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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.04.2018

Schön, einfach nur schön

Eine Liebe in Apulien
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Schön, einfach nur schön in letzter Zeit hatten sich mehrere Bücher aus dem Mira-Verlag auf den Weg zu mir gemacht, und alle waren, wie auch das vorliegende Buch, so leicht lesbar, dass man wunderbar in ...

Schön, einfach nur schön in letzter Zeit hatten sich mehrere Bücher aus dem Mira-Verlag auf den Weg zu mir gemacht, und alle waren, wie auch das vorliegende Buch, so leicht lesbar, dass man wunderbar in die Geschichten eintauchen konnte. Romane wie dieser hier passen zu warmen Sommerabenden, an denen man sich nicht mit belastenden, schwierigen Texten herumschlagen möchte, sondern sich zurücklehnen und einfach nur unterhalten lassen möchte.
Viola, arbeitslose Innenarchitektin, frisch getrennt von ihrem untreuen Freund, muss nun auch noch den Tod ihrer geliebten Großmutter verkraften. Da erfährt sie, dass ihre weitsichtige Großmutter ihr das wunderschöne, aber sehr heruntergekommene Anwesen in Apulien vererbt hat, verbunden allerdings mit einigen Auflagen. Viola hat Ideen, packt die Aufgabe tatkräftig an, bekommt Hilfe von Aris, einem gut aussehenden, aber sehr verschlossenen Handwerker - aber dann geschehen unerklärliche Anschläge und Unglücksfälle, und Viola bekommt zu spüren, dass sie nicht bei allen in der Gegend willkommen ist.
Natürlich ist die Geschichte vorhersehbar, natürlich werden reichlich Klischees bedient, aber dennoch hat das Buch im Gesamten eine so positive Ausstrahlung, dass man es nicht zur Seite legen möchte. Man spürt die Wärme des Südens, man riecht die Meerluft, man wird geradezu überschwemmt von den Farben der reich blühenden Pflanzenwelt.. Es gelingt der Autorin durch ihre intensiven Landschaftsschilderungen, im Leser ein Gefühl des Urlaubs, leicht und frei, zu wecken. Aber auch die Charaktere werden so dargestellt, dass man sich ihnen nahe fühlt, dass man gespannt teilhat an dem, was sie denken, fühlen und tun, was ihnen geschieht. Insgesamt ist das Buch ein wohltuendes Leseerlebnis, wunderbar geschrieben und die Leserseele wärmend.

Veröffentlicht am 09.04.2018

Zuviel Lesezeit für zu wenig Inhalt

Mordzeitlose
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Was ist dieses Buch? Ein Kriminalroman steht auf dem Cover. Ist das Buch wirklich ein Krimi? Oder ist es ein Psychogramm einer verwirrten Seele? Oder eine Hommage an die Pflanzenwelt? Ein mit Zeitbezügen ...

Was ist dieses Buch? Ein Kriminalroman steht auf dem Cover. Ist das Buch wirklich ein Krimi? Oder ist es ein Psychogramm einer verwirrten Seele? Oder eine Hommage an die Pflanzenwelt? Ein mit Zeitbezügen und Systemkritik überfrachteter Roman? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass die Autorin, die sich gut zu vermarkten weiß, viel wollte. Zuviel wollte vielleicht.
Margrit wächst als völlig isoliertes Kind hartherziger Eltern auf. Diese haben eine Gärtnerei, und schon früh zieht sich Margrit in die Welt der Pflanzen zurück, in ihr „Gewächshaus der Kindheit“, sie spricht mit den Pflanzen. Besondere Faszination übt die Herbstzeitlose mit ihrer todbringenden Giftigkeit auf sie aus. Das Buch begleitet Margrit weiter durch ihr isoliertes Leben, über Studium, Promotion und Veröffentlichung zahlloser Fachartikel. Die Mutter stirbt früh unter ungeklärten Umständen. Der erste Freund Margrits verschwindet. Und ein Ermittler bleibt auch 40 Jahre später noch auf der Suche nach Zusammenhängen.
Das Buch fordert geduldiges Lesen. Es passiert wenig, streckenweise gar nichts. Was die Krimi-Handlung betrifft, weiß man im Grunde von Anfang an, dass wir es mit einer Psychopathin in Strickjacke zu tun haben. Also ein Krimi ohne Spannung, ohne Wendungen und Drehungen – dem klassischen Krimileser demnach nicht zu empfehlen. Die Autorin überrascht im Sprachstil streckenweise mit Passagen großer fast lyrischer Schönheit, die aber sehr schnell wieder wechseln in langweilige Langsamkeit des Nicht-Geschehens. Dass aus dem isolierten, unterdrückten Kind Margrit eine Koryphäe wird, die durch die Welt reist und Vorträge in freier Form führt, ist psychopathologisch undenkbar und unglaubwürdig. Da hilft auch die oftmals fein ziselierte Erzählweise nicht. Schon gar nicht, wenn das Mischen von Zeitsträngen ohne erkennbaren Sinn das Lesen erschwert, vor, zurück, hin und her, was normalerweise bei Krimis und Thrillern als probates Mittel dient, die Spannung zu erhöhen, hier jedoch nur ärgerlich macht. Als unangenehm empfand ich auch, wie die Autorin mit dem Einschub relativ unbekannter Musikstücke kokettiert und dabei völlig verkennt, dass eine möglicherweise beabsichtigte Wirkung, nämlich eine bestimmte Stimmung anhand der Musik zu vermitteln, ausbleibt, ausbleiben muss.
Um es auf den Punkt zu bringen: Ein streckenweise interessantes Buch mit gelegentlich gut geschriebenen Passagen, wobei jedoch insgesamt Langeweile und Unglaubwürdigkeit des Plots überwiegen.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Lesen Sie dieses Buch!

