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Veröffentlicht am 15.09.2016

literarischer Krimi

STRAFE
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Der Schriftstelle Max Schmeling erhält unerwartet einen Brief, in dem sein Schulkamerad Tibor Schnittkowski ihn um einen Besuch bittet. Eigentlich konnten die beiden sich nicht besonders leiden und so ...

Der Schriftstelle Max Schmeling erhält unerwartet einen Brief, in dem sein Schulkamerad Tibor Schnittkowski ihn um einen Besuch bittet. Eigentlich konnten die beiden sich nicht besonders leiden und so ist er überrascht und unschlüssig, was er davon halten soll. Bei dem darauffolgenden Besuch erfährt er, dass Tibor schwer krank ist und möchte dass Max ihm einen Gefallen tut. Dafür gibt er ihm ein Manuskript mit seinen Memoiren. Das soll Max lesen und dann dementsprechend handeln.

Als Leser weiß man nicht recht, was es für eine Art Roman ist, den Paula Polanski und Hakan Nesser einem hier vorsetzen. Ist es ein Krimi oder doch noch mehr. Nesser ist ja einer, der gerne mal ins Literarische Fach wechselt und deshalb wundert es nicht, dass das Buch einige ungeahnte Kniffe hat und zweimal eine Wendung nimmt, die man so nicht erwartet hatte. Die Frage, wieviel an dieser Story ist von Hakan Nesser, wieviel von Paula Polanski (so es denn keine fiktive Autorin ist, wovon ich einfach mal ausgehe) , beschäftigte mich nur am Rande, denn das Buch fesselte auf seine eigene Art und Weise.

Hat man anfangs noch viel Raum für Spekulationen, so wird es von Kapitel zu Kapitel immer klarer, wohin die Reise geht. Auch wenn es sich nicht um einen gängigen Kriminalroman handelt, so ist doch der Crime-Faktor und vor allem die Spannung hoch. Der Erzählstil ist kühl aber geht unter die Haut und die Volte, die die Geschichte am Schluss nimmt, macht einfach Spaß und ist einem Kriminalroman durchaus würdig. Sicherlich ein Buch, auf welches man sich einlassen muss und welches man nicht in eine vorgefertigte Schublade stecken sollte, denn dazu ist es einfach zu ungewöhnlich und abwechslungsreich.

Mir hat der Neue Nesser ein paar sehr unterhaltsame Stunden beschert. Vielen Dank dafür.

Veröffentlicht am 15.09.2016

empfehlenswert

Der Hut des Präsidenten
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Eine besondere Geschichte:
Antoine Laurain erzählt in seinem neuesten Buch „Der Hut des Präsidenten“ eine ganz besondere Geschichte. Eine, in der ein unscheinbarer Hut ungeahnte Kräfte in seinen Besitzern ...

Eine besondere Geschichte:
Antoine Laurain erzählt in seinem neuesten Buch „Der Hut des Präsidenten“ eine ganz besondere Geschichte. Eine, in der ein unscheinbarer Hut ungeahnte Kräfte in seinen Besitzern freisetzt.
Der eigentiche Eigentümer ist niemand geringerer als der amtierende Präsident Frankreichs, Francois Mitterand. Der lässt seine Kopfbedeckung aus Versehen in einer Brasserie liegen und Daniel Mercier findet den Hut und obwohl er weiß, wem er gehört, gibt er ihn nicht sofort zurück. Schnell merkt er nämlich, dass der Hut scheinbar positive Kräfte in ihm freisetzt, die es ihm ermöglichen, bei seinem Chef Eindruck zu machen und seine Fähigkeiten in ein besseres Licht zu stellen. Er bekommt einen neuen Job und fühlt sofort, dass der Hut wichtig ist. Aber dann vergisst er seinerseits den Hut im Zug und der findet schnell eine neue Besitzerin.
Auch der ergeht es ähnlich wie Daniel. Und mit jedem neuen Besitzer weckt der Hut die besten Eigenschaften im Menschen und verändert ihr Leben zum Positiven. Aber nicht jeder ehemalige Besitzer ist gewillt, den Hut so ohne weiteres ziehen zu lassen.
Wie mir das Buch gefallen hat:
Es war mein erstes Buch dieses Autors. Es hat einen, meiner Meinung nach, typisch französischen Erzählstil. Auf relativ wenigen Seiten schafft er es, einige Menschen sehr genau und intensiv zu beschreiben. Ihre Schwächen und ihre Wünsche und die Veränderung, die der magische Hut mit ihnen macht. Dabei vermeidet er allzu phantastische oder unglaubwürdige Elemente, stellt die Wirkung des Hutes als eine Möglichkeit dar, die vielleicht aber auch nur der Phantasie der Menschen entspringen könnte und die geheimnisvoll aber durchaus nachvollziehbar erscheint. Es gibt ein paar überraschende Wendungen und die Geschichte nimmt einen durchaus spannenden und unerwarteten Verlauf. Das Ende ist charmant und sehr menschlich und hält für Realisten und Romantiker die richtige Mischung bereit.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich kann es guten Gewissens weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

