Emotionale Berg- und Talfahrt
Bevor wir alles verlieren„Bevor wir alles verlieren“ ist mein erstes Buch von Heike Abidi. Das Thema ist alles andere als schön, im Gegenteil. Ein Hirntumor wünscht man niemandem, vor allem nicht jemand sympathischem wie Protagonistin ...
„Bevor wir alles verlieren“ ist mein erstes Buch von Heike Abidi. Das Thema ist alles andere als schön, im Gegenteil. Ein Hirntumor wünscht man niemandem, vor allem nicht jemand sympathischem wie Protagonistin Victoria. Und doch ist das Buch nicht bedrückend und hoffnungslos, wie man vielleicht zuerst annehmen würde, es trotzt nur so vor positiven Messages und Humor, ohne jedoch den Ernst der Lage zu schmälern.
Man begleitet Victoria direkt von Beginn an bei ihrer Diagnose, dem Krankenhausaufenthalt und muss mit ihr zusammen den Schock der Nachricht, die sie bekommt, verdauen. Dadurch, dass sie aus ihrer Ich-Perspektive erzählt, ist man hautnah an ihr dran, man verfolgt ihre Gedanken und Gefühle, als seien es die eigenen, man leidet mit ihr, man ist mit ihr zusammen zunächst ungläubig, man verzweifelt, man hofft aber auch ein wenig. Ich fand es fantastisch, wie authentisch man ihre emotionale Berg-und Talfahrt geschildert bekommt, wie nahbar und menschlich sie das gemacht hat.
Ihr Kumpel Theo hatte mich schon direkt nach seinem ersten Auftritt in der Geschichte um den Finger gewickelt. Er ist der perfekte Begleiter für Victorias (vielleicht) letztes Abenteuer, aufmerksam, analytisch und dadurch unheimlich beruhigend. Er betrachtet die Dinge wenn nötig nüchtern und aus einer gewissen emotionalen Distanz heraus, aber ist dennoch unheimlich mitfühlend, er hilft Victoria, nicht den Kopf zu verlieren. Jeder braucht einen Theo, er ist absoluter ein Goldschatz!
Ich fand es sehr gut gemacht, wie trotz der unbestrittenen Ernsthaftigkeit des Themas die Hoffnung stets ganz oben steht. Victoria nimmt vieles mit Humor und ihre teils ironische Erzählweise verlieh der Geschichte eine Lockerheit, die man zunächst gar nicht erwarten würde. Es gefiel mir sehr, wie angenehm zu verfolgen das Geschehen dadurch wurde, wie es der Schwere eine gewisse Leichtigkeit verliehen hat. Und dennoch ist nie in Vergessenheit geraten, wie ernst es um die Protagonistin steht, dass es immer noch eine Frage von Leben und Tod ist.
Das Ende fand ich perfekt passend für die Geschichte. Natürlich fragen sich die Leser*innen im Laufe des Buches öfter, wie es am Ende um Victoria steht. Überlebt sie? Stirbt sie? Erfahren wir das überhaupt? Wie das Buch nun ausgeht, verrate ich selbstverständlich nicht. Aber auch wenn der/die ein oder andere eventuell unzufrieden mit dem Ende sein wird, in solchen Fällen kann man es gar nicht allen Recht machen, habe ich schnell meinen Frieden damit geschlossen.
Mein Fazit:
Ich habe das Buch trotz oder vielleicht gerade wegen seines ernsten Themas sehr genossen. Victoria und Theo waren unglaublich sympathische Protagonisten, die ich von Herzen gern auf ihrer Reise begleitet habe. Die Art, wie einem bedrückenden Ereignis hier Flügel verliehen wurden, fand ich sehr gut gelungen. Von mir gibt es 5 von 5 Sternen!