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Veröffentlicht am 05.06.2020

Ein weiteres Meisterwerk aus der Feder von Sarina Bowen

Never Let Me Down
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Never Let Me Down ist ein Stand Alone von Sarina Bowen und erzählt die Geschichte von Rachel. Die 17-jährige wohnt nach dem Tod ihrer Mutter in einem Pflegeheim, da ihr Vater nur eine Affäre war - und ...

Never Let Me Down ist ein Stand Alone von Sarina Bowen und erzählt die Geschichte von Rachel. Die 17-jährige wohnt nach dem Tod ihrer Mutter in einem Pflegeheim, da ihr Vater nur eine Affäre war - und doch wissen sie von der Existenz des jeweils anderen. Denn ihr Vater ist Frederik, ein gefeierter Rockstar, und schon lange schwärmt sie für ihn. Als er von dem Tod von Rachels Mutter erfuhr, nimmt er sie sofort zu sich und kümmert sich um sie. Doch mit dem Umzug kommt auch ein Schulwechsel und so beginnt Rachel ihr Studium am Clairborne College. Dort verliebt sie sich in Jake, der ihr als Pate zur Seite steht, aber es stehen noch einige unbeantwortete Fragen offen, die sie klären muss, um ihren Frieden zu finden.

Die Handlung ist in sich schlüssig erzählt und hat mich von Beginn an gefesselt. Rachel ist eine unglaublich liebe Protagonistin, die mir sofort ans Herz gewachsen ist, und das nicht nur ob ihres schlimmen Schicksals. Dass ihr Vater, der sie bis dato nicht kannte, so herzlich aufnehmen würde, ist keine Selbstverständlichkeit und zeugt sowohl von Scham als auch dem Versuch, Verlorenes wieder gut zu machen. Doch sie landet in einem herzlichen Umfeld, denn auch seine Band-Kollegen nehmen sie direkt in den engen Kreis auf. Ihre Ankunft am College, vor der sie arge Angst hatte, wurde ihr durch Jake als Paten und ihre Mitbewohnerin Aurora um einiges erleichert und so konnte sie optimal in einen neuen, aufregenden Lebensabschnitt starten.

Von der Charakteren sind mir besonders Jake und Aurora besonders lieb, wohingegen Rachels Exfreund Haze einfach nur dämlich war - und für mich der wahre Antiheld der Geschichte.

Die Geschichte behandelt sowohl den Verlust eines Familienmitglieds als auch die Wieder-Eingliederung in eine familiäre Struktur, das Erwachsenwerden und sexuelle Übergriffigkeit und kulturelle Diversität. Das finde ich eine umfassende und gut integrierte Bandbreite, sodass der Roman auch dahingehend eine wichtige Rolle innehat.

Das Cover ist unglaublich schön gestaltet und hat einen Ehrenplatz in meinem Regal erhalten.

Insgesamt ein toller Roman, der mit eine wunderbare Lesezeit beschert hat.

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Veröffentlicht am 25.05.2020

Düster und geheimnisvoll

All das zu verlieren
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People who are never satisfied destroy everything around them.

All das zu verlieren von Leïla Slimani ist im Mai 2019 erstmals in deutscher Auflage erschienen und erzählt die Geschichte von Adèle. Die ...

People who are never satisfied destroy everything around them.

All das zu verlieren von Leïla Slimani ist im Mai 2019 erstmals in deutscher Auflage erschienen und erzählt die Geschichte von Adèle. Die junge Frau scheint ein erfülltes Leben zu füllen: Sie arbeitet als Journalistin für eine große Pariser Zeitung, wohnt mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn in einem schicken Viertel und ist unabhängig. Doch sie ist nicht glücklich: Immer öfter versucht sie aus der familiären Enge auszubrechen, trifft sich mit anderen Männern, um Sex zu haben und Drogen zu nehmen. Sie weiß, dass sie damit all ihre Privilegien, ihre Familie verlieren könnte, und setzt trotzdem alles aufs Spiel.

