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Veröffentlicht am 06.01.2021

Essen darf genossen werden

Essen gut, alles gut
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Der Buchtitel klingt versöhnlich in einer Zeit, in der Festtage und Weihnachtsplätzchen leicht für zusätzliches Hüftgold sorgen: Essen gut, alles gut. Nun ist, wie die Ernährungswissenschaftlerin und ...

Der Buchtitel klingt versöhnlich in einer Zeit, in der Festtage und Weihnachtsplätzchen leicht für zusätzliches Hüftgold sorgen: Essen gut, alles gut. Nun ist, wie die Ernährungswissenschaftlerin und Autorin Heike Niemeier natürlich weiß und in ihrem Buch erklärt, nicht jedes Essen gleich gut oder gesund für uns. Trotzdem bringt sie es fertig, in ihrem launig geschriebenen Ernährungsratgeber Tipps und Ratschläge zu einer Ernährungsweise an den Mann und an die Frau zu bringen, die nicht durch Zwänge oder fanatische Verbote geprägt sind. Der freie Wille, er zählt auch beim Kampf gegen Pfunde, Fettleber oder metabolisches Syndrom.

Mit ihrem Buch gibt Niemeier dem Leser einen Leitfaden an die Hand, wie man es angehen kann- wichtig ist, was mit dem eigenen Lebensrythmus, Essensvorlieben, Arbeitstag usw vereinbar und machbar ist. Insgesamt eine motivierende und informative Lektüre für alle, die nicht nur mit Beginn des neuen Jahres ihren Ernährungs-Lifestyle angehen wollen.

Vielleicht trägt zu ja dem relativ verbotsfreien Ton des Buches bei, dass Niemeier nach eigenen Angaben eine "gute Esserin"ist. Allerdings auch ausgesprochen sportlich, Marathonläuferin im Ruhestand - da dürften sich Fettpölsterchen schwer festsetzen. Angenehm ist auch die Bemühung, auf body positivity oder neutrality zu setzen. Sprich: Mit der Ernährungsumstellung sollte es vor allem darum gehen, der eigenen Gesundheit etwas Gutes zu tun und den Körper fit gegen Krankheiten zu halten. Es geht nicht darum, einem bestimmten Schönheitsideal nachzujagen - das könnte eher zu Dauerfrust führen, denn wir haben nun mal nicht alle die Konstitution und die Gene eines Fitnessmodels. Und überhaupt, Schönheit gibt es in vielerlei Formen, nicht nur im xxs-Kleiderformat.

Die Zahl von Rezepten ist in "Essen gut, alles gut" überschaubar gehalten. Vor allem wird in kurzen Kapiteln bausatzmäßig und mit Verweis auf andere Abschnitte erklärt, welche Bestandteile der Nahrung wie auf Körper und Stoffwechsel wirken, welche Stoffe unbedingt gebraucht werden, welche sparsam zugeführt werden sollten. Niemeier setzt dabei auf low carb, vermeidet aber das Wort Diät und will Kohlenhydrate auch nicht grundsätzlich verteufeln. Es kommt eben aufs Detail an, bzw auf die gesamte Zusammensetzung des Essens.

Mitunter dachte ich beim Lesen, hier hat die Autorin gegenüber dem zögernden Moppel vielleicht doch ein bißchen zu sehr den Schongang eingelegt. Von wegen, Kalorien zählen ist eher kontraproduktiv? Ist ja eigentlich klar, dass man nicht abnimmt, wenn man nicht weniger zu sich nimmt beziehungsweise mehr verbrennt als üblich. Auch wenn es natürlich schon ein schöner Gedanke ist, allein mit einem anderen Ernährungsmix den Stoffwechsel wieder mehr auf Trab zu bringen und die Fettzellen schrumpfen zu lassen.

