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Veröffentlicht am 08.03.2022

Mord auf Japanisch

Die Aosawa-Morde
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Inhalt: 
Ein Geburtstagsfest der angesehenen Ärzte-Familie Familie Aosawa endet in einer Tragödie, als beinahe alle Anwesenden vergiftet werden. Einzig die blinde Tochter Hisako überlebt den schrecklichen ...

Inhalt: 
Ein Geburtstagsfest der angesehenen Ärzte-Familie Familie Aosawa endet in einer Tragödie, als beinahe alle Anwesenden vergiftet werden. Einzig die blinde Tochter Hisako überlebt den schrecklichen Vorfall. Als sich der Bote, der die zyanidversetzten Getränke, an die Feiernden ausgeliefert hat, erhängt, scheint klar, wer der Mörder ist. Doch auch Jahre später gibt es immer noch Menschen, deren Schicksale eng mit dem der Aosawas verbunden ist, und die nicht abschließen können, mit den Geschehnissen dieses unheilvollen Sommertages.

Meine Meinung:
„Wahrheit ist immer eine Frage der Perspektive“, heißt es sinngemäß im Buch, und dieses Zitat ist sinngemäß für die ganze Geschichte zu verstehen. „Die Aosawa-Morde“ erzählt einen Kriminalfall aus verschiedenen Perspektiven und lässt so nach und nach ein mehrdimensionales Bild der Geschehnisse entstehen. Dieses Bild mutet oft düster und mystisch an. Der Text erinnert mich an eine Art stillen Horrorfilm, auf keinen Fall blutrünstig, aber doch auf eine unterschwellige Art gruselig und geisterhaft. Die ruhige und implizite Erzählart der Autorin hebt sich stark von anderen spannungsliterarischen Romanen ab.
Die Geschichte ist kompliziert, viele unterschiedliche Ereignisse und scheinbar kleine Details werden von der Autorin miteinander verwoben. Man muss gut aufpassen, um alles erfassen zu können. Gleichzeitig ist „Die Aosawa Morde“ definitiv ein Buch zum mehrmaligen Lesen, da man kaum von Beginn an alles erfassen kann.
Zum Ende hin, wird aus einer komplizierten Geschichte leider allmählich ein undurchsichtiger Text. Die Auflösung der Handlung hat mich unbefriedigt zurückgelassen. An dieser Stelle hätte ich mir mehr Klarheit gewünscht.
Unabhängig von der Kriminalgeschichte, welche in „Die Aosawa Morde“ erzählt, bietet das Buch auch einen spannenden und atmosphärischen Einblick in die japanische Kultur. Dieser Aspekt hat mir rückblickend sogar am besten gefallen.

Fazit:
„Die Aosawa Morde“ ist ein sehr lesenswerter Roman, auch für all diejenigen, die typischerweise keine Thriller oder Kriminalromane lesen. Das Buch lebt von seinem außergewöhnlichen Erzählstil.

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Veröffentlicht am 21.08.2021

Schwelbrand

Der Brand
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Inhalt:
Rahel ist 49, Pater von schon Anfang 50, sie Psychologin, er Universitätsdozent. Nach dreißig gemeinsamen Jahren und zwei gemeinsamen Kindern kommunizieren die beiden kaum noch miteinander. Die ...

Inhalt:
Rahel ist 49, Pater von schon Anfang 50, sie Psychologin, er Universitätsdozent. Nach dreißig gemeinsamen Jahren und zwei gemeinsamen Kindern kommunizieren die beiden kaum noch miteinander. Die Akkumulation von kleinen und großen Verletzungen im Laufe der Zeit hat dazu geführt, dass eine große Sprachlosigkeit zwischen den beiden Einzug gehalten hat.
Als Rahels väterlicher Freund Viktor plötzlich einen Schlaganfall erleidet und dessen Frau die beide bittet drei Wochen lang auf ihren alten Bauernhof aufzupassen, sind die beiden gezwungen sich einen Sommer lang auf ihre Probleme zu besinnen.
Und werden an einen Scheideweg geführt…

