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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.09.2024

zwischen die Fronten geraten

Tode, die wir sterben
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Das Buch beginnt damit, dass die Lebenssituation von Jon und Svea beleuchtet wird. Hier spielt der Fall noch keine Rolle. Den Protagonisten wird Raum gegeben und wir können sie und ihren Hintergrund besser ...

Das Buch beginnt damit, dass die Lebenssituation von Jon und Svea beleuchtet wird. Hier spielt der Fall noch keine Rolle. Den Protagonisten wird Raum gegeben und wir können sie und ihren Hintergrund besser kennenlernen. Die beiden Ermittler sind keine reinen Sympathieträger. Sie sind mit Ecken und Kanten und realen Charakterzügen ausgestattet. Stecken in einer schwierigen Lebensphase und haben ihre eigene Motivation den Fall zu lösen. Da sie von ihrem Wesen sehr unterschiedlich sind und ad hoc zusammengewürfelt wurden, ruckelt es gerade zu Beginn ordentlich. Umso interessanter ist es zu lesen, wie sie als Team zusammenwachsen.

Der Fall entwickelt sich Stück für Stück. Am Anfang scheint klar, dass es zu einer Schießerei zwischen Bandenmitgliedern im Drogenmilieu gekommen ist. Doch je tiefer Jon und Svea graben, umso klarer wird, dass es so einfach nicht ist. Das Netz und die Verstrickungen werden immer größer. Die Handlungsstränge und Ermittlungsansätze immer mehr. Und trotzdem wirkt das Buch nicht überfrachtet. Es ist logisch aufgebaut, nachvollziehbar erzählt und geht nicht zu schnell. Ich wurde als Leser zu jeder Zeit abgeholt und fühlte mich auf dem aktuellen Kenntnisstand.

Bei der Schießerei kam der 13-jährige Rashid ums Leben. Er war nicht das Ziel, sondern „zur falschen Zeit am falschen Ort“. Dies wird von den Autoren nicht so stehen gelassen. Er bekommt ein Gesicht. Eine Geschichte. Wir erfahren wie sein Leben geprägt und warum er vor Ort war. Sein Hintergrund wirkt überaus authentisch, real und tragisch. Und ist umso ergreifender, da sich sein Leben im Problembezirk Hermodsdal abspielt. So transportiert das Buch nicht nur Spannung, sondern auch Emotionen.

Abseits des eigentlichen Falles werden verschiedene Themen angesprochen. Manch einer mag es überfrachtet finden, für mich war es bereichernd. Themen wir alleinerziehende Eltern, Alltagsrassismus oder Polizeigewalt werden nicht diskutiert und aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, sondern nur durch eine Situation beschrieben. So bekam das Buch mehr Tiefgang.

Der Schreibstiel ist ruhig, getragen und eindringlich. In wechselnden Perspektiven werden die Ermittlungen vorangetrieben. Parallel stattfindende Ereignisse erhöhen das Tempo. Private Entwicklungen finden Erwähnung, drängen sich aber nicht in den Vordergrund.

Fazit: angenehme Kapitellänge, kernige Ermittler, spannender, vielfältiger und komplexer Fall vor realistischem Setting im Brennpunktviertel von Malmö. Einfach eine gelungene Ermittlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Erzählstil
  • Handlung
Veröffentlicht am 02.09.2024

Krimi mit Familienanschluss

Glutmoor (Janosch Janssen ermittelt 2)
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Das dies der zweite Teil mit Janosch Janssen ist und ich Teil 1 nicht kenne, war nicht von Nachteil. Ohne Probleme habe ich die Hauptpersonen und deren familiäre Situation kennengelernt.

Gut gefallen ...

Das dies der zweite Teil mit Janosch Janssen ist und ich Teil 1 nicht kenne, war nicht von Nachteil. Ohne Probleme habe ich die Hauptpersonen und deren familiäre Situation kennengelernt.

Gut gefallen hat mir der direkte Einstieg. 4 Familienmitglieder werden gezielt getötet. Da die nicht anwesende Tochter als Einzige überlebt, wirft dies reichlich Fragen auf. Wem galt der Anschlag? Ist auch die Tochter noch in Gefahr? Waren der Sohn und Enkel zur falschen Zeit am falschen Ort?
Auch die möglichen Hintergründe der Tat sind vielfältig. Möglich sind eine politische Motivation oder Einbruch bzw Raub. Auch könnte der Expartner der Tochter dahinterstecken.