Ein Held dunkler Zeit
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Als ich las, dass der Autor des vorliegenden Buches Historiker ist, machte sich in mir die Befürchtung breit, dass das Buch mühsam zu lesen sein würde, vielleicht trocken oder belehrend geschrieben. Dass ...


Als ich las, dass der Autor des vorliegenden Buches Historiker ist, machte sich in mir die Befürchtung breit, dass das Buch mühsam zu lesen sein würde, vielleicht trocken oder belehrend geschrieben. Dass ich jedoch tatsächlich einen mitreißenden, emotional aufwühlenden, spannend-lebendig geschriebenen Roman lesen durfte, war eine wunderbare Überraschung!
Es wird eine tatsächlich geschehene Geschichte in die Romanwelt versetzt, mit allen Zutaten versehen, die einen guten Roman ausmachen, und zusätzlich mit vorsichtiger Fantasie und gnadenloser, präzise recherchierter Zeitgeschichte unterlegt. Dass diese Kombination so genial gelungen ist, lässt für mich das Buch zu einem der herausragenden Leseerlebnisse werden.
Der Augenarzt Wilhelm Möckel erzählt selbst, wie er die Halbjüdin Annemarie kennen und lieben lernt und sich schließlich freiwillig zum Dienst in der Wehrmacht meldet, da er hofft, durch Erringen besonderer Verdienste zu ermöglichen, dass Annemarie als deutschblütig anerkannt wird und ihr und den Kindern Max und Martin somit alle bislang verweigerten Rechte zugestanden werden. In den geschilderten Kriegsjahren an der Front erweist sich Wilhelm als ein geradezu wagemutiger Mensch, der sich mit großem Können und unermüdlichem Einsatz um die Verletzten kümmert. Erzählt werden diese Jahre an der Front von Friedrich Tönnies, dem jungen Sanitätsgehilfen, der sich freiwillig als Bursche Wilhelm unterstellen lässt und zu seinem treuen Freund wird.
Das Buch hält für den Leser eine Achterbahn der Gefühle bereit. Wir sind angerührt von der Liebesgeschichte zwischen Annemarie und Wilhelm. Wir erschauern, wie zunehmende Judenfeindlichkeit langjährige Freundschaften zerreißt und Spitzeltum um sich greift. Wir sind gelähmt vor Entsetzen über das Menschenschlachten an der Front. Wir sind dankbar, wenn sich mitten im Kugelhagel etwas Menschlichkeit findet. Und weinen über den ertrinkenden Hund Norka. Christian Hardinghaus schreibt klar, schnörkellos, ohne jegliches Pathos, und genau damit packt er den Leser, zieht ihn ins Buch, ins Geschehen, in ein Stück Zeitgeschichte und lässt ihn bis zum Schluss und darüber hinaus nicht mehr los.
Viel gäbe es noch über das Buch zu erzählen. Aber ich kürze ab mit dem Satz, den ich nur ganz selten schreibe: Auch wenn Sie dieses Jahr nur ein einziges Buch lesen wollen - lesen Sie dieses Buch!

Veröffentlicht am 02.04.2018

Leider hinter den Erwartungen zurückgeblieben

Erzähl ich von früher...
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Das Anliegen der Autorin ist, wie sie selbst im Vorwort schreibt, die eigenen Erinnerungen „aufzuwecken“. Das Buch soll ermutigen, von diesen Erinnerungen zu erzählen, wem auch immer, und damit ein Stück ...

