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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.09.2019

eine Leseempfehlung für Histo-Fans

Der Geschmack von Schmerz
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Am Anfang eines jeden Buches steht eine gewisse Erwartungshaltung an die Geschichte. Ausgelöst wird dies durch den ersten Eindruck. „Der Geschmack von Schmerz“ hat mit seinem Titel bereits eine Richtung ...

Am Anfang eines jeden Buches steht eine gewisse Erwartungshaltung an die Geschichte. Ausgelöst wird dies durch den ersten Eindruck. „Der Geschmack von Schmerz“ hat mit seinem Titel bereits eine Richtung eingeschlagen, die das samtige rote Cover mit der Maske noch verstärkt. Außerdem sieht man Notre Dame und weiß, dass es nach Frankreich geht und dass de Sade eine nicht unwesentliche Rolle spielen wird. Und der Covertext spricht von dunklen Gelüsten im Paris des 18. Jahrhunderts, Tarotabenden, Lust und Schmerz. Nicht schwer sich vorzustellen, welche Vorstellungen ich hatte, als ich die Geschichte zur Hand nahm.

Von de Sade wusste ich so gut wie nichts. Ich kannte aber Cornelia Haller schon als hervorragende Autorin.
Und ich wurde nicht enttäuscht, bekam eine Histo-Mischung, wie ich sie liebe. Eine junge Heldin, die aus den konventionellen Normen der damaligen Zeit ausbricht und dabei auf den charismatischen de Sade trifft und sich in ihn verliebt. Ungeklärte Mordfälle geschehen und der Marquis wird verdächtigt, etwas damit zu tun zu haben. Vor allem die Entwicklung der beiden Hauptakteure war sehr spannend und überraschend. Die "erfundenen" Teile passten für mich sehr gut zu den realen "Fakten". Dadurch, dass de Sade und auch Isabeau etwas "aus ihrer Zeit fallen" wurde die Geschichte noch abwechslungsreicher und man konnte der damalige Zeit noch besser nachspüren.

Und für alle, die noch zögern. Es handelt sich nicht um einen seichten „Fiftiy-Shades-Histo-Roman“. Keine Sorge. Wer die Autorin kennt und schätzt, weiß wovon ich rede. Ein schöner Roman mit ein bisserl Sex und Crime – aber durch und durch ein Histo.

Veröffentlicht am 13.09.2019

funkensprühend

Funkenflug
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„Funkenflug“ beschreibt die Monate vor Ausbruch des zweiten Weltkrieg. Rund um die Welt wird erzählt. Von Churchill bis Sophie Scholl, von Weizäcker bis Kennedy, aber auch Heydrich und Canaris sind es, ...

„Funkenflug“ beschreibt die Monate vor Ausbruch des zweiten Weltkrieg. Rund um die Welt wird erzählt. Von Churchill bis Sophie Scholl, von Weizäcker bis Kennedy, aber auch Heydrich und Canaris sind es, die in diesem geschichtsträchtigen Buch zu Wort kommen. Fakten und Anekdoten, Zeitzeugnisse, politische Zusammenhänge, Geschehnisse am Rande und mittendrin sind es, die sich zu einem Bild verdichten. Hitler und die Nazis schachern mit Europa und legen einen Brandherd nach dem anderen immer mit dem Plan, dass der Funkenflug zum Krieg führen wird. Unausweichlich ist der Ablauf und doch fiebert man mit und ist sprachlos von der Dramatik der Ereignisse. Vielleicht, weil im Hinterkopf bereits schwelt, was sich darauf entwickelt hat. Ein unvergleichlicher Weltenbrand, der hier seinen finalen Anfang findet.

Die vielen Puzzleteile ergeben das große Ganze und der Autor, Hauke Friederichs, hält die Zügel straff in der Hand und glänzt mit guter Recherche und passendem Sprachstil, der die Zeit widerspiegelt und Wahrhaftigkeit atmet ohne das Ende vorweg zu nehmen, welches sowieso jeder kennt.

Veröffentlicht am 13.09.2019

Nesbo überzeugt

Messer (Ein Harry-Hole-Krimi 12)
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Harry kommt mal wieder mit seinem Leben nicht zurecht. Rakel hat sich von ihm getrennt und er säuft schlimmer denn je. Ein Wunder, dass er es schafft, sich degradiert als einfacher Ermittler überhaupt ...

Harry kommt mal wieder mit seinem Leben nicht zurecht. Rakel hat sich von ihm getrennt und er säuft schlimmer denn je. Ein Wunder, dass er es schafft, sich degradiert als einfacher Ermittler überhaupt noch in die Arbeit zu schleppen. Aber der Job hält ihn am Leben. Auch als sein Unglück durch einen Mord noch größer wird. Und Harry schwört Rache und jagt einen Mörder, den er schon lange als brutalen Vergewaltiger kennt.

Bitter und frustrierend ist dieser neue Nesbo-Krimi. Und süchtig machend gut. Ja, man sollte unbedingt schon mal etwas von diesem Autor und seinem bekanntesten Kommissar gelesen haben. Erst dann kommt das ganze Ausmaß der Tragik dieser Figur zum Tragen. Aber so oder so funktioniert der Kriminalfall wieder mal bestens. Spannend, kniffelig, voller überraschender Volten.

„Messer“ ist für Fans und für solche, die es werden wollen. Jo Nesbo überzeugt mal wieder.

Veröffentlicht am 12.09.2019

überraschend tiefsinnig

Wir gegen euch
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Björnstadt ist eine Kleinstadt mit einem Trauma. Dieses wurde im Vorgängerband beschrieben. Im Nachhinein finde ich es schade, dass ich diesen nicht vorher gelesen habe, denn auch wenn man nach und nach ...

