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Veröffentlicht am 25.10.2017

Interessanter neuer Autor

The Fourth Monkey - Geboren, um zu töten
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„The fourth monkey“ ist das erste auf Deutsch erschienene Buch des Amerikaners J.D. Baker.
Die vom Verlag gemachten Vergleiche mit SEVEN und DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER haben durchaus ihre Berechtigung. Dies ...

„The fourth monkey“ ist das erste auf Deutsch erschienene Buch des Amerikaners J.D. Baker.
Die vom Verlag gemachten Vergleiche mit SEVEN und DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER haben durchaus ihre Berechtigung. Dies bedeutet natürlich, dass der Autor den Thriller nicht wirklich neu erfindet. Unterschwellig hat man das Gefühl, das so oder ähnlich schon gelesen zu haben.

Aber dennoch ist der Roman wirklich ausgesprochen unterhaltsam und erfüllt hervorragend die an ihn gestellten Erwartungen. Dies liegt zum einen am flotten Schreibstil von Baker, der seine zwei Ermittler mit einem humorvollen Grundton ermitteln lässt, der die Düsternis der Geschichte wohltuend immer wieder etwas auflockert. Das ist auch dringend nötig, denn das Tagebuch des Mörders ist wirklich furchteinflößend, pervers und grausam und verursacht immer wieder Schluckbeschwerden beim Leser. Und dann gibt es auch noch das aktuelle Opfer, welches nackt und gefesselt und verstümmelt auf Rettung hofft und den Spannungspegel weiter hochschnellen lässt.

Die Dramatik ist von Anfang an sehr hoch, obwohl der Täter scheinbar gleich am Anfang von einem Bus überfahren wird. Einmal angefangen konnte ich das Buch nur schwer aus der Hand legen und habe es fast in einem Rutsch ausgelesen.

Ein interessanter neuer Autor den ich Freunden harter Thriller über Serienkiller sehr ans Herz legen kann. Vielen Dank an Netgalley, dass ich das Buch vorab lesen durfte.

Veröffentlicht am 20.10.2017

Das Aufwärmen vor dem Finale

Die Gabe der Auserwählten
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Der dritte Teil der Saga „Die Chroniken der Verbliebenen“. Leider noch nicht der Abschlussband. Im deutschsprachigen Raum wurde der letzte Band geteilt. Dementsprechend war ich gespannt, wieviel vom Showdown ...

Der dritte Teil der Saga „Die Chroniken der Verbliebenen“. Leider noch nicht der Abschlussband. Im deutschsprachigen Raum wurde der letzte Band geteilt. Dementsprechend war ich gespannt, wieviel vom Showdown wir zu lesen bekommen. Soviel vorneweg. Eindeutig zu wenig.

Man merkt der Geschichte deutlich an, dass die Autorin hier einen großen Anlauf nimmt für das Finale. Und diese Aufwärmrunde besteht vor allem darin, dass Lia und Rafe, jeder für sich erkennen, dass die Liebe alleine nicht ausreicht. Es geht inzwischen um viel mehr. Es geht um das Überleben ihrer Völker, um die Freiheit und um den Kampf gegen die verhassten Feinde. Und deshalb rückt Stück für Stück ihre Beziehung in die zweite Reihe. Diese Erkenntnis ist für beide schwer zu schlucken.

Lia wird merklich reifer und trifft eigene Entschlüsse. Rafe versucht immer noch, sie zu beschützen aber vielleicht dadurch auch etwas zu bevormunden. Der Bruch ist vorprogrammiert und auch wenn der Leser hier schlucken muss, so habe ich doch das Gefühl, dass da noch was kommt mit den beiden. So einfach gebe ich meine Zuversicht nicht auf.

Ansonsten tut sich noch relativ wenig in der Geschichte. Gefallen hat mir auch wieder Kaden als immer noch ziemlich undurchsichtiger Charakter. Er ist ein bisschen der Joker in dieser Story aber ich tippe trotzdem darauf, dass Rafe und Lia am Ende doch am gleichen Strang ziehen und wieder zueinander finden.
Tolles Cover, toller Erzählstil, in diesem Genre sicher ein Highlight. Zugreifen. Ich fiebere dem vierten Band entgegen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Atmosphäre
  • Erzählstil
  • Gefühl
Veröffentlicht am 20.10.2017

Anspruchsvoll und mit viel geschichtlichem Nährwert

Grimms Morde
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Zum Inhalt:

Kassel 1821: Eine ehemalige Mätresse des Kurfürsten von Kassel, Wilhelm I., wird grausam ermordet. Bei ihrer Leiche findet man ein Zitat aus einem grimmschen Märchen. Ist es ein Hinweis auf ...

