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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.04.2019

unterhaltsames Kopfkino

Großes Sommertheater
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Ich schätze die Krimis von Frank Goldammer sehr und war gespannt auf "Das große Sommertheater". Es ist eine kleine feine Mischung zwischen Komödie und Tragödie. Der Erzählstil passt sich der Geschichte ...

Ich schätze die Krimis von Frank Goldammer sehr und war gespannt auf "Das große Sommertheater". Es ist eine kleine feine Mischung zwischen Komödie und Tragödie. Der Erzählstil passt sich der Geschichte an. Sehr oft heiter aber auch sarkastisch und bitterböse wird hier das verzwickte Konstrukt der Familie des Patriarchen Joseph aufgedröselt. Der alte Herr sieht seinen nahen Tod kommen und möchte noch einmal seine Söhne sehen. Diese reisen mit ganzer Familie an, obwohl sie sonst eigentlich so gar nichts mit dem Vater und den Brüdern am Hut haben. Neid und Missgunst, aber auch alte, lange verdrängte Streitigkeiten machen dieses Familientreffen zu einer lauten und für alle Beteiligten aufwühlenden Angelegenheit.

Mir gefiel vor allem der Ton der Geschichte und die Charaktere der Darsteller, die allesamt ambivalent beschrieben waren und im Leser widersprüchliche Gefühle freisetzten. Erst nach und nach erkennt man die Verletzungen unter all dem Lack und der Patriarch Joseph ist daran nicht unschuldig.

"Das große Sommertheater" schreit für mich nach einer Verfilmung. In meinem Kopf lief es als Film schon mal sehr gut. Unterhaltsam mit einer Spur Tiefgang. Das Buch hat mir die Wartezeit auf den nächsten Goldammer-Krimi ein bisschen verkürzt.

Veröffentlicht am 13.04.2019

schöne Liebesgeschichte

Zeilen ans Meer
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Lena aus München arbeitet eine kurze Zeit in Australien und schmeißt bei ihrem Abschied eine Flaschenpost ins Meer. Diese findet der Australier Sam Jahre später und schreibt der Deutschen eine Postkarte. ...

Lena aus München arbeitet eine kurze Zeit in Australien und schmeißt bei ihrem Abschied eine Flaschenpost ins Meer. Diese findet der Australier Sam Jahre später und schreibt der Deutschen eine Postkarte. Daraus entwickelt sich schnell ein sehr intensiver Briefwechsel. Die Ehrlichkeit der Beiden führt zu Gefühlen, die beide so nicht geplant hatten.

Ein reinrassiger Briefroman also, den Sarah Fischer da geschrieben hat. Es ist spannend zu sehen, wie zwei Menschen sich nur durch das geschriebene Wort kennen- und lieben lernen. In den Briefen und Mails erzählt Lena aus Bayern, dem Surfbrettbauer Sam aus Australien von ihrem Leben mit ihrer Tochter, vom Eisbach in München, auf dem auch gesurft wird, von ihren Wünschen und Träumen, von ihrer Begeisterung für die Zeit in Australien. Und Sam tut Gleiches und kommt nach einem schweren Schicksalsschlag aus seinem jahrelangen Schneckenhaus und lässt die Frau vom anderen Ende der Welt in sein Herz. Natürlich gibt es jede Menge Probleme. Alle typisch für eine Fernbeziehung.

Die Autorin schafft es, dass man die Action fast nicht vermisst, die in dieser Form der Erzählung natürlich schwer abzubilden ist. Große und kleine Dramen, Liebe, Sehnsucht, Unsicherheit, Missverständnisse. Das volle Programm, wie in jeder anderen guten Liebesgeschichte. Gerade die Gefühle werden sehr schön beschrieben und man fiebert mit den beiden mit. Kann so eine Liebe klappen? Können sie einen Weg finden, eine wirkliche Beziehung zu führen? Wird einer von beiden irgendwann den Schritt wagen, zu einem ersten Treffen, und später zu mehr?