hervorragender Histo-Roman

Feuerrot
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Zum Inhalt:
Magdalena arbeitet als Magd bei Barbara Humpis, der Frau des Kaufmannes Onofrius Humpis. Sie macht sich Sorgen um ihre Schwester Marie, die schwer krank in der Unterstadt beim Rest ihrer Familie ...

Zum Inhalt:
Magdalena arbeitet als Magd bei Barbara Humpis, der Frau des Kaufmannes Onofrius Humpis. Sie macht sich Sorgen um ihre Schwester Marie, die schwer krank in der Unterstadt beim Rest ihrer Familie lebt. Den Menschen geht es schlecht, denn Unwetter und karge Ernteerträge machen das Leben schwer. In diesem angespannten Klima fällt es dem Hexenjäger und Mönch Kramer leicht, Zwietracht und Angst unter den Ravensburgern Bürgern zu säen. Er macht Hexen und Dämonen für Hunger, Gewitter und Krankheit verantwortlich und ruft dazu auf, diejenigen zu bezichtigen, die als mutmaßliche Hexen ihr Unwesen treiben könnten. Dabei geht Kramer so intelligent und überzeugend zu Werke, dass es schon bald zu ersten Verhaftungen kommt. Beno Humpis, der Enkelsohn des Kaufmannes, ist hin und hergerissen zwischen Glauben, Furcht und Unglauben. Und er fragt sich ein ums andere Mal, ob die Frau seiner Träume, Elisabeth, nicht nur rotes Haar hat, sondern vielleicht auch eine Hexe sein könnte, die ihn und andere mit bösen Kräften verzaubert.

Meine Meinung:
Wer einen Roman über die Hexenverfolgung liest, dem muss klar sein, dass auch grausame und erschütternde Dinge beschrieben werden und dass wahrscheinlich auch die „Helden“ der Geschichte Opfer der Verfolgung werden könnten. Aber beim Lesen von „Feuerrot“ entwickelt man sehr schnell eine große Empathie für die verschiedenen Personen und hofft natürlich als Leser trotz aller Widrigkeiten auf einen guten Ausgang.

