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Veröffentlicht am 14.03.2021

Ein Kippbild aus Faszination und Abstoßung

Die wunderbare Kälte
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Die Einzelgängerin Kai hat eine Passion. Sie verfolgt unbekannte Personen und beobachtet sie in ihrem Alltag. Manchmal nur für kurze Augenblick, manchmal länger und erfindet dazu ihre eigene Geschichte. ...

Die Einzelgängerin Kai hat eine Passion. Sie verfolgt unbekannte Personen und beobachtet sie in ihrem Alltag. Manchmal nur für kurze Augenblick, manchmal länger und erfindet dazu ihre eigene Geschichte. Doch dann bricht sie die Grenze der reinen Beobachtung und beginnt die Menschen mit kleinen Tricks zu manipulieren. Denn Kai führt gerne Regie. Ihr ganz eigenes Spiel beginnt.

Als ihr Tama und Milo begegnen, wird ihr Spiel zur Manie.

Kais Geschichte erzählt von ihrer besondere Passion und zieht mich mit wundervollen Worten und teils erschreckenden Taten tief hinein in ihr Inneres.

Erst bin ich mir noch sicher, was ist Handlung, was ist Kais Phantasie und bin fasziniert, wie Kai im Innern die Dinge wahrnimmt und welche Wahrheiten sie daraus kreiert. Doch dann werde ich weggetragen von der ganz eigene Dynamik und Erzählweise der Geschichte. Die Übergänge von Realität und Chimäre werden immer fließender, bis ich irgendwann nicht mehr weiß, ist es wahr oder entspringt es Kais Phantasie. Aber da ist es längst um mich geschehen. Kai hat mich in ihren Fängen und lässt mich mit klopfenden Herzen Zeuge ihrer manischen Handlungen sein.

Herzlos, verrückt, krank ... – dann wieder verletzlich, ängstlich, desorientiert. So abstoßend Kais Handeln ist, so sehr will ich sie auch verstehen – ja fast in Schutz nehmen. Doch ich bin nur Zuschauer und muss geschehen lassen.

Dies ist sicherlich kein Buch für Jederman. Man muss sich einlassen mögen auf die innere Dynamik, das Verschwimmen der Konturen und auf Kai. Für mich hat es sich gelohnt.

Fazit: Ein ganz besonderes Buch für Menschen, die von Innensichten fasziniert sind und keine Angst haben die Orientierung zu verlieren in einer teils poetischen Sprache.

Ich bin froh, Kai kennenlernen zu dürfen.

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Magie, Illusion und die Waffe der Manipulation

Hush (Band 1) - Verbotene Worte
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Seit ihre Familie vom „Blauen Tod“ heimgesucht wurde, lebt Shae mit ihrer Mutter als Ausgestoßene am Rande eines ärmlichen Dorfes in Montane. Die Menschen stehen unter der Herrschaft und dem Schutz des ...

Seit ihre Familie vom „Blauen Tod“ heimgesucht wurde, lebt Shae mit ihrer Mutter als Ausgestoßene am Rande eines ärmlichen Dorfes in Montane. Die Menschen stehen unter der Herrschaft und dem Schutz des Hohen Hauses, dessen Barden sie vor der Seuche des „Blauen Todes“ beschützen sollen. Gleichzeitig treiben diese die Abgaben für den Herrscher ein und verbreiten mit ihren magischen Beschwörungen Angst und Schrecken anstatt des erhofften Heils und der Fruchtbarkeit der Böden. Als Shae nach einem Unglück nicht aufhört, Fragen zu stellen und sich nicht ihrem Schicksal fügen will, wird der Kontakt mit ihr zu gefährlich, und selbst ihre Freunde brechen mit ihr. Ohne Rückhalt macht sich Shae auf den Weg, die Antworten bei den Barden zu suchen.

Die Heldin ist aufmüpfig und mutig, der Gegner gerissen und hinterhältig, die Magie nur wenigen zugängig und schwer zu beherrschen. Irrsinn bedroht die Versager. Dies alles mischt Dylan Farrow mit Intrigen, Mord und jeder Menge Geheimnissen, garniert mit einem faszinierenden Fremden und einer Sage, die Befreiung und ein besseres Leben verspricht. Eine Fantasygeschichte also die alle Erwartungen im Juggendbuchbereich bedient.

