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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.03.2017

Verschiedene Wahrheiten

Das Buch der Spiegel
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"Das Buch der Spiegel" beleuchtet einen dreißig Jahre zurückliegenden Mordfall an dem prominenten Psychologie Professor Wieder von verschiedenen Seiten. Zu Beginn erhält der Lektor Peter Katz von einem ...

"Das Buch der Spiegel" beleuchtet einen dreißig Jahre zurückliegenden Mordfall an dem prominenten Psychologie Professor Wieder von verschiedenen Seiten. Zu Beginn erhält der Lektor Peter Katz von einem gewissen Richard Flynn ein Romanfragment zur Ansicht, das sich mit den Ereignissen von damals aus der Sicht des Autors beschäftigt, der selbst unter den Verdächtigen zählte. Leider verstirbt der Autor bevor Peter Katz mit ihm in Verbindung treten kann, denn diese ersten Kapitel versprechen ein Knüller zu werden. Katz beauftragt den Detektiv John Keller mit weiteren Nachforschungen, und um Licht in diesen ungeklärten Mord zu bringen. Als neuer Erzähler trägt Keller weitere Bausteine zusammen, aber muss letztendlich die Suche einstellen. Erst der dritte Erzähler, der pensionierte Polizist Roy Freeman, löst die Rätsel und findet den wahren Mörder.
Der Titel des Buches ist meisterhaft gewählt. Die Wahrheit wird von den beteiligten Personen bewußt oder unbewußt verzerrt dargestellt oder auch wahrgenommen. So wird das Geschehen von damals immer wieder anders dargestellt. Für den Leser steigert das die Spannung immens, denn jede eigene Vermutung wird schnell wieder zerlegt. Auch die beteiligten Personen sind durch die verschiedenen Aussagen nur schwer einzuschätzen. Ich bin richtig froh, dass es gegen Ende dann doch eine einzige Wahrheit gibt, nicht nur über den Mord an sich, sondern auch über den Verbleib des Manuskripts.

"Das Buch der Spiegel" ist ein anspruchsvolles Buch, wunderbar geschrieben und von Anfang an so voller Spannung, dass man es nicht aus der Hand legen kann. Absolut empfehlenswert.

Veröffentlicht am 10.02.2017

Rosenkrieg

Glücksmädchen
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Lycke heißt Glück, aber Lycke ist alles andere als ein Glücksmädchen. Als Scheidungskind befindet sie sich zwischen den Fronten ihrer karriereorientierten Eltern. Bei beiden Parteien ist sie eigentlich ...

Lycke heißt Glück, aber Lycke ist alles andere als ein Glücksmädchen. Als Scheidungskind befindet sie sich zwischen den Fronten ihrer karriereorientierten Eltern. Bei beiden Parteien ist sie eigentlich unerwünscht, dient nur zu gegenseitigen Machtspielchen im Rosenkrieg.
Dazu kommt noch eine unsympathische Stiefmutter, die Lycke am liebsten gar nicht bei sich in der schicken Wohnung haben mag. Auch in der Schule wird das arme Mädchen gemobbt. Keiner hilft ihr, die Eltern unternehmen nichts aus Gleichgültigkeit und die Lehrer schauen einfach weg.
Als Lycke dann spurlos verschwindet, gestaltet sich die Suche als sehr schwierig. Keiner fühlt sich verantwortlich für das Mädchen, das bei strömendem Regen zu einer nicht vorgesehenen Tennisstunde gefahren wurde.
Die Kriminalreporterin Ellen verbeißt sich regelrecht in diesen Fall. Durch ihre eigene Kindheit wird sie von Lyckes Schicksal sehr berührt. Mehr, als es ihrer Arbeit gut tut. In den sozialen Medien wird sie aufs Übelste attackiert, sie wird auf der Strasse überfallen und ihr neuer Chef übt einen unguten Einfluss auf sie aus....
Ellens Handlungsstrang bildet den Gegenpart zur Kidnappingstory, und ist mindestens genauso spannend. Aber abseits dieser beiden Plots ist es Lyckes Schicksal, das berührt und zum Nachdenken anregt. Obwohl sie nur eine Phantasiegestalt der Schriftstellerin ist, steht sie doch für eine große Anzahl von Scheidungskindern, die von den Eltern für ihren persönlichen Rachefeldzug benutzt werden, ohne Rücksicht auf das Kindeswohl.
Weil die Persönlichkeiten der Hauptcharaktere sehr gut herausgearbeitet werden und die Handlung unter die Haut geht, kann ich diesen spannenden Thriller jedem weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 18.01.2017

