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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.08.2021

Leider enttäuschend

Heldinnen werden wir dennoch sein
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Angelockt von der Inhaltsangabe und weil ich die Autorin nicht kannte, begann ich neugierig, das Buch zu lesen. Leider dauerte es gar nicht lang, bis ich das Lesen abbrechen wollte, nur mein Pflichtgefühl ...


Angelockt von der Inhaltsangabe und weil ich die Autorin nicht kannte, begann ich neugierig, das Buch zu lesen. Leider dauerte es gar nicht lang, bis ich das Lesen abbrechen wollte, nur mein Pflichtgefühl zwang mich weiterzulesen. Zwar gewöhnte ich mich nach einer Weile an die Erzählweise, aber Freude hat mir die Lektüre leider gar nicht gemacht.

Fünf seit Jugendzeit an eng verbundene Freundinnen sind geschockt, als sie vom Selbstmord ihres damals zur Clique zugehörigen Freundes Frankie erfahren. Dieses Geschehnis ruft Erinnerungen hervor, die teils sehr quälend sind. Die Freundinnen beginnen zu reflektieren, was das Leben seit ihrer Jugendzeit aus ihnen gemacht hat und wie Vergangenes und eine unausgesprochene Schuldfrage bis in die Gegenwart hinein wirken.

Ich hatte die Erwartung, dass die großen angekündigten Themen wie Freundschaft, Loyalität, Schuld, Verlust, Homosexualität, Lebensentscheidungen in einer psychologisch klugen, tiefgründigen Weise anhand einer berührenden Geschichte behandelt werden. Doch leider blieb ich emotional völlig unberührt. Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven. Jede der Freundinnen hat ein eigenes Bild von Frankie und der gemeinsamen Jugendzeit in Erinnerung und hatte jeweils ganz eigene Zukunftserwartungen. Dies wird durchaus gut dargestellt, aber dennoch so nüchtern-neutral, dass der Leser nicht berührt wird. Zusätzlich zu den Perspektivwechseln gibt es eingestreute Rückblicke an „früher“, die zwar dem Verständnis dienen, aber dennoch Verwirrung schaffen, weil dadurch immer mehr Personen auftauchen, die der Leser irgendwie einordnen muss. Die Dialoge wirken oft hölzern-konstruiert. Leider finden sich auch etliche sprachlich und grammatikalisch unsaubere Stellen. Am schlimmsten jedoch war für mich persönlich dieses häufige Verzetteln in Beschreibungen von absolut nebensächlichen Dingen. Da wird zum Beispiel von irgendwelchen Großeltern berichtet, die im Buch keine Rolle spielen, auch nie mehr erwähnt werden. Dennoch wird berichtet, was und wie sie gerne E-Bike fahren… Dies nur als kleines Beispiel der ermüdend weitschweifigen Erzählweise mit unendlich vielen unnützen Informationen, die mir das Lesen völlig verleideten. Auch hätte ich von einer guten Autorin erwartet, dass die Beiträge, die Frankie selbst in den Mund gelegt werden, in einer zu ihm passenden feinfühlig-sensiblen Sprache geschrieben worden wäre, nicht so nüchtern wie ein Zeitungsbericht.
So war in der Gesamtschau dieser Roman für mich leider sehr enttäuschend.

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Veröffentlicht am 23.07.2021

Viel Gefühl, zuwenig Tiefgang

Das Fundament der Hoffnung
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Mehrbändige Familien-Sagas sind gerade sehr in Mode. Wenn sie gut recherchiert sind, erfährt man neben den familiären Gefühlsgeschichten auch etwas über den historischen, landschaftlichen und beruflichen ...