Meine Meinung:
Ich habe bei Diogenes gelesen, Daniela Krien habe gesagt, das Kernthema von „Der Brand“ sei das Gefühl der Entfremdung von Menschen aus der Gesellschaft. Ich finde, es geht in vielerlei Hinsicht um Entfremdung. Die aus der Gesellschaft steht dabei gar nicht so sehr im Zentrum, auch wenn immer wieder aktuelle Themen aufgegriffen und kritisiert werden. Manchmal konnte ich diese Kritik sehr gut nachvollziehen, manchmal wirkte sie für mich zu sehr überzeichnet, um den Finger wirklich in die Wunde zu legen.
Dass Rahel und Peter mit der Schnelllebigkeit der Welt, mit dem Altern und dem Fortschreiten der Zeit überfordert sind, das wird deutlich. Vor allem, weil zwischen den beiden alles so starr geworden ist. Daniela Krien schafft es sehr gut diese Sprachlosigkeit sichtbar zu machen. Ich mag ihre klare, einfach Sprache und wie sie es schafft mit wenigen Worten Atmosphäre zu erzeugen. In der Stille und Langsamkeit der Geschichte entsteht eine ganz eigene Art von Spannung.
Ich glaube, dass „Der Brand“ ein Buch mit mehreren Schichten und wahnsinnig viel Interpretationsspielraum ist. Man kann es auf sehr unterschiedliche Art lesen. Genau an dieser Stelle entfaltet sich leider auch das Problem, das ich beim Lesen hatte. Die oberste Schicht ist zu sehr zugeklebt mit Oberflächlichkeiten, sodass es mir nur in Ansätzen gelungen ist, sehen zu können, was darunter liegt.
Schuld daran ist für mich in erster Linie die Protagonistin Rahel, aus deren Sicht die Ereignisse erzählt werden. Ich habe mich lange gefragt, ob es so etwas wie eine feministische Lesart für sie gibt. Rahel ist mir schrecklich umsympathisch. Die Autorin hat für sie den Beruf der Psychologin gewählt und eigentlich finde ich es sehr spannend, lesen zu können, wie professionelle Menschen mit ihren privaten Problemen umgehen. Aber Rahel als Psychologin erscheint mir irgendwie unglaubwürdig, weil sie überhaupt nicht „umgeht“, sie unternimmt nicht einmal den Versuch dazu. Sie jammert bloß und bemitleidet sich dafür, dass ihr Mann nicht mehr mit ihr schlafen will, anstatt anzuerkennen, dass der fehlende Sex nicht das Hauptproblem zwischen den beiden ist. Ganz zu schweigen von ihrer Beziehung zu Tochter Selma, deren psychischen Probleme sie entweder nicht anerkennt oder aber viel zu sehr auf sich selbst bezieht. Außerdem gefällt es mir nicht, wie Rahel über ihre Patient*innen denkt oder spricht. Vielleicht bin ich naiv, aber ich finde, wer Psychotherapie anbietet, der muss einen gewissen Grundrespekt für die Gefühle anderer Menschen mitbringen. Jedenfalls ist es diese Selbstzentriertheit von Rahel, die über weiten Strecken der Geschichte zu viel Raum einnimmt und so vielleicht verhindert hat, dass man sich auf’s Wesentliche konzentrieren kann.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Geschichte die Wurzel des Übels besser anpackt. Dass zumindest am Ende ehrlich geredet wird, und auch mal Dinge ausgesprochen und verhandelt werden, die richtig wehtun. Aber stattdessen zieht sich die Sprachlosigkeit und zieht sich und zieht sich. Auch wenn zum Schluss Lösungen für viele Dinge angeboten werden, waren die mir irgendwie zu einfach.

Fazit:
„Der Brand“ stellt drei Paare aus drei Generationen einander gegenüber. Diese Dynamik allein fand ich sehr sehr spannend. In meinen Augen hätte man noch etwas mehr herausholen können.
Ich kann nicht wirklich sagen, dass mir das Buch gefallen hat, ich kann aber auch nicht sagen, dass er mir nicht gefallen hat. Keine Frage, es ist eine außergewöhnliche Geschichte, an der man sich reiben und über die man sehr gut diskutieren kann. Ich würde es jedem empfehlen, der sich gerne mit Literatur auseinandersetzt, mit dem Warnhinweis, dass man auch möglicherweise enttäuscht werden kann. Allein über den Titel könnte ich sehr lange nachdenken und ich merke, während ich meine Rezension schreibe, dass auch die Geschichte noch weiter in mir arbeitet.

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Veröffentlicht am 23.05.2021

Vorsicht giftig!

Blütenschatten
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Inhalt:

Eine Frau spaziert in der Nacht allein durch London und rekapituliert ihr Leben. Es ist Eve Laing, 60 Jahre alt, Malerin von hyperrealistischen Blumenbildern. Sie hat vor wenigen Monaten ihren ...