Der Kummerkasten

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest
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Margot Lewis ist Lehrerin an einer renommierten Schule in Cambridge, nebenberuflich ist sie als "Dear Amy" die Kummerkastentante bei der Lokalzeitung. Hier erreichen sie die flehentlichen Hilferufe eines ...


Margot Lewis ist Lehrerin an einer renommierten Schule in Cambridge, nebenberuflich ist sie als "Dear Amy" die Kummerkastentante bei der Lokalzeitung. Hier erreichen sie die flehentlichen Hilferufe eines Entführungsopfers. Sie wendet sich an die Polizei und erfährt, dass diese Bethan Avery schon seit 17 Jahren vermisst wird und auch noch weitere Entführungen dem Täter zugeschrieben werden können.
Margot steckt zudem in einer unangenehmen Scheidungsgeschichte und sie hat psychische Probleme, die sich im weiteren Verlauf der Story verschlimmern.
Man nimmt das Geschehen aus der Sicht von Margot wahr, aber aus der Reaktion von Freunden fragt man sich, wo sich Realität und Wahn vermischen. Ein Rest Unsicherheit verbleibt beim Leser, selbst als es für die Hauptperson lebensgefährlich wird. Auch den ermittelnden Beamten mag man nicht bedingungslos vertrauen.
Alles zusammen sind das für mich perfekte Zutaten für einen perfekten Psychothriller. Die Autorin Helen Callaghan hat es geschafft, dass ich ihr Buch "Dear Amy" nicht aus der Hand legen konnte. Ihr Schreibstil ist fesselnd und der Plot ist von der ersten Seite an spannend.

Veröffentlicht am 17.01.2017

Von Neid zerfressen

Die Geschichte eines neuen Namens
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Die vierteilige Neapolitanische Saga von Elena Ferrante hat mittlerweile einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht.
Die Autorin verfolgt den Lebensweg und die Freundschaft zweier intelligenter Mädchen, die ...


Die vierteilige Neapolitanische Saga von Elena Ferrante hat mittlerweile einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht.
Die Autorin verfolgt den Lebensweg und die Freundschaft zweier intelligenter Mädchen, die in das quirlige, doch leider sehr arme Stadtviertel Rione in Neapel hineingeboren werden.
Auch wenn ich das Buch mit großem Interesse gelesen habe, muss ich sagen, dass mir vieles nicht gefallen hat:

- leider habe ich den ersten Band nicht gelesen, und so hatte ich sehr oft das Gefühl, dass mir Details aus den früheren Jahren fehlen, denn es wird oft Bezug auf Vergangenes genommen.

- für mich waren es einfach viel zu viele Personen, die zu allem Überfluss auch oft noch in irgendeiner Form familiär oder beziehungsmäßig miteinander verbandelt sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die gleiche Person oft sehr unterschiedlich genannt wird, mal mit richtigem Namen, dann mit Spitznamen, dann nur der Familienname. Ich mag es einfach nicht, wenn ich die Personen nur schwer zuordnen kann. Es stört meinen Lesefluß.