Ich möchte hier zur Handlung gar nicht zu viel verraten. Nicht nur Magdalena sondern auch die Ziehtochter der Familie Humpis, Elisabeth, der Enkelsohn Beno und der Schmied Martin sind mir sehr ans Herz gewachsen und bestechen durch gut gezeichnete Charaktere die glaubwürdig agieren und Raum für eine Entwicklung bekommen. Die große Zeit der Hexenverfolgung bricht gerade erst an. Der Verfasser des bekannten Buches „Der Hexenhammer“, Heinrich Kramer, kommt hier persönlich vor und nutzt auch die Fälle in Ravensburg für seine Hexenschrift, die viele Jahre lang den Richtern und Inquisitoren tatsächlich ein wichtiges Handwerkszeug bei den vielen Prozessen werden wird. Erschreckend, welcher Aberglaube sich hier unter den Deckmantel des katholischen Glaubens manifestiert und wie einige wenige gnadenlose Männer vor allem Frauen aber auch deren Familien verfolgten, folterten und vernichteten bis hin zum Scheiterhaufen. Sehr eindringlich wird auch erzählt, wie es zu den Denunziationen der Menschen untereinander kommen konnte und wie die Hexen-Verfahren in all ihrer Grausamkeit und Ungerechtigkeit abliefen. Es ist kaum fassbar mit welcher Unnachgiebigkeit und Ignoranz hier die Menschlichkeit und Menschenliebe mit Füßen getreten wurde und wieviele einfach Bürger zu Helfershelfern wurden, nur um ihrem Neid und ihrer Missgunst genüge zu tun oder um ihre Ängste zu beruhigen. Und mitten drin in all dem Wahnsinn sind die Helden dieses Romans angesiedelt. Und man darf und muss mit ihnen mitleiden und mitfiebern.

Aber keine Sorge. Trotz all des Horrors gibt es auch Lichtblicke. Mehr als eine zarte Liebe erblüht, es gibt Freundschaften, die kein Hexenverfolger zerstören kann, Mut, der auch Leben retten kann und nicht Zerstörung und Hass beschließen das Buch, sondern Zuversicht, sodass es der Leser nach einiger Aufregung und einem furiosen Finale zufrieden und um eine wunderschöne Geschichte bereichert zuklappen kann.

Das Buch gehört meiner Meinung nach nicht ins reine Jugendbuchgenre sondern ist durchaus und unbedingt auch für Erwachsene sehr lesenswert und ist wurde hervorragend unterhalten, war begeistert von der Spannung und habe so nebenbei wieder einiges über die damalige Zeit erfahren.

Veröffentlicht am 15.09.2016

wunderschön

Memory Wall
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Der Einband des kleinen Büchleins „Memory Wall“ ist wunderschön mit seinem seidigen schimmernden Papier und den vielen spiralförmigen Schneckenhäusern. Er verspricht einen Anspruch, der sich durchaus in ...

Der Einband des kleinen Büchleins „Memory Wall“ ist wunderschön mit seinem seidigen schimmernden Papier und den vielen spiralförmigen Schneckenhäusern. Er verspricht einen Anspruch, der sich durchaus in der Novelle von Anthony Doerr widerfindet.
Ich habe nach dem Vorgänger „Alles Licht das wir nicht sehen“ nicht lange überlegen müssen, um mich für dieses neue Buch von Doerr zu erwärmen. Die Geschichte war für mich umso mehr eine Überraschung, da ich vorher die Inhaltsangabe nicht gelesen hatte. Erzählt wird von Alma Konachek, einer 74-jährigen weißen Südafrikanerin, die allein in einem großen Haus wohnt, nur tagsüber betreut von ihrem dunkelhäutigen Diener für Alles, Pheko. Almas Mann ist vor 4 Jahren gestorben und seitdem ist sie an Demenz erkrankt und verliert Stück für Stück alle Erinnerungen. Aber es gibt inzwischen eine Firma, die eine Möglichkeit gefunden hat, Erinnerungen in kurzen Abschnitten auf Kassetten zu speichern, so dass man sie immer wieder in einem Gehirn abspielen kann. Alma hat inzwischen hunderte solcher Kassetten und schaut“ sie sich ständig aufs Neue an; vor allem diejenigen, in denen sie sehr glücklich war.
Nachts, wenn Alma alleine ist, kommt der Gauner Roger in ihr Haus. Er hat den Jungen Luvo dabei, mit dessen Hilfe er in Almas Kassetten nach einer ganz bestimmten Erinnerung sucht. Einer, die ihm sehr viel Geld verspricht, so er sie denn finden sollte und die Informationen darauf an einen anderen verkaufen kann. Dank Almas Demenz kann er immer wieder kommen und niemand weiß davon.
In dieser Novelle, die ja nur 134 Seiten umfasst, steckt ein ganzes Universum voller interessanter Figuren und ein Panoptikum an menschlichen Gefühlen, Wünschen und Fragen über den Wert der Erinnerungen und was das große Vergessen mit den Betroffenen macht.
Obwohl Alma sicherlich vor ihrer Erkrankung eine sperrige Persönlichkeit hatte, war sie mir sympathisch. Vielleicht auch, weil der liebenswerte Pheko sie so sorgfältig und fast hingebungsvoll versorgt, dass ich seine Fürsorge für Alma nachempfinden konnte. Die Frage, ob es nicht eine Bereicherung wäre, wenn man tatsächlich Erinnerungen speichern könnte, ist nicht nur eine rein philosophische, denn es wird ja hier sogar versucht sie zu stehlen. Es gibt wohl einen Markt für gestohlene Erinnerungen und das Ganze hat bereits eine Dimension, die nicht nur positiv für die Betroffenen ist.
Besonders hervorheben möchte ich die wunderschöne Sprache, die nicht nur neue Wortschöpfungen kreiert, die mit der Erinnerungsspeicherung einhergehen, sondern auch Stimmungen, Augenblicke und Gefühle auf eine eindringliche und warme Art und Weise beschreibt. Auch das Setting Südafrika erhält hier viel Raum und ist wichtig für die Handlung.
Es gibt mehr als eine überraschende Wendung und das Ende ist für mich weder zu kitschig-glücklich noch allzu deprimierend.

