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Veröffentlicht am 13.04.2021

Ein echte Schlammschlacht

Träume von Freiheit - Ferner Horizont
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… ist die Scheidung von Florence und Henri de Meli in den 1880er Jahren in New York. Sie zieht sich über Jahre hin, die Presse berichtet ausführlich und die Öffentlichkeit fiebert mit. Florence wird ungewollt ...

… ist die Scheidung von Florence und Henri de Meli in den 1880er Jahren in New York. Sie zieht sich über Jahre hin, die Presse berichtet ausführlich und die Öffentlichkeit fiebert mit. Florence wird ungewollt zum Vorbild für die unglücklichen, scheidungswilligen Frauen der damaligen Zeit.

Wie es zu diesem Prozess kam und warum Florence unbedingt nach amerikanischem Recht geschieden werden wollte, erzählt Silke Böschen im zweiten Teil ihrer Reihe „Träume von Freiheit – Ferner Horizont“, der auf Florence de Melis Leben basiert.
Alles beginnt 1881. Florence und Henri sind zwar Amerikaner, leben aber in der amerikanischen Kolonie in Dresden. Er ist 11 Jahre älter als sie und muss nicht arbeiten, denn seine Mutter kommt für alle Ausgaben auf. Florence genießt das Leben in der High Society, die Bälle und Empfänge, aber sie engagiert sich auch in der amerikanischen Gemeinschaft und für die Wohltätigkeit, singt im Chor. Das Paar hat zwei kleine Kinder, die Florence über alles liebt. Leider mischt sich Henris Mutter immer mehr in das Familienleben ein, sie hat Florence noch nie gemocht. Und da eine Scheidung in dieser Gesellschaftsschicht nicht in Frage kommt, schmieden Henri und seine Mutter den Plan, Florence für verrückt erklären zu lassen und weisen sie in eine Irrenanstalt ein …

Silke Böschen ist wieder ein echter Schmöker gelungen. Die über 500 Seiten lesen sich extrem flüssig und haben mir einen verregneten Tag versüßt.
Henri und Florence sind sehr verschieden. Er fühlt sich von der Lebenslust und Energie seiner Frau oft überfordert und schickt sie regelmäßig zur Erholung zur Kur. Während er ruhige Abende mit einem ausgiebigen Dinner und danach dem einen oder anderen Glas Absinth liebt, geht sie gern aus, hat viele Freunde und nach Henris Ansicht flirtet sie zu offensiv und zu viel. Auch bei der Erziehung der Kinder sind sie sich uneins. Er ist extrem streng zu ihrem Sohn und züchtigt ihn regelmäßig. Sie selbst wird von ihm und seiner Mutter zwar „nur“ mit Worten verletzt, trotzdem ist die Situation für sie kaum auszuhalten. Aber wegen der Kinder hält sie es aus.
Mir hat sehr gut gefallen, wie die Autorin die Dynamik des Paares inkl. der Schwiegermutter geschildert hat, wie sich die Situation immer mehr aufheizt, bis Henri sich nur noch durch Florence‘ Einweisung zu helfen weiß.

Auch das Umfeld, in dem die Handlung angesiedelt ist, wird sehr anschaulich beschrieben. Als echte Dresdnerin habe ich meine Stadt wiedererkannt (wobei ich erst durch das Buch erfahren habe, dass es hier mal eine amerikanische Siedlung gab) und auch die Kureinrichtungen, in den Florence untergebracht wird, gibt es zum Teil heute noch. Zum Glück sind aber die Anamnese- und Behandlungsmethoden heute nicht mehr die gleichen, die waren zum Teil nämlich sehr erschreckend.

Ich habe nur zwei klitzekleine Mankos anzumerken. Zum einen hatte ich ausgehend vom Klappentext hauptsächlich Florence Flucht quer durch Europa bis nach Amerika und den Kampf um ihre Scheidung und die Kinder erwartet und zum anderen war mir das Verhalten der Protagonisten an einigen Stellen etwas zu überzogen.

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Veröffentlicht am 28.03.2021

Kein Unfall

Bittersüße Zitronen
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Als Enrico Rizzi nach einem Einsatz nachts im Regen die Serpentinen von Capri nach Hause fährt, fällt ihm ein Raser mit aufgeblendeten Scheinwerfern auf. Er hat ein ungutes Gefühl und folgt ihm, doch er ...