Zum Inhalt:

Kassel 1821: Eine ehemalige Mätresse des Kurfürsten von Kassel, Wilhelm I., wird grausam ermordet. Bei ihrer Leiche findet man ein Zitat aus einem grimmschen Märchen. Ist es ein Hinweis auf den Mörder? Die Polizei nimmt als mutmaßlichen Täter sofort Jakob Grimm, Hofbibliothekar und Mitverfasser der Grimmschen Märchensammlung, ins Visier. Der sieht sich gezwungen, mit seinem Bruder Wilhelm selbst Nachforschungen zu beginnen, um seine Unschuld zu beweisen und den Mörder vielleicht sogar selbst überführen zu können. Die Droste-Schwestern Annette und Jenny, die verschiedene Märchen zu der Sammlung beigetragen haben, fühlen sich mitverantwortlich und bieten ihre Hilfe an. Bald wird ein weiterer Toter gefunden, ebenfalls mit einem vielsagenden Zitat.

Meine Meinung:

„Grimms Morde“ war für mich nur vordergründig ein Kriminalfall. Es war für mich vor allem ein Roman, der auf anspruchsvolle Weise versucht, die komplizierte Gesellschaftsstruktur der damaligen Zeit und deren, uns heute seltsam anmutende, Moralvorstellungen vor Augen zu führen. Wo auf der einen Seite ein Monarch unter den Augen der Öffentlichkeit eine ganze Handvoll Mätressen und unehelicher Kinder haben durfte, wurden die Frauen an sich als dem Manne geistig und sozial untertan angesehen und sollten züchtig und demütig den Haushalt führen, dem Manne dienen und ansonsten möglichst den Mund halten. Vor allem Annette Droste fällt hier wohl von Kindheit an aus dem Rahmen. Ihre Intelligenz, ihr Wortwitz, ihre schriftstellerischen Fähigkeiten, sind vor allem ihrem Onkel August ein Dorn im Auge. Vor längerem bereits hatte er versucht, seiner Nichte mit einer bitterbösen Intrige einen gehörigen Denkzettel zu verpassen. Für Annette wird die Suche nach dem Mörder auch zu einer Möglichkeit, aus ihrem Kummer und ihren Selbstvorwürfen herauszufinden und wieder zu sich selbst zu finden.

Die Beziehungen der beiden Geschwisterpaare sind diffizil und nicht frei von Animositäten und Vorurteilen. Während Jakob sich wie die meisten Männer erst mal mit Annette Wortgefechte liefert, ist Jenny Wilhelm in zärtlichen Gefühlen zugetan. Daraus entspinnen sich im Laufe der Geschichte immer wieder wunderbare Dialoge, die dem Buch die nötige Würze verleihen und, wie der gesamte Roman, den brillante Sprachstil der Autorin widerspiegeln. Die vier Charaktere durchlaufen eine teils dramatische Entwicklung die schließlich mit dazu führt, dass am Ende der komplizierte Mordfall von ihnen gemeinsam gelöst werden kann.

Teile der gesammelten Märchen der Gebrüder Grimm sind ja wohl jedem, der einmal in Deutschland Kind war, mehr oder weniger geläufig. Über die Droste-Schwestern Annette und Jenny wusste ich so gut wie nichts. Mein Interesse wurde jetzt heftig angefacht.

Wichtig, und wie immer sehr erhellend, war mir auch das Nachwort, in dem erklärt wird, was erfunden ist und was die von der Autorin aufgearbeitete "Realität". Es ist ja toll, dass es zu dieser Zeit oft lebhafte und regelmäßige Briefwechsel gab, die wichtige Anhaltspunkte über die Geschehnisse und die Beziehungen der Menschen untereinander geben. Dennoch ist es die Kunst der Autorin, daraus eine gute Geschichte zu schreiben, die dem Ganzen einen logischen Sinn und Leben einhaucht. Das ist hier wirklich hervorragend gelungen. Wer einen anspruchsvollen historischen Roman sucht mit viel "Nährwert", der ist hier genau richtig.

Veröffentlicht am 18.10.2017

eine Leseempfehlung - bevor ich es vergesse

Memory Game - Erinnern ist tödlich
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Das Setting, welches Felicia Yap in ihrem Erstling „Memory Game“ erfunden hat, ist sehr ungewöhnlich und überraschend. Die Welt ist aufgrund der Gedächtnisleistungen in Monos und Duos unterteilt, wobei ...

Das Setting, welches Felicia Yap in ihrem Erstling „Memory Game“ erfunden hat, ist sehr ungewöhnlich und überraschend. Die Welt ist aufgrund der Gedächtnisleistungen in Monos und Duos unterteilt, wobei erstere sich nur an den letzten Tag ihres Lebens bewusst zurückerinnern können und die anderen immerhin ganze zwei Tage. Also eine Deformation des Kurzzeitgedächtnisses, denn grundlegende Dinge können durch Erlernen ins Langzeitgedächtnis abgespeichert werden.

