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Veröffentlicht am 06.12.2024

Vielschichtiger, kritischer, zu Herzen gehender Blick in die russische Gesellschaft

Der Schatten einer offenen Tür
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Ich kenne und schätze den Autor sehr, weshalb ich genau wusste, worauf ich mich einlasse: einen tiefgehenden, kritischen Blick auf die russische Gesellschaft, gewürzt mit satirischem und schwarzem Humor ...

Ich kenne und schätze den Autor sehr, weshalb ich genau wusste, worauf ich mich einlasse: einen tiefgehenden, kritischen Blick auf die russische Gesellschaft, gewürzt mit satirischem und schwarzem Humor sowie emotionaler Intensität.

Die Rahmenhandlung des Romans wird durch vier Suizide von Bewohnerinnen eines Kinderheims in der russischen Provinz geprägt, das in der Stadt Ostrog ("Gefängnis") liegt – einer Ortschaft, die rund um eine Strafanstalt entstanden ist. Der Originaltitel "Rückkehr nach Ostrog" trägt durchaus eine vielschichtige Bedeutung, die sich in diesem kurzen Roman entfaltet.
Die Suizide haben eine hohe Medienwirksamkeit, weshalb ein Kommissar aus Moskau zusammen mit seinem Assistenten entsandt wird, um den Fall zu untersuchen und der Öffentlichkeit zu signalisieren, dass Maßnahmen ergriffen werden. Der Kommissar hat dafür vier Tage Zeit, die die eigentliche Erzählhandlung umfassen.
Kommissar Koslov, ein Kriegsveteran aus Tschetschenien, ist ein kluger und gewissenhafter Mann, der jedoch aus der Bahn geworfen ist, da ihn die Trennung von seiner Frau vor einigen Jahren stark getroffen hat. Sie fragte ihn einmal ernsthaft verwundert: „Du hast so eine Katastrophe [Tschetschenienkrieg] verdaut, wie kann es da sein, dass du mich nicht vergessen kannst?!“ Sein Assistent ist ein stets gut gekleideter junger Mann, der wenig Interesse an der eigentlichen Ermittlungsarbeit zeigt und diese eher widerwillig erledigt.
Der Revierinspektor vor Ort, sieht nur noch die reale Trostlosigkeit, den nahenden Winter, der mit Stromausfällen, eingefrorenen Rohren und erforenen Säufern in der Schneewehe daher kommen wird und für den nur das Recht des Stärkeren gilt. Nur mit Gewalt lasse sich der Frieden in dieser besch... Welt herstellen.
Eine weitere Hauptfigur ist Petja, ein ehemaliges Heimkind. Er gilt als der "Dorftrottel" und ist zwar ein etwas eigenwilliger junger Mann, aber der Einzige,der fest an Werte und Überzeugungen glaubt. Er denkt und lebt nach humanistischen Prinzipien, wird jedoch von allen verspottet und nicht ernst genommen.

Der Roman ist in "Gesänge", gleich einer griechischen Tragödie unterteilt, die in schneller Abfolge wechseln und verschiedene Perspektiven sowie Zeiten beleuchten. Immer wieder werden Bezüge zur griechischen Mythologie oder Griechenland hergestellt, zudem auch eine Reise nach Griechenland eine wichtige Rolle spielt.
Wie es in Russland üblich ist, findet man Anspielungen auf russische Werke und es fließen Zitate aus Liedern, Gedichten und Filmen ein, die in Fußnoten erläutert werden.

Im Fokus steht zum einen die Lösung des Falls- waren es wirklich Suizide oder gar Morde? Zum anderen wird die russische Gesellschaft beleuchtet und insbesondere die prekäre und harte Lage von Heimkindern in der russischen Provinz. Ihre Herkunft, Lebenslage und Lebensperspektiven werden hier eindrücklich dargestellt.
Erwähnenswert ist zudem die kleine Nebengeschichte um die siamesischen Zwillinge Vera und Ljubov (Glaube und Liebe), die aufgrund des Ukrainekrieges in einen unversöhnlichen Streit geraten sind, da die eine auf der Seite Russlands und die andere auf der Seite der Ukraine steht. Ebenfalls erwähnenswert ist eine in sich geschlossene Kurzerzählung, die die Absurdität des russischen Justizsystems thematisiert.