Eine schöne, zu Herzen gehende Liebesgeschichte, glaubhaft erzählt. Am Ende war es mir etwas schnell mit dem Schluss aber da einiges ein bisschen offen bleibt, kann man sich als Leser die Geschichte ja noch weiterträumen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Stimmung
  • Figuren
Veröffentlicht am 27.03.2019

Ein Buch wie eine warme Decke

Wir nannten es Freiheit
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Der erste Weltkrieg ist bereits im zweiten Jahr. Immer mehr Männer werden eingezogen und hinterlassen große Lücken in ihren Familien aber auch in der Arbeitswelt. In der Mädchenschule sind bis auf den ...

Der erste Weltkrieg ist bereits im zweiten Jahr. Immer mehr Männer werden eingezogen und hinterlassen große Lücken in ihren Familien aber auch in der Arbeitswelt. In der Mädchenschule sind bis auf den wehruntauglichen Rektor die Lehrer alle an der Front und dadurch werden junge Lehrerinnen wie Lene dringend gebraucht. Umso widersinniger erscheint das Zölibatsgesetz, welches verheirateten Frauen den Lehrberuf verwehrt.

Lene liebt ihren Beruf. Sie möchte den Mädchen das bestmögliche Rüstzeug auf dem Lebensweg mitgeben und ihr Gehalt ist auch dringend nötig, da die Mutter mit ihrem Verdienst als Wäscherin die Mietwohnung und den Unterhalt alleine gar nicht würde bezahlen können. Die junge Frau verliebt sich in Paul, der überraschend als Soldat ins französische Verdun geschickt wird und ihr noch schnell einen Heiratsantrag macht, den sie überglücklich annimmt. Während der Verlobte irgendwo in den Schützengräben liegt, überlegt Lene, was werden soll, wenn Paul zurückkehrt und sie wirklich heiratet. Die Vorstellung, dann nicht mehr Lehrerin sein zu dürfen, behagt ihr ganz und gar nicht und mit ihren Kolleginnen beschließt sie schließlich, dem Oberbürgermeister der Stadt Schwerin einen Brief zu schreiben und diese gesetzliche Regelung neu zu überdenken.

Es war mein erstes Buch von Silke Schütze. Und ich war von der ersten Seite an begeistert. Lene ist eine liebenswerte, kluge und aufmerksame junge Frau und ihr Engagement als Lehrerin aber auch ihr Mut als Mensch nehmen schnell für sie ein. Glaubhaft und facettenreich wird die damalige Zeit geschildert und das Ensemble rund um die Hauptdarstellerin ist interessant und gibt einen hervorragenden Einblick in die Gesellschaft und die Stimmung damals. Neben dem hervorgehobenen Thema von Gleichberechtigung und beginnender Emanzipation bekommt auch der Krieg und vor allem die Kriegstraumata der heimkehrenden Soldaten Raum und Aufmerksamkeit.

Silke Schütze erzählt auf eine sehr warme und einfühlsame Art ohne je ins Seichte oder Kitschige abzurutschen. Gerade die Liebesszenen sind trotz aller Gefühle sehr wahrhaftig und wunderschön. Trotz der Kriegszeiten und der damit verbundenen schweren Töne kommen aber auch der Humor und die Lebensfreude nicht zu kurz. Gibt es nicht den Spruch: Ein Buch wie eine warme Decke? Genauso ist diese Geschichte und ich bin damit zum absoluten Fan dieser Autorin geworden und werde mir jetzt nach und nach alle anderen Bücher von ihr zulegen. Ich fände es außerdem toll, wenn im Lene-Universum vielleicht noch weitere Bücher folgen würden.

Veröffentlicht am 25.03.2019

Leseempfehlung

Der Gesang der Bienen
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Der Zeidler Seyfried kennt den „Gesang der Bienen“. Dank seinem großen Wissen über diese Insekten lebt er mit seiner Familie eigentlich zufrieden und ruhig am Waldrand. Weil seine Frau aber der Tochter ...

Der Zeidler Seyfried kennt den „Gesang der Bienen“. Dank seinem großen Wissen über diese Insekten lebt er mit seiner Familie eigentlich zufrieden und ruhig am Waldrand. Weil seine Frau aber der Tochter eines Edelmannes hilft, als diese nach einem Schwangerschaftsabbruch mit dem Tode ringt, kommt Unheil auf Seyfried, seine Frau Elsbeth und die drei Kinder zu.

Um seine Frau vor dem Henker zu retten reist Seyfried zur Ordensfrau Hildegard von Bingen, die gerade dabei ist ihr berühmtes Kloster aufzubauen. Bevor sie ihm hilft, gibt sie ihm einige wichtige Aufgaben, die er lösen muss.