Mehrbändige Familien-Sagas sind gerade sehr in Mode. Wenn sie gut recherchiert sind, erfährt man neben den familiären Gefühlsgeschichten auch etwas über den historischen, landschaftlichen und beruflichen Hintergrund, sodass neben dem Unterhaltungswert auch ein wenig Wissenszugewinn das Lesen sinnvoll macht. Im vorliegenden 1. Band der Mandelli-Saga habe ich allerdings Mühe, diesen Wissenszugewinn zu entdecken.
Wir befinden uns im Jahr 1956 am Comer See. Aurora ist 19 Jahre alt, als ihr geliebter Bruder den Unfalltod stirbt. Der Vater, der zusammen mit seinem Sohn ein kleines Bauunternehmen führte, ist gebrochen. Um der Familie das Überleben zu sichern, versucht Aurora, die schon immer ein Faible für die Arbeit als Maurerin, als muratore, hatte, die Firma weiterzuführen und glaubt, am langjährigen Mitarbeiter Michele einen treuen Beistand zu haben. Doch Aurora scheint am gesellschaftlichen Druck zu zerbrechen…
Allem vorangeschickt sei, dass das Buch wunderbar zu lesen ist. Man wird von Anfang an von der Geschichte eingefangen und kann die Gefühle, die Aurora und ihre Familie bewegen, stets mitempfinden. Ladina Bordoli schreibt zwar in einer sehr malerisch-ausschmückenden und weitschweifigen Erzählweise, dennoch wurde mir beim Lesen nie langweilig. Schade fand ich, dass recht viele Klischees bemüht werden, was zum Beispiel beim schnellen Wandel des Michele vom hilfsbereiten, freundlichen Menschen zum extrem widerwärtigen, saufenden, jähzornigen Ekel sichtbar wird. Merkwürdig empfinde ich auch die Darstellung von Aurora, die eine emanzipierte Seite hat und sehr selbstsicher ihre Gestaltungsvorstellungen darlegt, andererseits aber so stumm-leidend und selbstunsicher in ihren Beziehungen ist. Und leider, leider wird über die Arbeit von Aurora wenig Substantielles berichtet. Nur über ihre außerordentlich besonderen Fähigkeiten, Gegebenheiten aufzunehmen und sofort im Geist Entwürfe der Umgestaltung präsentieren zu können, erfahren wir. Wissenszugewinn wie oben erwähnt, ist im Buch nicht zu finden, weder was die Örtlichkeiten, was die schwierige Zeit der Fünfziger Jahre noch was die schwere Arbeit der Muratore betrifft. Das Buch erschöpft sich in schweigendem Ertragen, im detaillierten Beobachten und in diversen Gefühlslagen. Schön zu lesen, doch ein wenig mehr Tiefgang hätte dem Roman gut getan.

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Veröffentlicht am 12.07.2021

Das Leben ein einziges Theaterstück

Unter Freunden
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Wenn man mehrere euphorische Lobeshymnen über ein Buch liest, schraubt das die Erwartungen ziemlich hoch. Aber was ist, wenn man nach eigener Lektüre die Lobeshymnen nicht nachvollziehen kann? Liegt es ...


Wenn man mehrere euphorische Lobeshymnen über ein Buch liest, schraubt das die Erwartungen ziemlich hoch. Aber was ist, wenn man nach eigener Lektüre die Lobeshymnen nicht nachvollziehen kann? Liegt es an mir? Verstehe ich das Buch nicht richtig? Habe ich eine völlig andere Vorstellung von „glänzender Unterhaltung“, von „mitreißenden Charakteren“? Fragen, die mich bewegen und die es mir schwer machen, eine Rezension zu schreiben.

Den Inhalt kann man sehr kurz zusammenfassen. Zwei eng befreundete Ehepaare, mehrheitlich Schauspieler, über viele Jahre vertraut miteinander, werden durch eine seit langen Jahren bestehende, bestgehütete, aber schließlich doch ans Licht kommende Lüge an ihre Grenzen gebracht, ihre Beziehungen zueinander (und zu sich selbst) in Frage gestellt.

