lockerer, fürchtet Natalia - und sie weiß nicht, ob ihre Ehe den Verdacht, Mischa könne sich schmieren lassen überleben.

Ein neuer Fall lässt der Kommissarin in G.D. Absons (Hör-)Buch "Tod in den Weißen Nächten" allerdings wenig Zeit zum Grübeln. Zena, die Tochter eines schwerreichen schwedischen Industriellen, ist nach einer alkohollastigen Partynacht verschwunden. Eine Entführung ist nicht auszuschließen, angesichts des Reichtums des Vaters sogar wahrscheinlich. Oder ist Zena abgetaucht, auf der Suche nach ihren biologischen Eltern? Denn sie wurde, so erfährt Natalia, aus einem russischen Waisenhaus adoptiert, als ihr Vater in den wilden 90-er Jahren im postsowjetischen Land Geschäfte machte. Inzwischen kümmert sich sein russischer Anwalt und Geschäftspartner um die russischen Firmen.

Dass Niels Dahl sich allerdings so zur Vergangenheit und den Umständen der Adoption ausschweigt, macht Natalia misstrauisch, auch dann, als in einem Park eine verkohlte Leiche gefunden wird. Auf der Suche nach den Tätern halten sich Natalias Kollegen an die üblichen Verdächtigen, sprich eine Gruppe zentralasiatischer Arbeiter, die den Fund der Leiche gemeldet hatten. Bei einem der Männer wird Zenas Handtasche gefunden.

Natalia aber will sich mit dieser scheinbar einfachen Lösung nicht zufrieden geben: Warum wurde die Leiche zur Unkenntlichkeit verbrannt, die Tasche aber, die eine Identifizierung erleichtert, unversehrt daneben liegen gelassen? Die Polizistin ist überzeugt, dass sie es mit einem inszenierten Tatort zu tun hat und alles eigentlich ganz anders ist. Was verschweigt Dahl, und warum zeigt der Inlandsgeheimdienst FSB plötzlich Interesse an dem Fall?

Natalia sieht sich mit einem Netz aus Lügen und Intrigen konfrontiert, in dem bald nicht mehr klar ist, wem sie vertrauen kann. Jeder Fortschritt bei den Ermittlungen bedeutet aber erhöhten Druck auf die Polizistin, die Einschüchterungsversuchen und Gewalt ausgesetzt ist. Spannend, wenn auch manchmal verwirrend, geht es in diesem Roman um eine toughe und hartnäckige Ermittlerin zu, der Sabine Swoboda als Sprecherin eine sehr gut passende Stimmw gibt - mal abgeklärt, mal verletzlich, voller Zweifel und doch entschlossen, die Wahrheit zu finden.

Für Leser/Hörer wird das Petersburg der aufgeputschten weißen Nächte, in denen jeder feiert und Schranken fallen lässt, nachvollziehbar. Atmosphärisch dicht mit viel Lokalkolorit und immer wieder neuen Überraschungen bleibt "Tod in den weißen Nächten" bis zum Schluss rasant.

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Veröffentlicht am 17.11.2021

Junge Frau als Opfer von Terror-Paranoia

In Flammen
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Ein provokanter Facebook-Post, mit dem die junge Textilverkäuferin Jivan eigentlich nur Likes und Aufmerksamkeit erzielen wollte, wird für die junge Frau in einem indischen Slum zu Verhängnis: Polizisten ...

Ein provokanter Facebook-Post, mit dem die junge Textilverkäuferin Jivan eigentlich nur Likes und Aufmerksamkeit erzielen wollte, wird für die junge Frau in einem indischen Slum zu Verhängnis: Polizisten stürmen mitten in der Nacht die Behausung der Eltern, nehmen Jivan fest, die mit schweren Vorwürfen konfrontiert wird: Sie soll Terroristen, die einen Anschlag auf einen Zug verübten, überhaupt erst denWeg durch die verwinkelten Straßen des Slums gezeigt haben und so bei der Tat geholfen haben, über Facebook soll sie mit einem Terroranwerber in Kontakt getreten sein.

Mit "In Flammen" schildert Megha Majumdar eine Art indischer Version der "verlorenen Ehre der Katharina Blum", in unserer Zeit und den aktuellen Terrorgefahren. Ihre Protagonistin ist eine chancenlose junge Frau, die in das Mühlwerk eines unbarmherzigen Justizsystems, politischer Ambitionen und Hetze in den Medien gerät. Eine faire Chance im Kampf um ihre Freiheit und ihr Leben wird sie nie haben.