Als Enrico Rizzi nach einem Einsatz nachts im Regen die Serpentinen von Capri nach Hause fährt, fällt ihm ein Raser mit aufgeblendeten Scheinwerfern auf. Er hat ein ungutes Gefühl und folgt ihm, doch er kommt zu spät. In einer besonders steilen Kurve hat die Ape die Leitplanke durchbrochen und ist in eine Schlucht gestürzt. Obwohl Rizzi sofort hinunterklettert, kann er Elisa Constantini nicht aus dem brennenden Fahrzeug retten. Ihre letzten Worte sind „kein Unfall“, aber niemand glaubt ihm. Fast im Alleingang nimmt er die Ermittlungen auf, was seiner Kollegin Antonia Cirillo sauer aufstößt. Im Umfeld der Toten stoßen sie auf alte Rechtsstreite und langewährende Familienfehden, konkurrierende Unternehmen und junge Crowdfarming-Projekte, Probleme mit Saisonarbeitern und Fremdenhass. Zudem hatte die Tote angeblich vor, ihr Leben grundlegend zu verändern …

„Bittersüße Zitronen“ ist der zweite Teil der Capri-Krimi-Reihe von Luca Ventura und lebt natürlich auch vom italienischen Flair (auch wenn es diesmal fast die ganze Zeit regnet), der Insel und dem Privatleben der Ermittler. Es ist zwar interessant, deren Entwicklung über die verschiedenen Teile einer Reihe zu verfolgen, aber diesmal hat sich die Handlung für mich dadurch leider etwas gezogen.

Cirillo und Rizzi sind sich uneinige über die Tatverdächtigen und Motive, arbeiten nicht wirklich zusammen, sondern ziehen jeder ihr eigenes Ding durch.
Rizzi kennt die Bewohner und ihre Eigenheiten von klein auf und sieht sich dadurch im Vorteil, ist manchmal aber auch genau deswegen betriebsblind. Außerdem ist er ein Familienmensch und muss seinen Vater immer öfter auf den Feldern helfen. Zum Glück gibt es nicht viele Mordfälle auf Capri und ihm bleibt genügend Zeit dafür. Aber ob er die angebotene Weiterbildung inkl. Beförderung annehmen kann, weiß er noch nicht.
Cirillo wurde degradiert und auf die Insel strafversetzt, außerdem lebt ihr Sohn bei seinem Vater in Schweden. Ich hatte gehofft, diesmal endlich die Gründe dafür zu erfahren, aber leider wurde das wieder nicht aufgelöst. Sie hadert mit der Situation im Allgemeinen und dem Fall im Besonderen. Es kommt mehrfach zu internem Gerangel zwischen ihr und Rizzi, sie fühlt sich (zu recht) nicht ernst genommen und ausgeschlossen.

Der Fall dreht sich auch um den berühmten Limoncello, seine Geschichte und Herstellung und macht trotz kleiner Längen Appetit auf Capri und weitere unterhaltsame Fälle. Johannes Klaußners Stimme passt für mich perfekt zu dieser Reihe, ich höre ihm gern zu und träume mich nach Italien.

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Veröffentlicht am 02.03.2021

Der Sheriff von Brunngries

Prost, auf die Erben
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Als Brunngries‘ erfolgreichster Bauunternehmer Ludwig Holzinger tot in der Badewanne gefunden wird, auf dem Tisch neben ihm diverse Spirituosen und eine sehr teure Zigarre, überrascht das die Dorfbewohner ...

Als Brunngries‘ erfolgreichster Bauunternehmer Ludwig Holzinger tot in der Badewanne gefunden wird, auf dem Tisch neben ihm diverse Spirituosen und eine sehr teure Zigarre, überrascht das die Dorfbewohner kaum. Ludwig hat selber immer mit seinem frühen Tod gerechnet. „Der Holzinger hat immer Vollgas gegeben. Ob auf der Straße oder im Leben.“ (S. 26) Und als bei der Obduktion herauskommt, dass es Mord war, werden sofort seine negativen Seiten und Eigenschaften ans Licht gezerrt. Seine Zahlungsmoral als Unternehmer war unterirdisch, er lag mit seinen Geschwistern im Clinch und hat alles flachgelegt, was nicht bei drei auf dem Baum war. Tatmotive und -verdächtige gibt es also genug, aber wer hat ihn nun warum auf dem Gewissen?

