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Veröffentlicht am 03.01.2023

Gastarbeiterschicksale

Dschinns
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Einst kam Hüseyin Yilmaz als Gastarbeiter nach Deutschland, nach einigen Jahren holt er seine Frau nach. 
Hüseyin versucht sich nach außen hin seinem Gastland anzupassen, aber innerhalb der Familie sollen ...

Einst kam Hüseyin Yilmaz als Gastarbeiter nach Deutschland, nach einigen Jahren holt er seine Frau nach. 
Hüseyin versucht sich nach außen hin seinem Gastland anzupassen, aber innerhalb der Familie sollen die türkisch/patriarchalischen Strukturen bestehen bleiben. Seine Frau Emine kommt mit dem Leben hier nicht zurecht. Sie lernt die Sprache nicht, hat wenig Außenkontakte und ist die heimliche Herrscherin der Familie, die sie mit Willkür überbehütet und unterdrückt.
Als Rentner, gesundheitlich stark angeschlagen, erfüllt Hüseyin sich seinen Lebenstraum (es ist allerdings nicht der Lebenstraum der Familie): Eine Eigentumswohnung in Istanbul. Noch in der Einzugsphase verstirbt er am plötzlichen Herztod. Alle Familienmitglieder kommen zu seiner Beerdigung zusammen und jeder Person wird ein eigener Abschnitt gewidmet, in dem ihr Leben in Rückblenden aufgefächert wird.
Schnell wird klar, dass alle eigentlich unglücklich sind und es fast immer schon waren. Sie konnten alle nicht die Differenz zwischen der deutschen und der türkischen Lebensart überwinden, und fast jeder hat außerhalb der Familie dem Drang der Freiheit nachgegeben, zum Teil mit extremen Folgen.
Diese Schicksale gehen unter die Haut. Um wie viel besser hätten es die Kinder gehabt, wenn die Mutter ihnen mehr Liebe entgegengebracht hätte. Ja, auch sie hat schlimme Erfahrungen gemacht, aber Muttersein bedeutet mehr als die Wohnung sauber zu halten und eine gute Suppe zu kochen.
"Dschinns" ist ein Buch,das nachdenklich macht, vor allem weil es von einer Autorin geschrieben wurde, deren Großeltern aus der Türkei kamen. Zwischendurch ist mir alles zu viel geworden und ich musste mit dem Lesen pausieren, dennoch empfehle ich das Buch gerne weiter.

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Veröffentlicht am 02.01.2023

Zauberhafte Weihnachtsgeschichte

Weihnachten in der kleinen Buchhandlung
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Vanida Karun liest diese zauberhafte Weihnachtsgeschichte unvergleichlich gut. Beeindruckend, wie sie in jeder wörtlichen Rede den Charakter der sprechenden Person darstellt, vom alten Buchhändler bis ...

Vanida Karun liest diese zauberhafte Weihnachtsgeschichte unvergleichlich gut. Beeindruckend, wie sie in jeder wörtlichen Rede den Charakter der sprechenden Person darstellt, vom alten Buchhändler bis zum Kindergartenkind wirkt alles ungekünstelt authentisch.
Carmen ist eigentlich eine sehr unangenehme Person, von Grund auf misanthropisch sieht sie an allem nur die schlechte Seite, vor allem wenn es ihre Familie betrifft. Doch als sie plötzlich arbeitslos wird (und damit noch missgelaunter als gewöhnlich), ist es gerade ihre ungeliebte Schwester, die ihr einen Schubs in die richtige Richtung gibt, indem sie Carmen einen Job in einer heruntergekommenen Buchhandlung vermittelt. Carmen blüht auf, zeigt Begabung für den Beruf, lernt ihre Schwester besser kennen und wird gänzlich zu einem neuen Menschen, der auch endlich das Herz für die Liebe öffnen kann. Und über allem liegt ein Hauch von Magie.
Kitschig? Sentimental? Aber ja, hundert Prozent! Und ich habe die Geschichte sehr gern gelesen, auch wenn sie keinen Tiefgang hat. Sie passt einfach nur so wunderbar in die Weihnachtszeit, lässt einen die Probleme vergessen und man kann mit einem zufriedenen Seufzer nach der letzten Zeile das Buch zuklappen. Einige Stunden in einer heilen Welt können so guttun.

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Veröffentlicht am 02.01.2023

Rührend und urkomisch zugleich

Vilma zählt die Liebe rückwärts
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In Oslo lebt Vilma Veirod ein recht einsames Dasein als Klavierlehrerin. Ihre Mutter ist früh verstorben, der Vater unbekannt. So wuchs sie bei ihrer strengen Großtante Ruth auf, die ihr auch das große ...

