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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.04.2021

Viel Wind um ... ja, um was eigentlich?

Sommernacht
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Das Buch macht viel Wind um sich selbst. „Spektakulär“ soll es sein. Ein „sensationeller Thriller“ soll es sein. Nun ja, in Wirklichkeit erschien mir der Thriller eher einer von der ruhigen Sorte, gut ...


Das Buch macht viel Wind um sich selbst. „Spektakulär“ soll es sein. Ein „sensationeller Thriller“ soll es sein. Nun ja, in Wirklichkeit erschien mir der Thriller eher einer von der ruhigen Sorte, gut lesbar ja, aber streckenweise ermüdend langsam im Erzählen. Die Geschichte verwendet einen Plot, den man schon besser und spannender von anderen Autoren umgesetzt lesen durfte. Da werden einige unterschiedlichen Menschen an einem abgelegenen Ort einer unbekannten Bedrohung ausgesetzt bis hin zum Mord. Und der Mörder muss unter ihnen sein.
Die Stärke des Buches ist eindeutig die teils lyrisch eindrückliche Schilderung des Handlungsortes, nämlich die abgelegene kleine Insel Cormorant Island, im Atlantik vor der irischen Küste gelegen. Es gibt gefährliche Klippen und ein ebenso gefährliches Torfmoor. Ein teils verfallener Friedhof erzählt von vielen Toten in der Vergangenheit. Jetzt leben nur noch Aoife, von Beruf Hochzeitsplanerin, und Freddy, leidenschaftlicher Koch, auf dieser winzigen Insel. Und zum ersten Mal soll nun eine Hochzeit auf dieser Insel gefeiert werden, mit allem denkbaren Luxus, der dem Brautpaar würdig ist. Jules heiratet Will, einen gefeierten Fernsehstar. Nur eine Handvoll Gäste werden an der Zeremonie und anschließenden Feier teilnehmen. Das Wetter wird zunehmend schlechter. Sturm kommt auf mit viel Wind natürlich. Der Strom fällt zeitweilig aus. Die Gäste benehmen sich zunehmend schlechter. Eine Leiche wird gefunden…
Was nun macht den Thriller eigentlich so langatmig? Vielleicht sind es die vielen Ich-Erzähler, die wechselnd ihre Sicht des Erlebens schildern. Vielleicht sind es die winzigen Gegenwartssequenzen, die von Mal zu Mal das kontinuierliche Lesen stören. Vielleicht sind es die teils ausufernden Berichte über die Interaktionen in der Freundesgruppe rund um den Bräutigam. Vielleicht ist es auch einfach die Tatsache, dass es auf dieser Insel einfach zu viele kaputte, nervige, gestörte und extrem unsympathische Akteure gibt, die sich ständig daneben benehmen. Einzig das zunehmend bedrohliche Naturambiente, das Sturmgetöse, das Brüllen des Meeres, was Lucy Foley wirklich großartig und eindrucksvoll beschreibt, lässt eine schaurige Stimmung entstehen. Wenn man ungefähr 300 Seiten durchhält, wird man allerdings durch ein wirklich spannendes, beeindruckend überraschendes Ende belohnt.

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Veröffentlicht am 04.04.2021

Frauenroman oder Familienepos oder historischer Roman?

Schwestern fürs Leben
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Am liebsten würde ich dem Buch spontan die Überschrift geben: Ein reiner Frauenroman. Doch was ist ein „Frauenroman“? Heißt das, dass der Roman von Frauen gelesen werden soll, nicht von Männern? Oder ...



Am liebsten würde ich dem Buch spontan die Überschrift geben: Ein reiner Frauenroman. Doch was ist ein „Frauenroman“? Heißt das, dass der Roman von Frauen gelesen werden soll, nicht von Männern? Oder hat der Begriff gar etwas Abwertendes im Sinn von „leicht lesbar, oberflächlich unterhaltend“? Oder geht es im Roman schlichtweg um Frauen? Von all dem stimmt alles ein wenig, aber nicht so ganz. Eher glaube ich persönlich, dass ein Frauenroman relativ unkritisch mit dem Rollenbild der Frau umgeht, was besonders leicht möglich ist, wenn man die Handlung in eine frühere Zeit verlegt. Zwar begehren die weiblichen Hauptpersonen auf oder suchen mehr oder weniger mühsam ihren individuellen Weg, aber sie stellen in der Regel gesellschaftliche Normen nicht generell in Frage, jedenfalls nicht in Romanen, die ich als „Frauenroman“ bezeichnen würde.

