„Der Fremde im Zug“ hat mich nicht begeistern können. Die Übertragung biblischer Gleichnisse ins Heute, die Attila Jo Ebersbach vornimmt, bleibt deutlich hinter meinen Erwartungen zurück. Es fehlt der ...
„Der Fremde im Zug“ hat mich nicht begeistern können. Die Übertragung biblischer Gleichnisse ins Heute, die Attila Jo Ebersbach vornimmt, bleibt deutlich hinter meinen Erwartungen zurück. Es fehlt der Pfiff, der Clou – sprich: die Überraschung, die einen zum Nachdenken bringt.
Attila Jo Ebersbach hat die Handlung biblischer Gleichnisse (wie auch einzelne biblische Verse, zumeist Aussagen Jesu) in ein anderes Setting gepackt, einen Deutungsansatz darauf, was die biblischen Gleichnisse und Texte heute aussagen können, bietet er jedoch nicht.
Was die Qualität der Geschichten angeht, fand ich manche interessant zu lesen, da sie einem die Handlung der Gleichnisse deutlicher vor Augen führten, andere jedoch fand ich sehr konstruiert, zu ausführlich und auch ist nicht immer prägnant die Pointe des Gleichnisses herausgehoben.
Dennoch bin ich der Meinung, dass einige der Geschichten in Bibelkreisen Verwendung finden könnten, kommt man doch recht schnell von ihnen zum biblischen Gleichnis und kann dann über den Sinn des Gleichnisses reden. Gleichnisse für unsere Zeit sind es freilich nicht.
Ein Klassentreffen ist ist der Ausgangspunkt von Ninni Schulmans neuem Krimi „Nichts ist verziehen“. In einer Hütte mitten im Wald soll übernachtet werden, so wie sie es früher in der neunten Klasse bereits ...
Ein Klassentreffen ist ist der Ausgangspunkt von Ninni Schulmans neuem Krimi „Nichts ist verziehen“. In einer Hütte mitten im Wald soll übernachtet werden, so wie sie es früher in der neunten Klasse bereits taten, inklusive nächtlicher Gespensterwanderung. Doch dann wird Jack, der Serienstar geworden ist, während der Wanderung ermordet. Und es bleibt nicht bei einem Toten.
So spannend es ist, zu sehen, wie die alten Beziehungsgeflechte der Schulzeit während des Klassentreffens wieder reaktiviert werden: ein Klassentreffen bedeutet viele Personen und dies wiederum führt in „Nichts ist verziehen“ zu einer großen Unübersichtlichkeit, die sich nur sehr langsam auflöst, indem einzelne Personen wie etwa der alkoholabhängige Ted stärker in den Fokus gerückt werden.
Hinzu kommen noch jede Menge Ermittler, die jedoch mehr mit sich selbst und ihren Beziehungsproblemen beschäftigt sind als dass sie den Fall lösen. Letztlich wird die Journalistin Magdalena Hansson, die selbst beim Klassentreffen war, zur Ermittlerin, die dem Täter auf die Spur kommt. Warum Ninni Schulman in ihrem Krimi den anderen Ermittlern so viel Raum gegeben hat, ist nicht erkennbar. Gutgetan hat es dem Krimi jedenfalls nicht.
Einigermaßen überzeugen konnte mich der Krimi erst am Schluss. Nachdem er nur langsam in Fahrt kommt, wird er zum Ende hin fast zu rasant inklusive einer Verfolgungsjagd. Die Auflösung ist recht interessant, sie bietet vor allem viel Stoff, um über die Beweggründe nachzudenken. Allerdings gibt die Autorin einen viel zu großen Schuss Weichspüler hinzu, um das Privatleben der Ermittler wieder ins Lot zu bringen. Warum Ninni Schulman es vorher aus dem Lot bringen musste, bleibt ihr Geheimnis. Interessant ist daran jedenfalls nichts. Die Journalistin Magdalena Hansson überzeugt da schon eher als Figur, wenn auch einiges aus ihrer Vorgeschichte im Unklaren bleibt. Auch wenn „Nichts ist verziehen“ der dritte Band der schwedischen Värmland-Krimis ist, hätte man sich doch mehr Informationen in Kurzform über sie – und ihren Sohn – gewünscht.
