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Veröffentlicht am 05.05.2022

Nowak & Partner

Rosenkohl und tote Bete
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„Karl Wischnewski. Manne hätte ehrlich gedacht, er würde ihn nie wiedersehen. Was für ein furchtbarer Irrtum.“ (S. 19)
Manne Nowak ist der Vorsitzende des Berliner Kleingartenvereins Harmonie und entsetzt, ...

„Karl Wischnewski. Manne hätte ehrlich gedacht, er würde ihn nie wiedersehen. Was für ein furchtbarer Irrtum.“ (S. 19)
Manne Nowak ist der Vorsitzende des Berliner Kleingartenvereins Harmonie und entsetzt, als die neuen Gartennachbarn Caro und Eike von Ribbeck beim Umgraben des Gemüsebeetes ausgerechnet den ehemaligen Besitzer des Gartens finden. Natürlich rufen sie sofort die Polizei, dumm nur, dass sich KHK Lohmeyer gleich auf Manne als Verdächtigen einschießt, weil der sich wegen einer Wasserpumpe mit seinem ehemals besten Freund Kalle verstritten hatte. Caro schlägt vor, eigene Ermittlungen anzustellen, schließlich war Manne selber Polizist, bis er aus gesundheitlichen Gründen aufhören musste. Und bei der Gelegenheit könnten sie doch auch gleich die Detektei Nowak und Partner gründen?! Ihr Job als Social-Media-Managerin langweilt sie eh – sie könnte ja schon mal den Instagram-Auftritt der neuen Firma basteln.
Eine Detektei will Manne zwar nicht gründen, aber er hört sich mit Caro bei seinen alten Polizeikollegen, Kalles Kollegen und Eltern um. Dabei fällt ihnen auf, dass alle das Gleiche erzählen. Vor ca. einem halben Jahr hat sich Kalle mit allen verstritten und sämtliche Brücken hinter sich abgebrochen …

Manne und Caro könnten kaum unterschiedlicher sein. Er ist sehr bodenständig, lieben den Garten und die Vereinsarbeit. Für Caro ist es eher eine Flucht aus dem Alltag, ein „Projekt“, das sich auf Instagram vermarkten ließe, denn die letzten Jahre hat sie sich hauptsächlich um Mann und Kind gekümmert und ihre eigenen (Karriere-)Wünsche immer hintenangestellt.
Er trägt olle Klamotten, sie ist immer top gestylt. Aber sie ist nicht dumm, wie er schnell feststellt, und sie kann gut mit Leuten umgehen. Zusammen tauchen sie immer tiefer in Kalles Welt ein, auch wenn Caro sich manchmal nicht sicher ist, ob Manne nicht doch irgendwie mit drinhängt (und nebenbei heimlich eigene Ermittlungen anstellt). Und dann kommen sie dem Täter am Ende doch viel näher, als ihnen gut tut …

„Rosenkohl und tote Beete“ ist der Auftakt einer neuen Reihe von Eva Siegmund alias Mona Nikolay, ein schöner Whodunit mit Schmunzelgarantie, Berliner Dialekt und Kleingartenfeeling. Mir gefällt das Setting der Gartensparte gut, wo natürlich nichts geheim bleibt und sich schnell mal sämtliche Nachbarn spontan zum Grillen oder im Vereinsheim zum Bierchen treffen, man sich aber auch gegenseitig hilft.
Auch die Nebencharakter wie Mannes Frau (immer still und unauffällig im Hintergrund, aber sehr pfiffig) oder Caros Mann (ein Arzt, der keine Leichen sehen kann und nicht versteht, dass seine Frau „plötzlich“ mehr im Leben will) sind gut ausgearbeitet.
Die Spannung baut sich langsam aber kontinuierlich bis zum Showdown auf und nebenbei erfährt man, wie Polizeiarbeit abseits vom Fernseh-Tatort wirklich funktioniert.
Ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Fall von „Nowak & Partner“.

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Veröffentlicht am 02.05.2022

Vom Jäger zum Gejagten

Einsame Entscheidung
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„Manchmal muss man das Gesetz brechen, um das Richtige zu tun.“ Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet Leander Lost, der aufgrund seines Asperger-Syndroms nicht lügen oder etwas Unrechtes tun kann, diesen ...