Auch mit einigen Ernährungsmythen räumt Niemeier aus ernährungswissenschaftlicher Sicht aus - etwa, dass Eier den Cholesterinspiegel in die Höhe treiben, ja dass Cholesterin insgesamt zu verteufeln sei. Allerdings sind ihrer Darstellung auch Smoothies nicht so gesund, wie gedacht, sondern ziemliche Zuckerfallen. Und der große Teller Pasta sollte vielleicht wirklich nur die Belohnung nach einer intensiven Sporteinheit sein. Genuss will eben verdient werden. Dann gilt auch: Essen gut, alles gut,

Veröffentlicht am 03.01.2021

Zwischen Brexit und Verrat

Federball
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Vor wenigen Wochen starb John LeCarré, Altmeister des intelligenten Spionageromans. Höchste Zeit also, dass ich endlich "Federball", seinen schon 2019 erschienenen letzten Roman aus meinem Stapel ungelesener ...

Vor wenigen Wochen starb John LeCarré, Altmeister des intelligenten Spionageromans. Höchste Zeit also, dass ich endlich "Federball", seinen schon 2019 erschienenen letzten Roman aus meinem Stapel ungelesener Bücher klaubte und las. Ganz klar: Auch hoch in den 80-ern schrieb LeCarré so bissig, abgeklärt und mit einer Prise britischen Humors, wie seine Leser es von ihm kennen.

Mit George Smiley und dem Spion, der aus der Kälte kam hat LeCarré schon vor Jahrzehnten Klassiker zum Kampf der Geheimdienste im Kalten Krieg geschrieben. Nun ist der Kalte Krieg ja ebenfalls schon ein paar Jährchen vorbei. Was heißt das für die alten Haudegen des "Circus"? Und wo verlaufen die neuen Frontlinien der Schlapphüte? Der überzeugte Europäer LeCarré bringt in seinem letzten Roman den Brexit ins Spiel, aber auch das unter Putin wieder mit Misstrauen betrachtete Russland und Trumps Amerika.

Ich-Erzähler Nat gehört als operativer Geheimdienstmitarbeiter mit Ende 40 schon zum alten Eisen. Jahrelang führte er als angeblicher Diplomat Agenten und Quellen in den Ländern, die vielleicht nicht mehr hinter dem Eisernen Vorhang liegen, aber in denen noch reichlich russische Interessen vorhanden sins: Moskau und Prag, Budapest und zuletzt Tallinn. Nun soll eine neue, administrativere Aufgabe für ihn gefunden werden. Nat, das alte Schlachtross, ist not amused, auch wenn die Arbeit im heimischen London die Möglichkeit bietet, nicht wie bisher der abwesende Ehemann und Vater zu sein - auch wenn das ebenfalls zur Herausforderung werden kann.

Nat spürt die Entfremdung, die wohl alle kennen, die lange Jahre außerhalb ihres ursprünglichen Herkunftslandes gelebt haben - neue Wörter, die er nie gehört hat, Anspielungen zu Gegenwarts- und Poopkultur, die ihm nichts sagen. Immerhin, er kann wieder regelmäßig seinem Lieblingssport Badminton nachgehen. In seinem Sportclub trifft er auch erstmals auf Ed, den mürrischen, einzelgängerischen und ebenfalls Badminton-begeisterten jungen Mann, der unbedingt gegen ihn spielen will. Beim Bier geht es um Brexit und Trump, Ed hasst beides, ist überzeugter Europäer, der insbesondere Deutschland liebt.

Beruflich befasst sich Nat in London mit einem mutmaßlichen russischen Schläfer, der zum Doppelagenten umgedreht werden soll. Als dieser mitten in einer Londoner Hitzewelle aktiviert werden soll, um Moskau eine neue Quelle zuzuführen. steigt nicht nur auf den Straßen die gefühlte Temperatur. Nat ist sicher: Die geheimnisvolle "Valentina", russische Geheimdienstgröße aus bester Tschekisten-Familie, will höchstpersönlich den unbekannten Verräter anwerben und ihm auf den Zahl fühlen. Die umfangreiche Gegenoperation der Briten endet für Nat mit einer Überraschung, die seine gesamte berufliche Existenz auf die Kippe stellt.

Schon der Tonfall Nats als Erzähler lässt erkennen, dass er bei seinen Oberen, der "verehrten Kollegen", in Ungnade gefallen sein muss, dass er ein Mann mit moralischem Kompass ist, der ähnlich wie sein Sportsfreund Ed für den Brexit und nationalen Isolationskurs wenig übrig hat. Für Karriere-Bürokraten hat er eine Mischung aus Verachtung und Ironie übrig - und mit Ehefrau Prue, einer Menschenrechtsanwältin, die sich aktuell dem Kampf gegen Pharmakonzerne verschrieben hat, eine starke Frau an seiner Seite, die sich nicht nur im Privatleben als wichtige Partnerin erweist.