Inhalt:

Eine Frau spaziert in der Nacht allein durch London und rekapituliert ihr Leben. Es ist Eve Laing, 60 Jahre alt, Malerin von hyperrealistischen Blumenbildern. Sie hat vor wenigen Monaten ihren Ehemann, einen Stararchitekten, für einen Mann verlassen, der nur halb so alt ist wie sie.

Eve hat ihr Leben lang um Aufmerksamkeit für sich und ihre Kunst gekämpft. In dem jungen Luka glaubt sie gefunden zu haben, wonach sie so lange gesucht hat, und rechnet nun schonungslos zynisch mit denjenigen ab, die ihr im Leben Unrecht getan haben. Sie flieht vor ihnen und bewegt sich gleichzeitig auf etwas zu, das sie nicht hat kommen sehen.

Meine Meinung:

„Blütenschatten“ von Annalena McAfee ist eines der anspruchsvollsten Bücher, die ich je gelesen habe.

Das liegt zum einen an der Sprache, die ziemlich gehoben ist und teilweise vor kunst- und kulturwissenschaftlichen Verweisen nur so strotzt. Da bin ich teilweise an meine Grenzen gestoßen. Zum anderen liegt es auch am Inhalt, mit dem ich mir nicht immer leicht getan habe.

Ich versuche im Moment beim Lesen vermehrt über meinen Tellerrand zu schauen und ich wollte unbedingt mehr Bücher kennenlernen, die moralisch fragwürdige Personen - insbesondere Frauen - in den Fokus rücken.

Eve ist tatsächlich eine sehr fragwürdige Protagonistin. Mir persönlich war sie durchgängig unsympathisch und ich habe mich auf ihre Weltanschauung bzw. Ihre Handlungen nur schwer einlassen können. Das lag nicht daran, dass sie dem gängigen Rollenbild einer Frau widerspricht, sondern an der Art und Weise, auf die sie es tut. Ich würde sie als egozentrisch, unreflektiert und selbstherrlich bezeichnen. Trotzdem hat sie mir manchmal leid getan. Mit Sicherheit ist dieser Zwiespalt zwischen Mitleid und Abgestoßensein von der Autorin so gewollt gewesen. Es hat mich tatsächlich fasziniert!

Wirklich sehr gestört hat mich dagegen, dass der Plot so konstruiert wurde, dass eine Figur, die eigentlich kaum eine Rolle spielt, von Eve für ihre sexuelle Orientierung/ geschlechtliche Identität diskriminiert wird. Das hätte die Geschichte in meinen Augen nicht nötig gehabt!

Generell lässt sich also sagen, dass das Buch und seine Protagonistin polarisiert. Ich konnte es trotzdem in der zweiten Hälfte nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe mich wahnsinnig über die Geschichte, ihr Konstrukt, die handlungstragenden Personen aufgeregt und wollte gleichzeitig unbedingt wissen wie es weitergeht.

Eve arbeitet im Buch an einer Ausstellung mit Kunstwerken, die extrem giftige Pflanzen zeigen. Die metaphorischen Verbindung zwischen ihrer Malerei und der Handlung der Geschichte haben mir äußerst gut gefallen. Das Buch ist überhaupt sehr genau durchdacht. Jedes Ereignis hat einen doppelten Boden und die Auflösung der Geschehnisse, das Ineinandergreifen der einzelnen Handlungsstränge ist wirklich gut gemacht. Das Ende hat mich, wie schon vieles zuvor, schockiert. Dennoch habe ich es als sehr spannend empfunden.

Fazit:

Ich habe mich oft gefragt, was das Buch mir eigentlich sagen möchte. Anfangs bin ich davon ausgegangen, ich hätte einen feministischen Roman in der Hand. Aber so habe ich persönlich die Geschichte nicht gelesen. Für mich ist „Blütenschatten“ eine aufwühlende Erzählung über eine Frau, die sich durch eine tragische Mischung aus falschen Handlungen und schlechtem Charakter, selbst ins Verderben stürzt. Sie macht sich die Menschen in ihrem Leben der Reihe nach zu Feinden und erntet das Ergebnis. „Blütenschatten“ ist aufwühlend und kontrovers.

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Veröffentlicht am 26.01.2021

Von Herzen und unpopulären Meinungen

Wie die Stille vor dem Fall. Erstes Buch
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War das mein erstes Buch von Brittany C. Cherry? Schande über mein Haupt, aber ja.
War ich unfassbar gespannt, what the hype is all about? Gar keine Frage!
Hatte ich immens hohe Erwartungen? Und wie!
Wurden ...