Als Sündenbock passt Jivan in das Schema: Sie ist Muslima, eine energische junge Frau, die von einer besseren Zukunft geträumt hat. Plötzlich aber ist sie zum Objekt in einer Justiz- und Ermittlungsmaschine geworden. Der schwerkranke Vater ist ans Haus gefesselt, die Mutter versucht, der Tochter beizustehen mit ihren Besuchen im Gefängnis. Doch für Menschen, die in bitterer Armut leben, scheiden Bestechungsgschenke aus, um Jivan hinter Gittern das Leben zu erleichtern.

Für die Öffentlichkeit hat der Terror mit Jivan einen Namen und ein Gesicht bekommen. Es wird munter vorverurteilt, in den Medien und in den sozialen Netzwerken. Doch Jivan gibt nicht auf, will ihre eigene Version der Dinge schildern und schafft es tatsächlich, dass ein Journalist sie als angeblicher Verwandter im Gefängnis besuchen kann. Die Geschichte, die er schreibt, entspricht allerdings so gar nicht dem, was sie berichtet, wird in der Gerichtsverhandlung sogar gegen sie verwendet.

Der Widerstand gegen die Vertreibung der Familie aus ihrer ländlichen Heimatregion etwa, bei dem auch Dung-"Bomben" flogen, wird als Beweis für die angebliche frühe Gewaltbereitschaft Jivans herangezogen. Vergeblich hofft sie auf Leumundszeugen, etwa einer befreundeten Hirja, der Jivan Englischunterricht gab. Ihr ehemaliger Sportlehrer, der als Zeuge geladen wird, will seinen Aufstieg in einer Nationalistenpartei nicht gefährden, indem er für Jivan aussagt und auch der Hirja sind ihre Schauspielambitionen und plötzlich realisierbarer Filmruhm wichtiger als die alte Freundschaft.

Jivan, aus deren naiv-hoffnungsvoller Sicht Teile des Romans geschildert werden, ist kämpferisch und entschlossen, hat den Rückhalt ihrer Familie - doch in einem System, in dem sie schon immer auf der Verliererseite stand, hat sie keine Chance. Dass es kein Happy End geben kann, wird beim Lesen schnell klar. Das Indien Majumdars und Jivans hat nichts gemein mit Bollywood-Romanzen.

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Veröffentlicht am 28.10.2021

Kampf gegen das Böse

Meeressarg (Ein Fabian-Risk-Krimi 6)
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Dass Stefan Ahnhems Kriminalromane nichts für schwache Gemüter sind, hatte ich schon bei den "Würfelmörder"-Bänden gemerkt. Im sechsten Band der Serie um den schwedischen Ermittler Fabian Risk geht es ...

Dass Stefan Ahnhems Kriminalromane nichts für schwache Gemüter sind, hatte ich schon bei den "Würfelmörder"-Bänden gemerkt. Im sechsten Band der Serie um den schwedischen Ermittler Fabian Risk geht es erneut brutal zu, wenn Ahnhem nach einem privaten Schicksalschlag eneut mit seinem alten Widersacher, dem dänischen Polizeichef Kim Sleizner, aneinander gerät. Und auch die dänische Ex-Polizistin Dunja Hougard, mittlerweile untergetaucht und mit einem geheimen Lauschangriff gegen Sleizner arbeitend, begibt sich in höchste Gefahr.

Etwas ist faul im Staate Dänemark, der einen solchen Polizeichef hat - einen Vergewaltiger und Intriganten, einen Machtmenschen, der weder vor Erpressung noch vor Mord zurückschreckt und der mit einer ähnlich kriminellen Machtelite ehrlichen Ermittlern immer einen Schritt voraus scheint.

Wie ist es überhaupt möglich, dass ein solcher Mensch ungehindert ins höchste Amt innerhalb der Polizei aufgestiegen ist und seine Machenschaften und Methoden scheinbar unbemerkt blieben? Da ich die Risk-Reihe nicht von Anfang an kenne, liegt es vielleicht an meinen Wissenslücken, aber die Wahrscheinlichkeit, dass ein Soziopath so durchkommt, kommt mir nun doch ein wenig unwahrscheinlich vor. Und auch die geballten Schicksalsschläge, die Risk und Dunja versetzt werden, ohne sie zu brechen oder von ihrem Weg abzubringen - na ja, das ist dann auch ein bißchen viel.

Der Tod des Leiters des Nachrichtendienstes, der möglicherweise zuvor eine Prostituierte erwürgt hat, steht am Ausgang der Ermittlungen der Kopenhagener Polizei, während Fabian Risk aufzuklären versucht, wie es zum Selbstmord seines Sohnes in dänischer Untersuchungshaft kommen konnte.

