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Veröffentlicht am 10.08.2017

Ein Roman wie ein Urlaub am Meer

Die Sommerfrauen
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»Die Sommerfrauen« von Mary Kay Andrews ist ein Roman wie ein Urlaub am Meer. Drei Freundinnen, die sich schon seit der Grundschule kennen, inzwischen 35 Jahre alt sind und, wie man so schön sagt, »mitten ...

»Die Sommerfrauen« von Mary Kay Andrews ist ein Roman wie ein Urlaub am Meer. Drei Freundinnen, die sich schon seit der Grundschule kennen, inzwischen 35 Jahre alt sind und, wie man so schön sagt, »mitten im Leben stehen« haben ein Strandhaus in North Carolina gemietet. Hier in nag’s Head wollen Ellis, Dorie und Julia gemeinsam den ganzen Monat August über Urlaub machen. Nur die Frauen, denn Männer, soweit vorhanden, mussten zuhause bleiben. Ihre Unterkunft »Ebbtide« genannt, ist ein etwas heruntergekommenes Haus direkt hinter den Dünen. Über einen Holzsteg ist man im Nu am Strand - allein das klang für mich so verlockend, dass ich mich immer wieder selbst nach Ebbtide träumte. Für die Freundinnen wird der gemeinsame Urlaub aber auch zur Stunde der Wahrheit. Langgehütete Geheimnisse kommen ans Licht und auch in ihrer aktuellen Lebenssituation kann jede der Drei mit Überraschungen aufwarten. Unverhofft kommt noch eine vierte Frau hinzu, Maryn, die zunächst gar nicht in die Runde zu passen scheint und eine kriminelle Hintergrundgeschichte mitbringt.. Und was wäre ein Sommerurlaub ohne Liebe? Auch fürs Herz bietet die Lektüre von »Sommerfrauen« genug Stoff.

Mir hat gefallen, dass die Frauen sehr lebensecht wirken. Jede hat ihre größeren oder kleineren Macken. Sie haben gemeinsam Spaß, bauen auch mal Mist, halten aber zusammen und sind füreinander da. Die Zeit in Ebbtide bietet Gelegenheit, hinter die Fassade zu schauen, Lebensziele zu hinterfragen.

»Sommerfrauen« ist ein typischer Frauenroman. Wir erfahren fast in jeder Szene, was die Freundinnen gerade anhaben, wie sie ihre Haare tragen. Aber auch das gehört für mich zum Sommerurlaub dazu - ein zur gebräunten Haut passendes Top oder ein schwingendes Sommerkleid.

Ein wenig gestört haben mich die gehäuften Wiederholungen. Wenn wir bspw. Maryns Geschichte bereits kennen und sie dann Ellis noch einmal mit allen Details erzählt wird. Auch die Auflösung zum Schluss, wie es mit Ebbtide weitergeht, fand ich ein wenig sehr fantastisch. An dieser Stelle ähnelte der Roman mit den lebensechten Figuren eher einem modernen Märchen von der guten Fee. Überhaupt hat für mich die Geschichte zum Ende hin an Tiefe verloren. Zwar wurde es dramatischer, aber die kleinen, liebenswerten Details fehlten mir, die liebgewonnene Atmosphäre verblasste. Julias Geburtstag z.B. wird nur in zwei Nebensätzen erwähnt. Keine Torte, keine Kerzen ... ? Wie beste Freundinnen das doch sicher machen würden?

Trotzdem zählt »Sommerfrauen« zu meinen Favoriten für ein sommerliches Lesevergnügen. Ellis, Dorie, Julia und Maryn, ich wäre so gern noch länger mit euch in Ebbtide geblieben!

Fazit: 4****

Veröffentlicht am 04.08.2017

Berührend und komisch zugleich

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Dieses Buch lockte mich zunächst mit dem Cover - »Oh, ein Fuchs!« Die Leseprobe gefiel mir, und das Buch »verschlang« ich an einem Tag. Ein Tag wie ein Jahr ... Denn auch die Handlung des Romans umfasst ...

Dieses Buch lockte mich zunächst mit dem Cover - »Oh, ein Fuchs!« Die Leseprobe gefiel mir, und das Buch »verschlang« ich an einem Tag. Ein Tag wie ein Jahr ... Denn auch die Handlung des Romans umfasst nur einen einzigen Tag im Leben von Katharina. Sie ist Anfang 40, Hausfrau, Mutter mit kleinem Nebenjob, der sie glücklich macht, aber weit entfernt ist, was sie sich als junge Frau mit abgeschlossenem Studium der Musikwissenschaften erträumte. Mit ihrem Mann führt sie seit gut einem Jahr eine Wochenendehe. Alles klingt ganz normal, banal, langweilig, solche Leben werden in unserem Land tausendfach gelebt. Doch seit zwei Wochen weiß nur Katharina, dass ein »Etwas« da ist, das sie in ihrer Brust ertastet hat und das da nicht hingehört. Gedanken um Sinn des Lebens und das, was nach dem Sterben bleibt, beschäftigen sie.

Rückblick, Bestandsaufnahme, Vorausschau und immer wieder ihre heimlich geführten Listen. Das alles beschäftigt Katharina und wird doch immer wieder unterbrochen von dem ganz alltäglichen Chaos und Wahnsinn, der ihr Leben bestimmt. Der Autorin ist eine wundervolle Gratwanderung gelungen zwischen ernsthaften, teilweise fast philosophischen Gedanken und schreiend komischen Situationen. Katharinas Leben ist alles andere als banal und langweilig. Ein pflegeleichter, angepasster Siebzehnjähriger mit Goldkehlchen und eine pummelige, chaotische Elfjährige mit ADHS - unterschiedlicher könnten Kinder nicht sein. Dazu die beiden Nachbarn, die einmal Nachbarinnen waren, ein alter WG-Freund, abenteuerlustige Ratten und Haushaltsgeräte mit Mord- bzw.- Selbstmordabsichten ... Und schließlich das Meer und tatsächlich der Fuchs vom Buchcover. Letzterer ist für mich eine Metapher, denn er lebt sein Leben, ohne dass Katharina sich für ihn verantwortlich fühlen muss. Andere loslassen, zu sich selbst finden, das gelingt ihr im Laufe des Tages immer besser. Dem Ende zu gewinnt die Geschichte an Tiefe, was wohl am Meer liegt, dem Katharina sich endlich wieder zuwendet, auch wenn sie es quasi vor der Haustür hat.

Mir gefällt die Figur der Katharina so gut, weil ich mich an ganz vielen Stellen mit ihr identifizieren kann. Ihr Wunsch nach Perfektion, der oft genug im Chaos endet, die alten, begrabenen Träume, die Wochenendehe, die Flirt-Resistenz. Aber auch die Spontanität, der Mut, aus- und aufzubrechen. Am Ende ist nicht alles gut, aber trotzdem macht mich die Geschichte glücklich. Denn »Glück ist das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein.« (Jo Jansen)


Fazit: Leseempfehlung und 5*****