Björnstadt ist eine Kleinstadt mit einem Trauma. Dieses wurde im Vorgängerband beschrieben. Im Nachhinein finde ich es schade, dass ich diesen nicht vorher gelesen habe, denn auch wenn man nach und nach in die Geschichte reinkommt, so bleibt doch ein kleiner Stachel, dass ich viele Feinheiten nicht oder nur aus einer Nacherzählung der Geschehnisse bekommen habe. Aber auch so ist dieser zweite Teil sehr dramatisch und bewegend. Die Schicksale der vielen Protagonisten berühren auf unterschiedlichste Weise. Durch die vielen Szenewechsel wird ein hohes Tempo gefahren und man muss aufmerksam dabeibleiben.

Besonders gefallen hat mir die Art, wie der Leser angesprochen wird, als würde tatsächlich jemand mir erzählen, was passiert ist. Und mich mit kleinen Andeutungen neugierig machen oder schon vorher auf das Unvermeidliche vorbereiten. Dadurch wirkt es manchmal wie eine Parabel oder ein Märchen, wobei es viel zu realistisch dafür ist. Es gibt auch nicht dieses „Und sie lebten glücklich bis ans Ende…“. Aber immer wieder blitzt auch etwas wie Hoffnung auf und durch die Einschübe über Eishockey und die Eishockeyfans wird die ganze Stadtgemeinschaft in einen gemeinsamen Kontext gesetzt, über alle Probleme und Animositäten hinweg.

Ein Roman, der mich überrascht hat mit seiner Tiefe. Die ersten – heiteren –Bücher des Autors waren nicht mein Fall. Dieses hat mir sehr gut gefallen. Ich wäre auch den Vorgänger noch lesen.

Veröffentlicht am 09.09.2019

Vom Eis und von der Liebe

Die Eisbaronin
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Grischa ist noch ein Teenager, als er von zuhause fortläuft, um draußen in der Welt Abenteuer, Glück und ein besseres Leben zu suchen, als es ihm als Leibeigener im ländlichen Russland vergönnt wäre. Seine ...

Grischa ist noch ein Teenager, als er von zuhause fortläuft, um draußen in der Welt Abenteuer, Glück und ein besseres Leben zu suchen, als es ihm als Leibeigener im ländlichen Russland vergönnt wäre. Seine kleine Schwester Katya folgt ihm heimlich und schließlich landen die beiden mittellos und hungrig bei der norwegischen Witwe Silja , die die beiden bei sich aufnimmt. Grischa arbeitet fortan über die Sommermonate auf verschiedenen Schiffen, während die Schwester in dem kleinen Gasthof von Silja mithilft. Beide sparen eisern für die Zukunft und Stück für Stück entwickeln sie eine Geschäftsidee, die neuartig und wagemutig scheint und für die sie weitere Partner brauchen, um sie in die Tat umzusetzen. In Hamburg werden sie bei einem Brüderpaar fündig. Thilo und Christian, die einen Gemischtwarenladen führen, sind Feuer und Flamme für den ungewöhnlichen Plan hoch im Norden Eis auf ein Schiff zu laden und es dann in südlicheren Gefilden für gutes Geld zu verkaufen. Sie sind nicht die ersten aber noch ist Eis ein kostbares Gut und außerdem haben sie Katya an ihrer Seite, die über die fast magische Gabe verfügt, dass sie das Eis singen hören und seine Beschaffenheit erspüren kann. Denn unter den vielen verschiedenen Sorten Eis gibt es nur eine, die kompakt und gut genug ist, um einen monatelangen Transport ohne allzu große Verluste zu überstehen.

Der Eishandel ist die Rahmenhandlung, die auf wahren Gegebenheiten beruht und ebenso faszinierend wie einzigartig ist. Noch mehr geht es aber um die Menschen in dieser Geschichte. Um Grischa, den charismatischen Freigeist, der das Leben und die Menschen liebt und Frauen und Männer gleichermaßen in seinen Bann zieht. Um Katya, die vom schüchternen Mädchen schnell zu einer mutigen und schönen Frau heranwächst. Um Christian, der sich in das Mädchen verliebt und dessen Bruder Thilo, der es lange nicht wagt zuzugeben, dass er Männer begehrt und Grischa ihm gefällt wie kein anderer. Und um Henny, die in dieser Konstellation eine ganz eigene Rolle zugedacht ist.

Es geht also um einige junge Menschen, die ihr Leben in die eigene Hand nehmen und dabei merken, dass nicht alles immer einfach und reibungslos geht und dass man um den Erfolg ebenso wie um sein Glück kämpfen muss. Die mehr als einmal einen falschen Weg einschlagen aber auch an ihren Rückschlägen wachsen. Die sich nach der großen Liebe sehnen und in Freundschaft und Respekt verbunden sind. Da es sich um den ersten Teil handelt, ist das Finale des Buches voller Fragen und offener Enden.

Besonders schön fand ich die warmherzige Sprache von Nicole Vosseler, mit der sie die Gefühle ihrer Protagonisten beschreibt, die Liebe und die Sehnsucht, aber auch die Natur und die verschiedenen Aggregatszustände von Eis und Schnee, die ich selten zauberhafter und glitzernder erzählt bekommen habe. So dass mich, als eingefleischten Sommermensch, der Wunsch nach der Kälte des Winter gepackt hatte.

Ein wunderschöner Roman, nach dem ich ungeduldig auf die Fortsetzung warte, die für nächstes Jahr – passender Weise wieder im Sommer – angekündigt ist.