Ein ganz wundervolles Buch!
Emmy & OliverEmmy und Oliver sind praktisch seit Geburt an die besten Freunde. Sie sind am selben Tag im selben Krankenhaus geboren, sie sind Nachbarn und zusammen aufgewachsen. Sie teilen ihre Hobbys und sie teilen ...
Emmy und Oliver sind praktisch seit Geburt an die besten Freunde. Sie sind am selben Tag im selben Krankenhaus geboren, sie sind Nachbarn und zusammen aufgewachsen. Sie teilen ihre Hobbys und sie teilen ihr Leben. Und als Oliver auf einem kleinen Zettel gefragt wird, ob er Emmy mag, umkringelt er das Ja dreimal. Nichts könnte sich je zwischen die beiden drängen. Bis Oliver vom einen auf den anderen Tag plötzlich spurlos verschwindet und Emmy allein zurückbleibt.
"Emmy & Oliver" ist ein Buch, das mir unglaublich gut gefallen hat und auch extrem viel mit mir als Leserin gemacht hat. Ich war von Anfang an gefangen von der Geschichte und den unglaublich lebendig Charakteren und das Buch hat sich als wahrer Schatz präsentiert. Nicht nur äußerlich, sondern auch inhaltlich. Ich habe mit Emmy zusammen Oliver vermisst, habe mich nach ihm gesehnt, war genervt von den Eltern, die alles verbieten, habe dem Augenblick, in dem er und Emmy sich wiedersehen würden, herbeigesehnt und gefürchtet, habe ein Wechselbad der Gefühle durchlebt. Und am Ende das Buch mit einem zufriedenen Seufzer geschlossen und es noch lange nachhallen lassen. Ihr müsst es unbedingt selbst lesen, wahrscheinlich reichen meine Worte gar nicht aus, um zu beschreiben, was für ein wundervolles Buch "Emmy & Oliver" ist.
Total anschaulich und eindringlich beschreibt Robin Benway durch ihre Ich-Erzählerin Emmy, wie es sich anfühlt, wenn völlig unerwartet ein Mensch aus dem eigenen Leben verschwindet. Wie man am Anfang die Hoffnung nicht verliert und jeden Tag denkt, dass heute der Tag ist, an dem er zurückkehren wird. Wie dann aber doch nach und nach die Zuversicht schwindet und man lernt, sich einen neuen Alltag zu formen. Und wie am Ende doch am meisten der Gedanke zählt, dass man selbst immer noch da ist.
Ganz schwierig war für mich das Verhalten von Emmys Eltern. Ja, es ist schlimm, dass Oliver verschwunden ist. Und ja, natürlich macht man sich als Eltern Sorgen. Aber es ist ja nicht so, als wäre ein Wildfremder in das Leben von Olivers Familie und dadurch irgendwie auch in das Leben von Emmys Familie eingedrungen. Es war immer noch sein Dad, der so gehandelt hat. Also warum bitte wird Emmy in Watte gepackt, warum darf sie kaum einen Fuß alleine vor die Tür setzen, warum wird ihr alles verboten? Ja, ich kann die Eltern in einem gewissen Maße verstehen, aber ihr Verhalten, vor allem das der Mutter, fand ich völlig übertrieben und es hat mich teilweise auch echt extrem genervt. Ich weiß nicht, wie oft ich beim Lesen innegehalten habe, um mich über Emmys Mutter aufzuregen. Die Frau ist echt der absolute Hammer! Und das meine ich jetzt nicht positiv.
Umso froher war ich, dass Emmy ihr Ding durchgezogen hat. Und mit "Ding" meine ich vor allem das Surfen. Es hat so gutgetan, mit ihr zusammen zu erleben, wie sie sich heimlich mit ihrem Board an den Strand schleicht und sich den Wellen hingibt. Überhaupt mochte ich Emmy mit ihrer frischen Art total, was aber im Übrigen auch für ihre Freunde Drew und Caro gilt. Die drei, später vier, sind einfach so eine geniale Gruppe. Ich habe die Schlagabtäusche und Dialoge so geliebt. Auch wenn es um ganz alltägliche Sachen im Leben der Teenager geht, hatte ich nicht das Gefühl, hier Sachen zu lesen, die man schon tausendmal gelesen hat. Auch ist überhaupt keine Langeweile bei dem üblichen Alltagsgeplänkel aufgekommen, weil der Schreibstil der Autorin einfach so mitreißend und ihr Humor so genial ist. Die Freundschaft der drei spielt natürlich auch eine große Rolle, stellt fast eines der Hauptthemen dar, denn natürlich ändert sich hier auch einiges, als Oliver zurückkommt.