Diese Vielzahl an Ermittlungsmöglichkeiten fand ich toll. Aber im Laufe des Buches nahm die familiäre Situation den Janosch Janssen eine immer größere Rolle ein. Ich finde es völlig ok, etwas aus dem Privatleben zu erfahren. Doch hier waren die Ermittlung und Vernehmungen emotional aufgeladen und von Gefühlen geleitet. Mir fehlte der roten Faden bei den Ermittlungen. Die vielen privaten Überlegungen und Abwägungen gehen nicht nur zu Lasten der Spannung, sondern des Falles insgesamt.

Fazit: leicht und schnell nebenbei zu lesen, aber auch schnell wieder vergessen

Veröffentlicht am 07.08.2024

Tödliche Intelligenz?

Der 1. Patient
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Auch mit dem vierten Justiz Krimi bleiben sich Schwiecker und Tsokos ihrer Linie treu. Vorkenntnisse sind nicht nötig, so dass er problemlos unabhängig gelesenen werden kann. Die Schreibweise ist ruhig ...

Auch mit dem vierten Justiz Krimi bleiben sich Schwiecker und Tsokos ihrer Linie treu. Vorkenntnisse sind nicht nötig, so dass er problemlos unabhängig gelesenen werden kann. Die Schreibweise ist ruhig und sachlich. Meiner Meinung nach nicht unbedingt spannend, was ich zuweilen vermisst habe. Aber absolut passend zum Thema. Ist doch ein Gerichtsverfahren nicht durch Emotionen, sondern Fakten geprägt.

Denn vor Gericht steht eine Ärztin, da bei einem Routineeingriff der Patient gestorben ist und geklärt werden muss, ob ein Behandlungsfehler vorliegt. Brisant wird das Ganze durch den Einsatz von KI während der Operation. Wer ist für den Tod verantwortlich? Wer hat hier einen Fehler begangen? Die KI oder der Mensch?

In diese Story eingebettet findet eine sachliche und unparteiische Auseinandersetzung zu dem Einsatz von KI statt. Dies passiert nachvollziehbar, ohne dabei wertend zu sein und den Einsatz zu beurteilen. Welche Risiken, aber auch welche Vorteile bietet der Einsatz? Können wir der KI vertrauen? Oder müssen wir sie überprüfen?

Das dazu stattfindende Gerichtsverfahren erregt mediales Aufsehen. Es gibt unterschiedliche Interessensgruppen, die alle am Ausgang des Gerichtsverfahrens interessiert sind. Doch nicht nur am eigentlichen Ausgang, auch am Verfahren selber und der Berichterstattung. Wie hier die Klinik, die Herstellerfirma Augmentum der KI, die Investoren in Augmentum und nicht zuletzt die Journalisten Einfluss nehmen können ist zuweilen erschreckend real und sollte man sich im Alltag immer wieder vor Augen halten.

Fazit: die beiden Autoren haben hier einen interessanten, aktuellen und kontroversen Fall erschaffen. Der nichts an seiner Authentizität einbüßt und mit Fachwissen besticht.

Veröffentlicht am 22.07.2024

Hier passt Krimi und Humor zusammen

Totholz
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Die Reihe sticht aus der Masse heraus und hat ihren ganz eigenen Erzählstil.
Dazu sei gesagt, dass ich überhaupt nicht für humorige Sachen bin. Meist ist es einfach nicht meine Art von Humor, so dass es ...

Die Reihe sticht aus der Masse heraus und hat ihren ganz eigenen Erzählstil.
Dazu sei gesagt, dass ich überhaupt nicht für humorige Sachen bin. Meist ist es einfach nicht meine Art von Humor, so dass es mir eher ein Kopfschütteln statt eines Schmunzelns entlockt. So geht es mir beispielsweise mit Gisa Pauly oder Klaus-Peter Wolf. Deswegen ist das wirklich die einzige humorige Krimireihe die ich lese und immer noch gerne lese.