„Manchmal muss man das Gesetz brechen, um das Richtige zu tun.“ Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet Leander Lost, der aufgrund seines Asperger-Syndroms nicht lügen oder etwas Unrechtes tun kann, diesen Satz sagt.
Dabei fängt alles so harmlos an. Es ist Mitte Juni und die Touristen haben die Algarve noch nicht überrannt, als ein anonymer Anruf bei der Polizei eingeht. In einem Ferienhaus soll eine Frau um Hilfe geschrieben haben. Die Frau finden Leander Lost und seine Kollegen Graciana Rosado, Miguel Duarte und Carlos Estebes von der Polícia Judicária nicht vor, aber einen erstochenen Briten. Alles deutet auf eine Beziehungstat hin, zumal die Frau, die das Haus gemietet hat, nicht (mehr?) da ist. Und noch etwas Wichtiges fehlt, fällt Leander Lost auf. Sie finden einer Spur, die nach Spanien führt, in den „Wintergarten Europas“, in dem das ganze Jahr Obst und Gemüse angebaut wird. Doch dann wird ihnen ein Team aus Lissabon vor die Nase gesetzt und aus den Jägern werden Gejagte, denn plötzlich ist Leander Lost mit der Mordverdächtigen auf der Flucht. Doch nicht nur Leander Lost, auch Miguel Duarte wagt wieder mal den Alleingang, weil er endlich und um fast jeden Preis in die Hauptstadt befördert werden möchte ...

„Einsame Entscheidung“ ist bereits der fünfte Teil der „Lost in Fuseta“ Reihe, aber immer noch so spannend wie zu Beginn. Mit dem Asperger-Autisten Leander Lost hat Gil Rebeiro einen ganz besonderen Protagonisten geschaffen, der auf seine Umwelt oft wie ein Roboter wirkt, da er Probleme hat, Gefühle zu erkennen oder zu zeigen. Aber als Ermittler ist er unbestechlich und wird von seinen Kollegen gern als menschlicher Lügendetektor eingesetzt. Auch sein szenisches Gedächtnis hilft ihnen bei den Ermittlungen, da er einmal Erlebtes oder Gesehenes immer wieder abrufen kann. Ich finde es toll, innerhalb dieser Reihe seine Entwicklung zu begleiten, zu sehen, wie er langsam lockerer und „normaler“ wird.

Als Hintergrund für den Fall dienen Gil Ribeiro die Überbevölkerung und Nahrungsmittelknappheit, Industriespionage, illegale Erntehelfer und geheime Studien, bei denen nicht mal die Probanden wissen, dass sie welche sind.

Den Wechsel zwischen ruhigen und Action-Szenen finde ich ausgewogen, mich hat „Einsame Entscheidung“ von Anfang bis Ende gefesselt. Auch die privaten Hintergründe des Ermittlerteams und das Urlaubsfeeling der Algarve passen gut zur Handlung. Besonders hervorheben möchte ich wieder den Sprecher Andreas Pietschmann, der Leanders Art sehr gut mit seiner Stimme rüberbringt. Ich bin schon sehr gespannt auf den hoffentlich nächsten Fall.

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Veröffentlicht am 29.04.2022

Lenni und Margot waren hier

Die hundert Jahre von Lenni und Margot
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„Das Leben und das Sterben sind große Geheimnisse, man kann beides nicht verstehen, so lange man es nicht selbst erlebt hat.“ (S. 21)
Lenni ist siebzehn, als sie erfährt, dass sie eine tödlich verlaufende ...