- vielleicht bin ich mit einer falschen Erwartungshaltung an das Buch herangegangen. Ich hatte mich auf eine große Portion italienischer Lebensart und -lust gefreut. Auf soviel Missgunst und Neid war ich nicht vorbereitet. Und ich frage mich ernsthaft, wie man die Beziehung zwischen Lila und Lenù als Freundschaft titulieren kann, wo doch eher der Konkurrenzkampf und Egoismus zwischen den beiden dominiert. Auch die anderen Charaktere sind mir zutiefst unsympathisch. Es gibt keinen Zusammenhalt. Lügen und Tricksereien sind an der Tagesordnung. Mir fehlt einfach ein Sympathieträger, mit dem ich mitfiebern und mitleiden kann.

Natürlich hat der Roman auch positive Aspekte.
Das Buch ist sehr wertig verarbeitet, und hat sogar ein Lesebändchen, was ich immer sehr praktisch finde. Auch das Cover gefällt mir außerordentlich gut, sowohl vom Motiv als auch von der einheitlichen Farbgestaltung in den verschiedenen Fliedertönen.
Den Schreibstil von Elena Ferrante muss man einfach als eindringlich und mitreißend bezeichnen. Dadurch konnte ich das Buch doch nicht aus der Hand legen, obwohl es mir so gar nicht gefiel.
Auch das Grundmotiv, diese beiden Mädchen mit ihrem Streben nach Wissen, Geld und Anerkennung gegenüber zu stellen und ihre Träume, ihr Scheitern und ihre Erfolge eindringlich zu schildern, empfinde ich als absolut lesenswert. Dennoch halten mich die negativen Stimmungen des Inhalts und die immer wieder auftretende Langatmigkeit der Geschichte davon ab, weiter Bände der Neapolitanische Saga lesen zu wollen.

Veröffentlicht am 12.12.2016

Stiefmutter

Stiefkind
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Rachel ist eine Frau, die sich aus der Londoner Unterschicht herausarbeiten konnte. Nun hat sie scheinbar das große Los gewonnen, denn sie heiratet den reichen Witwer David Kerthen und zieht in sein Herrenhaus. ...

Rachel ist eine Frau, die sich aus der Londoner Unterschicht herausarbeiten konnte. Nun hat sie scheinbar das große Los gewonnen, denn sie heiratet den reichen Witwer David Kerthen und zieht in sein Herrenhaus. Hier lebt sie die Woche über allein mit ihrem neuen Stiefsohn Jamie, den sie von Herzen liebt. Das Haus ist renovierungsbedürftig. Davids erste Frau Nina hat schon mit aufwendigen Renovierungsarbeiten begonnen und Rachel fällt es nicht leicht, sich in die Materie einzuarbeiten. Die Historie der Kerthens ist beeindruckend. Die Minen ringsum zeigen, wie der Reichtum erworben wurde und sind zugleich ein Mahnmal für die vielen Menschen, die in den Gruben ihr Leben gelassen haben.
Ninas Präsenz ist noch allgegenwärtig und plötzlich meint der kleine Jamie, seine verstorbene Mutter zu spüren und in die Zukunft sehen zu können. Rachel wird immer mehr ängstlicher und auch ihre Ehe hält nicht, was sie verspricht.

Der Autor versteht es meisterhaft, den Leser zu verunsichern:
- ist Nina wirklich gestorben oder lebt sie noch oder hat sie eine Zwillingsschwester oder gibt es noch eine andere Erklärung für die Phänomene?
- war es ein Unfall oder Selbstmord oder sogar Mord. Wenn ja, wer ist der Mörder?
Viele, viele Fragen und der Leser kommt von einer falschen Spur auf die nächste.
Leider ist des Rätsels Lösung für mich nicht ganz so glaubwürdig.
Und leider muss ich auch sagen, dass mir die Hauptfigur, nämlich Rachel, nicht sympathisch ist. Sie ist so versessen darauf, dieses alte Herrenhaus zu besitzen, dass sie keine Gefahr scheut und auch vor Lügen nicht zurückschreckt.

Insgesamt ist dem Autor S. K. Tremayne ein guter, in weiten Teilen sehr spannender Psychothriller gelungen, der vielleicht noch unter Auslassung der weitschweifigen Bergbauhistorie etwas straffer hätte erzählt werden können.