Alleine wenn man den Einband liest, weiß man, dass man die Geschichte nicht auf ihre Authentizität bewerten darf. Hier ist so manches übertrieben. Direkt zu Beginn schießt Leonhard Kreuthner deutlich über sein Ziel hinaus – was Leser der Reihe kaum verwundern dürfte. Man wartet nur darauf in welcher Katastrophe sein Plan diesmal enden wird. Aber Kreuthner wäre nicht er selbst, wenn er sich nicht auf seine eigene Art und Weise daraus befreien könnte.

Und so skurril einige Situationen auch sein mögen, haben wir es doch mit einem Krimi, genauer gesagt mit mehreren Ermittlungen zu tun. Deutlich im Vordergrund steht diesmal Kreuthner, der einiges zur Aufklärung beitragen kann. Und so wie Kreuthner als Person tickt, so sind auch seine Ermittlungsmethoden fragwürdig. Mit ihm wird es nie langweilig. Dauern passiert etwas.

Im vorliegenden Band hat Andreas Föhr mit Pippa ein passendes weiblichen Pendant geschaffen. Sie hat es mindestens genauso faustdick hinter den Ohren wie Kreuthner. Den Schlagabtausch zwischen den beiden zu lesen ist einfach herrlich.

Neben Clemens Wallner darf auch dessen Vater nicht fehlen. Alle Personen sind einzigartig. Sie bestechen durch ihren eigenen Charakter und sind absolut liebenswert. So ist dieses Buch sehr vielseitig, kurzweilig und unterhaltsam. Mal ernst und mal humorig. Und doch passt es zusammen und wirkt nicht aufgesetzt.

Einen Punkt Abzug gibt es für die Auflösung. Ein Teil davon war stimmig und in sich schlüssig. Aber die andere Hälfte ging mir echt zu schnell. Da habe ich die Zusammenhänge nicht verstanden. Man hätte es mehrfach lesen müssen um es Schritt für Schritt nachvollziehen zu können.

Fazit: ich weiß nicht, wie Andreas Föhr das macht, dieses ausgewogene Gleichgewicht zu finden. Etwas zum schmunzeln und auch manchmal etwas überzogen, aber trotzdem liebenswert. Humor auf der einen Seite, Krimihandlung auf der anderen. 11er Band, aber trotzdem nicht langweilig und noch überraschend.

Veröffentlicht am 10.07.2024

Einfühlsame Erinnerung an die eigenen Wurzeln

Mühlensommer
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Maria kehrt auf den Hof ihrer Eltern zurück, weil der Vater im Krankenhaus liegt und die Mutter Hilfe benötigt. Eigentlich ist sie mittlerweile in der Stadt sesshaft geworden und hat dort ihr Zuhause. ...

Maria kehrt auf den Hof ihrer Eltern zurück, weil der Vater im Krankenhaus liegt und die Mutter Hilfe benötigt. Eigentlich ist sie mittlerweile in der Stadt sesshaft geworden und hat dort ihr Zuhause. Aber in der Zeit auf dem Hof entdeckt sie ihre Wurzeln neu und kommt ins Grübeln. Vielleicht lassen sich das Stadt- und Landleben vereinen!?

Es passiert nicht viel und die Handlung ist sehr reduziert. Das Buch ist in zwei Zeitebenen aufgebaut. Auf der einen Seite ist die aktuelle Situation und Arbeit auf dem Hof. Auf der anderen die Rückblicke in die Kindheit und Jugend.

Gerade die Rückblenden machen das Buch aus. Sind sie trotz harter Arbeit sehr warmherzig erzählt. Und man kann verstehen, dass Maria sich gerne an diese Zeit erinnert.
Dabei schreckt Martina Bogdahn nicht davor zurück die anfallende Arbeit ungeschönt darzustellen. Wenn zum Beispiel die Geburt von Ferkeln ansteht, die Tiere zu Wurst verarbeitet werden oder wie anstrengend die Hopfenernte ist. Dadurch ist das Leben durchaus entbehrungsreich, auch in Marias Kindheit. Kein Familienurlaub, Verpflichtungen statt Freizeit, praktische statt schicker Kleidung.

Andererseits empfand ich das Leben und Arbeiten auf dem Hof als ein bisschen zu romantisch und positiv dargestellt. Wenn man das liest, wünscht man sich fast selber dorthin. Weiß man doch aber, dass es kein Zuckerschlecken ist.

Fazit: leicht zu lesender Roman über die eigenen Wurzeln, wie sehr man (unbewusst) an ihnen hängt und von ihnen geprägt wird