„Das Leben und das Sterben sind große Geheimnisse, man kann beides nicht verstehen, so lange man es nicht selbst erlebt hat.“ (S. 21)
Lenni ist siebzehn, als sie erfährt, dass sie eine tödlich verlaufende Krankheit und nicht mehr viel Zeit hat. Die letzten Monate ihres Lebens verbringt sie im Krankenhaus und hadert mit Gott und der Welt, denn sie hat noch nichts von dem erlebt, was man sich in dem Alter erträumt: Keinen Freund oder wenigstens den perfekten ersten Kuss. Da entdeckt sie den Kunstkurs des Krankenhauses und darin Margot – 83 Jahre alt, im Kopf jung geblieben, auch wenn ihr Herz gerade streikt – die ein sehr erfülltes und bewegtes Leben hinter (und wenn sie Glück hat, auch noch einen Rest vor) sich hat. „Zusammen sind wir hundert Jahre alt.“ (S. 57) stellen sie fest. Und schmieden einen Plan. Für jedes gelebtes Jahr werden sie das Bild einer Erinnerung zeichnen. Das wird ihre Art sein, einen Fußabdruck auf der Erde zu hinterlassen, wenn sie nicht mehr da sind. Aber hundert Jahre bedeuten hundert Bilder – schaffen sie das, bevor Lenni gehen muss?

„Die hundert Jahre von Lenni und Margot“ sollte nur zusammen mit Taschentüchern verkauft werden, denn ich habe Rotz und Wasser geheult.
Lenni scheint sehr einsam zu sein, bekommt nie Besuch und gibt kaum etwas von sich Preis. Sie will sich auch nicht mit anderen PatientInnen in ihrem Alter anfreunden, die im Gegensatz zu ihr irgendwann wieder nach Hause gehen werden. Sie haben einfach nichts gemein.
„Die Leute sagen, wenn man stirbt, dann bedeutet das, dass Gott einen zu sich ruft, also dachte ich mir, am besten stelle ich mich schon mal vor.“ (S. 9) Stattdessen besucht sie regelmäßig den Pater des Krankenhauses und diskutiert mit ihm über die Bibel und Gott, stellt Fragen, auf die er keine Antworten hat und entwickelt eine Marketingstrategie für seine kaum besuchte Kapelle. Ich hatte das Gefühl, sie geben sich dadurch gegenseitig Halt und Lenni hilft ihm, seinen Glauben zu überprüfen und zu behalten. Dabei klingt sie manchmal extrem jung und verloren, aber schon kurz darauf wieder so weise, als hätte sie ein ganzes erfülltes Leben hinter sich. Ich mochte ihren oft versteckten, sehr intelligenten Witz und ihre warmherzige und rücksichtsvolle Art, selbst beim Sterben noch an andere zu denken.
Margot hingegen blickt auf ein sehr ereignisreiches Leben zurück, an dem sie Lenni durch ihre Bilder und Geschichten teilhaben lässt. Sie hat geliebt, verloren und wiedergefunden, große Enttäuschungen erlebt und die eine ganz große Liebe gefunden, um die sie fast ihr ganzes Leben kämpfen musste.

Ich hatte Lenni und Margot sofort in mein Herz geschlossen, habe mit ihnen gebangt und gelitten und jedes Schnipselchen ihres Lebens aufgesaugt, das sie nach und nach erzählt haben. Ihre Geschichten haben mich extrem berührt und nachdenklich gemacht – was macht ein erfülltes, glückliches Leben aus? Und wie leicht oder schwer ist es, am Ende loszulassen?

Marianne Cronin hat einen wunderbaren, sehr empathischen und packenden Schreibstil, obwohl ihr Roman eher unaufgeregt ist. Ich bin schon sehr gespannt auf ihr nächstes Buch.

„Die hundert Jahre von Lenni und Margot“ von Marianne Cronin ist mein Geheimtipp für LeserInnen von Cecelia Ahern oder Anna McPartlin.

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Veröffentlicht am 27.04.2022

Wennschon, dennschon

Von oben fällt man tiefer
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Theophil Kornmaier hat als Kind bei einem Bergunglück seinen Bruder verloren und immer noch Albträume davon. Er ist sich nicht sicher, ob er ihn damals nicht vielleicht gestoßen hat. Nach einem Jahr erfolgloser ...