War das mein erstes Buch von Brittany C. Cherry? Schande über mein Haupt, aber ja.
War ich unfassbar gespannt, what the hype is all about? Gar keine Frage!
Hatte ich immens hohe Erwartungen? Und wie!
Wurden diese erfüllt? Nicht so wie ich mir das vorgestellt hatte.
Dies ist eine „Unpopular opinion“-Rezension und ich habe lange überlegt, ob ich sie überhaupt veröffentlichen soll. Aber da es mir selbst immer hilft Rezensionen zu lesen, die meine eigene Meinung widerspiegeln, tue ich es. Vielleicht geht es ja noch ein paar wenigen anderen Lesern ähnlich wie mir.

Inhalt:
Landon Harrison und Shay Gable sind Highschool-Schüler und können sich nicht leiden, weil sie den jeweils anderen für sehr viele Dinge halten, die er eigentlich nicht ist. Er hat ihr als Kind Kaugummi in die Haare geklebt, heute nennt er sie Chicken und sie ihn Satan.
Auf einer Party platzt Shay ins Zimmer, als Landon gerade dabei ist, mit einem Mitschüler eine Wette abzuschließen. Er könnte Shay dazu bringen, sich in ihn zu verlieben, behauptet Landon. Shay greift ein und sagt, vorher würde Landon sich in sie verlieben. Also Top die Wette gilt. Der Einsatz ist nicht mehr und nicht weniger als die eigene Ehre. Ihre gegenseitigen Versuche, den jeweils anderen für sich zu gewinnen, gehen den beiden gleichermaßen unter die Haut. Schon bald kommen Narben zum Vorschein, von denen keiner geglaubt hatte, er könnte sie entdecken und Gefühle, von denen sie behaupteten, sie niemals empfinden zu wollen.

Meine Meinung:
Ich wollte wissen, wie ein Buch sein muss, dass von so vielen Lesern so gefeiert wird und habe aufgrund der unzähligen begeisterten Rezensionen etwas Herausragendes erwartet. Etwas extrem Poetisches und Tiefgreifendes, das sich von anderen Autoren in dem Genre massiv abhebt. Ein ganz eigener Schreibstil und Tonfall. Irgendwo habe ich mal eine Bewertung gelesen, in der jemand sagte: „Ich würde ein Stück meiner Seele verkaufen, um so schreiben zu können wie BCC.“ Vielleicht war das zu viel des Erwartungsdrucks. Vielleicht bin ich auch einfach geschmacksgestört.
Als ich das Buch endlich in Händen gehalten und mit dem Lesen begonnen hatte, dachte ich die ganze Zeit: „Wann kommt es denn endlich? Wann geht’s denn jetzt endlich los?“
Aber es hat bis zum letzten Drittel der Geschichte gedauert. Erst da konnte ich den Zauber ansatzweise verstehen. Obwohl er mich immer noch nicht mitgerissen hat.
Der Schreibstil der ersten Kapitel aus Landons Sicht haben mich sogar eher abgestoßen. Zu viele Obszönitäten, zu viel Umgangssprache. „Labern“ ist ein Wort, das ich in einem Buch nicht brauche, aber klar verstehe ich, dass die Autorin hier vor allem Landons Erzählstimme betonen wollte. Also Schwamm drüber. Außerdem wurde Landons Sprache deutlich besser im Laufe der Geschichte. Allgemein gesagt ist der Schreibstil locker leicht und ab und an wird eine Metapher eingestreut. Ich fand es sehr schön, dass sich die meisten dieser Metaphern um’s Herz gedreht haben und so auf ihre Art miteinander verbunden waren. Es kam mir fast vor, als würden die Metaphern noch einmal eine eigene Geschichte auf einer anderen Ebene erzählen. Aber trotzdem war das für mich nichts, was meine Leserwelt so sehr aus den Angeln gehoben hätte.
Wenn ich vorher nicht gewusst hätte, dass es sich um DIE Königin des New Adult handelt, hätte ich gesagt: „Der Schreibstil hat viele Sternstunden, aber auch ein paar Schwachstellen.“
Auch Shay und Landon als Protagonisten konnten mich nicht so erreichen, wie ich mir das gewünscht hätte. Das soll nicht bedeuten, dass ich nicht sehe, dass die beiden tief und komplex ausgearbeitet wurden. Auch die einfühlsame Darstellung von Londons Depression hat mir sehr gut gefallen. Und trotzdem hat mir irgendetwas gefehlt. Es gab viel Emotion, unzählige bewegende Reden und Gespräche. Aber auf der Paarebene ist für mich da irgendetwas auf der Strecke geblieben. Möglicherweise lag es an Landons schwerer psychischer Erkrankung. Vielleicht ist hinter dieser ganzen Traurigkeit und Verzweiflung alles andere bei mir in den Hintergrund gerückt. Aber mir hat auch einfach die Anziehungskraft zwischen den beiden gefehlt. Und die großen, atmosphärischen oder mitreißenden Momente, wie man sie manches Mal in Liebesromanen findet. Die intimen Szenen haben mich teilweise eher befremdet.
Anfangs (nach der Wette) fand ich die Handlung sogar ein bisschen konstruiert. Sie ist nicht so organisch geflossen. In der zweiten Hälfte hat sich das allerdings geändert, weil da natürlich viele Dinge, die vorher aufgebaut wurden, aufgelöst wurden und der Fokus dann so stark auf die Depressionen und die verschiedenen familiären Konflikte gerichtet worden ist. Meine Lieblingsfigur war übrigens Shays Großmutter Mima. Sie ist es wohl gewesen, die mit ihren klugen Worten und ihrem großen Herzen am allermeisten meines berührt hat. 