Ich habe vor ein paar Monaten einen Thriller gelesen, deren Protagonistin an einer ähnlichen Krankheit gelitten hat und die Vorgaben sind sehr ähnlich. Hier wie dort wird ein Tagebuch benötigt, um die täglichen Ereignisse nicht vollständig zu vergessen. Was natürlich beinhaltet, dass ein Tagebuch auch mal ungenau oder subjektiv ist, Daten fehlen oder auch manipuliert werden können. Oder das Tagebuch geht verloren, was der Supergau wäre.

Da es gleichzeitig auch ein Thriller ist, geschieht natürlich ein Mord und der Leser bekommt nun durch die wechselnden Perspektiven von vier verschiedenen Hauptdarstellern und dem Tagebuch der Ermordeten einen trickreichen und anfangs fast undurchschaubaren Kriminalfall präsentiert.

Mich hat die Geschichte sofort gefesselt. Der Erinnerungsdefekt wird als Normalzustand der Menschen zu einem spannenden Detail, welches der Autorin die Möglichkeit gibt, viele Geschehnisse noch geheimnisvoller und undurchsichtiger zu gestalten. Teilweise wissen sowohl der Leser als auch die Protagonisten nicht, was wirklich passiert ist bzw. was die Wahrheit ist und wo der Zusammenhang liegt. Auch der Schreibstil hat mir ausgesprochen gut gefallen und das Finale birgt noch die ein oder andere Überraschung.

Abgerundet durch eine sehr ansprechende Cover-Gestaltung ist dieses Buch eine wirkliche Leseempfehlung. Gut, dass ich das jetzt aufgeschrieben habe. So kann ich es nicht wieder vergessen.

Veröffentlicht am 13.10.2017

Eine große Liebesgeschichte

Wie der Wind und das Meer
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Das Ende des Zweiten Weltkrieges steht kurz bevor. Aber in den letzten Wochen bombadierten die Allierten die bayerische Landeshauptstadt München mit allem, was die Kriegsmaschinerie hergab. 90 % der Altstadt ...

Das Ende des Zweiten Weltkrieges steht kurz bevor. Aber in den letzten Wochen bombadierten die Allierten die bayerische Landeshauptstadt München mit allem, was die Kriegsmaschinerie hergab. 90 % der Altstadt wurden dabei zerstört. Zu den Opfern zählen auch die Familien von Paul und Sarah, die sich in den Trümmern auf der Suche nach Nahrung und Hilfe zum ersten Mal begegnen. Das gemeinsame Leid schweißt die Kinder zusammen und aus Furcht, man könnte sie wieder trennen, geben die beiden sich als Geschwister aus. Die Behörden stecken die beiden in eines der überfüllten Kinderheime, die zur damaligen Zeit eher an Straflager erinnerten und in denen es nicht um das Wohlergehen der Kinder ging, sondern wohl mehr um das kostengünstige Wegsperren der vielen Waisen.

Aber endlich haben die beiden Glück und ein liebevolles Ehepaar adoptiert das vermeindliche Geschwisterpaar. Eine Weile geht alles gut. Bis die beiden sich in der Pubertät heftig ineinander verlieben und diese Liebe dann auch heimlich zu Leben beginnen. Die Lüge über ihre Verwandtschaft lässt sich aber nicht mehr so einfach aus der Welt schaffen und schließlich kommt es zum Eklat und Sarah verlässt München.
Vor allem das erste Drittel des Buches hat mich sehr berührt. Die traumatischen Kriegserlebnisse und die Schikanen im Waisenhaus sind erschütternd und man freut sich, dass die beiden es trotz allem schaffen, eisern und unerschütterlich aneinander festzuhalten. Auch die junge Liebe kann man gut nachvollziehen und ihre Verzweiflung und die Angst vor Bestrafung, wenn die Lüge herauskommen würde.

Später, als die Jahre vergehen, und die beiden erwachsen sind, machen sie sich aber gegenseitig das Leben schwer und vor allem Sarah verhindert durch neue Lügen immer wieder, dass es zu einem Happy-End kommen könnte. Über den Schluss möchte ich aber nichts verraten. Der Leser begleitet Paul und Sarah über 40 Jahre. So nebenbei erfährt man auch einiges über die Entwicklung Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg. Das gibt der Geschichte einen authentischen Rahmen.

Es ist mein erstes Buch von Lilli Beck und hat mir gut gefallen. Als Münchner Kindl habe ich vieles wiedererkannt und die Zeit nach dem Krieg ist lebhaft und realistisch geschildert. Mir hat auch der Schreibstil sehr gefallen.