Ich bin begeistert von dieser Novelle und kann es nur wärmstens empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

schöne Liebesgeschichte

Die Walfängerin
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Kapitän Rune Boys, der reichste und angesehenste Mann auf Sylt, macht der blutjungen Maren, Tochter eines kleinen Fischers, einen Heiratsantrag. Aber das Mädchen hat ihren eigenen Kopf und ist heftig in ...

Kapitän Rune Boys, der reichste und angesehenste Mann auf Sylt, macht der blutjungen Maren, Tochter eines kleinen Fischers, einen Heiratsantrag. Aber das Mädchen hat ihren eigenen Kopf und ist heftig in den Nachbarsjungen Thies verliebt und lehnt den Antrag mehrmals ab, obwohl sie weiß, dass sie an der Seite des Kapitäns auch für ihre Eltern ein besseres Leben erreichen könnte. Schon bald schlägt das Unglück zu und stürzt ihre Familie in den finanziellen Ruin und ihr bleibt nichts anders übrig als Rune Boys um finanzielle Hilfe zu bitten. Statt der Rückzahlung verlangt er, dass sie einen Sommer lang auf seinem Walfänger als Küchenjunge arbeitet.
Maren ist eine eigenwillige Heldin, die zu Beginn der Geschichte noch sehr blauäugig und verträumt auf ihr zukünftiges Leben an der Seite eines geliebten Ehemannes blickt. Aber das Leben auf Sylt ist sehr hart, denn die Natur kennt kein Erbarmen und außer dem Fischfang gibt es kaum Möglichkeiten auf der Insel Geld zu verdienen und die meisten Menschen sind sehr arm und müssen oft hungern. Auch schätzt sie sowohl ihre eigenen Gefühle als auch die der anderen anfangs oft falsch ein und benimmt sich wie ein eigensinniges Kind. Aber im Laufe der Zeit wächst sie an den Herausforderungen und Stück für Stück wird sie erwachsen und erkennt ihre wahren Gefühle.
Der Titel „Die Walfängerin“ ist vielleicht etwas hochgegriffen, denn eigentlich fährt Maren ja nur als kleiner Küchenjunge auf dem Schiff mit. Das harte Leben auf Sylt und auf dem Schiff wird eindringlich geschildert und man erfährt einige interessante Details aus der damaligen Zeit und kann den Wind und die Wellen fast selber spüren während man mit Maren mitleidet und hofft, dass Alles noch zu einem guten Ende kommt.
In dem Büchlein steckt aber auch eine große Liebesgeschichte und es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht dieses Buch zu lesen. Ich konnte es wirklich kaum zur Seite legen und vergebe sehr gerne die volle Punktzahl.