Fazit:

Ich habe den zweiten Teil von „Wie die Stille vor dem Fall“ bereits auf meinem SUB liegen und bin guter Hoffnung, dass Landon und Shay mich in ihrem nächsten Buch noch ins Boot holen können.
Es kommt tatsächlich immer mal wieder vor, dass ich mit gehypten Büchern zu kämpfen habe. Vielleicht bin ich einfach ein Leser, der gerne mal aus der Reihe tanzt. Oder um es passend zum Buch zu sagen: Mein verrücktes Leserherz schlägt oft in seinem ganz eigenen Takt.

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Veröffentlicht am 27.09.2020

Ich sehe nur dich.

Too Late
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First of all: Dieses Buch braucht eine Triggerwarnung!
Wenn man Probleme hat, sich literarisch mit den Themen Vergewaltigung, häusliche Gewalt, toxische Beziehung, Drogenkonsum, Waffengewalt, Stalking ...

First of all: Dieses Buch braucht eine Triggerwarnung!
Wenn man Probleme hat, sich literarisch mit den Themen Vergewaltigung, häusliche Gewalt, toxische Beziehung, Drogenkonsum, Waffengewalt, Stalking und Narzissmus auseinanderzusetzen, sollte man besser die Finger davon lassen.

Zusammenfassung:
Die Studentin Sloan hat nie gelernt, wie sich gesunde Liebe anzufühlen hat und geht deswegen eine Beziehung mit ihrem übergriffigen Kommilitonen Asa ein.
Asa lebt einen luxuriösen Lifestyle, denn er ist der Kopf des größten College-Dorgenrings in den USA. Als Sloan von seinen Machenschaften erfährt, versucht sie ihn zu verlassen, scheitert jedoch, da sie sich selbst und ihren kranken Bruder ohne Asas Hilfe nicht finanzieren kann.
Gemeinsam leben die beiden in einem Haus, in dem immer Fremde zu Gast sind und die Partys niemals zu Ende gehen. Sloan belastet diese Situation sehr, Asa ist blind für ihr Leid und gleichzeitig besessen von seiner Liebe zu ihr.
Carter ist ein verdeckter Ermittler und scheust sich gemeinsam mit einem Kollegen in Asas engsten Kreis ein, mit dem Ziel Beweise gegen ihn zu sammeln und ihn vor Gericht zu bringen. Sloan und er verlieben sich Hals über Kopf ineinander, sind sich aber bewusst, dass Asa sie niemals gehen lassen wird. Lieber würde er einen Mord begehen.

Meine Meinung:
Mir gefällt das Cover der Paperback-Version besser. Es hat dafür gesorgt, dass der Film in meinem Kopfkino die ganze Zeit über in Rotlicht getaucht war.
Der Titel des Buchs irritiert mich, weil ich absolut keinen Zusammenhang zur Handlung sehe. Ich kann nicht verstehen, warum man ausgerechnet "Too late" gewählt hat. Mein Vorschlag für die deutsche Übersetzung wäre: "Ich sehe nur dich." gewesen. Das hätte in vielerlei Hinsicht gepasst und ist eine wesentliche Textzeile im Buch.