Ralf Dorweilers Romane lesen sich allesamt flott weg. Auch das neue Buch ist hier keine Ausnahme. Mit jeder Menge historischer Fakten gespikt bietet es kurzweilige und spannende Unterhaltung. Eine liebenswerte Zeidlerfamilie, ein bösartiger Ritter, ein übellauniger Bär und eine energische Nonne sorgen dafür, dass man schnell in die Geschichte reinfindet, große Sympathien für die Darsteller entwickelt und ungeduldig auf ein gutes Ende hofft.

Man bekommt einen gut recherchierten Histo-Roman mit fiktiven und realen Personen. Ralf Dorweiler enttäuscht den Leser auch mit seinem dritten Buch nicht. Mir gefiel vor allem, dass die Frauenfiguren sehr stark und präsent waren. Neben Elsbeth und Tochter Anna, sind es auch die Novizin Adelheyd und nicht zuletzt die strenge und schlaue Hildegard, die mich begeistern konnten. Dorweiler hat es geschafft, ihnen Leben einzuhauchen und mir Neues zu erzählen. Für mich gehört dieser Autor in die Riege der deutsche Schriftsteller, die man inzwischen ohne Sorge weiterempfehlen kann.

Veröffentlicht am 11.03.2019

faszinierender Genremix

Der Honigbus
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Was für ein tolles Buch. Ich bin noch ganz ausgefüllt vom „Honigbus“, mit dem ich eine so intensive Reise in die Kindheit und Jugend der Autorin Meredith May machen durfte. Es handelt sich um eine Autobiographie. ...

Was für ein tolles Buch. Ich bin noch ganz ausgefüllt vom „Honigbus“, mit dem ich eine so intensive Reise in die Kindheit und Jugend der Autorin Meredith May machen durfte. Es handelt sich um eine Autobiographie. Aber darin steckt so viel mehr. Der Titel und das Cover versprechen nicht zu viel, denn es ist auch ein Buch über Bienen. Über diese kleinen gestreiften Insekten, die lange Zeit so unterschätzt und verkannt wurden und die seit einigen Jahren (ungefähr seit der Dokumentarfilm „More than honey“ weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt hat) immer mehr Menschen beschäftigen. Erst vor wenigen Wochen ist das Volksbegehren in Bayern „Rettet die Bienen“ mit einem vollen Erfolg zu Ende gegangen.

Die Eltern trennen sich im Streit, als Meredith fünf Jahre ist und mit ihrem jüngeren Bruder und der Mutter zieht sie ins Haus der Großeltern mütterlicherseits. Während die Mutter sich mit einer schweren depressiven Störung die nächsten Jahre in ihrem Schlafzimmer vergräbt und die Kinder in eher ärmlichen Verhältnissen aufwachsen, wird für die zwei Kinder der Großvater zur wichtigsten Bezugsperson. Der passionierte Hobbyimker erklärt Meredith das Leben durch die Welt der Bienen. Durch ihr emsiges uneigennütziges Streben, ihre Sorge für die Königin und das Überleben des eigenen Bienenstockes, ihr beständiges Wesen und ihre schier unglaublichen Leistungen für sich aber auch für die Pflanzen und die Menschen.

In seinem „ Honigbus“ schleudert er den Honig aus den Bienenwaben und gibt Meredith und ihrem Bruder ein Gefühl von Geborgenheit, welches die psychisch kranke Mutter und die spröde Großmutter ihnen nie geben können. Oberflächlich betrachtet mutet die Kindheit von Meredith traurig und schwer an. Umso faszinierender ist, dass durch die Beschreibungen der Bienenwelt und die daraus resultierenden Erkenntnisse die ganze Geschichte immer einen positiven Grundton beigehält und Meredith eine innere Stärke gewinnt, die auch der Leser spüren kann.

Eine bewegende Familien- und Coming-of-Age-Story und gleichzeitig ein Buch über die Bienen. Man erfährt, wie Bienen duften, wenn sie angreifen, wie sie ihre Brut aufopferungsvoll Pflegen, wie sie als Pfadfinderinnen oder Arbeiterinnen leben. Ein faszinierender Blick in eine Bienenstock und in das Leben von Meredith May.