„Prost, auf die Erben“ ist der zweite Fall, den Hauptkommissar Constantin Tischler in Brunngries ermitteln muss. Tischler hat sich inzwischen eingelebt und kennt die meisten Menschen im Ort, aber wenn es um Interna, kleine Geheimnisse oder Altlasten geht, sind ihm der übereifrige Polizeiobermeister Fink und vor allem dessen Mutter stets einige Schritte voraus. Zum Glück teilen sie ihr Wissen gern mit ihm, und zum Leidwesen von Tischlers Magen auch einige ungewöhnliche bayrische „Köstlichkeiten“.
Weil Holzingers Großbaustelle, ein Chaletdorf für Urlauber kurz vor der Fertigstellung, wegen der Ermittlungen stillgelegt wurde, hängen Tischler diesmal der Polizeioberrat und der Bürgermeister im Nacken. Er soll doch bitte an die Nachunternehmer und die fehlende Tourismuseinnahmen wegen der verzögerten Fertigstellung denken! Und Pressemeldungen á la „Mord in der Feriensiedlung“ sind ja auch ganz, ganz schlecht für Brunngries!
Auch privat läuft es nicht so richtig rund. Britta (Frau Dr. Neufeld), die er beim ersten Fall kennengelernt hat, lässt sich zwar weiterhin von ihm umwerben, ihn aber (noch?) nicht ran. Außerdem legt ihm weiterhin jemand aus seiner Vergangenheit gefaltete Papierkraniche auf die Fußmatte und erinnert ihn damit an ein Versprechen und eine große Schuld.

Friedrich Kalpenstein schreibt gewohnt humorvoll, mit viel Lokalkolorit („Die ganze Gegend ist ein einziger Heimatfilm …“ (S. 62)) und auch die Spannung des Kriminalfalles stimmt. Da ich lange in einer Baufirma gearbeitet habe, kamen mir beschriebenen Zustände auf der Baustelle und in der Branche leider nur zu bekannt vor – gemauschelt wird halt überall, das Setting passte perfekt.
Nur Tischler selbst ist für mich kein richtiger Sympathieträger – muss er ja aber auch nicht zwingend sein. Er bezeichnet sich als Sheriff von Brunngries und scheint wie aus einem alten Western gefallen: ein echter Macho mit O-Beinen, einem locker sitzenden Colt und zu viel Testosteron im Blut. Weich wird er nur bei seinem Jaguar E-Type 1969 und seiner Hightech-Kaffeemaschine. Mal sehen, ob ich bei seinem nächsten Fall immer noch den Ohrwurm „Macho Man“ von „The Village People“ im Ohr habe …

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Veröffentlicht am 18.02.2021

Herz aus Kopf an?

Die Frau von Montparnasse
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Das Gefühl hatte ich beim Lesen von Caroline Bernards neuem Roman „Die Frau von Montparnasse“ über Simone de Beauvoir. Gegen alle Konventionen und die Erwartungen ihrer Eltern studiert Simone Philosophie ...

Das Gefühl hatte ich beim Lesen von Caroline Bernards neuem Roman „Die Frau von Montparnasse“ über Simone de Beauvoir. Gegen alle Konventionen und die Erwartungen ihrer Eltern studiert Simone Philosophie und wird Lehrerin, lernt dabei Jean-Paul Sartre kennen und lieben und bindet sich mit einem Pakt lebenslang an ihn – keine Heirat aber eine gleichberechtigte Beziehung, bei der sie auch andere Partner haben dürfen. Es klingt revolutionär – denn neben ihrer sexuellen Freiheit würde er ihr auch nie vorschreiben, wie, wo oder woran sie arbeitet oder ihre Zeit verbringt. Dass Sartre sich in der Realität dann doch immer wieder einmischt, vor allem wenn es seine Affären (er)fordern oder er Simone antreibt, dass sie ihren Roman schreiben soll, hat sie hingenommen.
Keine Frage, Simone de Beauvoir war und ist eine Frau, die polarisiert. Aus gutem Hause stammend hätte sie nach dem Willen ihrer Eltern eigentlich einen passenden (reichen) Mann heiraten und Kinder in die Welt setzen sollen, doch sie will mehr. Und weil es noch kein Vorbild für die moderne unabhängige Frau gibt, wird sie es eben selbst. Sie ermutigt ihre Schülerinnen zu selbstständigem Denken und freien Entscheidungen, fördert sie und damit oft auch die Abnabelung vom Elternhaus. Und nicht wenige von ihnen landen in Sartres oder ihrem Bett und damit ihrem Leben. Sie alle werden eine große Familie, oft belastet von persönlichen Dramen, aber man kümmert sich umeinander und unterstützt sich. „Simon stellte Sartre und sich in den Mittelpunkt der Welt, aber darum herum kreisten ihre Freunde und Bekannte wie kleine Monde.“ (S. 197) Wobei gerade der Zusammenhalt, die Organisation und Planung des zum Teil sehr fragilen Gebildes allein in Simones Händen liegt.