Adèle ist eine sehr vielschichtige Protagonistin, die von all ihren Sehnsüchten nach Abenteuer, ihrer Lustlosigkeit gegenüber ihrer Ehe und dem damit verbunden Schwermut zerrissen wird. Eindringlich beschreibt die Autorin ihre zugleich stille und explosive Selbstzerstörung und obsessive Manie. Der erste Teil des Romans wird aus der Sicht von Adèle beschrieben, was diesen Effekt noch verstärkt und ihre Gedanken und Gefühle verdeutlicht. Die Kapitel sind kurz verhaltene Eindrücke und erzeugen ein schnelles Tempo, das seinen Höhepunkt in der Entdeckung der Affäre findet. Von da an ändert sich der Charakter von Adèle grundlegend und hält den Leser bis zu ihrer letzten Handlung in Atem.

Leila Slimani hat einen denkwürdigen Roman über Feminismus, Verlustängste und kaputte Familienstrukturen, der individuell großen Interpretationsspielraum lässt. Jeder sollte sich selbst einen Eindruck verschaffen und seine eigenen Ansichten damit abgleichen.

Vielen Dank an den Luchterhand-Verlag für das #Rezensionsexemplar!

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Veröffentlicht am 19.05.2020

Einfach atemberaubend gut

Über dem Meer tanzt das Licht
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Manchmal sagt eine Wunderkerze mehr als tausend Feuerwerke.
Über dem Meer tanzt das Licht von Meike Werkmeister erzählt die Geschichte von Maria, die die halbe Welt bereist, nie ein Abenteuer ausgelassen ...

Manchmal sagt eine Wunderkerze mehr als tausend Feuerwerke.
Über dem Meer tanzt das Licht von Meike Werkmeister erzählt die Geschichte von Maria, die die halbe Welt bereist, nie ein Abenteuer ausgelassen hat. Dass sie schließlich auf der kleinen Insel Norderney landet, wäre ihr im Traum nicht eingefallen. Doch da ist sie nun – und sie ist glücklich. Maria liebt ihr kleines Strandcafé. Noch mehr liebt sie ihre Familie, die Töchter Morlen und Hannah. Und Simon, Hannahs Vater. Ihr Leben ist randvoll, für Probleme bleibt da keine Zeit. Bis Simon aus dem gemeinsamen Alltag ausbricht und mit Hannah verreist. Plötzlich hat Maria wieder Zeit. Und mit der Zeit kommen die Fragen. Steckt in ihr noch die alte Abenteurerin? Ist sie eine andere geworden? Und wenn ja – wo gehört sie wirklich hin?

Auch wenn für Maria nicht immer alles einfach ist, bleibt sie trotzdem stets optimistisch, und genießt das Leben und die sich ihr bietenden Möglichkeiten. Dadurch verschafft die Autorin dem Buch eine unglaublich fröhliche und positive Stimmung, die sich durch den gesamten Handlungsverlauf erstreckt. Obgleich sie auch viele Sorgen hat, seien es die Tagebücher ihrer verstorbenen Mutter, die sie zufällig beim Entrümpeln findet, die Ungewissheit über ihren Vater, die Abwesenheit ihres Lebensgefährten und ihrer kleinen Tochter, meistert sie doch alle Probleme eindrucksvoll. Die komplexen Beziehungsstränge haben mich oftmals nachdenklich gestimmt, waren sie doch sehr realistisch beschrieben, und für die heutige Gesellschaftsstruktur durchaus relevant.
Das Buch fesselte mich von Beginn an und bewegte mich noch lange, nachdem ich es beendet hatte. Es fiel mir unglaublich leicht, mich in das Setting zu denken, und dieses gewisse Urlaubs- und Strandfeeling, das einem Sonne in Herz und Seele zaubert, zu bekommen.
Für mich definitiv ein Jahreshighlight!

Herzlichen Dank an den Goldmann-Verlag für das Rezensionsexemplar und Strandpaket.

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Veröffentlicht am 11.05.2020

Einfach genial

Herbst
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That’s the thing about things. They fall apart, always have, always will, it’s in their nature.

Herbst ist der erste Band des Jahreszeiten-Quartetts der britischen Autorin Ali Smith. Im Herbst 2016 ist ...

That’s the thing about things. They fall apart, always have, always will, it’s in their nature.