Diesem Augenblick, als Oliver nach zehn Jahren plötzlich wieder nach Hause kommt, habe ich richtig entgegengefiebert. Emmy beschreibt toll, was dabei in ihr vorgeht, und es fällt so leicht, sich in sie hineinzuversetzen. Das Aufeinandertreffen der beiden hatte ich mir dann stellenweise doch etwas anders vorgestellt, vor allem die Tatsache, dass Oliver sich nicht mehr wirklich an sie oder Caro oder Drew erinnern konnte, hat mich total verwundert und ich fand es auch nicht ganz logisch. Aber wahrscheinlich liegt das daran, dass Oliver für Emmy immer präsent war, auch wenn ihr Leben in der Zwischenzeit einfach einen anderen Inhalt bekommen hat. Aber dennoch hat sie immer an ihn gedacht und sich an die Momente mit ihm erinnert. Während Oliver im Gegensatz dazu in ein völlig neues Leben geschmissen wurde. Die ersten sieben Jahre seines Lebens haben einfach keine Rolle mehr gespielt. Und so eben auch Emmy oder Caro oder Drew. Wahrscheinlich ist es da ganz normal, dass Dinge in Vergessenheit geraten.
Natürlich wird alles anders, als Oliver plötzlich wieder da ist. Aber nicht nur seine Beziehung zu Emmy wird thematisiert, sondern natürlich auch einfach sein Leben an sich. Oliver hat in den letzten zehn Jahren kein schlechtes Leben geführt. Sein Vater ist nicht das Monster, für das ihn alle halten. Oliver kommt in eine für ihn völlig fremde Familie. Er hat auf einmal Schwestern und eine Mutter und einen Stiefvater, dafür keinen Vater mehr. Und keiner fragt ihn, wie es ihm geht. Bis auf Emmy. Und sie ist es dann natürlich auch, der er sich öffnet.
Die Handlung ist stellenweise sehr emotional und feinfühlig, fast zerbrechlich und häufig auch sehr ernst. Nicht immer ist es angenehm, was man als Leser vorgesetzt bekommt, aber gerade das macht dieses Buch auch so aus. Es ist einfach ganz besonders. Und natürlich passiert zwischen Emmy und Oliver auch viel auf zwischenmenschlicher Ebene. Ich denke, dass kann ich ruhigen Gewissens verraten. Denn diese Szenen waren es, die besonders schön zu lesen waren.
Neben der Handlung, die in der Gegenwart spielt, gibt es immer wieder Zwischenkapitel in kursiver Schrift, die Episoden aus Emmys und Olivers gemeinsamer Vergangenheit wiedergeben. Sie runden das Buch perfekt ab und haben mich rückblickend fast noch mehr berührt als die Kapitel, die in der Gegenwart spielen, da sie die Grundlage für die tiefe und innige Freundschaft zwischen Emmy und Oliver bilden und einfach nur zuckersüß sind. Manchmal wird in diesen Zwischenkapitel auch eine Sache angesprochen, die sich bis in die Zukunft auswirkt und in der Gegenwart wieder aufgegriffen wird. Das hat mir auch richtig gut gefallen.
Wenn die übertrieben nervige Mutter und das merkwürdige Verhalten beim ersten Aufeinandertreffen mit seinen ehemaligen Freunden nicht gewesen wäre, hätte das Buch definitiv die volle Punktzahl bekommen. So ziehe ich am Ende einen halben Stern ab, spreche aber guten Gewissens eine Leseempfehlung von ganzem Herzen aus!