Caroline Bernard zeichnet hier das Bild einer Frau, die bis zur Selbstaufgabe arbeitet. Ich hatte oft das Gefühl, dass alle anderen und deren Bedürfnisse – allen voran Sartres – zuerst kommen. Simone liest seine Arbeiten gegen und gibt ihm immer wieder neue Denkanstöße. Ihr eigene Arbeit erledigt sie erst danach, wenn er sie nicht mehr braucht. Ihr ganzes Leben lang überdenkt sie immer wieder die Rolle der Frau im Allgemeinen und ihre eigene im Besonderen und erkennt irgendwann: „Man kommt aber nicht als Frau zur Welt, man wird es.“ (S. 413) Sie ist die ewig Zweifelnde, stagniert nie, sucht immer neue Blickwinkel und ist offen für Anregungen – und man ist als LeserIn live dabei.
Ich habe sie für ihren Mut und ihre scharfe Intelligenz bewundert, dass sie kein Problem damit hat, Sartre und anderen Männern oder Frauen zu widersprechen und ihnen die Fehler in ihre Interpretation oder Argumentation aufzuzeigen.
Genau wie in ihrem Denken und Leben nimmt Sartre auch im Roman einen sehr großen Platz ein. Egal wie frei sie zu sein glauben, sie können nicht ohne einander, auch wenn es irgendwann nur noch eine geistige Verbindung ist und keine körperliche mehr. Dabei habe ich mich oft gefragt, ob es wirklich Simones freier Wille war, sich so an ihn zu binden, oder ob sie sich ihm doch (unbewusst) unterworfen hat. Schließlich hat er von Beginn an die Rahmenbedingungen ihrer Beziehung festgelegt. In meinen Augen hat sie zu viel hingenommen, ihm seine Fehler immer wieder nachgesehen und entspricht damit meiner Meinung nach doch genau dem Frauenbild, dass sie verändern wollte. Sie fordert Freiheit und Unabhängigkeit für alle Frauen und ist es doch selber nicht, lässt sich von ihm manipulieren. Am erschreckendsten fand ich, dass sie aus Rücksicht, seine Gefühle und seinen Ruf einen ihrer Liebhaber bis nach Sartres Tod verheimlicht hat.

„Die Frau von Montparnasse“ ist ein Buch, für das man Zeit braucht. Es regt dazu an, sich mit Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre als Menschen, Philosophen und Literaten auseinanderzusetzen und auch damit, in wieweit sich unsere Rollenverständnisse im Vergleich zu damals geändert haben oder nicht.
Caroline Bernard schreibt sehr emotional, lässt uns auch Simones Nervenkrisen und Unsicherheiten miterleben und in das Paris und Lebensgefühl zu Beginn des letzten Jahrhunderts abtauchen.

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Veröffentlicht am 15.02.2021

Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein …

Mauersegler
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„Du kannst jederzeit wiederkommen, wenn dir danach ist.“ (S. 31) sagt ihr Großcousin Johann zu Juliane, als sie nach ihrem ersten Besuch wieder nach Hause fährt, dabei hatten sie jahrelang keinen Kontakt. ...