Die Welt erinnert mit der Abhängigkeit von der Landwirtschaft, der absolutistischen Gesellschaft und ihrem Frauenbild an ein mittelalterliches Herzogtum. Das spiegelt sich sprachlich allerdings kaum wider. Die Heldin erzählt in der Ich-Perspektive und bedient sich einer einfachen Sprache und verzichtet zum Großteil auf langatmige Erklärungen oder ausschweifende Beschreibungen. Das Aussehen ihres Gegenübers ist ihr allerdings häufiger einige Gedanken wert, was für mich oftmals überflüssig war. Toll, fand ich, wie sie die Magie umschreibt und ihren eigenen Körper und Geist beobachtet, wenn er damit in Kontakt kommt.

Auch wenn die Ideen nicht neu und die Charaktere genretypisch sind, hat mich die Geschichte nach wenigen Seiten gepackt. Sie wird temporeich erzählt, enthält eine gute Prise Suspense und Dramatik. Freund und Feind sind kaum zu unterscheiden und so bibbere ich um die Heldin und kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Das Ende ist für meinen Geschmack etwas übertrieben romantisch, aber das kann ich verzeihen. Es kommt zur rechten Zeit und bringt einen zufriedenstellenden Abschluss des ersten Teils. Gleichzeitig liegen noch genug Aufgaben vor Shae und auch ausreichend offene Fragen, die es zu ergründen gilt, für einen spannenden zweiten Teil. Auf den ich mich definitiv freue.

Fazit: Eine spannende Dystopie, die zeigt welche Macht aus Manipulation entsteht, und damit eine gelungener Auftakt der Duologie, bei der man der Fortsetzung entgegenfiebert.

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Veröffentlicht am 14.02.2021

humoriger Spinn-off-Appetithappen

Doktor Maxwells weihnachtliche Zeitpanne
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Die kleine kostenlose Spinn-off-Geschichte trifft den gleichen humorigen Ton wie ihre großen Vorgänger. Es macht einfach Spaß mit Max in die Vergangenheit zu springen. Dieses Mal nach London zum 25.12.1066. ...

Die kleine kostenlose Spinn-off-Geschichte trifft den gleichen humorigen Ton wie ihre großen Vorgänger. Es macht einfach Spaß mit Max in die Vergangenheit zu springen. Dieses Mal nach London zum 25.12.1066. Eigentlich soll sie die Krönung von König William I. beiwohnen. Aber Max wäre nicht Max, wenn ihre Expedition nicht wieder einmal ganz anders verläuft als geplant und Max die Regeln ganz nach ihrem Gusto der Situation anpasst. Das Team bleibt diese Mal brav, aber es ist schließlich auch Weihnachten.

Eine gelungene Kombination aus Spannung, Überraschung und Situationskomik und damit sie in die Weihnachtszeit passt, mit einer Spur Romantik garniert. Die Geschichte macht auf jeden Fall Lust auf mehr und ist eine gute Möglichkeit mal reinzuriechen.

Fazit: Kostenlose Geschichte, die Spaß macht

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Veröffentlicht am 13.02.2021

stille Dramatik

Insel der verlorenen Erinnerung
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In einer Welt, in der immer mehr Dinge aus dem Alltag verschwinden und mit ihnen die damit verbundenen Erinnerungen, versucht eine junge Schriftstellerin ihr Ich zu bewahren. An ihrer Seite hat sie einen ...

In einer Welt, in der immer mehr Dinge aus dem Alltag verschwinden und mit ihnen die damit verbundenen Erinnerungen, versucht eine junge Schriftstellerin ihr Ich zu bewahren. An ihrer Seite hat sie einen alten Mann und ihren Verleger und gegen sich die Vorschriften und Kontrollen der Erinnerungspolizei und die Spitzel in der Nachbarschaft. Als ihr Verleger in Gefahr gerät, festgenommen zu werden, wird sie tätig.