Theophil Kornmaier hat als Kind bei einem Bergunglück seinen Bruder verloren und immer noch Albträume davon. Er ist sich nicht sicher, ob er ihn damals nicht vielleicht gestoßen hat. Nach einem Jahr erfolgloser Therapie schlägt seine Psychologin ihm eine Konfrontationstheorie vor – er soll noch einmal zum Wandern in die Berge fahren. Zufällig stößt er in einem Reiseführer auf den Fernwanderweg E5, von Bregenz nach Bozen, und denkt sich: wennschon, dennschon. Da die Strecke allein zu gefährlich ist, schließt er sich einer Wandergruppe an. Aber nicht nur benötigte (grelle) Funktionsbekleidung und Rucksäcke, („Die Ästhetik des Bergwanderns ist eine Katastrophe.“ (S. 9)) auch seine Mitreisenden sind ihm suspekt.
Sexbombe Johanna verdreht allen Männern den Kopf („Sie war jung, sie war schön. Ein Geschenk.“ (S. 13)), dabei soll sie eigentlich die unscheinbare Laura begleiten.
Gerlinde und Gerald sind mitten im verflixten siebenten Jahr. Sie will schon lange heiraten und Kinder, erhält sie hin, überlegt, wie er sich endlich von ihr trennen kann.
Die gemütliche Hausfrau Bruni hat sich von ihrem sportbegeisterten Detti zum 25. Hochzeitstag eine kleine Wanderung gewünscht. Er wollte den E5 schon lange gehen und sieht seine Chance gekommen – jetzt kann er gleich 2 Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Bergführer Josef hat von Beginn an kein gutes Gefühl bei dieser Anfängergruppe. „Hauptsache, sie würden sich nicht gegenseitig abmurksen.“ (S. 67) Er träumt von einer eigenen exklusiven Bergschule nur für Fortgeschrittene, aber noch ist es leider nicht soweit.

Auf der Wanderung kochen die Emotionen ziemlich schnell hoch. Kornmaier sondert sich stets von der Gruppe ab, will allein sein um sein Traum zu verarbeiten, an das ihn hier in den Bergen jeder Schritt, jeder Fels, jeder Abhang erinnert. Johanna überlegt, wem sie wie als nächstes den Kopf verdrehen kann und löst damit bewusst Unruhe, Eifersüchteleien und Streitereien aus. Laura sieht so traurig und deprimiert aus, dass sich die anderen ständig um sie sorgen, dabei wäre sie am liebsten unsichtbar oder gar nicht mehr da. Gerlinde klammert, Gerald versucht sie abzuservieren und Bruni merkt, was für ein rücksichtsloser Idiot ihr Detti eigentlich ist … Und dann ertönt ein markerschütternder Schrei, 2 Leute werden vermisst, eine Leiche gefunden …

Eins vorweg, Anne Bandel hat in meinen Augen eher einen Spannungsroman als eine Bergkrimi geschaffen, denn die erste Leiche taucht erst im letzten Viertel auf. Trotzdem ist „Von oben fällt man tiefer“ sehr fesselnd, denn es liefert ein detailliertes Psychogramm aller Protagonisten, zeigt, wie sich die Gruppendynamik und das zwischenmenschliche Verhalten (vor allem unter den Paaren) entwickeln, wenn man plötzlich 24 Stunden zusammen ist, sich aufeinander einstellen und in den Berghütten zusätzlich auf engstem Raum fast ohne Privatsphäre miteinander auskommen muss.

Bei einem bin ich mir nach dem Lesen sicher – eine Bergwanderung mache ich, wenn überhaupt, nur allein und in entsprechender Funktionskleidung .

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Veröffentlicht am 25.04.2022

Nur ein großer Wunsch

Warten auf ein Wunder
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Dublin 2010: Jede Woche treffen sich Caroline, Natalie und Janet in einer Selbsthilfegruppe für Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben. Sie haben (fast) keine Geheimnisse voreinander, teilen sie doch ...

Dublin 2010: Jede Woche treffen sich Caroline, Natalie und Janet in einer Selbsthilfegruppe für Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben. Sie haben (fast) keine Geheimnisse voreinander, teilen sie doch das gleiche Schicksal. Nur Ronnie, die Neue, schweigt sich aus.

Irland 1976: Als Catherine mit 17 unverheiratet schwanger wird und ihr Freund sich nicht zu dem Kind bekennt, wird sie in ein katholisches Mutter-Kind-Heim abgeschoben. Als sie ihr Kind dann nicht zu Adoption freigeben will, löst sie einen Skandal aus.