Keine Frage, Cynthia d’Aprix Sweeney schreibt gut. Sie hat die Gabe, seismographisch in Beziehungsgeflechte hineinzuschauen, vielleicht sogar durch sie hindurch und damit sie zu durchschauen. Und diese Gabe des sezierenden Blicks verpackt sie nicht in analysierende Worte, sondern in viele, viele kleine Szenen, alltägliche Szenen, im Grunde nichtssagende Szenen, die erst in der Summe ein Bild aller unausgesprochenen Wahrheiten ergeben. Und genau diese unendlich vielen puzzleartigen Einzelteile, realistisch erscheinend, unbedeutend wirkend, amerikanisch-oberflächlich, sind es, die mich beim Lesen so ermüden ließen. Zu viele amerikanische Labels, zu viele Namen von Personen, Songs, Orten, Künstlern, Gerichten, Getränken, die Amerikanern vertraut sein mögen, mir allerdings nicht, und damit in mir nichts auslösen außer gelangweiltes Darüberlesen. Aus den verschiedenen Perspektiven der Hauptpersonen wird geschildert, wie sich vertrautes Leben, in dem man es sich miteinander heimelig gemacht hatte, von einer Minute zur anderen in Nichts auflöst. Ein Schlaganfall, ein Herzinfarkt, eine alte Lüge, alles wird überlebt und dennoch beginnt in der Folge ein neues, ein wankendes, ein unsicheres Leben ohne doppelten Boden, ohne Sicherheitsnetz. Ein Thema, das man emotional spürbar, psychologisch tiefgehend hätte beschreiben können. Mir kommt das Buch jedoch vor wie ein zu detailreich inszeniertes Theaterstück, das sich um nichts als um sich selbst dreht.

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Veröffentlicht am 08.07.2021

Hinterlässt gemischte Gefühle

Ein Sommer mit Percy und Buffalo Bill
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Der Verlag Urachhaus ist mir seit vielen Jahren bekannt als anspruchsvoller, anthroposophisch orientierter Verlag. Entsprechend offen-neugierig war ich auf das vorliegende Kinderbuch. Und in der Tat entdeckte ...


Der Verlag Urachhaus ist mir seit vielen Jahren bekannt als anspruchsvoller, anthroposophisch orientierter Verlag. Entsprechend offen-neugierig war ich auf das vorliegende Kinderbuch. Und in der Tat entdeckte ich viel Positives in der Geschichte, aber leider auch Details, die mich befremdeten oder zumindest merkwürdig berührten. Insofern wäre ich nicht uneingeschränkt bereit, das Buch als Lesepatin mit „meinen“ Kindern zu lesen.

Ulf fährt mit seiner Familie wie jedes Jahr in die Schären in den Sommerurlaub zu seinen Großeltern. Ulf freut sich vor allem darauf, Pia wieder zu sehen, in die er sehr sehr verliebt ist. Der knurrige Großvater mag keine Kinder, da ist es besonders schlimm, dass sich Percy, Blutsbruder und Schulfreund von Ulf, einfach selbst eingeladen hat, die Ferien mit Ulf zusammen zu verbringen. Doch Percy versteht es durch seine verrückten Einfälle, dass der Großvater auftaut. Dies und noch vieles, vieles mehr passiert in diesen abenteuerlichen Sommerferienwochen.

Ulf Stark trifft mit seinen Schilderungen genau dieses unvergleichliche Gefühl aus der eigenen Kindheit, als Sommerferien noch unendlich lang waren und jeder Tag ein neues Abenteuer versprach. Auch die gefühlvollen Beschreibungen von Fauna und Flora gefallen mir sehr, sehr gut. Eine Fülle an verrückten Einfällen, an denen der freche Percy nicht unschuldig ist, ließen mich oftmals auflachen. Wie es ist, verliebt zu sein oder auch eifersüchtig oder wütend, aber auch wie wichtig Freunde sind, all das wird sehr lebendig in Szene gesetzt. Neben den lustig-frechen Sequenzen gibt es aber auch ernste und sensibel beschriebene Passagen, gerade was den finsteren Großvater und die sehr stille Großmutter betrifft. Was mich am Buch jedoch abstieß, waren die grausamen Szenen, beim Angeln zum Beispiel, oder das schreckliche Käfergemetzel oder durch Gedankenlosigkeit getötete Kaulquappen oder das Herumkauen auf Dorschaugen. Dass die Kinder völlig sich selbst überlassen bleiben, dass sie rauchen und sich zu weit ins Meer wagen, obwohl sie nicht gut schwimmen können, soll wohl als Abenteuer dargestellt werden. Ich persönlich finde das allerdings recht fragwürdig und auch unnötig. Deshalb hinterlässt das Buch bei mir leider einen recht gemischten Eindruck. Auch würde ich deshalb die Altersempfehlung „ab 6 Jahre“ sehr anzweifeln. Positiv zu erwähnen sind die fröhlichen und ausdrucksstarken Illustrationen von Regina Kehl.