Es geht um die Schwestern Danneberg, die, so unterschiedlich sie auch sind, gefangen sind in der Familienstruktur des altehrwürdigen Rumhauses Danneberg. Von 1919 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges verfolgen wir ihre individuellen Lebenswege.

Eine nicht ausgewogene Komposition ist dieses Buch: Sich geradezu verlierend in breit ausgewalzten Details beginnt der Roman. Viele, viele Seiten lang ist er sehr zäh, fast langweilig zu lesen. Erst relativ spät im Buch strafft sich die Handlung, wird spannender, verliert aber gleichzeitig auch an Intensität, an Atmosphäre und verwirrt durch das Überspringen von Zeiten und Verläufen. So als würde ein Pianist erst ganz, ganz langsam Ton für Ton nacheinander spielen, um dann so blitzschnell zu spielen, dass etliche Töne gar nicht mehr gehört werden können. Die Protagonistinnen mochte ich allesamt nicht, fand keinen Draht zu ihnen. Sie waren psychologisch nicht schlüssig dargestellt. Am liebsten hätte ich ihnen immer wieder zugerufen „Selber schuld!“. Über Rum habe ich nicht viel gelernt. Und der historische Hintergrund blieb flach, diente nur als reine Fassade, weil er weder sprachlich noch gefühlsmäßig ernsthaft nachempfunden wurde. Ein Roman also, den man ohne größeren Anspruch gerne mal zwischendurch lesen kann, der aber keine tieferen Spuren hinterlässt.

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Veröffentlicht am 04.04.2021

Typischer Fall von "denkste"

Geiger
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Die einzig wirklich verblüffende Szene wird im Klappentext in voller Länge verraten. Denn diese Szene ist eine gekonnte Verlockung, um Thriller-Leser neugierig zu machen. Doch das Buch ist – aus meiner ...


Die einzig wirklich verblüffende Szene wird im Klappentext in voller Länge verraten. Denn diese Szene ist eine gekonnte Verlockung, um Thriller-Leser neugierig zu machen. Doch das Buch ist – aus meiner Thriller-Leser-Sicht gesehen – eine Mogelpackung.
In Kurzform: Das Telefon klingelt. „Geiger“ sagt jemand. Großmutter Agneta legt auf, nimmt die Waffe und erschießt ihren Musik hörenden Mann. Kommissarin Sara Nowak, eigentlich für die Verfolgung der in Schweden strafbaren Prostitution tätig, wird von diesem Mord aufgeschreckt, denn sie kannte die Familie von Kindesbeinen an. Und so verfolgt sie, obwohl an den Ermittlungen nicht wirklich beteiligt, ihre eigenen Spuren.
Eigentlich lässt sich das Buch gut lesen, was den Schreibstil betrifft. Und wenn es um konkrete Ermittlungsschritte geht. Doch ansonsten fehlt es mir an allem, was für mich einen guten Thriller ausmacht. Die Protagonisten bleiben mir völlig fremd und unverständlich in ihren Handlungen. Trotz geschickt eingesetzter Rückschauen bzw. Erinnerungen bleibt für mich zu viel offen, um wenigstens ansatzweise Verständnis zu gewinnen. Viel Platz wird eingeräumt den schwedischen Besonderheiten, was sozialpolitische, gesellschaftliche und rechtliche Dinge betrifft. Auf widerlichste Weise werden Pädophilie und Prostitution abgehandelt. Als politischer Laie kann ich den Wahrheitsgehalt der im Buch enthaltenen Aussagen über DDR, Geheimdienst, Kalten Krieg usw. nicht beurteilen. Deshalb blieb mein Interesse an diesen breit behandelten Themen sehr gering. Wo bleibt da der eigentliche Thriller? Das offene Ende will zur Lektüre der weiteren Thriller aus dieser Reihe verlocken. Klappt bei mir allerdings nicht.

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Veröffentlicht am 28.03.2021

Gepflegter Schreibstil allein reicht nicht

Enriettas Vermächtnis
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Ein Buch, das ich irgendwie gerne gelesen habe, aber im Nachhinein nicht weiß, was ich mit dem Inhalt anfangen soll. Die Autorin hat Psychologie studiert. Also ging ich davon aus, dass sie die psychischen ...