Spannend ist es allemal, wenn auch etwas dick aufgetragen. Allerdings, wenn die Spirale der Gewalt immer weiter gesteigert wird, ist das dem Lesevergnügen nicht so zuträglich. Jedenfalls ziehe ich persönlich psychologische Spannung vor und empfand hier manches als Overkill. Im Vergleich zu den Würfelmörder-Büchern, die ebenfalls nicht gerade zartbesaiteten Lesern zu empfehlen sind, fällt "Meeressarg" ab.

Ahnhem-Fans werden sicherlich auch "Meeressarg" verschlingen. Doch auch wenn mich die Spannung beim Lesen gepackt hat - es war etwas too much.

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Veröffentlicht am 27.10.2021

Komplizuierte Familienbande

Die Enkelin
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Familie kann man sich nicht aussuchen. Und dennoch heißt es: Blut ist dicker als Wasser. In Bernhard Schlinks ruhig und eindringlich erzählten Roman geht es um Familienbande und Verbindungen vor dem Hintergrund ...

Familie kann man sich nicht aussuchen. Und dennoch heißt es: Blut ist dicker als Wasser. In Bernhard Schlinks ruhig und eindringlich erzählten Roman geht es um Familienbande und Verbindungen vor dem Hintergrund deutscher Teilung und Zeitgeschichte, um Loyalitäten und Liebe.

Aus Liebe zu Kaspar, dem Studenten aus dem Westen, hat Birgit einst die DDR verlassen, auf abenteuerlichem Weg. Die Ost-West-Romanze endete glücklich und auch wieder nicht. Denn Kaspar, der für Birgit sein Studium aufgab und Buchhändler wurde und die Studentin aus der DDR heirateten zwar, liebten einander, doch für Birgit reichte das wohl nicht aus. Immer wieder bricht sie aus dem Alltag aus - ein anderes Studium, eine neue Ausbildung, eine zweite, eine Auszeit im Ashram. Sie kommt immer wieder zurück, aber sie trinkt viel, zu viel. Als Kaspar sie, beide sind mittlerweile in ihren 70-ern, eines Tages tot in der Badewanne findet, kommt zur Trauer die unbeantwortete Frage: War es ein Unfall oder ein Suizid?

Als sich dann auch noch ein Verleger bei ihm meldet, erfährt er ganz Neues über seine Frau: Gedichte habe sie geschrieben, an einem Romanmanuskript gearbeitet, der Verleger würde die Arbeiten gerne veröffentlichen, lobt das besondere Talent Birgits. Für Kaspar, den Mann mit der Liebe zu Büchern, muss es sein, als ob er seine Frau noch einmal verliert: Birgit hat mit einem Fremden über ihre Arbeit an einem Buch gesprochen, aber nicht mit ihm. Auf der Suche nach Antworten durchsucht Kaspar, der Birgits Privatsphäre immer gewahrt hat, ihr Arbeitszimmer und stößt in der Tat auf ein Manuskript, dass ihm ein Geheimnis entschlüsselt, dass Birgit nie geteilt hat.

Um in Birgits Interesse zu handeln und den Abschluss zu finden, den sie nicht geschafft hat, folgt Kaspar ihren Spuren vor der Flucht, findet die Freundin aus Jugendtagen, die Birgit zur Seite gestanden hatte, als diese noch vor der Flucht von einem anderen Mann schwanger war. Kaspar ist sicher, Birgit hätte ihre Tochte gesucht und auf eine Annäherung und Aussöhnung gehofft. Seine Suche führt den Mann, der Gedichte liebt, ausgerechnet in ein Siedlungsdorf von Rechtsextremisten und in die Familie der 14-jährigen Enkelin Birgits.

Zwischen dem Mädchen und dem alten Mann ist fast von Anfang an eine Verbindung da, auch wenn die völkischen Parolen ihn schockieren. Kann er einen Weg finden, dem Mädchen einen Zugang zu einem anderen Denken zu zeigen, ohne dass die Verbindung sofort wieder abbricht? Kaspar entwickelt einen Plan, der das junge Mädchen zumindest zweitweise dem Einfluss ihrer Familie und Gemeinschaft entzieht.

Haben junge Menschen, die in eine extremistische Gemeinschaft hineingeboren wurden und von frühester Kindheit an von deren Werten beeinflusst wurden, überhaupt eine Chance, ein eigenständiges Wertesystem zu entwickeln, oder wird das als Loyalitätsbruch gegenüber der Familie empfunden? Das ist eine der Fragen, die Schlink in diesem Roman umtreiben. Wie schon beim "Vorleser" geht es auch hier um Entscheidungen des Einzelnen und Verantwortung, um Werte, die je nach Perspektive ganz unterschiedlich beurteilt werden. Ein nachdenklich stimmendes und stimmiges Buch.

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