Das Anliegen der Autorin ist, wie sie selbst im Vorwort schreibt, die eigenen Erinnerungen „aufzuwecken“. Das Buch soll ermutigen, von diesen Erinnerungen zu erzählen, wem auch immer, und damit ein Stück Zeitgeschichte lebendig werden zu lassen.
Die einzelnen Kapitel sind zeitlich und thematisch eingeteilt, wie z. B. Kindheit und Jugend, Leben in der Familie, Kriegsjahre usw. Innerhalb dieser Kapitel finden sich einige sehr schön und passend ausgewählte Geschichten, erzählt von Astrid Lindgren zum Beispiel oder Erich Kästner. Der Rest des Buches ist angefüllt mit privaten Erinnerungsfetzen und persönlichen kurzen Geschichtchen.
Was gut ist an diesem Buch und was ganz im Sinne der Autorin funktioniert: Es werden beim Lesen eigene Erinnerungen wach, einzelne Bilder tauchen auf und man beginnt tatsächlich davon zu erzählen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man mit diesem Buch überall dort, wo ältere Menschen zusammenkommen, interessante und lebendige Gesprächsrunden anstoßen kann, das Buch also quasi einzusetzen als Arbeitsmaterial für Menschen, die sich mit Senioren beschäftigen.
Lesend hat mich das Buch allerdings sehr enttäuscht. Es kommen nur wenige Erinnernde zu Wort, die Beiträge sind sprachlich dürftig, wirken meist farblos nüchtern bis hölzern. Die Geschichten bleiben aufgrund der knappen und trockenen Schilderungen für den Leser nicht wirklich greifbar. Man atmet geradezu auf, wenn man auf einen Beitrag stößt, der gekonnt geschrieben ist – um dann festzustellen, dass hier Astrid Lindgren erzählt… Es hätte dem Buch gut getan, wenn die Autorin mehr Mühe darauf verwendet hätte, zum einen viel mehr und unterschiedliche Menschen zu befragen, mehr Erinnerungen zu sammeln, denn erst die Vielfalt bringt das Leben in seiner gesamten Bandbreite näher, und diese Erinnerungen dann vor allem sprachlich so zu überarbeiten, dass sie den Leser emotional erreichen.

Veröffentlicht am 28.03.2018

Wieder ein gekonnt-rasant geschriebener Thriller

Knochenschrei: Thriller
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Dies war mein drittes gelesenes Buch von Catherine Shepherd. Und was soll ich sagen – meine Bewunderung wächst und wächst. Die Autorin schafft es, bei jedem Buch ein extrem hohes Spannungsniveau zu halten ...


Dies war mein drittes gelesenes Buch von Catherine Shepherd. Und was soll ich sagen – meine Bewunderung wächst und wächst. Die Autorin schafft es, bei jedem Buch ein extrem hohes Spannungsniveau zu halten oder gar noch zu steigern. Sie schreibt so bildhaft intensiv, dass der Leser das Gefühl hat, die Handlung hautnah mitzuerleben, sich dem Grauen persönlich ausgesetzt zu fühlen…

Zwei Handlungsstränge in zwei Zeitzonen: Da ist Zons in der Jetzt-Zeit. Beim Abriss einer Kellerwand wird ein Skelett entdeckt, wie es scheint eine Nonne aus dem Mittelalter. Schlimm genug. Doch Kommissar Oliver Bergmann entdeckt hinter einer weiteren Kellerwand eine weitere Frauenleiche, die vor noch nicht allzu kurzer Zeit lebendig eingemauert worden war.
Und da ist Zons im Jahr 1497. Mitten in der Nacht verschwindet die junge Nonne Brunhilde spurlos. Es wird vermutet, sie sei davongelaufen. Bald darauf wird eine Ordensschwester getötet. Das Kloster ist in heller Aufregung. Bastian Mühlenberg setzt alles daran, Brunhilde noch lebend zu finden und einen Serienmörder zu Fall zu bringen. Seine Suche führt ihn tief in ein Labyrinth von Kellergewölben unterhalb des Klosters.

In diesem Thriller spielt die Autorin gekonnt mit den verschiedenen Zeitsträngen, erhöht von Seite zu Seite das Tempo, überlässt den Leser erst seinen Vermutungen, um dann neue Verwirrung zu stiften und damit neue Vermutungen zu provozieren. Der geschickte Aufbau des gesamten Buches, in dem oftmals Cliffhanger zu Ende eines Kapitels die Spannung auf raffinierte Weise konstant hoch halten, lässt den Leser atemlos durch die Seiten jagen. Dazu kommt die besondere Fähigkeit von Catherine Shepherd, so quälend intensiv zu erzählen, dass man als Leser glaubt, den Geruch von frischem Mörtel zu riechen, die kriechende Kellerkälte auf der Haut zu spüren und schmerzhaft zu spüren, wie die eigenen Schleimhäute austrocknen zu Schmirgelpapier. Besser geht es nicht!