Dern Roman konnte ich gut in einem Rutsch lesen, ich fand ihn fesselnd, spannend und interessant. Ich empfand das Setting sehr realistisch und glaubhaft gezeichnet, manchmal vielleicht etwas überzeichnet- aber diesen Humor braucht man auch, um gewisse bittere Realitäten zu ertragen. Eine der Rezensentinnen bemerkte, dass ihr bei diesem Roman das Herz gebrochen wurde – und genau so erging es mir auch.
Der vielleicht einzige Kritikpunkt, den ich anbringen möchte, ist, dass der Autor an einigen Stellen ruhig etwas mehr ins Detail hätte gehen können, um den Figuren noch näher zu kommen und noch mehr die Lebensrealität kennen zu lernen.

Insgesamt handelt es sich um einen dichten Roman, der spannend und berührend, gleichzeitig kritisch und humorvoll ist und mich nachdenklich, betroffen und etwas hoffnungslos zurücklässt. Geeignet für Menschen, die sich mit den russischen Verhältnissen auskennen oder auch für Menschen, die einen Einblick in russische Verhältnisse gewinnen möchten.

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Veröffentlicht am 01.12.2024

Schöne Zeichnungen, Text etwas sperrig

Murmelschreck und der Pantoffelfresser
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Meine 6 jährigeTochter hat sich das Buch selbst in der Buchhandlung ausgesucht, aufgrund der farbenfrohen und fantasievollen Illustrationen.
Das Buch besteht aus vier Geschichten innerhalb eines Rummelplatzes, ...

Meine 6 jährigeTochter hat sich das Buch selbst in der Buchhandlung ausgesucht, aufgrund der farbenfrohen und fantasievollen Illustrationen.
Das Buch besteht aus vier Geschichten innerhalb eines Rummelplatzes, in dem verschiedene, wiederkehrende Figuren im Mittelpunkt stehen. Es geht um Murmelschreck den Troll und seine Frau Mimi der Elfe. In der einen Geschichte werden sie von einem Pantoffelfresser ausgetrickst, in einer anderen Geschichte tritt Murmelschreck bei einem Hässlichkeitswettbewerb an. Eine weitere Geschichte handelt von der Wahrsagerin Madame Suzette und ihren Gemahl Erwin, die Amsel, wobei Erwin der eigentliche Wahrsager ist, aber in einem wichtigen Moment krank wird.
Der Rummel wird durch Mecki, den Messerweffer, die Frau mit Bart, dem Zauberer Adalbert Bombasto Ceralius und einigen anderen komplettiert.

Die Geschichten sollen vor allem humorig und gut unterhaltend sein. Das gelingt leider nur zum Teil.

Die Illustrationen sind sehr schön und auch bedeutend schöner als der Text. Nur fand ich die Amsel nicht gelungen, da sie wie ein Specht aussah, was mich immer wieder irritierte. Die Texte fand ich zum Vorlesen manchmal zu sperrig und auch der Humor kam nicht so richtig an. Leider waren manche Worte zu kompliziert und manche Wortspielereien kamen beim Vorlesen nicht so richtig an. Die Kinder und ich auch, verloren so ein wenig die Lust beim Vorlesen. Dennoch blieben die Kinder dran und wir lasen die Geschichten über mehrere Tage verteilt, mit einer längeren Pause dazwischen. Die recht speziellen, durchaus interessanten Figuren fand ich teilweise zu unübersichtlich. Sehr hilfreich war es aber, für die Kinder, dass jede Figur auch illustriert wurde, und so dann doch die Übersicht wieder hergestellt werden konnte.

Die Altersempfehlung ist für Kinder ab 5 Jahre. Ich denke jedoch, das Buch ist eher für Ältere geeignet, vielleicht auch für Kinder, die schon selber Lesen können, da manche Wortspielereien erst beim Selbstlesen zum Tragen kommen und die Geschichten auch relativ lang sind.

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Veröffentlicht am 02.11.2024

Sehr informativ, spannend und inspirierend

Steine und Gebeine
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Ein Sachbuch für Kinder über die Entstehung und Entwicklung der Erde. Es werden die erdgeschichtlichen Epochen, mit ihren jeweiligen Besonderheiten, bezogen auf die Tier- und Pflanzenwelt dargestellt. ...

Ein Sachbuch für Kinder über die Entstehung und Entwicklung der Erde. Es werden die erdgeschichtlichen Epochen, mit ihren jeweiligen Besonderheiten, bezogen auf die Tier- und Pflanzenwelt dargestellt. Einzelne Tiere werden dabei ein wenig tiefer vorgestellt, wie z.B. Dinosaurier, Terrorvögel, der Maiasaura, der Archeopteryx, Morganucodon, der Lystrosaurus, die Triloviten. Zudem wird die Entwicklung der Wale sowie die Evolution des Menschen dargestellt.