Ein bißchen altersmilde ist LeCarré also doch geworden im Vergleich zum Umgang mit George Smiley - dessen Ehefrau ging schließlich mit seinem größten Konkurrenten und Verräter ins Bett. Und auch das Ende ist, verglichen mit anderen Romanen des Autors, fast schon versöhnlich-mild. Dazwischen aber zeigt sich LeCarré einmal mehr als Meister von Verrat, Intrige und Doppelspiel voller Biss und Ironie.

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Veröffentlicht am 02.01.2021

Bitterböse Satire aus Trump-Land

Die F*ck-it-Liste
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Es ist nicht ganz einfach, eine Kategorie für John Nivens Roman "Die Fck-it-Liste" zu finden: Polit-Satire, Thriller, Drama? Wie man es aus anderen Romanen des schottischen Autors kennt, geht es ganz schön ...

Es ist nicht ganz einfach, eine Kategorie für John Nivens Roman "Die Fck-it-Liste" zu finden: Polit-Satire, Thriller, Drama? Wie man es aus anderen Romanen des schottischen Autors kennt, geht es ganz schön brachial und blutig zu. Doch im Gegensatz etwa zu "Kill ´em all" (das ich im vergangenen Oktober hier rezensiert habe https://nimm-ein-buch.blogspot.com/2020/10/der-bad-boy-ist-zuruck-kill-em-all.html), ist Die Fck-it-Liste, düsterer, trauriger, ohne die an Tarrantino erinnerten Gewalt-Grotesken. Wie Leonard Cohen schon sang: You want it darker? Das gilt für dieses Buch.

Nicht nur, dass Frank Brill, ehemaliger Zeitungsredakteur einer Kleinstadtzeitung im Mittleren Westen, erfahren muss, dass er unheilbar an Krebs erkrankt ist und ihm nicht mehr viel Zeit bleibt. Der Mann hat in den vergangenen Jahren gleich mehrere schwere Schicksalsschläge überstehen müssen: Seine dritte Frau und sein jüngster Sohn kamen bei einem Schulmassaker ums Leben, seine ältere Tochter aus zweiter Ehe nach einer missglückten Abtreibung.

Denn in den USA der nahen Zukunft, in der der Roman spielt, konnte die ungewollt schwangere Collegestudentin legal keinen Schwangerschaftsabbruch mehr vornehmen. Die bekannte Roe vs. Wade-Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, ein Durchbruch für das Recht der Frauen auf die Entscheidung, ob sie eine Schwangerschaft abbrechen oder nicht, ist mittlerweile gekippt. In zwei Amtszeiten von Donald Trump haben sich die USA dramatischverändert. Derzeit ist Ivanka Trump die Bewohnerin des Weißen Hauses, als Mann fürs Grobe ist Vizepräsident Sean Hannity, ehemals Fox News, zuständig.

Nicht nur Frauenrechte sind vom Obersten Gerichtshof, in dem jetzt die Erzkonservativen das Sagen haben, zurückgedrängt worden. Für Waffen, auch automatische, sind weder Sicherheitsüberprüfung noch sonstige Regeln notwendig. Proteste und Demonstrationen sind nur noch im Kleinstformat erlaubt, es ist verboten, Staatsbedienstete im Einsatz zu filmen oder fotografieren, etwa wenn sie gewaltsam gegen Demonstranten oder Verdächtige vorgehen. Die Mauer an der Grenze zu Mexiko steht schon in vielen Bereichen, gegen echte oder vermutete illegale Einwanderer wird hart durchgegriffen.

Das Amerika, das Niven in seinem Buch schildert, wirkt nach den Erfahrungen mit vier Jahren der Trump-Präsidentschaft gar nicht so weit aus der Luft gegriffen. Die Befürchtungen, was eine zweite Amtszeit für den Zustand der Demokratie bedeutet haben könnte, dürften auch viele Trump-Gegner bei der letzten Wahl geteilt haben. Und allein die Ernennung der Nachfolgerin von Ruth Ginsburg zeigte, dass es Dinge gibt, bei denen Satiriker gar nicht übertreiben können.