„Warten auf ein Wunder“ ist mir extrem nahe gegangen. Was die Frauen in der Hoffnung auf ein eigenes Kind alles auf sich nehmen, die unzähligen Behandlungen, Operationen und Schmerzen, den physischen und psychischen Druck, ist unvorstellbar. Leider bleiben ihre Beziehungen dabei oft auf der Strecke, weil der Wunsch nach dem Kind irgendwann größer ist als die Liebe zu ihrem Partner. „Acht Jahre, vier Operationen, sechs IVFs, ein toter Hund und ein Ehemann, der mich soeben verlassen hat, und sogar ich will noch mal von vorne anfangen.“ (S. 33) Trotzdem können sie den einen großen Wunsch einfach nicht loslassen – und obwohl ich ihre körperlichen Schmerzen beim Lesen selber spüren konnte, habe ich sie verstanden, mit ihnen gehofft und gebangt und auch geweint, wenn es wieder einen Rückschlag gab – vielleicht auch darum, weil ich selber keine Kinder bekommen kann.

Während ich mit Caroline, Natalie, Janet und Ronnie eher mitgelitten habe, hat mich Cathrines Geschichte sehr wütend und traurig gemacht. Obwohl sie auf einem Bauernhof lebt, wurde sie nie aufgeklärt, wusste nicht, wie ein Baby entsteht. „Woher weißt du, dass du schwanger bist?“ „Weil meine Mami mich geschlagen hat.“ (S. 99)
Was sie in dem Heim erlebt, lässt sich nur mit unmenschlich bezeichnen. Die schwangeren, oft minderjährigen Mädchen bekommen (angeblich zu ihrem Schutz) neue Namen und eine Arbeitsnummer, mit der sie gerufen werden – das hat bei mir sofort Assoziationen an die Verhältnisse in den KZ´s geweckt. Sie werden wie Dreck behandelt, müssen bis zum Umfallen arbeiten und bekommen meist erst dann medizinische Betreuung, wenn es schon zu spät ist. Nicht wenige Mädchen sterben bei der Geburt. Das ist aber egal, denn die Nonnen interessieren sich sowieso nur für die Babys, die sie für viel Geld an neue Eltern vermitteln. „Wir waren alle Gefangene in dem engen Netz aus einer engstirnigen Gesellschaft und Eltern, die uns jegliche Unterstützung verweigerten, einer Kirche, die uns als verdorbene, unzüchtige Sünderinnen hinstellte, und einem Geschäftsmodell, welches Kinder gegen Spenden an Adoptiveltern vermittelte, sowohl innerhalb Irlands als auch ins Ausland.“ (S. 223) Vor allem war es mit der Geburt für Cathrine noch nicht vorbei, ganz im Gegenteil, der von vornherein fast aussichts- und hoffnungslose Kampf um ihr Kind beginnt erst danach richtig …

Anna McPartlins neues Buch ist eine emotionale Achterbahnfahrt, hat mich sprachlos, wütend und traurig gemacht. Abwechselnd erzählt sie sehr einfühlsam Carolines, Natalies und Janets zum Teil verzweifelte Anstrengungen auf dem Weg zum eigenen Kind und lässt Ronnie immer ein bisschen mehr von sich preisgeben. Der Zusammenhalt und die beispiellose gegenseitige Unterstützung, das Mutmachen, aber auch die Versuche, sich von dem Kinderwunsch zu lösen haben mich sehr berührt. „Manchmal müssen wir uns auf das konzentrieren, was wir haben, anstatt auf das, was wir nicht haben.“ (S. 152)
Parallel dazu wird Cathrines Geschichte weitererzählt, wie schwer es ihr fällt, nach der Geburt wieder Fuß zu fassen, sich ein neues Leben aufzubauen. Sie weiß nicht, ob sie je wieder Vertrauen zu einem Mann fassen und eine körperliche Beziehung zulassen kann, denn eigentlich haben die Nonnen sie gebrochen.

„Warten auf ein Wunder“ ist ein ganz besonderes und sehr emotionales Lesehighlight für mich.

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