Da durch Fossilien Erkenntnisse über die Erdgeschichte gewonnen werden, wird zudem erklärt, was Fossilien sind,wie sie entstehen, wo und wie sie gefunden werden. Man erfährt, warum Fossilienfunde von Landtieren eher selten sind und es sehr viel mehr Funde aus den Meeren gibt.
Man erfährt über verschiedene Gesteinsschichten und auch über dier Entwicklung und Veränderung der Kontinente.
Abschließend wird auf den Beruf des Paläontologen eingegangen und ein Glossar beigefügt.

Auf die manchmal schwierigen lateinischen Bezeichnungen der Erdepochen und Tiere muss man sich einstellen. Die Dinge werden aber farbenfroh und übersichtlich dargestellt, so dass man den Erläuterungen gut folgen kann. Es ist schon auch ziemlich beeindruckend, wie die Erde sich über Milliarden von Jahren verändert hat, und auch beeindruckend, wie die Autoren es geschafft haben, dies komprimiert und doch mit spannenden Details übersichtlich aufzuzeigen.

Meine Kinder, knapp 7 Jahre, sahen sich mit mir das Buch gemeinsam an. Sie waren sehr interessiert und entwickelten sehr viele Fragen. Sie fanden die dargestellten Fakten und Zusammenhänge sehr spannend. Es inspirierte uns, so dass Neugier geweckt wurde, einzelne Dinge nochmal tiefer zu beleuchten. Meine Kinder waren wirklich sehr begeistert. Bei mir weckte es auch Interesse an anderen Büchern des Verlags aus dieser Reihe!

Ein sehr empfehlenswertes Übersichtswerk für Kinder!

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Veröffentlicht am 07.03.2021

Sehr enttäuscht

Big Sky Country
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Diesen Roman, von dem ich viel erwartet hatte und dessen klarer Schreibstil mir so gut gefiel, habe ich enttäuscht und angewidert kurz vor der Hälfte abgebrochen. Achtung Spoiler.
Hier wird eine Mehrfachvergewaltigung ...

Diesen Roman, von dem ich viel erwartet hatte und dessen klarer Schreibstil mir so gut gefiel, habe ich enttäuscht und angewidert kurz vor der Hälfte abgebrochen. Achtung Spoiler.
Hier wird eine Mehrfachvergewaltigung einer jungen Frau durch verschiedene junge Männer beschrieben, die ich in dieser Form nicht lesen wollte. Es sollte darum gehen, wie August, der jugendliche Hauptprotagonist seine erste richtige Freundin kennen lernt. Da der Autor sehr bildhaft, fesselnd und atmosphärisch schreibt, war ich sehr nah dran am Geschehen und wurde von der folgenden Vergewaltigung wirklich überrascht und überrumpelt (wer lernt seine zukünftige Freundin schon bei einer Mehrfachvergewaltigung kennen) Ich war so angeekelt, dass ich das Buch an dieser Stelle wirklich beendete. Ich las noch kurz in den Schluss hinein, aber für mich hatte sich die Lektüre damit erledigt. Ich empfand es reißerisch, effekterheischend und unsensibel vom Autor.

Generell geht es manchmal recht rau und brutal zu. Schon die Eingangszene mit den massenhaft getöteten Katzen, die ich etwas überlesen hatte, da ich es nicht ertrug, hätte mich vielleicht warnen können. Andererseits gefiel mir dieser ungeschönte und direkte Blick auch...erstmal.

Ich hatte wirklich große Lust auf diese Sozialstudie des Mittleren Westens sowie Montanas zu Zeiten von George Bush. Ich wollte gern wissen, welches Menschenbild der Autor zeichnet, welche Erfahrungen und Überlegungen er einfließen lässt. Ich war sehr neugierig auf August, der so verschlossen mit dem Strom schwimmt und seinen eigenen Weg nach der Trennung seiner Eltern finden muss. Ich wollte gern wissen, wie August sich entwickelt und wofür er sich entscheidet. Ich war bereit mich auf die Figuren, ihre Gedanken und Gefühle einzulassen, doch nach dieser Vergewaltigungsszene hatte ich jegliches Interesse am Werk und auch am Autoren verloren. Schade.