Ein Buch, das ich irgendwie gerne gelesen habe, aber im Nachhinein nicht weiß, was ich mit dem Inhalt anfangen soll. Die Autorin hat Psychologie studiert. Also ging ich davon aus, dass sie die psychischen Verstricktheiten unter Menschen analysieren kann. Und doch ließ mich das Buch ratlos zurück.

Zum Inhalt: Die erfolgreiche Schriftstellerin Enrietta da Silva hinterlässt ein immenses Vermögen, das sie je zur Hälfte dem betuchten plastischen Chirurgen Emilio aus Argentinien und der durch einen Unfall gehandicapten Schauspielerin Jana aus Salzburg hinterlässt. Die beiden nähern sich an. Als überraschend der totgeschwiegene und zeitlebens ungeliebte leibliche Sohn Armando auftaucht und ebenfalls sein Erbe beansprucht, ändern sich schlagartig die Verhältnisse unter allen Hauptpersonen…

Was an diesem Buch besticht, ist die außerordentlich schöne, sorgfältige Sprache. Es ist ein Genuss, diesem gepflegten Schreibstil zu folgen, der sehr gut zu der distanzierten Darstellung der einzelnen Personen passt. Diese werden zwar sehr detailliert beschrieben, bleiben aber dem Leser emotional fern. Ich hatte das Gefühl, ich würde aus einer gewissen Entfernung die Personen wie auf einer Bühne beobachten. Das in Aussicht gestellte Erbe veranlasst sie zu einem Spiel zu dritt. Sie kreisen umeinander, sie kreisen um Vergangenes und Gegenwärtiges. Sie nähern sich an und stoßen sich wieder ab. Aber mit welchem Ergebnis? Der Sinn des gesamten nüchtern-sachlichen Kammerspiels erschließt sich mir leider nicht.

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Veröffentlicht am 19.03.2021

Ein uninspirierter Roman mit unsympathischen Protagonisten

Die Königin von Berlin
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Manche Bücher rutschen auf dem Stapel der noch zu lesenden Titel immer wieder nach unten, insbesondere die, die zu lesen man neugierig begann, um sie dann aus verschiedenen Gründen wieder zur Seite zu ...


Manche Bücher rutschen auf dem Stapel der noch zu lesenden Titel immer wieder nach unten, insbesondere die, die zu lesen man neugierig begann, um sie dann aus verschiedenen Gründen wieder zur Seite zu legen. So wie dieses. Ein Buch, mit dem ich mich mehrfach herumquälte.
Eigentlich ein interessantes Thema, die romanhafte Darstellung realer Figuren, in einer sehr aufregenden Zeit, nämlich im Berlin der Weimarer Republik. Es geht um Carola Neher, eine erfolgsverwöhnte Schauspielerin, eine femme fatale, die in rauschhaften Nächten den Männern den Kopf verdreht. Dies änderte sich für eine Weile, als sie den scheuen Dichter Klabund kennen lernt und ihn heiratet. Doch das wilde Künstlerleben Berlins bleibt weiterhin eine ständige Verlockung für Carola Neher. Die Begegnung mit Bertolt Brecht wird schicksalhaft für sie.
Was hätte man aus diesem Romansujet machen können! Prall voll, rauschhaft, bildgewaltig hätte man das historische Ambiente schildern können. Psychologisch feinfühlig hätte man die Künstlerseelen darstellen können. Doch nichts davon ist in diesem Roman zu finden. Im Gegenteil: Beim Leser werden nur ablehnende Gefühle, tiefe Antipathie, Abneigung bis hin zum Ekel und Unverständnis erzeugt. Ist es wirklich das, was die Autorin wollte? War Klabund zum Beispiel wirklich solch ein armseliger Wicht? Wo bleibt da der Respekt einem Künstler gegenüber? Und wird die Ansammlung von Bettgeschichten und egozentrischen Aktionen Carola Neher oder Bert Brecht wirklich gerecht? Am schlimmsten jedoch empfand ich, dass das Buch insgesamt unerträglich langweilig ist. Ein uninspirierter Roman, der daher kommt, als sei er als ungeliebtes Auftragswerk „absolviert“ worden.

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