Ruhiger als erwartet, aber vielschichtig!
POSTER GIRL - Wer bist du, wenn dir niemand zusieht?In Poster Girl bietet sich für Sonya, die als Kind auf Propagandaplakaten in der ganzen Stadt zu sehen war und seit dem Sturz des Regimes wie viele andere abgeschottet & in Gefangenschaft lebt, ein Weg ...
In Poster Girl bietet sich für Sonya, die als Kind auf Propagandaplakaten in der ganzen Stadt zu sehen war und seit dem Sturz des Regimes wie viele andere abgeschottet & in Gefangenschaft lebt, ein Weg in ein neues Leben. Alles, was sie tun muss, ist ein Kind zu finden. Doch wenn ein Angebot für die meisten unwiderstehlich klingt, gibt es auch einen Haken…
Ich war überrascht, wie ruhig die Geschichte erzählt wird. Gerade in der ersten Hälfte habe ich das Erzähltempo eher als gemächlich erlebt, dafür gab es viel Platz für Emotionen & zum Nachdenken.
„Der Unterschied ist, dass [wir] die richtigen Wege eingeschlagen haben.“ „Der Unterschied ist, dass diese Wege für dich offen standen, […]. Aber das galt nicht für jeden.“
Spannend war, dass wir viel über ein politisches System erfahren, das bereits gestürzt wurde – und entsprechend über Personen, die mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen und den damaligen sowie aktuellen staatlichen Eingriffen leben müssen. Hinzu kommt die Perspektive: Sonyas Familie stand nicht auf der Seite der Revolution und die bereits vergangenen Jahre haben nicht dazu geführt, dass Verhaltensweisen und Einstellungen einfach verpuffen. Zuvor hat z. B. jede Handlung & jedes Gespräch DesCoins eingebracht, die damalige Währung: „Es war gut, weil es ihr DesCoin einbringen würde; DesCoin schufen eine klare Ordnung: Begehrenswert war, was sozial erwünscht war. Es erschien ihr so leicht.“ Verfolgt wurde dies mit einem kleinen Gadget, das direkt im Auge bzw. Gehirn sitzt & zusätzlich mehr oder weniger unsere Smartphones ersetzt hat.
Wäre Poster Girl kein Einzelband, wäre Band 2 schon im Kalender markiert. Nicht mit allen Figuren bin ich warm geworden & auf eine Konstellation hätte ich getrost verzichten können, aber die verschiedenen emotionalen und gesellschaftlichen Facetten haben mir unheimlich gut gefallen.
„Das ganze Leben eine endlose Reihe von Spalten, dies oder jenes, Aktion oder Untätigkeit. Alles subjektiv. Alles Mathematik.“