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Veröffentlicht am 30.10.2020

Bereichernder Einblick in das Leben und Denken der Amateurboxerin Zeina Nassar

Dream Big
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Die 21 jährige Berlinerin Zeina Nassar boxt seit ihrem 13.Lebensjahr sehr erfolgreich im Amateurbereich. Sie gewann 2018 die Deutschen Meisterschaften sowie mehrfach die Berliner Meisterschaften.
In ...

Die 21 jährige Berlinerin Zeina Nassar boxt seit ihrem 13.Lebensjahr sehr erfolgreich im Amateurbereich. Sie gewann 2018 die Deutschen Meisterschaften sowie mehrfach die Berliner Meisterschaften.
In der vorliegenden Autobiographie lässt sie die Leser*innen sehr nahe an ihrem Leben teilhaben, in dem der Boxsport zwar im Mittelpunkt steht, aber auch viele andere Themen angesprochen werden, da sie eine vielseitig interessierte und talentierte junge Frau ist!

Ihre Eltern stammen aus dem Libanon, worüber man auch einige spannende Einblicke durch sie erhält, insbesondere die Fluchtgeschichte der Mutter wirkte sehr nach.
In Zeinas Leben spielt insbesondere der Sport eine große Rolle: Fußball, Basketball – Boxen, sie liebt den Sport generell. Insbesondere das Boxen – die einstige Männerdomäne. Sie berichtet von der entfachten Leidenschaft, von der anfänglichen Skepsis ihrer Eltern, vom Training, von den Wettkämpfen, von Erfolgen und Misserfolgen. Sie und ihre Trainerinnen setzten mit viel Beharrlichkeit durch, dass Frauen mit Hidjab/ Kopftuch, die bislang von Wettkämpfen ausgeschlossen wurden, nun sowohl in Deutschland als auch international starten können.

Das Buch ist aber auf keinen Fall ein reines Sportbuch. Zeina ist beeindruckend vielseitig interessiert und hinterfragt viele Erscheinungen des politischen und sozialen Lebens um sich herum. Sie äußert sich zu Diversität, Feminismus, Religionsfreiheit und mehr. Für diese Werte tritt sie zudem politisch aktiv ein und ist sich vor allem auch außerhalb des Sports ihrer Vorbildfunktion bewusst.

Sie wirkt sehr energetisch, zielstrebig, mutig und zäh. Sportlich und mental absolut fit, musste sie sich das aber auch erarbeiten und viel Zeit und Herzblut investieren. Das ist spannend und gut nachvollziehbar beschrieben. Sie spricht zudem sehr ehrlich von ihren Schwächen und Rückschlägen, über ihre „Sportsucht“. Das gefiel mir sehr gut, da so ein ausgewogenes Bild entstand. Ein wenig fehlte mir dennoch der Einblick, welche Dinge in ihrem Leben wirklich zu kurz kamen und für den Sport „geopfert“ wurden.

Insgesamt macht Zeina aber immer wieder Mut, inspiriert, gibt Kraft und Stärke: „Ich bin nach Rückschlägen immer wieder aufgestanden, so wie man sich nach einem Unfall wieder ans Steuer setzt, weil man sonst nie wieder fährt. Ich habe es nochmal getan, und es war schlimm, da mache ich niemandem etwas vor. Doch beim zweiten Mal, na gut, da war es auch schlimm. Aber beim dritten Mal war es weniger schlimm und beim zwanzigsten Mal schön."

Beim Lesen fragte ich mich hin und wieder, wie sie wohl 30 Jahre später über ihre Lebenseinstellung denken wird und überhaupt, welchen Lebensweg sie einschlagen wird.

Obwohl ich kein Boxfan bin, las ich das Buch sehr gern und mit Gewinn. Es ist sehr fesselnd und interessant geschrieben, so dass ich es in einem Rutsch las. In einen Interview sagte sie, dass ihr Ghostwriter das Buch geschrieben habe, und an dieser Stelle gern ein Kompliment an ihn oder sie, es liest sich gut! Einfach, klar, sehr emotional, nie trivial, sondern voller kluger Gedanken und vor allem sehr ehrlich.
Auch die Fotos gefielen mir sehr gut, wenngleich mich die stete Werbung für ihren Sponsor etwas nervte. Sie machten aber auf jeden Fall Lust, noch über das Buch hinaus, mehr über Zeina Nassar zu erfahren.