Ich mochte vor allem den Aufbau des Buchs. Es ist zu Ende und dann quasi doch nicht. Die Geschichte wird nach dem eigentlichen Ende in mehreren Handlungssträngen weitererzählt. Das gefällt mir, weil ich oft in Büchern das Bedürfnis habe zu erfahren wie es nach dem Happy/ Tragic End mit den Charakteren weitergeht. Ich würde gerne noch aus ihrem neuen Alltag lesen oder einen Einblick in ihre Zukunft erhalten.
Der Schreibstil ist flüssig, obwohl das Wort "total" für meinen Geschmack ein bisschen zu inflationär gebraucht wird.

"Too late" ist das zweite Buch von Colleen Hoover, das ich gelesen habe. Zuvor bin ich dem Hype um "Verity" erlegen und obwohl ich da schon mit verschiedenen Aspekten meine Probleme hatte, fand ich die Geschichte so klug aufgebaut, dass ich gerne noch mehr "Frauenthriller" der Autorin lesen wollte.
"Too late" hat inhaltlich sowohl meine guten Erwartungen erfüllt, als auch meine schlechten.

Es ist interessant, dass das Buch kein wirkliches Setting hat. Die Stadt und der Bundessaat werden nicht beim Namen genannt. Die Schauplätze werden so gut wie nicht beschrieben. Nicht einmal Asas Haus. Der Fokus liegt rein auf dem Erleben der Protagonisten. Trotzdem schafft es das Buch dem Leser eine dunkle und spannungsgeladene Atmosphäre zu vermitteln.

Obwohl die Geschichte abwechselnd aus der Ich-Perspektive der drei Hauptcharaktere erzählt wird und man dadurch viel Innensicht erhält, wirkt vor allem Luke sehr flach auf mich. Man erfährt einfach zu wenig über ihn als Mensch. Seine Vergangenheit bleibt beinahe völlig im Dunkeln. Der Fokus liegt darauf, ihn als respekt- und verständnisvollen Retter darzustellen. Sein einziger Makel ist es, dass er zu gutherzig für den Job als Polizist ist.
Sloan konnte ich besser greifen. Man erfährt, wo sie herkommt, was sie antreibt und wovon sie träumt. Es ist einfach sie zu mögen, obwohl ich die Darstellung ihrer Person trotzdem für problematisch halte. Sloan erträgt die emotionale und körperliche Gewalt, die Asa ihr gegenüber anwendet in so gut wie jeder Situation widerstandslos. Das ist bestimmt eine nachvollziehbare und realitätsnahe Verhaltensweise, die man bei vielen Opfern findet. Ich mag es jedoch nicht, dass im Buch immer wieder betont wird, dass dieses Ertragen und Aushaltenkönnen sie zu einer so außergewöhnlich starken Person macht. An manchen Stellen kommt es mir so vor, als würde zwischen den Zeilen gesagt werden, dass es weniger stark gewesen wäre, wenn sie zur Polizei gegangen wäre oder sich gegen Asa gewehrt hätte.
Die Kapitel, die aus Asas Sicht geschrieben wurden, waren für mich oft nur schwer zu ertragen. Es ist offensichtlich, dass Colleen Hoover einen Protagonisten mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung schreiben wollte. Er ist völlig unfähig dazu Gefühle anderer Menschen einordnen zu können und selbst seine Liebe zu Sloan ist Ich-fokussiert. Die Art und Weise wie er den Sex zwischen sich und Sloan schildert, ist wirklich nichts für schwache Nerven. Das sollte einem unbedingt klar sein, wenn man sich für dieses Buch entscheidet.

Wie bereits erwähnt mochte ich den Aufbau mit der Geschichte nach der Geschichte. Allerdings war mir der Inhalt hier ein bisschen zu dramatisch.
ACHTUNG SPOILER:
Als Sloan ihre Rache hatte, hätte die Geschichte vorbei sein sollen. Die Schwangerschaft und die ziemlich detailreiche Vergewaltigungsszenen wären wirklich nicht mehr nötig gewesen.

Fazit:

„Too late“ von Colleen Hoover ist prinzipiell ein gutes Buch, das ich jedem empfehlen würde, der Lust auf Spannung hat und mit Abgründen umgehen kann. Ich konnte das Ende bzw. die zwei bis drei Enden nicht sicher vorausahnen und das ist ja bekanntlich immer ein gutes Zeichen. Trotzdem hätte hätte man auf die ein oder andere ausführliche Sexszene zwischen Asa und Sloan verzichten können. Das hätte der bedrohlichen Stimmung keinen Abbruch getan.

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