Mir persönlich hat zudem nicht gefallen, dass es – neben dem extrem ausgebreiteten Beziehungsleben der zudem kaum ermittelnden Ermittler noch Nebenhandlungen gibt, die mit dem Fall so gar nichts zu tun haben, jedoch immer wieder aufgegriffen werden. Sicherlich: es sind falsche Fährten, die jedoch so weit ausgeführt sind, dass man sich mehr wünscht, als dass sie einfach nur unwichtig sind.
Auch die Rückblicke, die mehrfach eingestreut sind, haben mich nicht überzeugt. Sie wirken einfach nur wie ein Fremdkörper, auch wenn sie später noch eine Funktion bekommen. Das hätte man auch anders lösen können.
Fazit: Ein Krimi, der nur bedingt überzeugt. Zu viele Personen, zu viel Nebenhandlung durch – letztlich überflüssige – Ermittler. Viel Verwirrung also, die durch die interessante Auflösung der Morde nicht aufgewogen wird.
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen – besonders, wenn die Reise vier Jahre dauert. So lange reiste Christopher Schacht um die Welt. Von Europa aus ging es an Afrika vorbei Richtung Südamerika, ...
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen – besonders, wenn die Reise vier Jahre dauert. So lange reiste Christopher Schacht um die Welt. Von Europa aus ging es an Afrika vorbei Richtung Südamerika, dann nach Asien und über Indien zurück nach Deutschland. Die Reise wollte er als Reise erleben und verzichtete deshalb auf das schnelle Flugzeug als Transportmittel.
„Ich habe gelernt, das Leben mit anderen Augen zu sehen“: so fasst Christopher Schacht die Erfahrung dieser vier Jahre zusammen. Die Reise finanzierte er durch Arbeit unterwegs, gestartet ist er mit nur 50 Euro in der Tasche. Immer wieder fand er Schipper, die ihn mitnahmen, lernte Leute kennen, bei denen er übernachten und wohnen konnte. Von diesen Begegnungen vor allem handelt Schachts Buch. Sie waren es wohl, die Schacht so sehr geprägt haben, dass er seinen Plan, Informatik zu studieren aufgab und nun nach seiner Weltreise mit einem Theologiestudium begann.
In seinem Buch „Mit 50 Euro um die Welt“ präsentiert sich Schacht nicht als großen Held, der – bildlich gesprochen – alle sieben Meere besegelt hat, sondern kommt immer wieder zum Nachdenken. So reflektiert er beim Besuch eines Indianerdorfes den Umgang mit den Ureinwohnern, stellte sich die Frage, wie aus Korea ein hochtechnologisiertes Land werden konnte. Und vieles, was ihm möglich war, sieht er als Glück an – oder besser: als Schicksal. Zufrieden, schreibt Schacht, sei er mit wenig gewesen. Übernachten in der Hängematte? Für Schacht kein Problem. Eine kurzfristige Absage für die Mitfahrt auf dem Segelboot? Etwas warten, und die nächste Möglichkeit bietet sich. Nicht nur einmal lief Schacht tatsächlich Gefahr, seine Reise ab- oder unterbrechen zu müssen. Für alle Probleme gab es aber schließlich Lösungen.
Was er alles auf seiner Reise durch 45 Länder erlebt hat, schildert Schacht eindrücklich und immer wieder mit einer Prise Humor. Versehen ist das Buch zudem mit wunderschönen Bildern und Karten, auf denen die Route (und vor allem die großen Entfernungen) deutlich wird.
Mit 19 Jahren startete Schacht nach dem Abitur seine Weltreise, mit 24 kam er zurück – weiser und verlobt. Die Wiedersehensfreude der Familie kann man sich da lebhaft vorstellen.
Ein wenig missverständlich ist er schon, der Titel von Iso Camartins Buch der Lobreden. „Die Kunst des Lobens„: das klingt nach Ratgeberliteratur, nach einer Anleitung für Reden zu besonderen Anlässen. ...
Ein wenig missverständlich ist er schon, der Titel von Iso Camartins Buch der Lobreden. „Die Kunst des Lobens„: das klingt nach Ratgeberliteratur, nach einer Anleitung für Reden zu besonderen Anlässen. Iso Camartin gibt aber in seinem Buch keine Rhetorik-Tipps für erfolgreiche Redner. Es sei denn, man will von gelungenen Beispielen lernen.