Wie konnte es so weit kommen? Frank Brill sieht sich als Teil des Problems, hat er doch als typischer Wechselwähler 2016 Trump die Stimme gegeben, in der Überzeugung, der werde eh nicht gewinnen. Während seine Lebenszeit verrinnt, will er abrechnen mit denen, die er persönlich oder politisch verantwortlich macht für die Tragödien in seinem Leben. Er begibt sich auf einen tödlichen Road-Trip, dessen Ausgang der Leser schon ahnt. Insofern halten sich Überraschungen in Grenzen. Am stärksten ist "die F*ck-it-Liste" da, wo die dystopische Zukunftsversion geschildert wird, die gar nicht so überzogen wirkt. Zwischen nationalem Größenwahn, Grundrechtsbeschränkung und dem Erstarken der Waffenlobby ist die von Niven gezeichnete Welt durchaus eine düstere Möglichkeit, wenn am Wahltag fatale Entscheidungen getroffen werden.

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Veröffentlicht am 01.01.2021

Ein Traumjob wird zum Albtraum

Hinter diesen Türen
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Das leise Grauen kann besonders eindringlich sein, dazu braucht es keine Brutalo-Szenen. Das bewahrheitet sich auch in dem Thriller "Hinter diesen Türen" der britischen Autorin Ruth Ware, in dem nichts ...

Das leise Grauen kann besonders eindringlich sein, dazu braucht es keine Brutalo-Szenen. Das bewahrheitet sich auch in dem Thriller "Hinter diesen Türen" der britischen Autorin Ruth Ware, in dem nichts ist, wie es scheint. Außerdem ungewöhnlich: Ihr Thriller kommt in Form eines Briefromans daher, über weite Strecken aus der Sicht einer jungen Frau, die aus der Untersuchungshaft heraus versucht, einen Anwalt dazu zu bringen, ihren Fall zu übernehmen. Der Leser weiß früh: Der angebliche Traumjob der jungen Erzieherin Rowan Caine als Kindermädchen einer sechsköpfigen Familie in den schottischen Highlands endete nicht gut. Die junge Frau sitzt wegen des Todes eines Kindes im Gefängnis. Doch um welchen ihrer Schützlinge es sich handelt, ob sie schuldig ist oder nicht, ob sie überhaupt zurechnungsfähig ist - auf all diese Informationen lässt Ware ihre Leser lange warten. Überhaupt bleibt manches Detail dann doch der Phantasie des Lesers überlassen.

Psychologische Spannung, eine düster-paranoide Atmosphäre, Beschreibungen der dramatischen Landschaft der schottischen Highlands und des sich immer weiter zuspitzenden Gemütszustands des Kindermädchens in einer Familie, in der fast jeder Geheimnisse zu haben scheint: Ware schafft es, eine beklemmende Atmosphäre entstehen zu lassen. Der Leser kann die Ängste Rowans nachvollziehen, doch das Grauen bleibt subtil.

Seit sie die Anzeige gesehen hat, weiß Rowan: Sie will den Nanny-Job bei der Architektenfamilie Elincourt. In ihrer Kita ist sie zunehmend unzufrieden, seit bei einer Beförderung ihre Mitbewerberin den Zuschlag bekam, ihre Mitbewohnerin ist auf Weltreise, sie selbst fühlt sich in der Wohnung mittlerweile einsam. Das geschmackvoll eingerichtete Haus in atemberaubender Landschaft, das sie bei ihrem Vorstellungsgespräch kennenlernt, soll das neue Zuhause werden. Ihre künftige Chefin drängt allerdings darauf, sie müsse sich schon für eine längere Zeit verpflichten. Denn Rowans Vorgängerinnen blieben nicht lange, beendeten den Job teils schon nach wenigen Wochen. Für die Kinder sei das gar nicht gut gewesen.