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Veröffentlicht am 15.05.2021

Wenn das Cover zu viel verspricht

Schwarzwälder Morde
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Wenn man Schwarzwälder Kirschtorte und Krimis so sehr liebt wie ich, kann man sich der Verlockung dieses Covers gar nicht entziehen. Und so begann ich mit großer Euphorie zu lesen. Anfangs mit viel Schmunzeln. ...


Wenn man Schwarzwälder Kirschtorte und Krimis so sehr liebt wie ich, kann man sich der Verlockung dieses Covers gar nicht entziehen. Und so begann ich mit großer Euphorie zu lesen. Anfangs mit viel Schmunzeln. Dann wurde ich zunehmend müde und ja, auch gelangweilt. Zum Ende blieb Enttäuschung zurück.

Der Kommissar Justin Schmälzle ist Veganer und Badener mit hawaiianischen Wurzeln. Sein Kollege Scholz trägt gerne Schwarz und mag es eher ruhig bei der Arbeit. Als eine Moorleiche mit eingeschlagenem Schädel gefunden wird, wird es unruhig im Kommissariat. Und noch unruhiger wird es, als die Posten-Putzfrau etwas erzählt von verschobenen Grenzsteinen und jemand den Investor einer geplanten Ferienanlage in den Fuß schießt.

So weit so gut. Das besondere Genre der Lokal- bzw. Regiokrimis wird aus literarischer Sicht eher wohlwollend belächelt. Es spielt gerne mit den landschaftstypischen Besonderheiten/Marotten der dort lebenden Menschen und nutzt alle denkbaren Klischees des Landstrichs. Die Leserschaft setzt sich mehrheitlich aus Menschen zusammen, die „ihre“ Heimatgegend im Roman wiederfinden wollen. Insofern bemühe ich mich mit allem Wohlwollen, diesen Regiokrimi zu beurteilen. Er lebt in erster Linie von seinen Dialogen. Streckenweise meine ich, ein für Schauspieler ausgedrucktes Textbuch zu lesen. Denn die Autorin hat wenig Wert gelegt auf mit allen Sinnen wahrgenommene Beschreibungen, die den Text farbig, emotional nachvollziehbar und vorstellbar-lebendig gemacht hätten. Die Hauptakteure traten auf und ab wie in einem Theaterstück, sie sagen ihren Text, aber der Leser bekommt sie nicht vor sein inneres Auge, er spürt sie nicht. Was mir im ersten Drittel des Buches ausnehmend gut gefiel, waren die herrlich komischen Spiele mit Redensarten, Wörtern und mundartlichen Ausdrücken. Auch gefällt das Ausschöpfen einer gewissen Situationskomik, wenn in den Dialogen das Missverstehen durch falsche Wortbezüge passiert. Aber – und hier zitiere ich die Autorin selbst – „auch wenn etwas ausgiebig ist, muss es nicht ergiebig sein“! Diese soeben geschilderte Art der Dialoge läuft sich nach einer Weile tot. Das Lesen beginnt zu ermüden. Die Handlung schleppt sich, insbesondere weil sie keine Überraschungen bietet und sehr vorhersehbar ist. Den eingeschobenen kurzen historischen Szenen fehlt es ebenfalls an Spannung, an Überraschendem, an Unvorhergesehenem. Ich persönlich mag es im Übrigen gar nicht, wenn Musikbeispiele und Songtexte in die Handlung einfließen. Sie dienen nur den Lesern, die die Stücke im Ohr haben, für alle anderen sind sie sinnlos.
Fazit: Ich wünsche dem Buch sehr, dass es in die Hände eines fähigen Regisseurs gelangt. Denn als Film, der von spritzig-witzigen Dialogen lebt, wäre das Buch bestimmt ein Hit.

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