Die Geschichte hat mich mit ihren leisen Tönen gefangen genommen. Das Buch kommt fast ohne Namen aus und wir begleiten die Schriftstellerin durch ihren Alltag, der sich ganz allmählich durch immer weitere Einschränkungen zu einem engen Gefängnis entwickelt. Man muss vorsichtig sein, was man tut, was man sagt. Man weiß nicht mehr, wer Freund, wer Feind ist und man muss die Regeln einhalten und alle Dinge, die verschwinden, bis auf den letzten Krümel vernichten. Trotz allem versucht die Schriftstellerin sich treu zu bleiben und das Richtige zu tun.

Obwohl Yoko Ogawa auf drastische Szenen und umfassende Gefühlsbeschreibungen verzichtet, schlägt einem die erdrückende Atmosphäre des Erinnerungsregimes entgegen. Als auch immer mehr Menschen verschwinden, fühle ich mich in die Zeit der Gestapodrangsalierungen hineinversetzt. Die Menschen versuchen, sich zurechtzufinden und optimistisch zu bleiben, doch hinter den verschlossenen Türen herrscht die Angst.

Mich hat am meisten beeindruckt, wie sehr die Veränderung des Alltages und der Verlust der Erinnerungen die Menschen verändert. Sie werden zu einem blassen Abbild ihrer Selbst. Parallel zur Erzählung verfasst die Schriftstellerin ihren eigenen Roman, der sich immer mehr mit ihrem Alltag verschmilzt. Die reduzierte Erzählweise und die asiatische Höflichkeit macht das Buch zu einer Besonderheit.

Fazit: Ein leises Buch, das noch lange nachhallt.

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Veröffentlicht am 10.02.2021

Spannung und Romantik im historischen Kohlemillieu

Das verlorene Medaillon
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Die verwaiste Emma wird von ihrem Onkel aufgenommen, der Aufseher in der Kohlemine von Coal River ist. Die Familie lässt sich ihre „Mildtätigkeit“ von Emma durch harte Arbeit und finanzielle Verbindlichkeiten ...

Die verwaiste Emma wird von ihrem Onkel aufgenommen, der Aufseher in der Kohlemine von Coal River ist. Die Familie lässt sich ihre „Mildtätigkeit“ von Emma durch harte Arbeit und finanzielle Verbindlichkeiten bezahlen und verlangt von ihr ein perfektes Bild in der Gesellschaft abzugeben. Doch dies entspricht nicht Emmas Naturell. Angesichts der elenden Verhältnissen und gesundheitlichen Gefahren, in denen die Kohlejungen leben, beschließt Emma trotz ihrer eingeschränkten Möglichkeiten zu helfen und gerät schnell in Konflikt mit der Familie ihres Onkels und dem mächtigen Minenbesitzer.

Emma ist eine sympathische Heldin, manches Mal sehr naiv in ihren Handlungen, dann sehr fortschrittlich und despektierlich in ihrem Auftreten als Frau. Schon nach kurzer Zeit hatte mich ihr Schicksal gefangen genommen. Manchmal wiederholten sich ihre gedankliche Auseinandersetzung und ihre Erinnerungen an ein kindliches Trauma. Doch die abwechslungsreiche Handlung und die wirklich realistischen Beschreibungen der menschlichen Ausbeutung sind so fesselnd, dass ich gut darüber hinweglesen konnte.

Die Mischung aus tollen Spannungsbogen und einige romantisch verklärte Situationen, die aber durchaus in die Zeit und die Jugend der Protagonistin passen, ist sehr gelungen.

Fazit: Eine spannende Geschichte, die einen guten Einblick in die Arbeitsbedingungen der Kohleförderung und sozialen Verhältnisse der Bergarbeiter und ihrer Familien zu Beginn des 19. Jahrhundert in den Staaten gibt. Die eindrücklich beschriebenen Atmosphäre lässt den Leser den Staub und Schmutz förmlich fühlen. Ein rund um gelungenes Lesevergnügen.

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