Schon nach wenigen Tagen muss Rowan ihr pädagogisches Geschick nonstop unter Beweis stellen. Denn die Elincourts sind gemeinsam unterwegs auf einer Messe. Plötzlich hat das Kindermädchen ganz allein die Verantwortung für die Kinder, die ihr teils ablehnend begegnen. In dem smart house mit seinen Apps, Lautsprechern und Kameras fühlt sie sich überwacht. Doch nicht nur das macht ihr zu schaffen: Nachts hört sie Schritte, ihre Halskette verschwindet, seltsame Geräusche versetzen sie zunehmend in Panik. Ist etwas dran an dem Gerede, dass im Haus Geister ihr Unwesen treiben?

Ware schafft es, immer wieder überraschende Wendungen zu präsentieren. Und wenn sich sowohl Spannung als auch Dramatik immer weiter zuspitzen und fast jeder irgendwie verdächtig erscheint, fällt es schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Ich habe es jedenfalls in einem Rutsch verschlungen.

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Veröffentlicht am 31.12.2020

Tödliche Weihnachtszeit in bella Italia

Isola Mortale
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Tödliche, aber nicht zu brutale Weihnachten: Giulia Contis Kriminalroman "Isola Mortale" ist eher der Cozy-Fraktion zuzurechnen Der Spannungsbogen des soliden Krimis ist jedenfalls nicht allzu nervenzerfetzend. ...

Tödliche, aber nicht zu brutale Weihnachten: Giulia Contis Kriminalroman "Isola Mortale" ist eher der Cozy-Fraktion zuzurechnen Der Spannungsbogen des soliden Krimis ist jedenfalls nicht allzu nervenzerfetzend. Simon Strasser, einst Polizei- und Gerichtsreporter in Frankfurt, hat sich an einem norditalienischen See in den Halbruhestand versetzt, hilft aber gerne der attraktiven Polizistin Carla bei ihren Fällen - sei es mit deutschen Übersetzungen, sei´s mit eigenen Ermittlungen. Auch Reporter haben schließlich einen Schnüffler-Instinkt!

Da der gute Mann schon ein paar Jährchen am See im idyllischen Haus am Seeufer mit eigenem Boot lebt, habe ich da ein kleines Glaubwürdigkeitsproblem. Welcher Zeitungsredakteur kann heute schon mit 50 la dolce vita suchen? Und das aus Frankfurt, mit seinen horrenden Mieten? Da die Autorin laut Klappentext selbst Journalistin ist, solllte sie es eigentlich besser wissen. Und nein, auch Polizeireporter werden nicht dauernd mit dem Anblick von Leichem konfrontiert. Die Polizei ist nämlich ziemlich zugeknöpft, wenn es um Medienvertreter am noch nicht aufgeräumten und gesicherten Tatort geht, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann.

Aber sei´s drum, bei einem Cozy ist ja nicht unbedingt Realitätstreue gefragt, sondern es soll unterhaltsam sein, und das ist durchaus der Fall, nachdem eine junge Nonne wenige Tage vor Weihnachten aus dem See gezogen wurde - offensichtlich mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen. Polizistin Carla schießt sich vorzeitig auf einen deutschen Geschäftsmann als Hauptverdächtigen ein, vor allem, da ihr sein allzu großes Selbstbewusstsein auf die Nerven geht. Immerhin: er war, neben einem alten Pfarrer, wohl der letzte, der die junge Frau vor ihrem Tod gesehen hat. Da die Äbtissin des Klosters sich eher zurückhaltend mit Auskünften zeigt, ermittelt Simons Freundin Luisa gewissermaßen undercover, indem sie ein paar Tage Klosterurlaub macht.

Die junge Nonne, so viel ist der Äbtissin immerhin zu entlocken. was auf der Suche nach ihrer vor acht Jahren spurlos verschwundenen Mutter. Eine Karte, die in ihrer Zelle gefunden wurde, weist den Weg zu einer Stelle im See, aus der Taucher ein Auto mit zwei Leichen bergen.... Die Lösung des Falls schließt ganz offensichtlich die Rätsel der Vergangenheit ein.

Die Ermittlungen von Profis und Amateuren erlauben der Autorin immer wieder Landschaft- und Restaurantschilderungen, da zahlt sich die Tätigkeit als Verfasserin von Reisebüchern aus. Die Figuren des Romans geraten allerdings ein wenig plakativ und lassen eine gewisse Tiefe vermissen. Manche Nebenhandlung hätte auch ein bißchen kürzer ausfallen können. Dennoch: solide Unterhaltung.

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