Herbst ist der erste Band des Jahreszeiten-Quartetts der britischen Autorin Ali Smith. Im Herbst 2016 ist Daniel ein Jahrhundert alt. Elisabeth, Anfang 30, kennt ihn von früher, der Nachbar hat sie als Kind mit der Kunst bekannt gemacht. Jetzt besucht sie ihn im Altersheim, liest ihm Bücher vor und fragt sich, was die Zukunft bringen mag. Denn England hat einen historischen Sommer hinter sich, die Nation ist gespalten, Angst macht sich breit. Der erste Roman aus Ali Smiths Jahreszeitenquartett erzählt von einer Welt, die immer abgeschotteter und exklusiver wird, über das Wesen von Reichtum und Wert, über die Bedeutung der Ernte. Und er erzählt vom Altern, von der Zeit und von der Liebe. Von uns.
Mit ihrem einzigartigen und humorvollen Schreibstil, triefend vor politisch- und gesellschaftskritischer Aussagen, thematisiert Ali Smith die Auswirkungen des Brexit auf der britischen Halbinsel, ohne ihn jemals namentlich zu erwähnen. Doch mag er noch so bedeutungsvoll sein, spielt er nur eine Nebenrolle in der emotionalen Beziehung von Daniel Gluck und Elisabeth. Der Aufbau der Geschichte ist fantastisch konstruiert, so wechselt der Erzählrhythmus ständig zwischen der Gegenwart, der Vergangenheit und den von Ovids Metamorphosen inspirierten Traumgeschichten sowie den Ursprüngen der Pop-Art-Künstlerin Pauline Boty. Obgleich die Stränge unwillkürlich erzählt zu sein scheinen, haben sie doch alle einen gemeinsamen Ursprung, den der Leser ergründen soll.

Das Buch hat mich aufgrund seines genialen Schreibstils und der tragisch-emotionalen Beziehungsstränge beeindruckt und bewegt. Wahrlich keine leichte Kost, lohnt es sich aber, Zeit für den Inhalt und die Geschichte zu nehmen.

Vielen Dank an den Luchterhand-Verlag für das Rezensionsexemplar.

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Veröffentlicht am 21.04.2020

Mysteriös und packend

Der Choreograph
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Die Dinge sind, was sie sind, jedes ruht in seinem eigenen Wesen, unterschieden von den anderen und von meinem Bewusstsein.

Der Choreograph ist der erste Roman von Håkan Nesser und erscheint zu seinem ...

Die Dinge sind, was sie sind, jedes ruht in seinem eigenen Wesen, unterschieden von den anderen und von meinem Bewusstsein.

Der Choreograph ist der erste Roman von Håkan Nesser und erscheint zu seinem 70. Geburtstag erstmals auf Deutsch. Es ist die Geschichte von einem Mann und einer Frau, die sich am Ende eines langen Winters treffen und zueinander hingezogen fühlen. Als würden sie von einem unterbewussten Choreographen gelenkt, werden sie ein Liebespaar. Gemeinsam fahren sie zu einem abgelegenen Ferienhaus, doch immer wieder verschwindet die Frau, und bald versteht der Mann nicht mehr, was eigentlich passiert.

Mit einfachsten sprachlichen Mitteln hat Håkan Nesser eine kraft- und eindrucksvolle Geschichte verfasst, die mich ob ihrer unnachahmlichen und einzigartigen Sprachgewalt in den Bann gezogen hat. Immer im Fokus der Geschichte ist die paradoxe Liebe des Mannes zu der geheimnisvollen Frau, die er nicht handhabbar machen kann. Die Beschreibung von kurzen Bruchstücken der Vergangenheit im Wechsel mit der Gegenwart unterstreicht die offensichtliche Verwirrung des Mannes, der in die Irre geführt wurde und schließlich vor einer schwerwiegenden Entscheidung steht. Die allmähliche Dechiffrierung der Handlungsorte und Personen hebt diesen Zustand noch zusätzlich hervor.

Das Buch hat mich in seiner Gesamtheit auf sprachlicher und inhaltlicher Ebene enorm beeindruckt, und ich kann es sehr empfehlen.

Vielen Dank an den btb-Verlag für das Rezensionsexemplar!

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