„Du kannst jederzeit wiederkommen, wenn dir danach ist.“ (S. 31) sagt ihr Großcousin Johann zu Juliane, als sie nach ihrem ersten Besuch wieder nach Hause fährt, dabei hatten sie jahrelang keinen Kontakt. Sie ist gerade wegen ihrem Freund nach Berlin gezogen, hat ihren ungeliebten Job als Lehrerin gekündigt und keinen Plan, was sie jetzt machen soll. In Johanns Haus auf den Klippen über der Ostsee fühlt sie sich zum ersten Mal seit langem wieder etwas freier. Kurz darauf gesteht ihr Freund ihr, dass er längst eine Neue hat. Kopflos flüchtet sie zu Johann. Er bringt sie im ehemaligen Zimmer seiner Mutter Marianne unter, wo sie Fotoalben und ein Sammelalbum mit Zeitschriftenausschnitten über berühmte Fliegerinnen findet. Bis dahin wusste Juliane nicht viel über ihre Vorfahren. Nur, dass die es im Krieg und in der DDR schwer hatten. Ihre Oma wollte nie darüber reden und ihre Mutter kann sich kaum erinnern ...

Berlin in den 1930ern: „Ich will den Flugschein machen und hinterher damit Geld verdienen. Und wenn es nicht klappt, werde ich etwas anderes finden.“ (S. 50) Marianne und ihre beste Freundin Roseanne stammen aus gutsituiertem Hause und haben das Glück, dass sie anstatt zu heiraten ihre Fluglizenzen machen und danach ihren Lebensunterhalt mit Reklame- und Transportflügen in ihren eigenen kleinen Maschinen in Deutschland und Europa verdienen können. Als Roseannes Bruder Charles eine Handelsvertretung in Westafrika aufbaut, sollen sie die regelmäßigen Transportflüge dorthin übernehmen. Ein Traum wird wahr. Obwohl Marianne inzwischen verheiratet ist fliegt sie nach Afrika. Ihren kleinen Sohn Johann lässt sie für diese Zeit bei ihrer Schwester Ruth und deren Mann. In dem Moment bricht der 2. Weltkrieg aus …

Der neue Roman von Valerie Jakob umfasst fast 100 Jahre und 3 Generationen, spielt im lebhaften Berlin, an der traumhaften Ostseeküste und in der atemberaubenden Wüste Westafrikas. Sie erzählt darin von Frauen, die sich weder von ihren Männern noch vom Schicksal brechen lassen, unbeirrt ihren Weg gehen und dabei über sich hinauswachsen. Marianne und Roseanne und später auch Ruth kämpfen für ihre Freiheit, Gleichberechtigung und gegen herrschende Konventionen.

Marianne hatte ich sofort ins Herz geschlossen. Sie ist sehr mutig und intelligent. Als sie und Roseanne gegen alle Vorurteile und Widerstände ihre Führer- und Flugscheine machen, war das für Frauen nicht nur unüblich, sondern regelrecht unweiblich. Trotzdem haben sie sich davon nicht abschrecken lassen und sogar ihre eigene kleine Firma aufgebaut. Doch Hitlers Machtübernahme änderte alles.
Auch Johann habe ich sofort gemocht. Er ist zwar verschlossen, aber trotzdem sehr herzlich und vor allem nimmt er die Menschen so, wie sie sind. Er kann gut zuhören und Geheimnisse für sich behalten, auch über den Tod der Betroffenen hinaus.

Juliane hat es mir schwerer gemacht, sie zu mögen. Sie lässt sich ziellos durchs Leben treiben und schiebt Entscheidungen immer wieder auf. Als sie verlassen wird, ist der eigentlich unbekannte Großcousin Johann der Einzige, der ihr keine Vorwürfe oder Vorschläge macht, sondern sie in seinem Haus und seinem Leben willkommen heißt. Nur darum flüchtet sie sich zu ihm und stößt dabei auf die Geschichte ihrer Familie. Bei der Suche nach Mariannes Spuren erkennt sie endlich ihre Stärken und weiß, was sie in Zukunft machen will.

Valerie Jakob schildert das Leben in Deutschland in den 1930er bis 40er und später der DDR sehr plastisch und eindringlich. Sie entführt ihre Leser auf eine extrem emotionale Reise, schildert die sich ändernde Rolle und Bedeutung der Frau unter den Nazis und zeigt auch das in der DDR geschehene Unrecht auf, die Einschränkungen und Bevormundung der Menschen durch den Staat und wie diese damit umgegangen sind.

Fazit: Eine spannende, atmosphärisch und emotionale Familiengeschichte voller Geheimnisse.

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