In Oslo lebt Vilma Veirod ein recht einsames Dasein als Klavierlehrerin. Ihre Mutter ist früh verstorben, der Vater unbekannt. So wuchs sie bei ihrer strengen Großtante Ruth auf, die ihr auch das große Haus vererbt hat, in dem Vilma nun lebt.
Vilma ist zu einer leicht zwanghaften jungen Frau herangewachsen, die allen Gefahren (dazu gehören auch persönliche Beziehungen), mit Ritualen aus dem Weg geht. Wenn das Leben gar zu unberechenbar erscheint, beginnt sie innerlich rückwärts zu zählen.
Ganz unerwartet erreicht sie ein Bündel Briefe von ihrem verstorbenen Vater, das ihr stückweise die Wahrheit über ihre Eltern und ihre Vergangenheit erklärt. Zeitgleich treten der hochbegabte kleine Amdi und der Tourette geplagte Robert in ihr Leben, das von nun an seine Vorhersehbarkeit verliert. Die Ticks der beiden Erwachsenen sorgen für wunderbare Slapstick-Momente, die Briefe rühren das Herz.
Der Plot ist hochemotional und urkomisch zugleich, doch bleibt er immer glaubhaft. Damit gelingt der Autorin ein unwahrscheinlicher Spagat, und ich möchte bald noch mehr Romane von ihr lesen.
Gelesen habe ich das Buch allerdings nicht, sondern ich hatte die absolut perfekte Hörbuchfassung davon.
Wolfgang Gerber spricht die Rolle des Vaters authentisch im fürsorglich sachlichen Tonfall, und wirkt dabei sehr überzeugend und sympathisch. Felicity Grist allerdings flasht mit ihrer Darbietung. Durch sie spricht Vilma quasi persönlich zum Hörer. Selbst schwierigste Passagen, wie zum Beispiel Roberts Touretteausbrüche, kommen mit Leichtigkeit über ihre Lippen. Bewundernswert. Hörenswert!

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Veröffentlicht am 02.01.2023

Geschichte kompakt verpackt

Totentanz – 1923 und seine Folgen (ungekürzt)
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Aus dem Geschichtsunterricht kennt man Geschichte in erster Linie nur als eine Abfolge von Zahlen und Fakten. Lebendig wird sie erst in Verbindung mit Menschen aus Fleisch und Blut. Jutta Hoffritz hat ...

Aus dem Geschichtsunterricht kennt man Geschichte in erster Linie nur als eine Abfolge von Zahlen und Fakten. Lebendig wird sie erst in Verbindung mit Menschen aus Fleisch und Blut. Jutta Hoffritz hat sich einen kleinen Moment deutscher Vergangenheit herausgepickt, nämlich das Jahr 1923, und exemplarisch vier deutsche Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur, Politik und Wirtschaft durch diese zwölf Monate begleitet. Man erfährt von ihren persönlichen Erfahrungen, ihren Intentionen und ihrem Werdegang in dieser umtriebigen Zeit. Am meisten beeindruckt hat mich der ins Unermessliche gestiegene Brotpreis, der wie ein Index der Lebensqualität regelmäßig erwähnt wird. Aber auch andere winzige Details bringen Farbe in die ja eigentlich trockene Materie. Deutschland ächzt noch unter den Reparationszahlungen aus dem verlorenen 1. Weltkrieg, aber wer hat noch in Erinnerung, dass genau dies auch Auswirkungen auf den rheinischen Karneval hatte. Neben den großen politischen Entscheidungen, die ein Hugo Stinnes oder ein Rudolf Havenstein in diesem Zeitrahmen treffen, machen gerade diese bunten Informationstupfer die Lebendigkeit der Erzählung aus. 
Sicherlich spricht dieses Buch nicht die breite Masse an, sondern richtet sich eher an ein Publikum mit Interesse an der deutschen Geschichte. Es ist allerdings auch eher populärwissenschaftlich geschrieben. Es dient in erster Linie der Unterhaltung und ist natürlich keine Fachliteratur. Das Hörbuch wird gekonnt vorgetragen von Stephan Schad.

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Veröffentlicht am 30.12.2022

Bodenständig und superlecker

Deliciously Ella. How To Go Plant-Based
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Ich kenne schon andere Ella-Mills-Kochbücher. Also habe ich mich sehr auf "How To Go Plant-Based" gefreut. Nachdem ich es erst mal als E-Book quer gelesen habe, musste ich das gedruckte Buch unbedingt ...

Ich kenne schon andere Ella-Mills-Kochbücher. Also habe ich mich sehr auf "How To Go Plant-Based" gefreut. Nachdem ich es erst mal als E-Book quer gelesen habe, musste ich das gedruckte Buch unbedingt haben. Der erste Teil beschäftigt sich eingängig und leicht verständlich mit gesunder, pflanzenbasierter Ernährung. Und dann kommen jede Menge tolle Rezepte mit noch tolleren Fotos.
An Ellas Rezepten begeistert mich, dass man auch als Normalo alles leicht nachkochen kann. Die Zutatenliste ist zwar recht lang, aber das meiste hat man sowieso vorrätig, oder es lässt sich in normalen Supermärkten beschaffen. Zum Glück greift sie nie auf künstlichen Fleischersatz zurück, sondern orientiert sich hauptsächlich an Gemüse und Getreide. Selbst Tofu (ich mag ihn nicht so gerne) wird nicht oft verwendet.
Auch diesmal hab ich direkt ein/zwei Gerichte nachgekocht. Easy, flott und lecker. Was will man mehr.




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