„Die Kunst des Lobens“ ist nämlich nichts anderes als eine Sammlung von Lobreden zu unterschiedlichen Anlässen. Nach einem eher verkopften Überblick über die Geschichte der Lobreden demonstriert Iso Camartin was eine Lobrede ausmacht. Wortspiele, Pointen, Witz, das Spiel mit dem Leser: das alles findet man in den Lobreden Camartins. Vor allem aber sind es die überraschenden Verknüpfungen, der Weg zum eigentlichen Thema, der Weg zum Geehrten, die das Besondere von Iso Camartins Lobreden ausmachen. Da erzählt Camartin von dem spanischen Jesuiten Baltasar Gracián, der im 17. Jahrhundert gelebt hat, um schließlich von seinem Buch „Der kluge Weltmann“ auf die freigeistige „Weltfrau“ Nike Wagner zu kommen.
Kommen sie auch leichtfüßig daher, so sind Camartins Lobreden zutiefst durchdacht. Nur selten, wie bei der Lobrede auf Adolf Muschg, wird Vorwissen verlangt. Das ist auch wichtig, denn in „Die Kunst des Lobens“ sind überwiegend Lobreden auf Persönlichkeiten des – zumeist dichterischen – Geistesleben versammelt, die eher unbekannt sind. Auch deshalb gelingt es dem Autor so mühelos, den Leser neugierig zu machen auf unbekannte Autoren und Werke.
Ingar Johnsruds Thriller „Der Bote“ hat es in sich. Nicht nur, dass er mit fast 550 Seiten ziemlich dick ist, auch die Story hat es in sich. Die Handlung springt zwischen der Gegenwart und dem Kalten Krieg ...
Ingar Johnsruds Thriller „Der Bote“ hat es in sich. Nicht nur, dass er mit fast 550 Seiten ziemlich dick ist, auch die Story hat es in sich. Die Handlung springt zwischen der Gegenwart und dem Kalten Krieg hin und her. Der Geheimdienst mischt ordentlich mit und lange bleibt unklar, was seine Interessen sind.
Gepackt hat mich das Buch trotzdem nur teilweise. Die Handlung war mir zum Teil zu unübersichtlich, zu gewollt. Und: Die zwei Ermittler sind alles andere als sympathisch. Fredrik Beier und Kafa Iqbal machen kaum eine gute Figur. Beier ist medikamentenabhängig und nicht immer zurechnungsfähig, während seine Kollegin Kafa Iqbal sich selbst auspeitscht. Die beiden ermitteln mehr nebeneinander her als miteinander und manche Erkenntnis wirkt doch recht zufällig.
Leicht macht es der erste Tote den beiden aber auch nicht. Handelt es sich doch um einen Toten, den es gar nicht geben dürfte, da er bereits 20 Jahre zuvor für tot erklärt wurde. Ebenso unklar erweisen sich zunächst die Verbindungen zu weiteren Morden. Dazu kommt, dass der Geheimdienst ordentlich mitmischt – und was sein Kollege Andreas so treibt, das kommt Fredrik Beier auch ziemlich verdächtig vor.
Nach und nach kommt alles ans Licht, wobei Ingar Johnsrud dabei auch immer wieder einsprengt, was vor 20 Jahren geschehen ist. Das macht das Buch an manchen Stellen durchaus spannender, da der Leser zum Teil mehr weiß (oder wissen könnte) als die Ermittler. Der Thriller endet mit einem furiosen Finale, das mir allerdings viel zu unwahrscheinlich war.
Lesen lässt sich der Thriller recht flüssig, nur war er mir an manchen Stellen zu gewollt vulgär. Allerdings muss ich zugeben, dass diese Sprache zu den Ermittlern durchaus passt.
Fazit: „Der Bote“ ist ein Thriller, in den ziemlich viel hineingepackt ist. Die beiden Ermittler brauchen ziemlich viel Zufälle, um weiterzukommen. Vor allem durch die verschiedenen Zeitebenen hält sich die Spannung bis zum Schluss.